Kategorie: Schwangerschaft

«Bauch frei!» – Ein Plädoyer für eine selbstbestimmte Schwangerschaft von Marlene Hellene

Schwangerschaft und Geburt sind eine besondere Zeit für Gebärende. Nicht „nur“ aufgrund der vielen (neuen) Erfahrungen, sondern auch durch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, Erwartungen und Zuschreibungen. Die Autorin Marlene Hellene hat sich in ihrem neuesten Buch «Bauchfrei!» dieser Zeit gewidmet und zeichnet ein Bild jener Einflüsse nach, über die viel zu wenig gesprochen wird: Sie schreibt über Zweifel, Ängste, Schmerzen, Anstrengungen, Hebammenmangel, Übergriffigkeit, Erwartungsdruck und Gewalt. Ein aufklärendes, aufregendes Buch. In das Kapitel „Geburt“ könnt ihr hier hineinlesen:

Die Hand auf dem Bauch, der Rücken gekrümmt. Schmerzverzerrtes Gesicht. Taxi. Gib Gas, Mann! Fruchtwasser auf den Ledersitzen. Kreissaal eins ist gleich da hinten. Sie schaffen das! Pressen! Herzlichen Glückwunsch!
Freudentränen, Glück und ganz viel Liebe. Ein wenig verschmierte Wimperntusche. Ein stolzer Vater mit aufgerollten Hemdsärmeln. Ein rosafarbenes, propperes Neugeborenes. Luftballons und Konfetti.

Wäre dieses Buch ein Kinofilm, dann wäre dieses Kapitel jetzt abgeschlossen. Berührende Klaviermusik. Abspann. Ende. Bitte werfen Sie Ihre leeren Popcornverpackungen in die dafür vorgesehenen Mülleimer am Ausgang. Beehren Sie uns bald wieder.

Das Leben, das wahre, das echte schreibt andere Geschichten. Und die wenigsten Geburten, sind für ein amüsierwilliges Kinopublikum geeignet.
Wenn es um Geburten geht hat, jeder eine Meinung. Da weiß jeder etwas. Immerhin ist jeder selbst mal geboren worden. Von Mutti. Und die hat gesagt, dass es gar nicht schlimm und voll unkompliziert war. Und Rüdiger hat gehört, dass Wehen sich ähnlich anfühlen, wie starke Periodenschmerzen. Und Rüdiger muss es ja wissen. Er ist schließlich ein Mann.

Ich habe zweimal spontan, das heißt ohne einleitende Maßnahmen oder technischen Hilfsmittel, geboren. Mein erstes Kind kam sechs Wochen zu früh auf die Welt, was die meisten Leute annehmen ließ, dass die Geburt bei diesem Leichtgewicht einfach gewesen sein müsste. Mein zweites Kind kam innerhalt von neunzig Minuten zur Welt, was wiederum zu der Annahme führte, dass die kurze Dauer die Geburt praktisch zu einem Spaziergang gemacht habe. Ich werde hier nicht genauer ins Detail gehen. Ich kann nur so viel sagen: Nein! Aufgrund der Dauer der Geburt oder des Gewichts des Kindes auf den Verlauf der Geburt zu schließen, ist schon sehr kurzsichtig. Es empfiehlt sich, das sein zu lassen, wenn man niemanden verärgern oder verletzen möchte.

Aber bevor wir uns mit den Danach beschäftigen, sollten wir uns das Davor anschauen. Den Moment vor der Geburt. Wenn es losgeht. Tja, und da fangen die Fragen auch schon an. Wann geht es denn los? Woher weiß ich, dass es wirklich losgeht? Und wie unterscheide ich mögliche Vor- oder Senkwehen von Geburtswehen? Ich weiß nicht, ob Hebammen oder Ärzt:innen dazu eine allgemeingültige Antwort geben können. Eher nicht. Ich jedenfalls kann es definitiv nicht. Als es bei mir richtig losging, als die Geburtswehen einsetzten und das Kind sich auf den Weg machte, wusste ich es einfach. Ich wusste es, weil der Schmerz mich mit einer Wucht und Brachialität packte, dass alles vollkommen klar war. Die Reise hatte begonnen. Und jetzt? Was tun? Wohin gehen?

Ich habe beide Male in einer Klinik mit angeschlossener Neonatologie (Bereich der Kinderklinik, in der sich insbesondere mit Neugeborenen und Frühgeborenen befasst wird) geboren. Bei ersten Mal hatte ich keine andere Wahl. Wer in Deutschland vor der 36. Schwangerschaftswoche entbindet, wird von Kliniken ohne Neonatologie nicht aufgenommen, da davon ausgegangen wird, dass das Neugeborene nach der Geburt die spezielle Betreuung von Fachärzt:innen bedarf. Die Entbindung zuhause oder in einem Geburtshaus kommt bei einer Frühgeburt (vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche oder mit einem Gewicht von unter 2500 Gramm bei der Geburt) grundsätzlich nicht infrage. Bei meinem zweiten Kind hätte ich theoretisch überall entbinden können. Doch es zog mich an den mir vertrauten Ort zurück.

In Deutschland gilt die freie Wahl des Geburtsortes, das heißt, Schwangere können sowohl in einer Klinik als auch außerklinisch in einem Geburtshaus oder zu Hause gebären (§ 24 f des fünften Sozialgesetzbuches).
Also theoretisch. Praktisch hatte ich die bei meinem ersten Kind nicht. Aus medizinischen Gründen. Die ich respektiere. Mein Neugeborenes war auf sofortige medizinische Hilfe angewiesen. Ein anderer Geburtsort stand nie zur Debatte. Als ich Wochen vor der Geburt in die Klinik kam, hatte ich noch keine Überlegungen über den Ort der Geburt angestellt. Ich hatte keine Vorlieben, ich hatte keine Wünsche. Und ich hatte keine Ahnung. Ich kannte mich nicht aus mit den verschiedenen Möglichkeiten, wo man sein Kind auf die Welt bringen kann. Das Krankenhaus schien mir der gewöhnliche Ort dafür zu sein.
Tatsächlich ist das aber nur eine unter mehreren Möglichkeiten. Wer eine Geburt im Krankenhaus plant, hat schon hier die Wahl. Soll es ein Krankenhaus mit Kinderklinik sein oder ohne? Oder soll das Krankenhaus ein besonderes Konzept für den Kreissaal haben, wie zum Beispiel den hebammenbegleiteten Kreissaal? Darin versteht man die Geburt unter hausgeburtsähnlicher Atmosphäre, nur begleitet durch die Hebamme. Dadurch soll die Geburt natürlicher, intimer und selbstbestimmter sein.


Andere wünschen sich eine Geburt im Geburtshaus. Das ist eine von Hebammen geführte außerklinische Einrichtung. Die Geburt wird ausschließlich von der Hebamme begleitet. Ärztliches Personal steht vor Ort nicht zur Verfügung. Auch hier steht der Wunsch nach Intimität und Selbstbestimmung für viele Frauen im Vordergrund.
Häufig wird die Atmosphäre einer Klinik mit negativen Assoziationen verknüpft. Krankheit. Tod. Schmerz. Angst. Assoziationen, die für viele nicht zur Geburt ihres Kindes passen. Sie möchten eine private Umgebung. Ein freundliches, lebensbejahendes Umfeld. Aus diesen Gründen wünschen sich Schwangere häufig auch eine Geburt zuhause. In ihrem vertrauten Umfeld. In ihren privaten Räumen. Wo sie sich geschützt fühlen.


In Deutschland kommen 98% der Kinder im Krankenhaus zur Welt. Bei einer komplikationslosen Schwangerschaft, die bis zum Ende ausgetragen wurde, käme eine Geburt im Geburtshaus oder zuhause jedoch in Frage. Dass aber dennoch die meisten Geburten im Krankenhaus stattfinden, liegt nicht unbedingt daran, dass Schwangere kein Interesse an anderen Geburtsorten haben. Häufig liegt auch keine medizinische Notwendigkeit zugrunde. Nein, der Grund, warum die überwiegende Mehrheit im Krankenhaus entbindet, heißt Geld. Wieder einmal. Geld, dass Hebammen verdammt noch mal nicht ausreichend verdienen. Geld, das Hebammen fehlt, um die horrende Haftpflichtversicherung zu bezahlen, die sie für die Begleitung außerklinischer Geburten benötigen. Geld, dass junge Menschen davon abhält, den Beruf überhaupt zu wählen. Geld, dass dafür sorgt, dass Hebammenmangel herrscht, dass die Bedingungen für praktizierende Hebammen immer schlechter werden, sodass viele sich schweren Herzens aus dem Beruf zurückziehen. Wir erinnern uns. Über dieses traurige Resultat habe ich bereits berichtet.


Schwangere, die sich einen anderen Ort, als die Klinik für ihre Entbindung wünschen, scheitern oft kläglich bei der Suche. Hebammen, die eine Hausgeburt, eine Geburt im Geburtshaus oder eine Hebammengeburt im Kreissaal anbieten, sind entweder heillos ausgebucht oder im Umkreis der Schwangeren gar nicht erst zu finden.
Einige Schwangere finden nicht mal mehr eine Klinik, in näherer Umgebung. Immer mehr Kliniken schließen ihre Geburtsstationen wegen mangelnder Rentabilität. Sie sind zu teuer. Sie bringen zu wenig ein. Und so ist die freie Wahl des Geburtsortes für viele nur noch eine hohle Phrase.
Und das wird sich auch nicht ändern. Die Bedingungen werden eher schlechter. Jetzt schon werden Schwangere mit Wehen an der Kreisssaaltür abgewiesen. Teilweise müssen Schwangere mit Fahrtzeiten von bis zu sechzig Minuten zum nächsten Kreissaal rechnen. Wenn man bedenkt, dass die schwangere Person Angst und Schmerzen hat, ist das absolut skandalös und indiskutabel.
Dabei – und das möchte ich immer wieder betonen – geht es hier um die Geburt eines neuen Menschen. Es geht um den Erhalt der Menschheit. Eine Geburt ist ein Ereignis im Leben eines Menschen, das mit nichts zu vergleichen ist. Ein Erlebnis voller Kraft und Schmerz. Ein Erlebnis, auf das einen nichts vorbereiten kann, das man nicht zu lernen vermag. Ein Mensch bringt einen Menschen auf die Welt. Sollte eine gebärende Person dabei nicht alle Unterstützung der Welt erhalten? Sollte nicht ihr Wille, ihr Wunsch oberste Priorität haben? Sollten wir als Gesellschaft nicht dankbar sein und alles dafür geben, dass es die gebärende Person so angenehm wie möglich hat? Die Geburt eines Menschen ist mit Geld nicht zu bemessen. Geld darf beim Thema Geburt doch wirklich keine Rolle spielen. Ah, ich will schon wieder schreien, so wütend macht mich dieses Thema. Weil es wieder einmal zeigt, dass Frauen, dass Familien keine Lobby haben.
Die freie Wahl des Geburtsortes. Ein theoretisches Konstrukt, dass viele Gebärende nur noch bitter auflachen lässt.

Aber es ist nicht nur der Ort der Geburt, der Schwangeren durch rigide Sparmaßnahmen in der Geburtshilfe häufig nicht mehr frei zur Verfügung steht. Auch die Betreuung unter der Geburt wird immer schlechter. Weil das Personal fehlt. Weil das Geld nicht mehr ausreicht. Infolgedessen wird die Geburt oft unzureichend betreut. Es fehlt die Zeit, die Schwangere achtsam und behutsam unter der Geburt zu begleiten. Und damit kommen wir zu einem weiteren großen Thema, dass in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnt. Der Gewalt in der Geburtshilfe.
„Jetzt beeilen Sie sich mal, Ihrem Kind geht es langsam schlechter.“
„Stellen Sie sich nicht so an!“
„Das müssen Sie schon aushalten können.“
„Halten Sie gefälligst still.“
„Hilfe schreien bringt Ihnen jetzt auch nichts mehr. Da hätten Sie vor neun Monaten drüber nachdenken müssen.“
„Die Fruchtblase sollte jetzt endlich mal aufgehen. Lassen Sie mich mal ran. Was? Das tat weh? Dafür geht es jetzt schneller.“
„Kinderkriegen ist nichts für zarte Seelen.“
„Wenn Sie sich jetzt schon so anstellen, wird das nichts mehr.“

Sie haben einige dieser Sätze selbst gehört? Ich auch. Und ich habe sie nicht vergessen. Und auch den körperlichen Schmerz nicht, der an manchen Stellen vermeidbar gewesen wäre. Durch Geduld, durch Feinfühligkeit. Unter der Geburt erleben viele Gebärende das Gefühl des Ausgeliefertseins. Das Gefühl, alleine zu sein. Das Gefühl: Die gegen mich. Du musst schneller sein. Du musst stärker sein. Du musst besser sein.
In der Geburtshilfe ist der Fokus sehr stark auf das Wohl des Kindes ausgerichtet. Das Befinden der Mutter scheint zweitrangig. Dabei ist gute Geburtsthilfe in erster Linie Frauenrecht.

Während der Geburt meiner Tochter wurde ich ohnmächtig. Der Schmerz hat mich überwältigt, der Körper hat die Stopptaste gedrückt. Die sich immer wieder eng zuziehende Blutdruckmanschette an meinem Oberarm holte mich zurück in die Wirklichkeit. Sofort fragte ich, wie es meinem Kind ginge. Die Antwort lautete: „Ihrem Kind geht es gut, nur Ihnen nicht.“ Und sie machte mich glücklich. Diese Antwort. Weil auch mir mein eigenes Befinden völlig gleichgültig geworden war. Es galt, mein Kind unbeschadet zu gebären. Zu jedem Preis. Koste es, was es wolle.
Die gesamte Schwangerschaft über hatte ich gelernt, dass es nicht um mich geht. Ich war nur die Hülle für einen kostbaren Schatz.
Als ich in der 31. Schwangerschaftswoche mit Wehen in die Klinik kam, wurde schnell alles getan, um zu verhindern, dass mein Kind jetzt schon zu Welt kommt. Bettruhe. Wehen hemmendes Medikament intravenös. Engmaschige CTG-Kontrollen. Was jedoch nicht geschah, war, dass sich jemand um mich kümmerte. Um meine Ängste. Um meine Fragen. Ich lag tagelang in meinem Krankenhausbett und wusste nicht, was mit mir geschah. Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte, wie lange ich noch bleiben müsste, was der Plan vorsah. Irgendwann machte der Chefarzt seine große Aufwartung. Älterer Herr. Professor. Doktor. Stethoskop und Gottgefühl. So stand er vor meinem Bett. Sein Anhang bestand aus einer Menge weiß bekittelter Menschen. Ärzte und Studenten. Krankenschwestern. Ich würde die Ärzte, die Studenten und die Krankenschwestern ja gerne gendern. Aber leider war die Geschlechterverteilung so wie geschrieben. Classic. Dennoch. Ich war froh über diesen Besuch. Endlich könnte ich Fragen stellen, Ängste äußern. Endlich kümmerte sich jemand um mich. Und so fragte ich frohen Mutes, wann ich nach Hause dürfe.
„Sie dürfen jederzeit nach Hause. Wenn Sie wollen, dass Ihr Kind stirbt.“ BÄÄÄÄM! Sagte er und verschwand. Eine der Krankenschwestern streichelte beim Rausgehen mit verschämtem Blick mein Bein. Das Geschehene war ihr merklich unangenehm. Aber Widerspruch stand ihr nicht zu.
Sprache kann Waffe sein. Sprache kann aber auch Trost sein. Es liegt einzig an uns, was wir zu geben bereit sind.

Die Soziologin Christina Mundlos hat ein Buch geschrieben „Gewalt unter der Geburt“. Darin spricht sie von fast jeder zweiten Frau, die Gewalt unter der Geburt erlebt hat. Dass überhaupt darüber gesprochen wird, ist neu. Und gut. Denn auch hier befinden wir uns wieder einmal in der Tabuzone. Zum Glück gibt es ein Mittel gegen Tabus. Das Darüber- Sprechen. Tabus hassen das. Dann brechen sie.
Es muss unbedingt darüber aufgeklärt werden, dass derartige Sätze, derartiges Verhalten des medizinischen Personals eben nicht zur Geburt dazu gehören. Es muss so nicht sein. Ganz im Gegenteil. Nur, weil Gewalt (Und lassen Sie uns es endlich so benennen. Nicht unfreundlicher Ton. Nicht ruppiges Benehmen. Nicht schlechte Manieren. Gewalt!) in der Geburtshilfe eine lange schreckliche Tradition hat, ist sie dennoch nicht zu tolerieren, ist sie dennoch kein zwingender Bestandteil. Egal, ob „wir da alle durchmussten“ oder ob „das Kind uns am Schluss für alles entschädigt“ (Was es übrigens nicht tut. Das ist auch nicht seine Aufgabe). Zum Glück schleicht sich so langsam ein Wandel in das Bewusstsein unserer Gesellschaft. Weil Gebärende nicht mehr stumm bleiben. Nicht mehr tolerieren. Das zeigt unter anderem der Rose Revolution Day am 25. November. Betroffene Frauen legen Rosen vor Geburtskliniken, vor Kreissaaltüren nieder. Als sichtbares Zeichen. „Ich habe hier etwas Schlimmes erlebt, und das nehme ich nicht länger hin.“ Und die Vielzahl der Rosen zeigt: Ihr seid nicht länger allein mit euren Erlebnissen. Wir sind viele.

Vordergründig ist es das fehlende Geld, dass dafür sorgt, dass Geburtsstationen schließen müssen, dass eine eins-zu-eins Betreuung durch eine Hebamme unter der Geburt nicht möglich ist, dass weniger Zeit bleibt für einen natürlichen Geburtsvorgang und schneller interveniert wird, dass das medizinische Personal gestresst und desillusioniert ist. Dass es zu Gewalt und Verletzungen kommt. Nun, aber warum fehlt das Geld? Warum wird eine Fluggesellschaft mit Milliarden unterstützt, während in ländlichen Gebieten kaum noch Geburtshilfe angeboten wird? Der Ursprung kennt nur einen Grund: Misogynie. Und damit muss Schluss sein! Gute Geburtshilfe ist Frauenrecht, ist Menschenrecht. Jede einzelne Person auf diesem Planeten hat ein Interesse daran, dafür einzustehen. Wir müssen darüber sprechen. Wir müssen laut werden. Wir müssen aufbegehren.

*

Man denkt, man kann nicht mehr. Man sagt, man kann nicht mehr. Und. Man kann nicht mehr. Keine Sekunde. Keinen Millimeter. Und trotzdem. Trotzdem macht man weiter. Denn es gibt kein Zurück. Es gibt keine Alternative.

Es sind diese Sätze, die mein Denken, mein Fühlen unter den Geburten am besten beschreiben. Es ist keine Kraft mehr übrig. Der Schmerz ist nicht auszuhalten. Lasst mich hier zurück. Doch der Körper übernimmt. Die Wehen kommen, egal wie sehr du flehst, und das Kind bahnt sich seinen Weg aus dir heraus.
Eine Geburt ist eine Extremsituation. Für den Körper. Für die Seele. Man wird mit Schmerzen konfrontiert, von denen man nicht dachte, dass man sie ertragen könnte. Man entwickelt eine Stärke, die man seinem Körper nie zugetraut hätte. Und man lernt seine eigenen Grenzen völlig neu kennen. Nämlich, in der Form, dass es sie nicht gibt. Man ist praktisch grenzenlos in seiner Kraft, in seiner Stärke, im Ertragen. Weil es sein muss. Muss. Muss. Muss.

Doch jede gebärende Person erlebt die Geburt anders.
Grob gesagt, gibt es zwei Arten, ein Kind auf die Welt zu bringen. Vaginal oder per Kaiserschnitt.
Die Kaiserschnittrate lag in Deutschland im Jahr 2018 bei knapp 30 Prozent. Das heißt jede dritte Person hat per Kaiserschnitt entbunden. Im Jahr 1991 lag die Rate noch bei rund 15 Prozent. Selbst mathematisch weniger begabte Menschen wie ich erkennen: Die Rate hat sich in den letzten dreißig Jahren verdoppelt. Was ist da los?
Erstmal vorweg: Die Möglichkeit des Kaiserschnitts ist eine großartige medizinische Errungenschaft. Der Kaiserschnitt hat viele, viele Leben gerettet. Frauenleben. Kinderleben.
Dennoch hat der Kaiserschnitt einen schlechten Ruf. Aus Gründen. Guten Gründen. Schlechten Gründen.

Schauen wir mal hin. Warum ist der Kaiserschnitt kritisch zu betrachten?
Ein Kaiserschnitt ist gut und wichtig, wenn er notwendig ist. Aus medizinischen Gründen, aus psychologischen Gründen, aufgrund der Entscheidung der Gebärenden. Ein Kaiserschnitt, der vorgenommen wird, ohne dass eine dieser Notwendigkeiten dezidiert vorliegt, kann jedoch zum Problem werden. Häh? Aber warum sollte ein Kaiserschnitt vorgenommen werden, wenn er nicht zwingend nötig ist? Tja. Ich wiederhole mich wirklich ungern, und ich will auch niemanden langweilen, aber wieder steckt dahinter eins: Geld. Eine komplikationslose vaginale Geburt wird gegenüber dem Krankenhaus schlechter vergütet als ein Kaiserschnitt. Ein Kaiserschnitt hat einen Zeitaufwand von zwanzig bis dreißig Minuten. Eine vaginale Geburt kann hingegen Stunden bis Tage dauern. Nachts, an Wochenenden und Feiertagen. Das heißt: Viel mehr Aufwand und weniger Planbarkeit für geringe Vergütung. Superschlecht. Für das Krankenhaus gibt es nämlich wirtschaftlich keinen Anreiz eine vaginale Geburt zu fördern. Der sowieso schon bestehende Personalmangel und die Angst bei einer vaginalen Geburt, bei der auch nur das minimalste Risiko zu befürchten ist, möglicherweise Schadensersatzzahlungen zu riskieren, tut sein Übriges.
Ein Kaiserschnitt ist eine Intervention in den Geburtsverlauf, und er kann Folgen haben. Frauen sind bei einem Kaiserschnitt einer dreimal höheren Gefahr ausgesetzt zu sterben, als bei einer vaginalen Geburt. Es kann zu Thrombosen kommen, übermäßigem Blutverlust, Wundheilungsstörungen, Infektionen, Verwachsungen etc. Und auch für das Neugeborene sind möglicherweise Folgen zu erwarten. Zum Beispiel leiden per Kaiserschnitt geborene Kinder häufiger unter Atemproblemen und Anpassungsstörungen. Außerdem erhöht sich bei diesen Kindern geringfügig das Risiko für Allergien, Asthma und Zuckererkrankungen, was möglicherweise mit dem fehlenden Kontakt des Kindes mit der Keimflora im Geburtskanal zu erklären ist.
Absolut aber nicht außer Acht zu lassen sind die psychischen Folgen, die ein Kaiserschnitt als Geburtsintervention, als Vorgabe durch ärztliches Personal, für die gebärende Person haben kann.
„Ich habe es nicht geschafft.“ Das waren die Worte, die eine Freundin nach der Geburt ihres Kindes durch Kaiserschnitt zu mir sagte. Nicht geschafft. Versagt. Und da ist sie wieder. Die Scham. Die Scham, die besonders in der Schwangerschaft ein so großes Thema ist. Ich habe bewusst bisher den Begriff der natürlichen Geburt vermieden. Dabei wird dieser mit vaginaler Geburt gleichgesetzt. Ist überall zu lesen. Synonym. Doch was ist dann der Kaiserschnitt? Eine unnatürliche Geburt? Nicht normal? Und somit auch gleich nicht richtig. Schlechter? Eine Geburt zweiter Klasse? Da zeigt sich mal wieder die Macht der Sprache. Würde gar nicht mehr von einer natürlichen Geburt im Gegensatz zur vaginalen gesprochen, wäre das schon ein erster Schritt. Manche haben schon damit begonnen. Bauchgeburt nennen sie den Kaiserschnitt. Und das finde ich perfekt. Weil es nämlich das wichtige Wort Geburt beinhaltet. Ein Kaiserschnitt ist eine Geburt. Nicht mehr und nicht weniger. Eine Geburt aus dem Bauch heraus.
Wenn diese Art der Geburt aber Frauen wie ein Unfall zustößt, ohne, dass sie ein Mitspracherecht haben, ohne, dass sie die Gründe verstehen, ohne absolute Notwendigkeit und vor allem gegen den Willen der Gebärenden, dann ist es nicht die richtige Art der Geburt für diese Person. Dann kann sie psychische Folgen haben. Depressionen. Störung der Bindung zum Kind. Trauer. Posttraumatische Belastungsstörung. Stillprobleme. Das Gefühl des Betrogenwerdens um das Erlebnis der vaginalen Geburt.

Es gibt aber auch viele Gründe, den Kaiserschnitt, die Bauchgeburt zu feiern.
Wie gesagt, er rettet Menschenleben. Allein dafür verdient er schon richtig viel Applaus. Was er aber noch tut ist, Schwangeren eine Wahl zu geben. Es gibt medizinische Gründe für einen Kaiserschnitt, es gibt psychologische Gründe, es gibt diverse andere Gründe. Und alle sind sie relevant. Und alle gehen sie Dritte nichts an. Und vor allem ist keiner dieser Gründe zu verurteilen.
„Too posh to push.“ Dieser Satz, der mit „zu fein zum Pressen“ übersetzt werden kann, grassierte irgendwann durch die (insbesondere englische und amerikanische) Medienlandschaft. Er wurde immer wieder in großen Lettern auf Klatschblättertitelseiten gedruckt, wenn bekannt wurde, dass irgendeine prominente Person per Kaiserschnitt entbunden hatte. Menschen tippten diesen Satz mit gierigen Fingern und sensationslustig geweiteten Augen in ihre Tastaturen. Menschen, die keine Ahnung hatten, aus welchen Gründen die betreffende Frau auf diesen Weg entband. Sie wussten nicht, ob dies ihrem Wunsch entsprach, welche medizinischen Hintergründe dahintersteckten. Sie wussten nicht, wie es der Frau mit dieser Geburt ging. Sie wussten nicht, ob sie traurig war oder froh. Sie wussten nicht, wer über den Geburtsverlauf entschieden hatte. Sie wussten nichts. Nichts. Nichts. Nichts. Und doch schrieben sie. Weil sie Arschlöcher waren. Halt, für dieses Ausdrucksweise möchte ich mich entschuldigen. Sie waren respektlose, geldgeile Arschlöcher.
Es gibt schwerwiegende körperliche Gründe für einen Kaiserschnitt. Es gibt schwerwiegende psychische Gründe für einen Kaiserschnitt. Wer aber glaubt, Schwangere entscheiden sich für einen Kaiserschnitt, weil dies der „einfachere Weg“ ist, hat mal wieder keine Ahnung. Bei einem Kaiserschnitt wird die Frau lokal oder per Vollnarkose narkotisiert. Danach wird ein zehn bis fünfzehn Zentimeter langer Querschnitt am Unterbauch angesetzt. Dieser Schnitt durchtrennt Haut, Fettgewebe, Körperhülle und die Vorderwand der Gebärmutter. Die Fruchtblase wird geöffnet und das Kind durch die Öffnung herausgezogen, während oberhalb des Schnittes eine weitere Person auf den Bauch drückt. Das Vernähen der Wunde dauert zwanzig bis dreißig Minuten. Am Ende hat man eine Narbe von acht bis zehn Zentimetern. Das erste Mal aufstehen können Frauen nach einem Kaiserschnitt in der Regel am nächsten Tag. Und dieses Aufstehen ist schmerzhaft. Sehr schmerzhaft. Und dieser Schmerz wird die ersten Tage zum ständigen Begleiter. Schließlich handelt es sich bei einem Kaiserschnitt um eine Bauch-OP. Einer großen Bauch-OP. Jeder Person, die per Kaiserschnitt entbunden hat, bleibt zu hoffen, dass ihr Schmerzmittel in rauen Mengen angeboten wird. Die Narbe ist nach ungefähr drei Wochen verheilt. Die durchtrennten Musekelfasern und Nerven brauchen bis zur kompletten Regeneration bis zu einem Jahr.
Klingt das wie ein leichter Weg? Ein Prozedere für Faule? Eben!

Eine Geburt ist kein Wettbewerb. Kein Wettrennen um Ruhm und Ehre. Kein Anlass, um Punkte zu sammeln. Eine Geburt ist eine Geburt. Aus dem Bauch heraus. Vaginal. Ob kurz oder lang, mit großem oder kleinem Kind, mit Interventionen oder ohne, zuhause oder in der Klinik, schwer oder einfach, zum ersten oder achten Mal, laut oder leise. Eine Geburt ist eine Geburt ist eine Geburt ist eine Geburt.

Unvergessen. Ich erinnere mich. An jeden Satz an jedes Wort. An die Schmerzen. Die Kraft. Die Anstrengung. Wie meine Grenzen verschwammen, ich die Kontrolle verlor. Ich rieche das Desinfektionsmittel, sehe die Gesundheitsschuhe der Hebamme, das harte Laken auf dem Kreissaalbett. Höre ihre Stimmen. Spüre die Nadel im Arm, die Hände der Ärztin. Schmecke den lauwarmen Krankenhaustee und mein eigenes Erbrochenes. Und ich fühle. Die Erschöpfung, die Verzweiflung. Die Angst. Die Brachialität und Wucht. Die Wehen, wie Wellen. Nicht zu stoppen. Unbeeindruckt von meinem Flehen.
Und dann. Der Moment, als ich Dir zum ersten Mal in die Augen sah. Ganz dunkel waren sie. Du schautest mich an. Ganz ruhig. Irgendwie wissend. Und dieser Blick überfuhr mich. Knipste ein Licht in mir an. Weckte mich auf. Glück durchflutete mich und Stolz. Ich wollte schreien. „SEHT HER. SEHT ALLE HER. DAS IST MEIN KIND. IN MIR GEWACHSEN. DAS HABE ICH GEMACHT. DAS HABE ICH GEBOREN!“
Adrenalin durchflutete mich wie eine Droge, und ich war vollkommen high. Wie angekommen. Endlich, nach einer langen beschwerlichen Reise. Am Ziel. Du warst da, als hätte ich schon immer auf dich gewartet. Als hätten wir uns schon immer gekannt. Als sollte es schon immer so sein. Und ich konnte nicht fassen, dass die Erde sich einfach so weiterdreht, die Vögel zwitschern, die Sonne scheint, Autos hupend im Stau stehen, Kinder in der Schule sitzen, Menschen Wäsche waschen. Dass sie schlafen, essen, träumen, streiten, arbeiten, sich küssen. Dass sie Gurken und Brot einkaufen, und den Hund ausführen. Ins Handy starren oder ihre Steuererklärung machen. Konnte nicht verstehen, dass die Welt nicht stillt steht. Nur kurz. Um sich zu verbeugen. Vor Dir. Und vor mir.

aus:
Marlene Hellene, Bauch frei
Copyright © 2022 Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Zur Autorin:
Marlene Hellene, geboren 1979, begeistert auf Twitter und Instagram mit ihren Texten und Tweets. Texte der Autorin erscheinen u. a. in der SZ und regelmäßig in der Brigitte Mom. Ihre Bücher „Man bekommt ja so viel zurück“ und „Zu groß für die Babyklappe“ waren Bestseller. Sie lebt mit ihrer Familie in Karlsruhe.

7 Dinge, die Du schon in der Schwangerschaft wissen solltest für einen guten Start mit Baby

Geburtsvorbereitung ist wunderbar, denn in einem Kurs bekommen wir vermittelt, worauf wir bei der Geburt achten können, was uns unterstützt oder was den Geburtsverlauf auch hemmen kann. Wir erfahren, welche Bewegungen gut tun und was wir aktiv tun können, damit das Baby im Weg durch das Becken unterstützt wird. Wenn eine spontane Geburt nicht möglich ist, wird besprochen, wie eine Geburt auch auf andere Weise für alle beteiligten gut erlebt werden kann. Doch neben der Vorbereitung auf die Geburt und das konkrete Ankommen des Babys ist es genauso wichtig, den Weg der Bindung schon in der Schwangerschaft zu ebnen durch Aufklärung über die Fähigkeiten und Bedürfnisse des Babys, um den Start in das Elternleben leicht zu gestalten.

1. Du kannst Dein Baby nicht verwöhnen

Wir hören und lesen es noch immer überall: „Verwöhn das Baby nicht, sonst wird es dich tyrannisieren!“ „Erzieh das Baby von Anfang, damit du nicht bei jedem Mucks springen musst!“ Diese kleinen, hilfsbedürftigen Wesen werden nicht selten als große Bedrohung unseres Lebensstils dargestellt. Tatsächlich aber ist es so, dass du dein Baby mit liebevoller Zuwendung nicht verziehen kannst. „Verwöhnen“ ist wunderbar, wir alle werden gerne verwöhnt, wenn damit gemeint ist, dass einfach unsere Bedürfnisse auf angenehme Weise erfüllt werden. Das Baby bringt eigene Bedürfnisse ins Leben mit: Es hat ein Bedürfnis nach Nähe und Schutz, nach Nahrung, nach Schlaf, nach Pflege und nach sozialem Miteinander. Es möchte mit zunehmendem Alter Die Welt erkunden und dabei aber auch einen sicheren Hafen haben, zu dem es zurück kommen kann. Mit Liebe, die auch Freiraum lässt für eigenständiges Entdecken, verwöhnst du dein Baby nicht.

2. Mütter sind nicht allein verantwortlich

Wir bekommen es an so vielen Stellen vermittelt: Der gebärende Elternteil ist in besonderer Weise verantwortlich für das Kind und muss sich nun primär um die Bedürfnisse des Kindes kümmern. Nicht selten wird dabei auch vermittelt: Und die eigenen Bedürfnisse immer hinten an stellen! Lieselotte Ahnert, Professorin für Angewandte Entwicklungspsychologie, bringt es aber sehr schön in ihrem Buch „Wieviel Mutter braucht ein Kind?“ auf den Punkt: „Mit Ausnahme des Stillens gibt es kaum Hinweise, dass Frauen drauf vorbereitet sind, der befähigtere Elternteil zu werden.“ Ein Kind zu begleiten, braucht nicht selten viel Kraft. Oft mehr, als wir allein aufbringen können neben all den anderen Dingen, die unseren Alltag mitbestimmen. Es ist sehr wichtig, auch die eigenen Kraftreserven immer wieder aufzufüllen. Das geht besonders gut, wenn das Baby auch schon an andere nahe Bezugspersonen übergeben werden kann und von ihnen liebevoll begleitet wird. Das kann der andere Elternteil sein, aber auch Großeltern, Freunde etc. Die primären Bezugspersonen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes, aber sie sind nicht allein verantwortlich für alles und müssen es auch nicht sein.

3. Das Wochenbett heißt nicht umsonst so

Kraft sammeln, das ist oft auch gerade nach der Geburt wichtig. Manche Wöchnerin hat gerade jetzt auch das Gefühl, besonders viel Kraft zu haben und möchte zu Hause ausruhen, umräumen, Besuch empfangen. Auch bei einem solchen Hoch ist es wichtig, die eigenen Ressourcen im Blick zu halten: Das Wochenbett ist eigentlich eine Phase, in der die Wöchnerin tatsächlich zunächst mit dem Baby im Bett bleibt und sich umsorgen lässt.

Idealerweise kann auch der andere Elternteil darauf teilhaben und diese Zeit des Neubeginns und Kennenlernens nicht nur mit Besorgungen und Haushalt auffüllen, sondern vielmehr auch mit Kuschelzeiten und Annäherung an das Familienleben. Jetzt ist vor allem Zeit wichtig vor allen anderen Dingen und es tut gut, sie sich für einen sicheren Start zu nehmen. Nach der Woche im Bett kann langsam damit begonnen werden, die Wohnung gemeinsam zu erobern – aber Schritt für Schritt. Gerade jetzt finden auf so vielen Ebenen Änderungen statt und so viel Neues tut sich auf, dass Langsamkeit besonders wichtig ist. Und wenn Besuch erwartet wird, kann dieser sich gerne an den Wochenbettbesuchsregeln orientieren.

4. Babys reifen noch nach

Der Schweizer Anthropologe Adolf Portmann prägte die Bezeichnung „physiologische Frühgeburt“ in Bezug auf die menschlichen Babys: Sie kommen aufgrund unserer Entwicklung des aufrechten Gangs und den damit veränderten Strukturen im Becken noch relativ „unreif“ zur Welt, damit sie in der Regel gut Becken und Gebärkanal passieren können. Dafür aber brauchen sie im Anschluss an die Geburt noch Zeit, um „nachzureifen“. Besonders die ersten drei Monate sind eine Zeit, in der Babys langsam in der Welt ankommen und noch sehr viel Hülle und Schutz brauchen. Besonders in dieser Zeit brauchen viele Babys noch gebärmutterähnliche Rahmenbedingungen, um sich sicher und geborgen zu fühlen: viel Körperkontakt und Wärme, gewiegt werden, beruhigende Töne und das Gefühl, in Symbiose zu sein mit einer sich um die Bedürfnisse kümmernden Bezugsperson.

5. Das Weinen des Babys ist normal und will begleitet werden

Babys kommen schon mit vielen Möglichkeiten der Kommunikation zur Welt und haben eigene Signale, mit denen sie sich mitteilen: Die können Hunger mit Saugen an den Händen oder einer Suchbewegung des Mundes anzeigen, drücken aus, wenn sie Ruhe brauchen durch abwenden des Kopfes und haben auch meistens eigene Fähigkeiten der Regulation. Dennoch ist auch das Weinen Teil der Sprache des Kindes. Manchmal können wir die Signale des Babys nicht wahrnehmen oder das Baby weint einfach ohne dass wir erahnen können, warum. Nicht nur Lachen und Freude sind im Leben mit Kindern wichtig und willkommen, sondern Kinder bringen eine ganze Palette an Gefühlen mit ins Leben ein und dürfen diese auch ausdrücken. Dies gilt auch für das Weinen: Wenn wir die Ursache nicht finden, brauchen sie eine liebevolle Begleitung des Weinens, bis dieses letztlich wieder abebbt. Auch wenn wir die Ursache nicht beheben können, vermitteln wir ihnen damit, dass die mit ihren Problemen nicht allein sind. Weinende Babys sollten nicht allein gelassen werden.

6. Stillen sollte nicht langfristig Schmerzen

Es ist eine ganz persönliche Entscheidung, ob gestillt wird oder nicht und jede Familie geht hier und in anderen Bereichen einen eigenen Weg. Wer sich für das Stillen entscheidet, sollte aber wissen, dass es kein Weg ist „durch den man eben durch muss“. Während es anfangs durchaus zu Schmerzen kommen kann bei der neuen Beanspruchung, und vielleicht auch noch Unsicherheiten in Bezug auf das richtige Anlegen des Babys gibt, sollten sich Probleme nicht über einen längeren Zeitraum hinziehen. Stillen muss manchmal erst geübt werden und hierzu braucht es vor allem Unterstützung: Anerkennung, Verständnis aber nicht selten auch einen fachkundigen Blick mit einigen Tipps. Sollte das Stillen langfristig schmerzen, ziehe schnell Hilfe hinzu.

7. Um Hilfe bitten ist in Ordnung

Es ist in Ordnung, um Hilfe zu bitten! Leider haben wir es an vielen Stellen verlernt oder es wurde uns aberzogen. Wir bekommen nicht selten das Gefühl vermittelt: Familienleben bedeutet, sich um alles selbst zu kümmern. Aber damit sind wir schnell überfordert und Stress ist etwas, das sich negativ auf den Familienalltag und die Interaktion mit dem Baby auswirkt. Daher: Egal was du hörst, um Hilfe bitten ist in Ordnung! Bitte Freund und Familie darum, für die erste Zeit für Dich zu kochen. Bitte darum, dir Einkäufe mit- oder vorbeizubringen. Frag andere, wie sie bestimmte Dinge erledigen und tausche dich mit anderen aus, bilde ein eigenes Netz. Es ist zu viel verlangt, Familie, Job, Haushalt und all die anderen Dinge selbst zu stemmen – und das gerade am Anfang, wenn das Baby erst einmal kennengelernt werden will in seinem Temperament und Bedürfnissen.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik)Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

Dos und Don’ts im Wochenbett: So sind Wochenbettbesuche schön. 7 Tipps für Besucher*innen

Wenn das lang ersehnte Baby im Familien- oder Freundeskreis geboren ist, wollen es viele Menschen begrüßen und die Familie beglückwünschen, beschenken und ihre Freude zum Ausdruck bringen. Gerade die ersten Tage und Wochen aber sind eine sensible Phase, in der sich die kleine neue Familie erst einmal kennen lernen möchte und Zeit und Ruhe benötigt – und liebevolle, fürsorgliche und passende Unterstützung, wenn sie diese wirklich wünscht. Mit diesen Tipps fürs Wochenbett kannst Du eine Familie auf ihrem Weg wirklich unterstützen:

1. Den richtigen Zeitpunkt für den ersten Besuch bestimmen die Eltern

Frisch geborene Babys sind zauberhaft: Es ist toll, einen Menschen ganz am Anfang begrüßen zu können und zu bewundern, wie er die ersten Male die Welt erblickt. Aber: Dieses Wunder ist nun vor allem den Eltern vorbehalten. Sie sind es, die nun eine Beziehung zu ihrem Baby aufbauen. Gerade die Mutter hat vielleicht eine mehr oder weniger anstrengende Geburt zu verarbeiten, das Baby ebenso. Vielleicht fühlt sich die Mutter nicht wohl, hat Schmerzen oder das Stillen bereitet ihr noch Probleme und sie braucht Ruhe, um sich einzufinden. Kleine Babys sind auch noch mit einer Woche zauberhaft und auch noch später. Nicht sofort ins Frühwochenbett eingeladen zu werden, ist keine Abweisung und muss nicht negativ interpretiert werden. Im Gegenteil: Mit dem Besuch zu warten bis zum richtigen Zeitpunkt ist ein zusätzliches Geschenk. Deswegen gilt: Warte auf eine Einladung für den ersten Besuch und gehe nicht spontan vorbei mit der Erwartung, in die Wohnung gelassen zu werden.

2. Sei ein Geschenk!

Beim Begrüßen eines kleinen Menschen sind wir schnell verleitet, unsere eigene Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen: Einmal das kleine Baby halten, es streicheln und tragen. Tipps weiter geben, die für uns wichtig waren, weil wir es schon wissen… Beim Wochenbettbesuch ist es jedoch wichtig, selbst das Geschenk zu sein und sich an die Bedürfnisse vor Ort anzupassen: Das beginnt bei den Rahmenbedingungen: Plane nur einen kurzen Besuch ein, parfümiere Dich nicht, denn sowohl die Mutter als auch das Baby sind gerade sehr empfindsam. Vielleicht möchten die Eltern das Baby noch nicht in fremde Hände legen: Schenke Verständnis dafür und fordere nichts ein und stelle keine Erwartungen auf. Erwarte keine saubere Wohnung und keinen gedeckten Tisch, sondern bringe selber etwas mit für den Tisch.

3. Geschenke sind gut, wenn sie für alle sind

Es gibt so zauberhafte Babysachen, die verschenkt werden können. Oft ist die Familie aber schon gut ausgestattet für die ersten Wochen. Babykleidung sollte daher lieber nach Absprache vorher geschenkt werden und oft ist es sinnvoll, lieber Sachen für die späteren Monate auszuwählen, wenn das Baby der Erstausstattung entwachsen ist. Ins Wochenbett kann mitgebracht werden, was der ganzen Familie gut tut: Vielleicht ein kleines Körbchen mit gekochtem Essen oder anderen Leckereien für die Eltern, einer schönen Wasserflasche für die Mutter, damit sie beim Stillen daraus trinken kann (sofern sie stillt), (Trocken)früchte, einem schönen Buch für das Wochenbett und natürlich ein Geschenk für Geschwisterkinder, wenn es diese gibt.

4. Aufmerksamkeit für alle

Bei einem Besuch im Wochenbett ist natürlich der neue kleine Mensch ein wesentlicher Besuchsgrund, aber eine ganze Familie möchte nun Aufmerksamkeit und Zuwendung haben. In den Gesprächen sollte es sich nicht nur um das Baby drehen, sondern um die Gefühle und das Empfinden aller. Ganz besonders wichtig: andere Kinder der Familie. Sie sollten nach Möglichkeit zuerst begrüßt werden, bekommen ein eigenes kleines Geschenk oder Mitbringsel und werden nach ihrem Empfinden gefragt.

5. Zuhören ist wichtig

Aber nicht nur die Aufmerksamkeit für alle ist wichtig und das Fragesteller. Besonders wichtig ist es nun, zuzuhören: Was wollen die Familienmitglieder erzählen, was loswerden? Wo wollen sie Freude teilen und wo vielleicht auch Kummer und Sorgen? Hier setzt eine liebevolle Unterstützung an: Ich verhelfe nicht meine eigene Geschichte über, sondern nehme die Geschichte dieser Familie auf und schaue, wo ich sie unterstützen kann. Wenn sie wirklich Hilfe brauchen und dies sagen, biete ich individuelle Hilfe an oder schaue mich nach Unterstützung um.

6. Wirklich helfen

Viele Familien brauchen eher Zeit statt Zeug im Wochenbett: Sie brauchen Zeit, um die Geburt zu verarbeiten und im Bett zu liegen und sich kennen zu lernen. Hilfe ist, anzubieten, mit den größeren Geschwistern zu spielen oder spazieren zu gehen. Hilfe ist, essen zu kochen oder vorbei zu bringen. Hilfe ist, einmal durch die Wohnung zu saugen oder einen Gutschein für eine Putzhilfe für die erste Zeit zu schenken. Hilfe ist es, beim Verlassen der Wohnung den Müll mit hinunter zu nehmen. Es können so kleine Dinge sein. Hilfe ist all das, was die Familie wirklich entlastet und einander näher bringt.

7. Anerkennung der persönlichen Familienentscheidungen

Jede Familie geht ihren Weg. Und immer sieht er ein wenig anders aus. Wir haben in unserer Familie, in unserer persönlichen Situation mit einigen Dingen gute Erfahrungen gemacht, mit anderen schlechte – jede Familie geht ihren ganz eigenen Weg. Wir können liebevoll unsere Empfehlungen mit auf den Weg geben, aber wir sollten immer die Entscheidungen einer anderen Familie anerkennen. Das fängt beim Namen des Kindes an, geht über die Ernährungsweise und Kleidung bis hin zu Tragen, Stoffwindeln oder Abhalten. Und auch wenn wir selbst auf Erfahrungen zurück blicken können, darf diese Familie nun ihre ganz eigenen Erfahrungen sammeln.

Und was sind Eure ganz persönlichen Tipps?
Eure

 

Vorbereitung auf die Geburt durch Yoga

Yoga und Schwangerschaft passen so wunderbar zusammen. Körper und Yoga insgesamt, Geist und Yoga und einfach Mensch und Yoga, aber das würde nun zu weit führen.
Ich habe in meiner zweiten Schwangerschaft meine regelmäßigen Besuche im Yogastudio geliebt. Jedes mal kam ich ein wenig leichtfüßiger, entspannter und vor allem ohne den für Schwangere oft typischen Watschelgang dort raus.
Nun bin ich nicht mehr schwanger und liebe aber das Schwangerenyoga noch immer heiß und innig und zwar dann, wenn ich es unterrichte. Warum ich finde, dass Schwangerschaft und Yoga so gut zusammenpassen und warum ich Schwangerenyoga zusätzlich als gute Vorbereitung für die Geburt sehe, davon berichte ich Euch.

Vorteile von Yoga auf körperlicher Ebene

Erst einmal: im Schwangerenyoga geht es um Lockerung, Dehnung, Entspannung und das Abmildern eventueller Beschwerden. Übungen, mittels derer Lockerung im Beckenbereich erzielt wird, bringen mehr Beweglichkeit zurück in den Körper von Anfang an. Eine Rücken schonende Ausrichtung kann das typische Ziehen im unteren Rücken abmildern oder verhindern. Mit den Beinen an der Wand können Schwellungen durch Wassereinlagerungen zurückgehen, das Herz-Kreislauf-System wird entlastet und überhaupt kann das Ganze sehr entspannend sein.
Mit Übungen zur Öffnung des Brustraums wird das tiefe Atmen unterstützt, das mit Wachsen des Bauches ja gern mal einer eher flachen Atmung weicht. Das ist besonders am Ende der Schwangerschaft oft eine Wohltat.
Auf körperlicher Ebene ist da also schon einmal so Einiges zu holen. Ich glaube aber, eine gute Yogastunde geht tiefer.

Der Fokus auf das Innere

In einer guten Schwangerenyoga-Stunde wirst du dazu angehalten, ganz genau nachzuspüren, deinen Fokus nach innen zu richten und deine Aufmerksamkeit für dich und deinen Körper zu schulen. Unter der Geburt ist es gut, in einen Zustand zu kommen, an dem das Außen nicht mehr wahrgenommen wird: Du fühlst Dich sicher und frei und kannst Dich nun ganz auf Dich konzentrieren, Dich fokussieren. Außerdem erfährst Du, Deinen Impulsen und ebenso den Signalen deines Körpers nachzugehen, die dir sagen „bis hierhin und nicht weiter“. Du wirst vielleicht an der ein oder anderen Stelle auch mal das Aushalten trainieren.

Wenn du regelmäßig Entspannung erfahren hast, wird es dir leichter fallen, dich zu entspannen, denn auch Entspannung kann man lernen.

Und ebenso das Entspannen und Loslassen. Dies sind wichtige Aspekte der Geburt: Einer Wehe standhalten, sie veratmen und loslassen. Es ist für eine Geburt essenziell, den Körper gut zu spüren – Grenzen, aber auch Möglichkeiten wahrzunehmen und Entspannung ganz bewusst herstellen zu können.

Gelernte Übungen auf die Geburt übertragen

Eine regelmäßige Praxis – ob angeleitet oder zuhause im Wohnzimmer – kann ungemein unterstützen: Wenn du erfahren hast, dass sich dein Körper in bestimmten Positionen oder Bewegungsabläufen besser anfühlt als in anderen, kannst du das unter der Geburt beachten.
Wenn du regelmäßig Entspannung erfahren hast, wird es dir leichter fallen, dich zu entspannen, denn auch Entspannung kann man lernen. Ein entspannter Körper und ein entspannter Geist helfen ungemein beim Loslassen – und deine Schwangerschaft loszulassen, den Weg zu eröffnen, dass dein Baby nun zu dir kommt, das ist ein wichtiger Punkt unter der Geburt.

Yogaübung: Das Aushalten

Eine einfache Alltagsübung zum Ausprobieren

Vielleicht hast du auch das (Aus)halten in deinen Yogastunden gelernt.
Ich mache sehr oft eine Übung, in der ich gemeinsam mit meinen Schülerinnen die Arme auf eine bestimmte Art weit ausstrecke und wir das halten – für 90 Sekunden erst einmal. Ich weise immer wieder daraufhin, den Rest des Körper zu entspannen, den Atmen bewusst weiter tief zu lenken statt ihn wohlmöglich anzuhalten und vor allem auch den Kiefer zu lockern. Denn ein angespannter Kiefer führt zu einem angespannten Beckenboden – diesen wollen wir aber unbedingt weit und entspannt unter der Geburt.

Nach dieser ersten Runde von 90 Sekunden geht’s in eine zweite, längere Runde. Für diese Runde biete ich das Tönen an. Wenn dir Yoga bekannt ist, dann kennst du das typische „Om“ zu Beginn und Abschluss der Stunde. Das Tönen hat im Wesentlichen zwei Vorteile: Der erste ist, dass das Tönen helfen kann, Anspannung abzuleiten, sie quasi durch diesen Ton aus dem Körper zu leiten. Hört sich komisch an? Probier’s aus! Oder vielleicht kennst du das, wenn du (nicht schwanger!!!) etwas Schweres hochhebst – das ist oft von einem Ächzen, einem Stöhnen begleitet. Oder? Genau das ist es!

Der zweite Vorteil des Tönens ist, dass dabei der Mund leicht geöffnet ist, dadurch der Kiefer entspannt. Du erinnerst dich? WEITE!

SAVASANA – Die Entspannung

Und nun zu dem Teil, der – unabhängig von Schwangerschaft – für viele das Highlight der Yogastunde ist: SAVASANA. Savasana ist die Entspannung am Ende der Stunde. Dafür nimmst du dir alle Hilfsmittel, die dich unterstützen – eine Decke, ein Augenkissen (ein kleines, mit Reis oder ähnlichem und Lavendel befülltes Kissen, dass durch die Schwere auf den Augen hilft, diese ruhig zu halten und zusätzlich durch den Lavendel die Entspannung unterstützt), etwas unter das Knie, den Kopf – all das, was dir hilft, es dir maximal gemütlich zu machen. Dann wirst du je nach Studio oder Lehrer/Lehrerin hineingesprochen, das heißt, mittels Worten in die Entspannung begleitet oder direkt in Stille gelassen, vielleicht folgt eine ruhige Musik oder auch nicht, das ist ganz individuell.

Und mal einen Moment einfach nur liegen, nichts erledigen, nichts halten – das ist doch für uns alle schön. Und wenn du nun gerade schwanger bist, dann erlaube dir solche Pausen doch einfach öfter. Kleine Momente, in denen du innehältst und versuchst, dich zu entspannen.
Denn dein Körper nährt und trägt dein Baby, du leistest Unglaubliches. 

Und weil ich geschrieben habe, dass es wichtig ist, den eigenen Impulsen nachzugehen, ist natürlich nicht nur jene Yogastunde gut, die ähnlich abläuft wie ich es hier geschildert habe. Wenn du dich gern auspowerst und schweißtreibend praktizierst – go for it 😉 Meine Worte über eine „gute Yogastunde“ spiegeln mein persönliches Befinden wider.
Was dir gut tut, weißt du selbst am besten. Und wenn du es noch nicht weißt – teste es doch aus. Es lohnt sich, das zu wissen.


Linda ist Yogalehrerin, Coach und Hypnobirthing-Lehrerin und Mutter von drei Kindern. Mehr über Yoga und Hypnobirthing könnt Ihr auf ihrem Blog theurbannature.de lesen. Einen weiteren Einblick bekommt ihr auch hier auf Instagram.

Was erlebt ein Kind im Mutterleib? – Ideen für Kinder in Kindergarten und Schule

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Was erlebt ein Baby im Mutterleib? Diese Frage ist für alle größeren Kinder spannend, die Geschwister werden. Spätestens in der Schule im Aufklärungsunterricht kommt dieses Thema näher und will bearbeitet werden, auch wenn es keinen Nachwuchs gab, der diese Frage aufbrachte. Denn es ist nicht nur wichtig, wie Kinder entstehen, sondern auch, wie sie sich entwickeln und warum. Kinder können hieraus ein Verständnis entwickeln, was Babys auch nach der Geburt brauchen und was auf sie zukommt. Zudem legen wir einen Grundstein dafür, wie sie selber einmal mit Babys umgehen. Weiterlesen

Geburtsbegleiter*innen werden wichtiger denn je

Als ich vor sechs Jahren meine letzten Geburtsvorbereitungskurse im Geburtshaus gab, wollten viele Frauen dort gebären. Es war klar, dass sie dort in guter Umgebung, begleitet von ihren jeweiligen Hebammen gebären würden. Auch die anderen Frauen hatten damals Hebammen an ihrer Seite. Dieses Geburtshaus gibt es mittlerweile nicht mehr – wie viele andere auch nicht mehr. Geburten sehen heute anders aus: weniger begleitet, weniger sicher ist der Geburtsort, wenn Kreißsäle überfüllt sind. Oft höre ich von Frauen, dass sie weder für die Geburt eine Beleghebamme finden, noch eine Hebamme für die Vorsorge in der Schwangerschaft oder die Betreuung im Wochenbett. Das Problem der überfüllten Kreißsäle habe ich schon selbst bei der Geburt meines letzten Kindes erlebt, obwohl die Situation damals nur ein Vorbote des Problems war. Geburten haben sich verändert und damit die Anforderungen an die Rahmenbedingungen, die wir ändern müssen.

Die Bedeutung der Hebammenhilfe

Hebammen sind die Fachfrauen zur Begleitung von Geburten. Sie sind in ihrer Arbeit nicht zu ersetzen und es ist äußerst problematisch, dass durch die hohen Versicherungskosten und die schlechte Bezahlung und die Einschränkungen ihrer Tätigkeiten dieser Berufsstand weiter bedroht wird. Es ist wichtig, dass wir uns alle für den Erhalt der Hebammen einsetzen. Gleichzeitig müssen aber auch die Frauen, die aktuell durch die Unterversorgung von Hebammenarbeit betroffen sind, bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sie trotz des Mangels gute Geburten erleben können.

Ausnahmesituation: erste Geburt

Jede Geburt ist besonders, jede Geburt kann unterschiedlich sein, sich unterschiedlich anfühlen, unterschiedlich verlaufen. Jede einzelne Geburt ist individuell. Und doch sind oft die ersten Geburten ganz besondere Situationen, weil Geburt zum allerersten Mal erlebt wird. Geburten finden heute hinter verschlossenen Türen statt, fernab von anderen Frauen. Wer das erste Mal ein Kind gebiert, ist damit oft zum ersten Mal bei einer Geburt anwesend und hat zuvor keine gebärende Frau erlebt, gehört, begleitet. Auch wenn wir Kurse zur Vorbereitung besuchen, wenn wir Videos auf YouTube ansehen, wenn wir Fotos in Büchern sehen: So richtig vorbereitet auf das, was kommt, sind wenige Frauen. Die Wucht der Gefühle, des Geburtsschmerzes, der Anforderungen ist oft neu. Wir wissen dann, wie Geburt ist, wenn wir sie miterleben. Und was auch wichtig ist: Weil wir wissen, wie es sich für uns anfühlt und was für uns gut und richtig war, wissen wir es nicht für alle anderen.

Gerade dann, in dieser besonderen Zeit der ersten Geburt ist es wichtig, von Menschen begleitet zu werden, die diese Gefühle auffangen können. Menschen, die uns versichern: Das ist normal, Du machst das gut! Menschen, auf die wir uns verlassen können, dessen Einschätzung wir vertrauen, weil sie erfahren sind. Das sind Hebammen.

Und auch bei der zweiten, dritten, vierten… Geburt ist es gut, einen solchen Menschen bei sich haben, der die Unterschiedlichkeit auffängt und uns immer wieder verdeutlicht: alles ist gut. Und wenn es doch eine Komplikation gibt, kann dieser Mensch damit umgehen und sie sicher begleiten.

Wenn es an Hebammenbegleitung mangelt: Unterstützung durch andere

Durch die veränderten Rahmenbedingungen fehlen vielen Frauen nun aber genau diese Begleiterinnen durch die Geburt. Sie erleben sich als allein, als hilflos, als verlassen in einer ganz besonderen Situation in ihrem Leben. Die Rahmenbedingungen in vielen Kliniken sind so schlecht, dass die dort arbeitenden Hebammen nicht alle Frauen gleichzeitig so begleiten können, wie sie es individuell benötigen. Schuld daran trägt aber nicht das Personal. So kommt es, dass gerade am Anfang der Geburt Frauen und Paare über viele Stunden allein gelassen oder gleich wieder allein nach Hause geschickt werden, um zu einem späteren Zeitpunkt zurück zu kehren. Manche bekommen ihre Kinde rin Autos, auf dem Parkplatz, ungeplant zu Hause.

Unser Aprilscherz „Die Autogeburt“ wurde viel geteilt und kommentiert, aber eigentlich ist er kein wirklicher Scherz, sondern nur die Zuspitzung der aktuellen Situation: Die ungeplante Alleingeburt bzw. Geburt an einem nicht ausgewählten Geburtsort ohne Fachperson an der Seite ist keine bloße Dystopie mehr, sie ist für einige Frauen bereits Realität geworden. Während an einigen Stellen die geschlossenen Kreißsäle zu mehr Hausgeburten führen, sind an anderen Stellen Frauen ängstlich und bieten Geld, um doch noch eine Hebamme zu finden. Tatsache aber ist: An zahlreichen Orten gibt es eine Unterversorgung und viele Frauen finden keine Hebammen.

Unter der Geburt brauchen wir jedoch andere, die uns stützen, die uns helfen, die uns begleiten. Zwar kann ein Partner/eine Partnerin, eine Freundin, eine Mutter keine Hebamme ersetzen in ihren Tätigkeiten, aber liebevolle Menschen an unserer Seite können uns ein gutes Gefühl geben, Sicherheit und Geborgenheit. Sie können da sein, umsorgen, streicheln, Tee bringen, Essen anbieten. Sie können den Rücken massieren oder unsere Lieblingsmusik auflegen. Sie können an einem Ort, an dem wir gebären, an dem durch Personalmangel nicht genug Menschen zur Versorgung bereit stehen, –unterstützen.

Geburtsbegleitung durch andere: So können Freundinnen und Familie helfen

Viele Mütter beschreiben, wie die Elternschaft sie einsam gemacht hat. Doch gerade als Familie brauchen wir ein Netzwerk, wir brauchen andere. Nicht nur für praktische Arbeiten, sondern auch als emotionale Stütze. Und dies beginnt nicht erst in der Babyzeit, nicht im Wochenbett, sondern schon vorher.

Neben Hebammen gibt es Doulas, die Geburten begleiten und Frauen und Paare unterstützen. Sie sind nicht für die medizinische Versorgung zuständig, sondern geburtserfahrene Frauen, die sich um die emotionale Unterstützung kümmern und um das, was sonst noch wichtig und hilfreich ist. Eine Studie aus dem Jahr 1995 (Klaus/Kennel/Klaus) gibt an, dass durch eine solche Begleitung die Geburtsdauer verkürzt werden kann und weniger medizinische Interventionen notwendig sind. Doch auch das kostenpflichtige Doula Angebot ist nicht überall verfügbar oder bezahlbar.

Wer dennoch nicht auf Unterstützung verzichten möchte, kann auch andere Bezugspersonen um Teilnahme bitten. Noch ist uns der Gedanke vielleicht fremd, weil wir eine andere Gebärkultur entwickelt haben in den vergangenen Jahren. Aber auch geburtserfahrene Freundinnen, Schwester, Mutter, Partner können begleiten, wenn die Gebärende diesen Gedanken als angenehm empfindet. Für die Geburt im Krankenhaus ist eine solche Begleitung sinnvoll, besonders bei manchmal langen Eröffnungsphasen. So lastet auch nicht die ganze Begleitung auf den Schultern des heute oft begleitenden Partners und es ist möglich, sich in der Begleitung abzuwechseln und zwischendurch Kraft zu tanken. Zu Hause kann eine Freundin sich um die Kinder kümmern, kann Tee kochen, Essen vorbereiten, Musik anmachen, kann mit Wehen ertönen und lachen und einfach da sein. Geburt kann auch wie ein Fest sein. Wichtig dabei ist: Menschen, die uns zu Geburten begleiten, sollten selbst eine positive Einstellung zur Geburt haben und nicht unter Ängsten leiden. Michel Oden (2011) berichtet, dass die Angst unter der Geburt ansteckend ist: Haben Menschen in der Umgebung einer Gebärenden einen hohen Adrenalinspiegel, reagiert sie ebenfalls mit einem Anstieg des Adrenalins. 

Geburtsvorbereitung heute

Wenn ich heute einen Geburtsvorbereitungskurs geben würde, wäre er anders als vor 6 Jahren. Die neuen Rahmenbedingungen müssen auch in die Vorbereitung von Frauen einfließen und wir brauchen neue Konzepte, um Frauen unter den schlechten Bedingungen gute Geburten zu ermöglichen. Das bedeutet nicht, den Kampf um eine politische und rechtliche Verbesserung der Lage aufzugeben. Es bedeutet aber, dass wir bis zu diesem Zeitpunkt nicht nur für unsere Rechte und Bedürfnisse demonstrieren müssen, sondern auch Möglichkeiten schaffen müssen, um den Frauen, die jetzt schwanger sind und gebären, Hilfe und Unterstützung anzubieten. Ein Ansatzpunkt dafür wäre, Familie und/oder geburtserfahrene Freundinnen wieder mehr in Geburten einzubeziehen, einen „Geburten-Clan“ zu schaffen, der zumindest die emotionale Versorgung übernimmt unter der Geburt und gerade nicht das Gefühl aufkommen lässt, allein und ausgeliefert zu sein. Darauf sollten wir heute Gebärende vorbereiten: Schafft Euch Eure geburtsfreundliche Situation.

Eure

 

Geburt: Begleitet werden statt entbunden

Gestern vor zwei Jahren habe ich mein letztes Kind geboren. Heute vor neun Jahren mein erstes. Drei Geburten habe ich erlebt innerhalb von 9 Jahren: eine im Geburtshaus, eine zu Hause, eine im Krankenhaus. Sie alle waren ganz unterschiedlich: unterschiedlich lang, unterschiedlich schmerzhaft, unterschiedlich laut und auch die Kinder, die geboren wurden, waren bei der Geburt ganz verschieden in ihrem Verhalten. Jede Geburt wurde von einer anderen Hebamme begleitet. Beständig waren nur ich und mein Partner, der immer an meiner Seite war.  Weiterlesen

Zum ersten Mal Vater werden

Gerade wird ein Bekannter von mir zum ersten Mal Vater. Ich verfolge seine Tweets, seine Statusmeldungen auf Facebook. Ich bin gerührt von seinen Gedanken und Gefühlen. Ich bin berührt, wenn ich die Aufregung, die Vorfreude und die Liebe zwischen seinen Zeilen lese. Ich bin gerührt, weil dort Bindung entsteht. Gerade jetzt, in diesem Moment, in dem das Baby noch im Bauch der Mutter ist und sich das zarte Band ausbildet, das zwischen Eltern und Kind verläuft. Das zarte Band, das über die Zeit stärker wird, das auch mal gestrafft ist und dann wieder locker. Jetzt entwickelt es sich und ich wünsche, es wird stark und kräftig und bildet mit vielen anderen Bändern der Bindung einen Teppich, der dieses Kind ein Leben lang weich bettet. Weiterlesen

Begegnung & Dankbarkeit

„Susanne?“ Ich blicke in zwei Augen, die mir so vertraut sind. Einen kurzen Moment der Einordnung braucht es, denn ich habe sie 7 Jahre nicht gesehen. Aber wenn man in einem besonderen Moment in ein Augenpaar blickt, vergisst man es nie. Dieser Augenblick war die Geburt meines ersten Kindes. Und diese Augen gehören zu der Hebamme, die die Geburt meines ersten Kindes begleitet hat. Weiterlesen