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14 Tage zu Hause mit Kind – Ideen für die Quarantäne

Viele Eltern sorgen sich davor, 14 Tage zu Hause mit Kind zu verbringen. Was können wir tun? Wie können wir den Alltag gestalten? Prinzipiell ist es zunächst sinnvoll, auf die natürlichen Bedürfnisse von Kindern zu sehen und zu beachten, dass Kinder im Tagesverlauf (wie auch Erwachsene) ein ausgewogenes Verhältnis von Anspannung und Entspannung brauchen. Neben Nähe und Sicherheit (gerade dann, wenn sie auch krank sind), sind dennoch auch Neugierde und Abenteuer wichtig: Sie wollen ihre Fähigkeiten ausbauen und erproben und brauchen hierfür Freiheiten. Zudem wollen sie in dem begrenzten Rahmen, den sie haben, selbst wirksam sein. Fehlt ihnen Selbstwirksamkeit und Eigenständigkeit sowie ein wenig Abenteuer und Exploration, kann das zu Frustration führen.

Im Alltag bedeutet dies zunächst generell: Hinsehen, wo sich das Kind aktiv einbringen oder Dinge allein tun kann, beispielsweise bei der Zubereitung von Essen, beim Tischdecken und -abräumen, beim Putzen: Hier können auch schon kleine Kinder aktiv eingebunden werden und sie können Aufgaben übertragen bekommen, die ihnen Freude machen und sie auch ein wenig herausfordern, denn gerade um den Raum dieser Herausforderungen geht es jetzt: In den eingeschränkten Möglichkeiten, die sie jetzt haben im häuslichen Umfeld brauchen sie kleine Herausforderungen, die wir ihnen stellen – oder die sie sich selber suchen und die wir ihnen gewähren.

Das bedeutet aber nicht, dass die Kinder gänzlich allein den Alltag bestimmen sollten an allen Tagen: Es ist wichtig, dass wir als Eltern auch weiterhin eine Struktur vorgeben für den Tag, die klar erkennbar ist vom Frühstück über die Vormittagszeit, Mittagessen, vielleicht Mittagsruhe (je nach Alter), Spielzeit am Nachmittag, Obstmahlzeit, weiteres Spiel, das dann sanft in das Abendessen und die Abendruhe überführt.

Für manche Eltern mag es verlockend klingen, die Zeit, die nun zu Hause verbracht werden muss, endlich mal für etwas Nützliches zu verwenden und die Wohnung zu streichen, aufzuräumen und auszumisten oder andere grundlegende Arbeiten zu erledigen. Mit einem (vielleicht sogar kränklichem) Kind ist es aber meist keine gute Idee, eine längere Umräum- oder Renovierungsaktion zu planen, denn hier hat das Kind zu wenig Mitwirkungsmöglichkeiten und oft auch zu wenig Zuwendung, was wieder zu Streit führt. Kleinere Aktionen wie beispielsweise das Durchsehen des Kinderbücherregals und Aussortieren von Büchern können natürlich durchgeführt werden.

Zu den Impulsen zur Eigenständigkeit neben Ruhe und Entspannungsmomenten können wir auch kleine Besonderheiten einplanen für diese Tage, wenn uns vielleicht der Alltag sonst ein wenig auf den Kopf fällt. Hier findet Ihr 14 Ideen für solche Tage. Natürlich muss es nicht jeden Tag eine Besonderheit sein, aber manchmal sorgen besondere Ideen für ein wenig Erheiterung und Leichtigkeit.

  1. Eine Puppen-/ Kuscheltierteeparty veranstalten
    Eine Teeparty für die geladenen Gäste des Hauses braucht einiges an gemeinsamen Vorbereitungen: Es müssen Einladungen gebastelt werden, Kekse gebacken, der Tisch oder die Picknickdecke hergerichtet werden und vielleicht wird sogar eine Kerze angezündet und das Kind darf das Streichholz halten.
  2. Einen Spielkasten/-tablett gestalten
    Spielkästen und Spieltabletts sind wunderbare Ideen für den Alltag generell, denn sie laden Kinder zum Spielen mit einfachen Materialien des Alltags ein, mit denen sie sich dann im Spiel vertiefen: Auf ein kleines Tablett, in eine leere Kiste oder ausgeleerte Schublade kann ein Spielmaterial gegeben werden wie Hirse, Reis oder auch Nudeln. Dazu kommen unterschiedlich große Löffel, Tassen, Töpfe, so dass nach Belieben umgefüllt und gespielt werden kann.
  3. Eine Schaumparty machen
    Wie wäre es mal mit einer Schaumparty im Bad? Warmes Wasser, viel Schaum und vielleicht noch (selbstgemachte) Seifenblasen? Danach wird dann zusammen aufgewischt.
  4. Einen Hindernisparcours aufbauen
    Bewegung ist wichtig für Kinder und auch in Quarantäne zu Hause brauchen sie genügend Bewegung, vielleicht täglich angeleitet mit Hilfe eines Buches oder eines Videos, das gemeinsam angesehen wird. Aber auch darüber hinaus bietet sich Bewegung als Programmpunkt an für einen Tag: Wie wäre es mit einem Hindernisparcours aus den Dingen, die gerade zu Hause verfügbar sind? Über die Stühle auf den Tisch auf das Sofa und wieder zurück zum Beispiel. Und unter dem Tisch lässt sich mit einer Decke auch eine schöne Höhle bauen, in der danach ausgeruht werden kann mit Taschenlampe und einem Buch.
  5. Der Heute-Bestimmst-Du-Alles-Tag
    Selbstwirksamkeit ist wichtig für Kinder. Aber jetzt gerade ist sie eingeschränkt. Wie schon erwähnt, ist es gut, wenn wir Kinder jeden Tag mitentscheiden lassen bei einigen Punkten und ihnen Freiraum geben. Wenn aber dennoch die Decke mal richtig auf den Kopf fällt, ist ein Heute-Bestimmst-Du-Alles-Tag eine gute Idee. Natürlich bilden sich keine schlechten Angewohnheiten aus, weil es an diesem Tag Pudding zum Frühstück gibt, mittags Pommes und abends Pizza mit Schokocreme oder anderes. Es tut Kindern auch gut, wenn sie an diesem Tag das Spiel mal ganz allein bestimmen können: Heute spielen wir xy und Du (Mama/Papa) spielst mit.
  6. Kinderbuch-Lieblingsheld*innen-Tag
    Wie wäre es mal, einen Tag wie beim Sams zu gestalten? Oder wie in Bullerbü und die passenden Rezepte herauszusuchen (zum Beispiel für Zimtschnecken) oder wie bei Pippi Langstrumpf alles zu machen? Sucht Euch die Lieblingsgeschichte heraus und das, was sie so besonders macht und baut es in den Tag ein.
  7. Erinnerungstag mit Fotos, Filmen und Anrufen
    Alte Bilder ansehen, macht Spaß. Gemeinsam kann durch (digitale) Fotoalben gesehen werden, die passenden Geschichten dazu erzählt werden. Und vielleicht können wir auch hier und da bei den Menschen anrufen, die wir auf den Bildern sehen.
  8. Fernsehtag mit Popcorn und Eis
    Wir können und sollten unsere Kinder während der Quarantäne nicht vor Medien abschieben, aber natürlich können sie in den Alltag integriert werden. Vielleicht bietet es sich auch an, mal einen ganz besonderen Fernsehtag zu machen mit selbst gemachtem Popcorn, Eis oder selbstgemachter Pizza. Kann natürlich alles auch fertig gekauft werden, aber beim Selbermachen ist das Kind wieder aktiv beteiltigt.
  9. Verkleidungstag
    Lass uns doch mal die Sachen durchprobieren… Der Kleiderschrank der Eltern bietet doch oft einige spannende Verkleidungsimpulse, aber auch die eigenen Kindersachen können mit Tüchern und Bändern auf einmal ganz anders erscheinen.
  10. Besuch in einem virtuellen Museum
    Zwar geht es gerade nicht, richtig vor die Tür zu gehen, aber an vielen Orten können wir virtuell gehen. Einige Museen bieten virtuelle Besichtigungen an und vielleicht haben wir ja sogar noch ein passendes Kinderbuch zur Hand, um das Gesehene zu vertiefen.
  11. Eine Schnitzeljagd in der Wohnung
    Bewegung und Neugier können auch mit einer Schnitzeljagd in der Wohnung befriedigt werden. Ein Hinweis hier führt zum nächsten Hinweis dort – entweder gemalt oder geschrieben. Und am Ende wartet eine kleine Überraschung – das kann auch „nur“ eine selbstgebastelte Krone sein oder ein kleiner Kuchen.
  12. Gestaltet eine Fotogeschichte zusammen
    Wie wäre es mit einer Geschichte aus Eurem Alltag? Wie habt Ihr diese Tage zu Hause erlebt, was habt Ihr gemacht? Oder alternativ: eine kleine Geschichte ausdenken und in Fotos nachstellen. Das kann dann sogar als Fotobuch gestaltet werden und als kleines Geschenk dienen.
  13. Ein Fenster bunt gestalten
    Mit großen Bewegungen malen – das mögen viele Kinder. An den Wänden ist es oft nicht so beliebt, aber Fenster können mit Fingermalfarben schön gestaltet und später wieder abgewischt werden. Oder es können mit Mehlkleber aus Transparentpapier ausgeschnittene Dinge aufgeklebt werden.
  14. Heute-ist-Musik-Tag
    Musik macht es uns oft leichter. Singen hilft, um Ängste zu besiegen und Musik bereitet vielen Kindern Freude. Wenn die Nerven es aushalten, kann ein Konzert mit Töpfen und Sieben gemacht werden. Ansonsten kann auch einfach schöne Musik ausgewählt werden, zu der zusammen getanzt wird. Dazu gibt es ein Getränk mit Sprudel und ein paar Obststückchen in einem hübschen Glas und schon findet eine kleine Party statt.

Quarantäne mit Kindern ist nicht einfach. Es ist herausfordernd für Kinder und Eltern. Und wichtig ist auch, die eigenen erwachsenen Bedürfnisse zu berücksichtigen und sich irgendwie Pausen zwischendurch zu gönnen. Auch das darf ausgesprochen und eingefordert werden.

Kommt gut durch diese Zeit.
Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Foto: Ronja Jung für geborgenwachsen.de

„Kack-Mama! Kack-Papa“ – Wie Eltern mit Beschimpfung umgehen können

Welches Elternteil hat den Satz „Du bist eine Kack-Mama!“ oder „Du bist ein Kack-Papa!“ noch nie gehört? Und obwohl nahezu alle Eltern im Laufe der Kindheit diesen oder ähnliche Sätze hören, sind die meisten Eltern von einem solchen Ausspruch ihres Kindes beschämt: Habe ich alles falsch gemacht? Warum spricht mein Kind so mit mir? Das ist doch wohl die Höhe! Also das kann ich nun wirklich nicht durchgehen lassen. – Es sind viele Gedanken, die Eltern in solchen Situationen durch den Kopf gehen können. Die meisten der Gedanken sind darauf fokussiert, was die anderen Menschen denken könnten oder ob man selbst etwas falsch gemacht hat. Aber bevor die eigenen Gefühle und Versagensängste in den Blick geraten, lohnt sich ein Blick auf das Kind und die Situation.

Warum macht das Kind das eigentlich?

Vor der eigenen Scham und Schuldgefühlen verlieren wir oft aus dem Blick, worum es hier wirklich geht: Da steht ein kleines Kind, das vielleicht irgendwo ein Schimpfwort aufgefangen hat und nun damit experimentiert: Wie spricht man es aus? Wie reagieren die anderen darauf? Wie fühlt es sich an, das zu sagen?

Und selbst wenn es kein fremdes, neues Wort ist, sondern ein wohl bekanntes wie „Kack…“, ist der Blick auf das Kind gerade jetzt wichtig. Da steht es, vielleicht 1/3 so groß wie wir selbst und schreit und schimpft und fühlt sich ungerecht behandelt, eingeschränkt, unverstanden und sucht nach einem Kanal, nach einem Wort, um dieses riesige Gefühl der Wut und Frustration loszulassen. Ein Wort, mit dem es all das ausdrücken kann. Und das ist es dann: Kack-Mama, Kack-Papa.

Mit Schimpfwörtern umgehen

Was also können wir tun? Wir kennen all die Sätze, die Eltern eben zu ihren Kindern sagen: „Das sagt man aber nicht!“, „Solche Worte gehören nicht in unsere Familie!“, „Sowas kannst Du vielleicht zu deinen Freunden sagen, aber nicht zu mir!“, „Also ich als Kind hätte…, wenn…“, „Das will ich aber nie wieder hören!“ Helfen diese Sätze? Nein. Weil sie nicht mit dem Problem des Kindes umgehen. Weil sie weiterhin beschneiden und belehren wollen, oft noch in einer Situation, in der das Kind so in Wut ist, dass es gerade eben nicht belehrbar ist.

Auch ein Ignorieren hilft nicht, denn das Kind möchte mit seinem Wort ja etwas an uns transportieren, sagt etwas über die Wut und Verzweiflung. Wenn wir dies ignorieren, ignorieren wir auch die eigentliche Botschaft, die hinter dem steht.

Es geht also um ein Verständnis des Kindes und der Gefühle des Kindes. Wir sollten transportieren: Ich höre, dass du sauer bist, du darfst sauer sein, aber bitte verletze mich nicht. Und hier können wir überlegen, welche Alternativen es gibt: Wie kann dieses Kind die Wut hinauslassen, die es gerade spürt? Was kann es rufen, wo kann es rauftrampeln? Und gibt es überhaupt einen anderen Kanal als die Worte (und muss es ihn geben?). Manchmal mag es einem Kind helfen, ihm zu sagen: Wenn du unbedingt ein Schimpfwort nutzen möchtest, dann schrei es in deinem Zimmer hinaus. Oft aber funktioniert diese Technik nur begrenzt – und beispielsweise unterwegs nicht.

Natürlich sind wir Eltern Vorbilder, eben so wie Geschwister, Freunde, Bekannte, Verwandte. Worte wer den an vielen Stellen auf gegriffen, insbesondere so emotionsgeladene. Es ist nicht schlimm, dass unsere Kinder auch die Wörter benutzen, die in ihrer Umgebung benutzt werden. Mit einem Schimpfwort, so lernt das Kind, kann ein negativer Superlativ ausgedrückt werden.

S. Mierau (2020): Geborgene Kindheit

Das eigentliche Problem

Womit wir uns aber eigentlich befassen müssen, ist die Frage danach, warum genau wir Schimpfworte so schlimm finden. Denn wenn wir ehrlich sind, benutzen wir sie fast alle. Natürlich gibt es gefühlte Unterschiede zwischen „Mist“ und „Scheiße“ oder „Scheibenkleister“. Aber letztlich nutzen wir welches Wort auch immer, um ein ganz starkes Gefühl zu beschreiben und herauszulassen in einem Moment.

Wir können lange Zeit beeinflussen, welche Worte unsere Kinder nutzen, aber weniger, dass sie Schimpfworte nutzen. Im Grundschulalter können wir durchaus mit ihnen Worte festlegen, die nicht (oder zu Hause nicht) genutzt werden und erklären, warum wir das nicht tun. Ob sie sich auch außerhalb unserer Ohren daran halten, können wir nicht beeinflussen. Aber wenn wir ihnen den Raum geben, ihren Emotionen auch mit Worten Ausdruck zu verleihen und ihnen Worte an die Hand geben, die sie nutzen können, helfen wir ihnen mehr als durch Verbote.

Denn tatsächlich ist das eigentliche Problem, welchem wir uns bei Schimpfworten oft stellen müssen, das Gefühl, dass wir als Eltern in irgendeiner Weise versagt hätten, dass wir falsch erziehen würden und andere Menschen uns dafür verurteilen. Aber dieses Gefühl werden wir nicht los, indem wir unsere Kinder bestrafen oder ihnen etwas verbieten. Dieses Gefühl können wir nur in uns selbst bearbeiten und mit dem Wissen, dass die Nutzung von Schimpfworten wie Kack-Mama oder Kack-Papa eben nicht in erster Linie unsere elterlichen Qualifikationen in Frage stellt. Und manchmal sogar genau das Gegenteil ist, wenn wir nämlich dieses Gefühl in uns geklärt haben und unserem Kind den Raum geben können, so etwas zu sagen, ohne es sofort auf uns selbst zu beziehen.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

„Einfach Halloween“ zu Hause feiern

Halloween steht vor der Tür und auch hierzulande wurde in vielen Städten und Gemeinden die amerikanische Tradition übernommen. Dort gehen Kinder insbesondere von Tür zu Tür, um Süßigkeiten zu sammeln. In diesem Jahr ist jedoch alles etwas anders und die Umzüge sollten ausfallen. Aber auch zu Hause lässt sich mit Kindern ein schönes Fest feiern – und die Dekoration muss auch nicht teuer eingekauft werden oder aus Plastik bestehen, sondern kann mit wenigen Materialien zu Hause selbst hergestellt werden.

Kleine Geister aus Stoffservietten oder Stoffresten

Wer weiße Stofftaschentücher, Servietten oder einfach einen quadratischen Stoffrest zu Hause hat, kann daraus mit wenigen Handgriffen ein kleines Gespenst zaubern. In der Mitte des Tuches wird ein Kopf mit etwas Schnur abgebunden, indem ein kleiner Wattebausch, eine Kugel oder ähnliches liegt. Aus zwei Ästen wird mit Hilfe einer Schnur ein Kreuz gebunden. Die vier Ecken des Tuches werden dann mit einer Schnur an den Enden des Kreuzes befestigt. So kann das kleine Gespenst aus dem Fenster schauen.

Geisterlichter aus Einmachgläsern

Ein altes Schraubglas kann mit etwas Mehlkleber, Transparentpapier und schwarzer Pappe schnell in ein Geisterlicht verwandelt werden. Für den Mehlkleber wird eine Tasse Mehl mit einer 3/4 Tasse Wasser zu einem Brei verrührt. Mit diesem kann das Transparentpapier dann in kleinen Stücken auf das Marmeladenglas geklebt werden. Abschließend werden zwei ovale Augen aus schwarzer Pappe aufgeklebt. Teelicht hinein, fertig!

Spinnenweben aus Zahnstochern und Kastanien

In eine Kastanie werden ringsum gleichmäßig verteilt 5 Zahnstocher gestochen. Zwischen diesen Zahnstochern wird dann von Zahnstocher zu Zahnstocher das Spinnennetz gewebt. Die Kastanie ist die Spinne, die in der Mitte sitzt. Diese Spinnennetze können dann am Fenster aufgehangen werden.

Gerippe aus Stöcken schnell geklebt

Noch schnell einen kleinen Ausflug machen, um im Wald oder Park ein paar unterschiedlich lange Äste zu sammeln. Diese können dann mit Heißkleber oder Nägeln zu einem Skelett verbunden werden mit einem Gesicht aus Pappe oder Baumrinde.

Gruselfühlkisten basteln

Vielleicht habt Ihr ja noch Schuh- oder Pappkartons zu Hause, die schnell mit einem kleinen handgroßen Loch in eine Fühlkiste verwandelt werden können. Ansonsten können auch Schüsseln genommen werden, die einfach mit einem Tuch verhangen werden, unter das die Kinderhand dann schlüpft. Im Karton oder in der Schüssel befinden sich dann unterschiedliche Dinge, die erfühlt werden können: zum Beispiel etwas haarige Wolle, ein Wattebausch, selbstgemachter Schleim, ein nasser Waschlappen, Kiefernadeln, etwas feuchtes Gras oder trockene Blätter.

Eine andere Variante des Spiels: Aus den gefüllten Kisten muss ein Gegenstand herausgesucht werden.

In der Hexenküche

Kleine Kinder matschen, rühren und füllen oft gern um. In der Halloween-Edition dieses Spiels können wir einen ausgehölten Kürbis als Hexenkochtopf nutzen. Hinein kommen kann entweder einfach Matschepampe aus dem Garten oder vom Balkon zum Rühren, Klecksen und Umfüllen. Oder es kommt ein selbstgemachter Schleim hinein oder mit Lebensmittelfarbe gefärbtes Wasser.

Mit größeren Kindern kann auch ein Experiment gemacht werden: Der überlaufende Kürbis. Hier wird Natron mit etwas Farbe vermischt und in den Kürbis gegeben und mit Apfelessig aufgegossen, so dass Schaum entsteht, der aus dem Kürbismund herauslaufen kann.

Geister- und Monsterbücher vorlesen

Eine Vorlesezeit bei Kerzenschein im Dunkeln ist ein weiterer einfacher Programmpunkt für eine Halloweenfeier zu Hause. Dabei kann dann auch als Thema aufgegriffen werden, dass Geister und Monster gar nicht gruselig sind und/oder Kinder keine Angst davor haben müssen – das ist ohnehin ein wichtiger Punkt bei diesem Fest, bei dem sich Kinder damit auseinandersetzen können, was gruselig ist, warum und wie sie mit solchen Ängsten umgehen und wie sie von ihren Eltern begleitet werden können. Eine Sammlung an Büchern zum Thema findet Ihr hier.

Ein kleines Grusel-Buffel anbieten

Es gibt zahlreiche Rezepte für Halloween mit mehr oder weniger großem Aufwand für gruselige Suppen mit Roter Beete, Kürbissuppen, auf die aufgrund ihrer dicken Konsistenz mit Kürbiskernöl und/oder Schmand Gesichter und Geister aufgezeichnet werden können. Tomaten können mit einem scharfen Messer und etwas Gurkenfüllung wie Halloween-Kürbisse aussehen oder Nachos können mit einer gruseligen Guacamole angeboten werden, die aus einem kleinen Kürbis herausläuft. Der Süßigkeiten anbieten möchte, kann kleine weiße Schaumküsse mit Zuckeraugen bekleben – so werden sie blitzschnell zu kleinen Geistern. Und Brezeln werden durch Zuckeraugen zu kleinen Fledermäusen. Zwei Kekse zwischen die ein Halbkreis aus Mini-Marshmallows geklebt wird, sehen aus wie ein Mund mit Zähnen.

Mit diesen Ideen wird Halloween auch zu Hause zu einem schönen Fest im kleinen Kreis.
Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Erwartungsanpassung

„Meine Güte, warum kannst du denn nicht einmal ruhig am Tisch sitzen bleiben!“, „Du darfst nicht so dicht an die Straße rennen, wie oft soll ich das noch sagen?!“, „Du isst jetzt bitte auf, was auf deinem Teller liegt!“ Wie oft haben Eltern diese oder ähnliche Erwartungen an ihre Kleinkinder und werden darin enttäuscht? Oft nicht nur einmal, sondern immer wieder. Und immer wieder taucht der Streit auf, warum das Kind denn nun nicht macht, was man doch schon x Mal besprochen hat, was man vom Kind erwartet. – Anstatt zu überlegen: Wenn das hier immer schief läuft, dann ist vielleicht nicht das Kind „das Problem“, sondern meine Erwartung?

Wir erwarten oft zu viel

Was können Kinder in welchem Alter überhaupt umsetzen? Diese Frage ist für viele Eltern gar nicht so einfach zu beantworten. Auch, da Referenzwerte fehlen: Im Alltag sind wir wenig mit Kindern unterschiedlicher Altersgruppen zusammen und an unser eigenes Können und Tun in der frühen Kindheit können wir uns oft nur gering oder verzerrt erinnern. Wir gehen daher oft von Erwartungen aus, von denen wir annehmen, dass sie für ein Kind einfach zu erfüllen wären: Schließlich kann das Kind doch auf unsere Worte hören, wenn es sie versteht? Wenn es weiß, was „Stopp“ heißt, dann kann es doch an der Straße auch stoppen? Und es ist doch auch nicht zu viel verlangt, einfach am Tisch mal eine halbe Stunde ruhig zu bleiben und zu entspannen? das klingt doch alles ganz logisch und nachvollziehbar und irgendwie auch einfach.

Aber das ist es nicht. Kleinkinder denken anders als wir. In vielen Situationen übernimmt das emotionale Gehirn die Führung. Und auch ihr Einfühlungsvermögen ist noch anders als bei uns. Zudem haben sie vielleicht noch nicht passende Arten gelernt, um mit ihrem Temperament gesellschaftskonform umzugehen (bspw. wie man Wut in einer sozialen Gruppe ausdrücken kann ohne andere körperlich zu verletzen). Und unsere Erwartungshaltung schränkt in vielen Punkten ihre Neugier ein, die aber ein Motor der Entwicklung ist. Vielleicht erwarten wir auch gerade dann etwas, wenn das Kind sich schon sehr viel am Tag angepasst hat und gegen Nachmittag/Abend nicht mehr bereit oder fähig ist, noch weitere Anpassungen zu leisten. Kurz: Wir können uns oft nicht in das kindliche Denken und Fühlen hineinversetzen und setzen eher erwachsene Verhaltens- und Denkweisen voraus.

Der große Krach

Der große Streit entsteht oft dann, wenn das Kind den elterlichen Erwartungen (natürlicherweise) nicht entspricht und es entweder harsch abgehalten wird vom Tun oder nach dem aus Elternsicht falschen Verhalten noch angeschimpft/bestraft wird. So ergeben sich Konfliktfelder, die immer wieder auftreten und sich oft über die Zeit zuspitzen durch ein „Ich hab doch schon tausendmal gesagt, dass du…“

Statt Erwartungen: Nachdenken & Verantwortung übernehmen

Ein Kleinkind ist keine erwachsene Person. Es kann und muss noch nicht verantwortungsbewusst handeln. Es kann noch nicht alles überblicken, abwägen und immer richtige Entscheidungen treffen. Es kann vielleicht nicht über einen längeren Zeitraum ruhig am Tisch sitzen, kann nicht die Verantwortung dafür übernehmen, im Straßenverkehr richtig zu handeln und Risiken richtig einzuschätzen und es kann oft nicht die Mengen abschätzen, die es essen kann. Ein Kleinkind ist ein Kleinkind.

Wenn wir merken, dass wir immer wieder in Streitsituationen kommen, lohnt sich ein Blick auf diese Situation und eine der ersten Fragen kann immer sein: Sind meine Erwartungen an das kindliche Verhalten vielleicht zu hoch? Und zwar nicht nur in Bezug auf das Alter, sondern in Bezug auf dieses individuelle Kind mit seinem persönlichen Temperament und Entwicklungsprofil. Wenn wir feststellen, dass dies so ist, müssen wir die Verantwortung übernehmen. Das bedeutet, dass wir nicht erwarten, dass das Kind still sitzt, nicht auf die Straße rennt und sich die passende Menge auftut, sondern dass wir Rahmenbedingungen schaffen, die dem Kind angepasst sind.

Solche Rahmenbedingungen sind beispielsweise, dass wir das Kind im Straßenverkehr schützen und die Verantwortung nicht abgeben. Dass wir Mahlzeiten so gestalten, dass wir in Ruhe essen können bis wir satt sind, aber das Kind vielleicht früher aufstehen kann oder am Tisch etwas anderes machen kann. Oder dass wir vielleicht kleine Schöpfkellen nutzen und die Mahlzeit so gestalten, dass immer kleine Portionen genommen werden und nachgenommen wird, wenn mehr gebraucht wird.

Vor allem müssen wir verstehen lernen, dass es nichts bringt, ein Kind auszuschimpfen oder zu bestrafen, weil es unsere zu hohen Erwartungen nicht erfüllt. Denn das qüält das Kind, uns selbst und unsere Beziehung.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Hilfe, mein Kind will nicht essen!

Wohl nahezu alle Eltern kennen diese Phasen mit Kindern, wenn das Kind auf einmal nicht essen möchte: Das Essen steht auf dem Tisch, aber das Kind möchte einfach nichts davon haben. Manchmal erstreckt sich dieses Verhalten auf einen oder wenige Tage, manchmal über Wochen und manche Kinder sind von sich aus wählerischer und eingeschränkter in der Auswahl als andere Kinder*.

In der Kleinkindzeit haben viele Kinder eine Skepsis gegenüber einigen Nahrungsmitteln und besonders neue Speisen werden erst einmal abgelehnt. Angenommen wird besonders, was bekannt ist. Und es benötigt eines immer wieder freundlichen Anbietens dieser Speise bis sie dann doch ausprobiert wird. Manchmal ist es auch die Konsistenz und was als Brei nicht probiert wird, funktioniert stückig besser oder schmeckt in einer Sosse verkocht oder in einem Smoothie verarbeitet viel besser als pur.

Was wir vermeiden sollten, wenn unser Kind nicht essen möchte

Wenn unser Kind weniger isst oder Essen ablehnt, sollten wir bei gesunden, normal entwickelten Kindern* nicht sofort in Angst verfallen, die uns zu übergriffigen Verhalten und Druck verleitet. Für viele Eltern ist die Ernährung – oft auch durch eigene Kindheitsthemen belastet – ein schwieriges Thema und bei kleinen Abweichungen von der Norm geraten sie schnell in Sorge. Diese Sorge und die eigenen negativen Ernährungserfahrungen führen dazu, dass gerade beim Essen schnell Druck aufgebaut wird, um das Kind wieder zum Essen anzuhalten.

Auch wenn wir als Eltern gut informiert sind über Nahrungsmittel, Inhaltsstoffe und gesunde Ernährung, erwarten wir von unseren kleinen Kindern zu viel, wenn wir denken, dass diese abstrakten Informationen sie davon überzeugen würden, jetzt das grüne Gemüse doch freudig zu essen. Vorträge über gesunde Ernährung am Esstisch sind deswegen keine zielführende Idee. Größere Schulkinder hingegen können sich mit dem Thema Ernährung kreativ beschäftigen und lernen in der Regel auch in der Schule noch einmal, auf die Bestandteile gesunder Ernährung zu achten.

Auch Bewertungen wie „gute*r“ oder „schlechte*r“ Esser*in oder Kategoriesierungen von „gesunder“ vs. „ungesunder“ Ernährung sind oft nicht zielführend, da sie einerseits für das kleine Kind zu abstrakt sind und die eigene Ernährung in Vergleich zu anderen Menschen setzen, vielleicht sogar in eine Art Wettbewerb und das Konzept von „gesund“ und „ungesund“ anhand einzelner Lebensmittel ungünstig ist, da nicht das Nahrungsmittel an sich, sondern die Menge oft den entscheidenden Faktor ausmacht und Kinder langfristig lernen sollten, nicht bestimmte Nahrungsmittel per se aus Angst zu vermeiden, sondern sinnvoll und kritisch damit umzugehen.

Auch Schulgefühle sollten wir nicht aufbauen, um das Kind zum Essen zu überreden: „Aber ich habe mir so viel Mühe gegeben beim Kochen….“ oder „Jetzt bin ich ganz traurig, weil du wieder nichts isst!“. Auch Bestrafungen/Belohnungen werden oft genutzt, um das Kind zum Essen zu überreden: „Wenn du das nicht isst, dann gibt es auch nachher kein Eis!“ – Süßigkeiten können, wenn eine Familie sich dafür entscheidet, ganz normal in den Alltag integriert werden, müssen aber nicht in Zusammenhang mit den Hauptmahlzeiten stehen und nicht als Belohnung oder Bestrafung genutzt werden. Natürlich werden Kinder von einem Pudding nicht unbedingt satt – Müssen wir ihn deswegen als Nachtisch anbieten oder macht es nicht mehr Sinn, den Pudding lieber losgelöst vom Mittagessen anzubieten?

Was wir tun können

Was wir stattdessen machen können? Ruhig bleiben, uns das Essverhalten des Kindes über einen längeren Zeitraum genauer ansehen. Manchmal verändert sich unser Blick bereits, wenn wir wirklich einmal aufschreiben, was das Kind den ganzen Tag über isst. Manchmal sehen Eltern dann, dass es so viele kleine Mahlzeiten sind (hier eine Maiswaffel, da ein Apfel und noch eine Banane,…), dass das Kind zu den Hauptmahlzeiten wenig Hunger hat. Auch unser eigenes Essverhalten kann dabei in den Blick geraten: Wer isst hier eigentlich wie und was und wann? Auch hier gilt: Wir sind Vorbild im Alltag für unsere Kinder.

Wir können unseren Blick mehr auf Bedürfnisse, Wünsche und Signale wenden und mit dem Kind erkunden, wann es hungrig ist und wann nicht und warum das so ist.  Wie fühlt sich Hunger und Sättigung an?

Zudem können wir über die aktuelle Situation und Entwicklung des Kindes nachdenken: Was macht es gerade besonders gerne? Bewegt es sich weniger? Hat es vielleicht Streit mit Freund*innen? Bekommt es Zähne und das Essen schmerzt?

Vor allem sollten wir den Druck heraus nehmen aus den Esssituationen: Essen sollte Spaß machen, ein soziales Miteinander sein, Genuss sein und so auch zelebriert werden – von allen Anwesenden. Das ist nicht immer einfach und im Laufe der Jahre gibt es immer wieder Situationen, die am Esstisch auch schwierig sind. Aber wenn wir diesen Herausforderungen als Eltern mit Entspannung und Wohlwollen begegnen, geben wir unseren Kindern ein großes Geschenk mit.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

*Bei Kindern mit Gedeihstörungen, Erkrankungen etc. oder bei Kindern, die in der Entwicklung verzögert sind, sowie bei Kindern, die neben einem Appetitverlust an anderen Symptomen leiden, ist eine ärztliche Beratung angezeigt. Auch wenn Eltern ein nicht näher definierbares ungutes Gefühl haben in Bezug auf die Ernährung ist eine ärztliche Abklärung und Unterstützung sinnvoll. Eine Ernährungsberatung durch Fachpersonen kann in jenen Fällen bei sehr eingeschränktem Essverhalten und/oder Mangelernährung eine hilfreiche Unterstützung sein. Dieser Artikel bezieht sich auf Kinder, die zwischenzeitlich Nahrung ablehnen und nicht unter einer Erkrankung/Mangelernährung/Gedeihstörung leiden.

Die freie Bewegungsentwicklung von Kindern unterstützen

Es gibt Aspekte der kindlichen Entwicklung, die für uns offensichtlicher sind und solche, die weniger sichtbar sind. Oft orientieren wir uns an den großen Meilensteinen, beispielsweise wenn das Kind die ersten Worte sagt oder danach, wenn es Zweiwortsätze spricht, oder wenn es mit dem Krabbeln beginnt oder dem Laufen. Alle Entwicklungen bestehen aber eigentlich aus vielen kleinen Bausteinen auf dem Weg zu einer Veränderung. So verhält es sich bei der Sprache ebenso wie beim Sozialverhalten oder der Motorik. Und damit diese einzelnen Schritte schließlich zu dem führen, was wir als „großen Meilenstein“ betrachten, braucht das Kind die Chance, sich dorthin zu entwickeln und quasi einen Baustein auf den anderen zu setzen oder einen Schritt nach dem anderen zu bewerkstelligen. Gerade auch bei der Bewegungsentwicklung ist es wichtig, dass das Kind die Chance hat, sich zu erproben.

Raum für Entwicklung

Schon in den ersten Monaten brauchen Kinder die Chance, ihren Entwicklungsimpulsen nachzugehen. Dabei werden sie von ihren Eltern begleitet, die auf eine Balance achten zwischen Anregung und Entspannung: Gerade Babys, die (noch) größere Schwierigkeiten mit der Selbstregulation haben, brauchen oft zur Beruhigung viel Nähe und Körperkontakt, vielleicht in Trage oder Tragetuch und/oder auch mit Hilfe eines Pucksacks oder Pucktuches. Neben diesem Körperkontakt benötigen sie aber gleichsam auch die Möglichkeit, sich mit dem eigenen Körper und der Umwelt vertraut zu machen.

Aus diesem selbständigen Erkunden entwickelt sich in der Rückenlage, dass das Kind zunehmend mehr im Gleichgewicht liegen kann, die Beine an den Bauch anzieht, die Hände vor sich zusammenbringt, sich dann irgendwann zufällig auf die Seite rollt und oft* um den 5. Monat herum die Hände an die Oberschenkel bringt, erste Drehversuche unternimmt und etwas später die Hände an die Füße bringt, bis es die Füße schließlich zum Mund führen kann und die Wirbelsäule so dehnt. Es lernt, sich vom Rücken auf den Bauch zu drehen und wieder zurück, lernt in der Bauchlage die Aufrichtung und Abstützung, spielt auf der Seite, bewegt sich schließlich fort durch robben, rollen und/oder krabbeln, bevor es beginnt, sich hochzuziehen, beim Krabbeln vielleicht ein Bein aufzustellen, sich in den Kniestand zu bringen und schließlich zu stehen und zu gehen.

Mit jedem weiteren Entwicklungsimpuls bauen Kinder auch die körperliche Entwicklung aus: sie entwickeln die Muskulatur, dehnen und strecken sich, erlernen neue Bewegungsabläufe. Oft sind diese einzelnen Erfahrungen der Grundstein, auf dem dann neue Entwicklungen aufbauen. Wir sollten daher nicht unbedacht in diese Entwicklung eingreifen, damit das Kind sicher und selbständig die einzelnen Bausteine der Entwicklung durchlaufen kann. Ein beständig zu frühes Hinsetzen oder Halten zum Laufen kann das Kind (körperlich) überfordern und sich nachteilig auf die Entwicklung auswirken. Vielmehr sollten wir den Raum dafür geben, dass das Kind sich selbständig bewegen kann und die einzelnen Entwicklungsimpulse begleiten und unterstützen.

Manchmal ist dies nicht einfach, wenn das Kind sich beispielsweise gerade umgedreht hat, den kleinen Arm aber noch nicht unter dem Körper hervor ziehen kann. Eltern sind dann schnell versucht, bei dem ersten Anzeichen von Unwohlsein einzugreifen. Auch hier ist es wichtig, auf eine gute Balance zwischen Eingreifen und der Möglichkeit zur Selbständigkeit zu achten, damit das Kind durch die Bewältigung von Hürden Selbstwirksamkeit erfährt und sich nicht beständig passiv und auf Hilfe angewiesen fühlt. Merken wir allerdings, dass das Kind ein Problem nicht allein bewältigen kann, ist sanfte, liebevolle Unterstützung eine gute Hilfe.

Schon im ersten Jahr brauchen Babys neben Nähe also die Freiheit für die persönliche Bewegungsentwicklung. Das bedeutet:

  • Zeit, sich frei zu bewegen,
  • die Möglichkeit, dies tun zu dürfen,
  • körperliche Freiheit für die Bewegung (nicht eingeengt und durch enge Kleidung in der Bewegung behindert)

Auch große Kinder brauchen Raum

Aber auch nach dem ersten Jahr ist es wichtig, Kindern den Raum für Bewegungsentwicklung zu geben. Auch wenn Kinder schon laufen können, ist die Bewegungsentwicklung noch nicht abgeschlossen. Nun wird auch hier weiterhin verfeinert und Kinder lernen das Hüpfen, das Schleichen, das Rennen und Stoppen, das Klettern und Balancieren und die vielen anderen Bewegungsmöglichkeiten. Für all dies brauchen sie auch weiterhin passende Möglichkeiten.

Insbesondere draußen können Kinder diesen Entwicklungsimpulsen nachkommen, wenn sie Orte haben, an denen eine Vielzahl an Bewegungsmöglichkeiten umgesetzt werden können und sie sich körperlich ausprobieren können: auf Spielplätzen, im Wald, auf dem Feld.

Nicht aus Angst einschränken

Wichtig ist, dass Eltern den Bewegungsdrang des Kindes und die dahinter stehenden Entwicklungsimpulse erkennen und das Kind nicht aus Angst und Vorsicht beständig einschränken. Auch die Auswahl der Kleidung ist bei größeren Kindern weiterhin wichtig, damit sie auch wirklich ungehindert klettern und spielen können.

Gerade in den kühleren, regnerischen Monaten wird der Bewegungsdrang des Kindes manchmal zu einer Herausforderung, wenn Eltern nicht mit dem Kind hinausgehen wollen, aber zu Hause nicht gerannt/getobt/gehüpft/geklettert werden soll. Hier prallen dann kindliche Bedürfnisse und elterliche Wünsche oft zusammen und führen zu Streit. Mit dem Wissen jedoch, dass Bewegung ein Grundbedürfnis des Kindes ist und mit dem aktuellen Lernen in Verbindung steht, mag es einigen Eltern leichter fallen, mit dem Wunsch des Kindes entspannter umzugehen und gemeinsame Wege für einen entspannten, bewegungsreichen Alltag zu finden. Das können dann bewusste Spaziergänge und Ausflüge sein oder ein aufgebauter Bewegungsparcours aus Tischen und Stühlen, ein Klettergerüst oder eine Sprossenwand in der Wohnung. Und vielleicht eine Verabredung mit den Nachbarn, zu welchen Uhrzeiten eine Rennstrecke in der Wohnung möglich ist oder eine Hüpfparty passt.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

* Die Bewegungsentwicklung ist sehr individuell und es gibt zwischen einzelnen Kindern erhebliche Schwankungen darin, welche Bewegungsart wann erfolgt.

Kranke Kinder begleiten

Wenn unsere Kinder krank sind, ist das nicht selten eine herausfordernde Situation für die Familie, denn auf der einen Seite ist da das kranke Kind mit dem Unwohlsein und auf der anderen Seite ein sich sorgendes Elternteil. Aber auch neben dem eigentlichen Kranksein spielt sich gerade jetzt viel ab zwischen den Personen – auf Beziehungsebene.

Krank sein – eine ungewohnte Erfahrung

Da ist das Kind, das krank ist: Es fühlt sich anders und ist verunsichert: „Was ist hier los? Ich fühle mich anders als sonst. Muss ich Angst haben?“ Wie so viele Erfahrungen Im Leben durchlebt es auch zum ersten Mal Kopfschmerzen, Schnupfen, ein Kratzen im Hals… Hat zum ersten Mal einen Fuß verstaucht oder einen Arm gebrochen. Es ist neu und anders, dieses Körperempfinden und jetzt braucht es eins, was in solchen Situationen immer hilft: Sicherheit von einer Bezugsperson. Es möchte das Gefühl haben, dass die Bezugsperson sicher ist in einer für das Kind unsicheren Zeit, es möchte umsorgt werden und Verlässlichkeit spüren. Gerade hier zeigt sich wie in allen anderen verunsichernden und ängstigenden Situationen das Bindungssystem: das Kind fordert Nähe und Zuwendung ein, um sich sicher zu fühlen.

Je nach Temperament braucht es vielleicht mehr oder weniger Sicherheit, Zuwendung, Co-Regulation. Manche Kinder sind krank entspannter, andere angespannter. Und sie äußern ihren Bedarf an Zuwendung auf unterschiedliche Weise: sie wollen vielleicht besonders viel spielen, andere kuscheln, hier noch einen Tee, dann ein kaltes Wasser oder noch eine Geschichte vorgelesen bekommen – all das sind Wünsche nach Zuwendung und Aufmerksamkeit.

Kinder bei ärztlichen Untersuchungen begleiten

Vielleicht ist sogar eine Untersuchung notwendig und auch hier ist alles anders und das Kind braucht das Elternteil als sicheren Hafen, als Schutzort. Die Aufgabe der Eltern ist es, in dieser Situation genau das zu sein und zu vermitteln: Sicherheit, Zuwendung, Ruhe, Schutz, Verständnis – für das Kind. 

Ähnlich wie beim Zähneputzen ist das nicht immer einfach: Es muss eine Untersuchung vorgenommen werden, vielleicht muss eine Spritze gegeben werden oder es gibt einen größeren medizinischen Eingriff. Vielleicht soll das Kind den Mund aufmachen und will nicht oder muss kurz stillhalten, ist aber zappelig.

Als Elternteil ist es in erster Linie unsere Aufgabe, dem Kind in dieser Situation Sicherheit zu vermitteln, Beistand, Verständnis. Auch wenn es oft wenig Raum und Zeit gibt in solchen Situationen, ist es das Ziel, nicht übergriffig zu handeln, sondern kooperativ. Dafür braucht es oft von der behandelnden Person besondere Feinfühligkeit und Kreativität: die Spritze kann das Gesundheitsbienchen sein, Untersuchungen werden zuvor an einem therapeutischen Kuscheltier gezeigt, das Kind darf die Geräte anfassen oder selbst einmal ausprobieren. Eltern sind dabei keine helfenden Hände für die Untersuchenden, sondern Beistand für ihre Kinder. Aber sie können auch viel für die Offenheit beitragen, wenn sie zugewandt und sicher mit den Untersuchenden umgehen, freundlich sind, interessiert. Wenn sie dem Kind nicht vorher beständig erklären „Du musst keine Angst haben!“, was bei vielen Kindern erst einmal Angst entstehen lässt, und das Kind auch nicht anlügen mit „Das tut nicht weh!“, obwohl es eben doch schmerzen wird. – Ja, wir haben im Alltag oft zu wenig Zeit für viele dieser Punkte, das bedeutet aber nicht, dass es so richtig wäre.

Krankes Kind – Herausforderung für Eltern

Das Kranksein des Kindes ist aber auch nicht selten Herausforderung für die Eltern: Es können sich Themen der eigenen Kindheit öffnen („Da muss man durch wenn man krank ist!“) und auch wenn man eigentlich bedürfnisorientiert mit dem Kind umgehen möchte, kann es in der Situation in einer Praxis oder Klinik auf einmal schwer fallen, die eigenen Grundsätze zu erinnern und nicht durch Stress in verinnerlichte Muster zu verfallen und das Kind anzuschimpfen, weil es nicht mitmacht, zu ängstlich oder langsam ist.

Der Stress kann Eltern überfordern, gerade wenn noch viel „nebenher“ erledigt werden muss, die Arbeit wartet, die Kind-Kranktage eigentlich aufgebraucht sind oder doch heute etwas ganz anderes geplant war. Und natürlich kann auch eine Diagnose überfordern, erschöpfen, verunsichern. Auch diese Gefühle sind normal. Gerade jetzt brauchen Eltern oft Unterstützung: die gute Aufteilung der Umsorgung zwischen den Eltern, Freunde, die vielleicht Einkäufe vorbei bringen oder auch Familie, die vor Ort oder mittels Videotelefonat eine Geschichte vorliest, um die Eltern kurz zu entlasten. Gerade wenn die Begleitung und Betreuung von Kindern viel Energie kostet, sollten Eltern die Möglichkeit haben, auf sich zu achten, um die eigenen Kraftreserven nicht ausgehen zu lassen.

Es ist also wichtig, dass wir beides nicht aus den Augen verlieren: Das Bindungsbedürfnis des Kindes in dieser Zeit, aber auch nicht unsere eigenen Kraftreserven und Möglichkeiten und für beide Seiten nach Möglichkeiten suchen, um gut damit umzugehen. 

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Autorität haben oder sein? – Die Rolle der Eltern

Kinder brauchen Bezugspersonen, die größer, stärker, weise und gütig sind. Sie brauchen Schutz und Liebe. Auf dieser Basis gewinnen sie Vertrauen und Sicherheit, können eine sichere Beziehung zu ihren Bezugspersonen aufbauen. Wie genau sich Eltern dabei verhalten sollen, ist allerdings für viele Eltern unklar: Gebe ich einen Rahmen vor? Wie begleite ich? Wieviel gebe ich vor und wo lasse ich mich auf das Kind ein? Soll ich eine Autorität sein für mein Kind und wenn ja, wie bin ich das? Es ist nicht so einfach, den eigenen Platz und Weg zu finden. Auch, da der Begriff „Autorität“ in uns oft negative Empfindungen freisetzt, denn wir denken dabei an Macht und Herrschaft – an unangenehme Beziehungen und Druck. Aber das ist lediglich EINE Art, wie Autorität zum Ausdruck kommen kann.

Autorität haben

Wir können Autorität HABEN durch die Verwendung von Druck und Macht, die wir dazu nutzen, dass sich das Kind nach uns richtet. Wir sind größer, wir sind auf vielen ebenen mächtiger: haben finanzielle Macht, körperliche Macht, mehr Erfahrungen – all dies können wir einsetzen, damit das Kind sich nach uns richten muss. Und diese Macht kommt in vielen verschiedenen Gestalten zu uns: durch Strafen, Beschämung, Drohungen. Manchmal ist sie auch wenig erkenntlich, wenn wir scheinbar Kompromisse anbieten, aber auch der Kompromiss nur eine von unserer Regel abweichende und von uns selbst vorgeschlagene Alternative ist, bei der sich das Kind nur entscheiden kann zwischen zwei Wegen, die es eigentlich beide nicht will und nicht vorgeschlagen hat.

Diese Art der Macht und Autorität können wir eine ganze Weile über unsere Kinder ausüben – bis sich das Machtgefällt langsam ändert und die Kinder weniger abhängig in der Bedürfniserfüllung von uns sind. Natürlich führt diese Art des Umgangs immer wieder auch zu größeren Problemen, denn das Kind bäumt sich nicht selten gegen die vielen Fremdbestimmungen auf. Dennoch aber funktioniert es eine ganze Weile so. Bis zu dem Punkt, an dem Kinder Dinge heimlich machen können, wenn die Konsequenzen sie nicht mehr schrecken oder sie ihnen aus dem Weg gehen können.

Autorität sein

Oder wir SIND eine Autorität für unsere Kinder. Nicht durch Macht(missbrauch), sondern durch Vorbild, Einfühlungsvermögen, Charisma. Das geht nicht? Doch, denn Kinder sind von Anfang an kooperativ. Studien haben gezeigt: Kinder, die respektvoll aufwachsen mit einem sensiblen, toleranten Umgang zwischen Eltern und Kindern, kommen viel eher elterlichen Anweisungen nach.

Es ist ein Umdenken für jene Eltern, die selbst in Machtstrukturen und mit Eltern aufgewachsen sind, die Macht mittels bestimmter Erziehungsmethoden ausgeübt haben. Es scheint zunächst befremdlich: Können wir wirklich auf Druck und Unterwerfung verzichten und folgen uns unsere Kinder dennoch? Sind sie gar keine unzuverlässigen, wilden, eigennützigen Wesen, sondern sind sie wirklich von sich aus schon sozial und wollen dazugehören? Das Bindungssystem gibt uns eigentlich bereits Aufschluss über diese Fragen: Ja, Kinder wollen dazu gehören, wollen in ihrer Gruppe aktive Mitglieder sein, wollen respektiert werden und sind gleichsam auf ihre Bezugspersonen so ausgerichtet, dass sie sich den Schutz und die Sicherheit dieser Personen durch Kooperation sichern.

Natürlich hat die Kooperationsfähigkeit eines kleinen Kindes Grenzen. Es kann sich jeden Tag nur in einer bestimmten Menge den Rahmenbedingungen anpassen und eigene Bedürfnisse wie Neugier und Entdeckungsdrang zurückstellen, die es häufig sind, die Eltern dazu verleiten, Druck und Strafen anzusetzen. Dies müssen wir berücksichtigen in unseren Handlungen und der Alltagsgestaltung. Und ja: Manchmal schaffen wir es vielleicht wirklich nicht auf Augenhöhe durch den Tag, denn es gibt Situationen, die es einfach nicht hergeben. Aber im Großen und Ganzen sollte es unser Ziel sein, nicht Autorität zu haben, sondern Autorität zu sein – aus unserer liebevollen, verständisvollen Haltung heraus.

Lassen wir das Denken hinter uns, dass Eltern Bestimmer*innen sind und mit Druck, Strafe und Unterwerfung arbeiten müssten und entwickeln wir ein Bild von uns als Eltern, die mit Güte, Liebe und Verständnis unsere Kinder begleiten, ihnen Schutz geben, ihnen als Vorbild im Handeln und Denken dienen und auf diese Weise eine natürliche, liebevolle Autorität bilden, an der sie sich orientieren können.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Mehr dazu lesen in:
Kohn, Alfie (2015): Liebe und Eigenständigkeit. Die Kunst bedingungsloser Elternschaft, jenseits von Belohnung und Bestrafung. – 4. Aufl. Freiburg: Arbor
Omer, Haim/von Schlippe, Arist (2010): Stärke statt Macht. Neue Autorität in Familie, Schule und Gemeinde. 3. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
Omer, Haim/von Schlippe, Arist (2016): Autorität durch Beziehung. Die Praxis des gewaltlosen Widerstands in der Erziehung. Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht
Powell, Bert/ Cooper, Glen/ Hoffmann, Kent/Marvin, Bob (2015): Der Kreis der Sicherheit. Die klinische Nutzung der Bindungstheorie. – Lichtenau: G.P. Probst Verlag

„Nein, nicht hauen!“ – Impulskontrolle bei Kleinkindern

Der Alltag mit Kleinkindern ist oft voll von großen Gefühlen: sie können vor Freude hüpfen und singen, die können lange weinen, wenn sie traurig sind – und wenn sie wütend sind, dann stampfen sie auf, wollen etwas werfen oder auch mal ein anderes Kind (oder Erwachsenen) hauen. Diese Gefühle zu begleiten – besonders beim Hauen, Beißen oder Spucken, ist nicht einfach: Wir wollen nicht angegriffen werden, wir wollen andere Kinder schützen und wünschen uns auch, dass das Kind sich sozial in der Gesellschaft bewegt. Aber wer einem Kleinkind in einer Wutsituation sagt: „Nein, nicht hauen!“ weiß oft auch, dass das Kind nicht zwangsweise hört bzw. – und da liegt die wichtige Information für uns Eltern – das Gefühl noch nicht richtig kontrollieren kann.

Die große Zeit der Aggressionen

Aggression ist ein Teil unserer Gefühlswelt. Allerdings unterscheiden wir Erwachsene uns im Ausleben der Aggression (meist) von unseren Kindern, da wir aggressive Impulse (meist) besser kontrollieren können. Allerdings gibt es sowohl bei den Kindern in Hinblick auf Aggression als auch bei uns Erwachsenen ein große Bandbreite unterschiedlichen Verhaltens. Das Hemmen eines aggressiven Impulses hängt nämlich sowohl von unserer genetischen Ausstattung für die Hormone/Neurotransmitter ab, als auch (teilweise in Verbindung damit) von den Erfahrungen in der eigenen Kindheit und der Hirnreifung allgemein: Belastende Erfahrungen und Stress in der frühen Kindheit können nämlich einen Einfluss nehmen auf die Ausschüttung von Stoffen, die aggressive Impulse hemmen und damit wir mit der Wut sozialverträglich umgehen, muss ein bestimmter Hirnbereich (der medilae präfrontale Cortex) die Aktivität der für Emotionen zuständigen Amygdala hemmen.*

Bei unseren Kindern ist dies alles noch ein wenig anders als bei den (meisten) Erwachsenen. In einer Studie wurde herausgefunden, dass die körperliche Gewalt von Kindern in der Regel ab einem Alter von 1,5 Jahren zunimmt, ihren Höhepunkt im Alter von 3,5 Jahren hat und dann wieder in den meisten Fällen abnimmt. Genetische Faktoren, soziale Erfahrungen und die Interaktion zwischen beidem haben einen wichtigen Einfluss darauf, ob das aggressive Verhalten wieder zurückgeht, oder sich chronisch ausbildet.

Wie also nun mit Aggression umgehen?

Wir sehen also: Kinder können von Anfang an sehr unterschiedlich darin sein, ihre Aggressionen auszuleben, es gibt bei den meisten Kindern eine Art Hochzeit des aggressiven Verhaltens und Kinder lernen im Laufe der Zeit (auch in Zusammenhang mit der Hirnreifung) mit Aggression umzugehen. Wichtig dabei ist, dass sie durch ihre Umgebung lernen, wie sie mit ihren Gefühlen umgehen können und sollten.

Für Eltern bedeutet dies zunächst: Dass Kinder aggressives Verhalten zeigen, ist normal. Es ist zunächst kein Zeichen für ein Versagen als Eltern, wenn das Kleinkind andere Kinder oder auch Erwachsene hauen will. Wichtig ist aber, wie wir selbst mit dem Kind umgehen, ob wir ihm durch Strafen, Druck und andere Gewalt Stress zufügen, was seinen Umgang mit Aggression langfristig beeinflussen kann, und wie wir ganz konkret in jenen Situationen mit dem Kind umgehen, in denen es haut/beißt/spuckt/kratzt.

Den Umgang mit der breiten Palette an Gefühlen müssen Kleinkinder erst üben. Von uns können sie lernen, die Gefühle nicht zu unterdrücken, sondern wahrzunehmen und gut auszudrücken.

Mierau, Susanne (2020): Geborgene Kindheit

Wenn wir wissen, dass das Kind es durch die Hinreifung bedingt noch schwer hat, in schwierigen Situationen überlegt zu handeln, ändert dies schon einmal den Blick auf das Kind: Es ist nicht „von sich aus böse“, es kann nur gerade noch nicht anders handeln. Und das Lernen dieses anderen Handelns begleiten wir nun als Eltern:

  • Es gibt Situationen, in denen können wir von uns aus einschätzen, dass das Kind gleich wütend wird: Wir sehen, wie sich ein Konflikt zuspitzt und können dann schon in Erwartung dessen diesen Konflikt nah begleiten. Das bedeutet beispielsweise, dass wir das andere Kind vor dem Übergriff schützen können. Wir können auch versuchen, eine Alternative anzubieten: „Ich sehe, dass du super wütend bist, das ist okay. Aber lass es nicht am anderen Kind aus, sondern… (stampfe, schreie, boxe ins Kissen…).“ – Je jünger die Kinder sind, desto schwerer fällt es aber, eine Alternative umzusetzen. Dennoch: andere Wege aufzuzeigen ist sinnvoll.
  • Wut und Aggression sind Gefühle und gehören zu unserem Leben dazu. Es ist nicht gut, wenn Kinder diese Gefühle ausklammern müssen und nicht haben dürfen. Daher ist es wichtig, nicht einzufordern, dass das Kind nicht wütend sein darf. Es darf wütend sein! Es muss nur noch einen Weg finden, mit der Wut gut umzugehen. Auch in ruhigen Momenten können wir gemeinsam über Aggression und Wut sprechen, auch mit Hilfe von Kinderbüchern.
  • Aggression eines Kleinkindes hat oft mit dem „Nein“ zu tun. Dieses „Nein“ ist wichtig für die Entwicklung: Nein, ich will nicht, dass du mir etwas wegnimmst. Nein, ich will nicht mit dir spielen. Nein, ich will nicht, dass du mich anfasst. Nein, ich will nicht teilen.- Das Nein ist ein großer Meilenschritt der Entwicklung, mi dem das Kind umgehen lernt und das es für ein selbstbestimmtes Handeln braucht.
  • Strafen als Reaktion sind ebenfalls nicht sinnvoll. Durch Strafen lernt es, dass dieses Gefühl nicht sein darf. Darüber hinaus versucht es aber vielleicht auch (da es diese Gefühle ja gibt), das wütende Verhalten im Geheimen zu zeigen und lügt, wenn es darauf angesprochen wird aus Angst vor der Bestrafung. Auch eine Auszeit ist keine passende Reaktion auf die Aggression eines Kleinkindes.
  • Immer wieder auftauchende aggressive Konflikte und eine andauernde Aggression des Kindes kann auch ein Hinweis sein, dass es dem Kind gerade nicht gut geht. Dann lohnt es sich, genauer hinzusehen: Was hat sich verändert? Welche Probleme hat das Kind? Gerade hier sind Strafen und Druck ebenfalls unangemessen. Das Kind hat ein Problem, das wir einfühlsam identifizieren müssen.
  • Auch unser eigener Umgang mit der Wut ist wichtig: Was erlebt das Kind bei uns? Wie gehen wir mit Wut um?
  • Auch der Satz „Nicht hauen!“ kann schwierig sein, da Kinder das „nicht“ darin nicht richtig wahrnehmen.

Wir sehen also: Aggression ist normal und Teil der Entwicklung. Wir Eltern müssen aber an vielen Stellen noch (oder wieder) lernen, mit den Aggressionen unserer Kinder sinnvoll umzugehen, damit sie dann lernen, mit ihnen umgehen zu können.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Zum Weiterlesen:
Juul, Jesper (2017): Aggression. Warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist. – Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch.
Mierau, Susanne (2020): Geborgene Kindheit. Kinder vertrauensvoll und entspannt begleiten. – München: Kösel.
*Strüber, Nicole (2019): Risiko Kindheit. Die Entwicklung des Gehirns verstehen und Resilienz fördern.

Sind „unartige Kinder“ wirklich unartig?

So oft beschreiben Erwachsene das Verhalten eines Kleinkindes als unartig: Es ist unartig, wenn es frisch angezogen und sauber in eine Pfütze springt. Es ist unartig, wenn es den Inhalt der Tasse am Esstisch auf den Teller kippt und dieser dann überläuft. Es ist unartig, wenn es im Restaurant mit den Fingern essen will oder schreit. Aber hier verhält es sich ganz ähnlich wie mit der Benutzung des Wortes „Trotz“: Kinder sind nicht per se unartig, weil sie etwas tun, was wir nicht wollen oder unangemessen finden.

Ist das wirklich eine Unart?

Was wir oft als „unartig“ bezeichnen, ist ein Verhalten des Kindes, das gerade jetzt nicht zu unseren Plänen und Wünschen passt. Eigentlich wollten wir heute pünktlich sein, ein sauberes Kind beim Kindergarten abliefern, entspannt unsere Mahlzeit am Tisch einnehmen… Manchmal denken wir auch aufgrund der tief in uns verankerten Glaubenssätze, ein Kind solle sich nicht ständig schmutzig machen, denn es muss schließlich lernen, auch sauber zu bleiben. Und ebenso muss es doch irgendwann lernen, sauber und ordentlich am Tisch zu essen.

Aber ist es wirklich eine Unart, wenn es sich so verhält, wie es sich verhält? Der Duden beschreibt eine Unart als „schlechte Angewohnheit, die sich besonders im Umgang mit anderen unangenehm bemerkbar macht“. Natürlich können sich schlechte Angewohnheiten bei Kindern einschleifen, oft durch entsprechende Vorbilder oder weil wir ein entsprechendes Verhalten nicht passend begleiten und Alternativen aufzeigen. Aber in den meisten Fällen ist das, was wir als „unartig“ bezeichnen, gar keine Unart, sondern ein ganz normales kindliches Verhalten, das die Neugier und Entdeckerlust des Kindes zeigt.

Nicht unartig, sondern wissbegierig

Schauen wir also genauer hin: Das Kleinkind, das in die Pfütze springt, übt sich in Motorik und bestaunt die hohen Spritzer, die vom Hüpfen entstehen. Das Kind, das den Becherinhalt in einen Teller gießt, experimentiert mit Volumen: Passt dieser Inhalt auch in eine andere Form? Schon der Schweizer Entwicklungspsychologe Jean Piaget hat dies im letzten Jahrhundert bei Kindern beobachtet. Und das kleine Kind, das eben noch nicht immer mit Messer und Gabel isst, muss die Nahrungsmitteln noch mit den Händen befühlen und hat Freude an der Feinmotorik. – Betrachten wir das kindliche Handeln aus dieser Sicht, ist das, was wir so schnell als Unart bezeichnen, eigentlich eine ganz wichtiger Teil der Entwicklung: Das Kind muss sich und die Welt kennenlernen, sich darin bewegen, Dinge ausprobieren und anfassen. Und durch dieses Handeln stößt es dann auch auf natürliche Grenzen – aber es ist wichtig, dass es viele Erfahrungen zunächst machen kann und nicht durch die Ermahnungen der Erwachsenen vom Entdecken abgehalten wird.

Aufmerksamkeit auf sich ziehen

Ja, neben der Neugier und dem Erforschen gibt es auch Kinder oder Situationen, in denen das Kind ganz bewusst etwas tut, das uns aufhorchen lässt, dass eine Antwort von uns einfordert. Aber auch hier ist das Kind nicht innerlich böse, sondern es fordert aus Gründen Aufmerksamkeit ein. Wenn ein Kind uns mit einem Verhalten herausfordert, das uns verärgert, macht der an das Kind gerichtete Wunsch, es solle jetzt damit aufhören, keinen Sinn. Denn vielleicht können wir das Verhalten des Kindes beenden, aber durch ein bloßes Einfordern eines Aufhörens oder gar der Androhung einer Strafe werden wir die Ursache dafür nicht beheben, dass das Kind sich so verhält, wie es sich verhält. Gerade dann, wenn wir keine Neugier und keinen Forscherdrang hinter dem Verhalten des Kindes vermuten, lohnt es sich, genauer hinzusehen und zu erkunden, woher dieses Verhalten rührt.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Foto: Ronja Jung für geborgenwachsen.de