Viele Eltern sorgen sich davor, 14 Tage zu Hause mit Kind zu verbringen. Was können wir tun? Wie können wir den Alltag gestalten? Prinzipiell ist es zunächst sinnvoll, auf die natürlichen Bedürfnisse von Kindern zu sehen und zu beachten, dass Kinder im Tagesverlauf (wie auch Erwachsene) ein ausgewogenes Verhältnis von Anspannung und Entspannung brauchen. Neben Nähe und Sicherheit (gerade dann, wenn sie auch krank sind), sind dennoch auch Neugierde und Abenteuer wichtig: Sie wollen ihre Fähigkeiten ausbauen und erproben und brauchen hierfür Freiheiten. Zudem wollen sie in dem begrenzten Rahmen, den sie haben, selbst wirksam sein. Fehlt ihnen Selbstwirksamkeit und Eigenständigkeit sowie ein wenig Abenteuer und Exploration, kann das zu Frustration führen.
Im Alltag bedeutet dies zunächst generell: Hinsehen, wo sich das Kind aktiv einbringen oder Dinge allein tun kann, beispielsweise bei der Zubereitung von Essen, beim Tischdecken und -abräumen, beim Putzen: Hier können auch schon kleine Kinder aktiv eingebunden werden und sie können Aufgaben übertragen bekommen, die ihnen Freude machen und sie auch ein wenig herausfordern, denn gerade um den Raum dieser Herausforderungen geht es jetzt: In den eingeschränkten Möglichkeiten, die sie jetzt haben im häuslichen Umfeld brauchen sie kleine Herausforderungen, die wir ihnen stellen – oder die sie sich selber suchen und die wir ihnen gewähren.
Das bedeutet aber nicht, dass die Kinder gänzlich allein den Alltag bestimmen sollten an allen Tagen: Es ist wichtig, dass wir als Eltern auch weiterhin eine Struktur vorgeben für den Tag, die klar erkennbar ist vom Frühstück über die Vormittagszeit, Mittagessen, vielleicht Mittagsruhe (je nach Alter), Spielzeit am Nachmittag, Obstmahlzeit, weiteres Spiel, das dann sanft in das Abendessen und die Abendruhe überführt.
Für manche Eltern mag es verlockend klingen, die Zeit, die nun zu Hause verbracht werden muss, endlich mal für etwas Nützliches zu verwenden und die Wohnung zu streichen, aufzuräumen und auszumisten oder andere grundlegende Arbeiten zu erledigen. Mit einem (vielleicht sogar kränklichem) Kind ist es aber meist keine gute Idee, eine längere Umräum- oder Renovierungsaktion zu planen, denn hier hat das Kind zu wenig Mitwirkungsmöglichkeiten und oft auch zu wenig Zuwendung, was wieder zu Streit führt. Kleinere Aktionen wie beispielsweise das Durchsehen des Kinderbücherregals und Aussortieren von Büchern können natürlich durchgeführt werden.
Zu den Impulsen zur Eigenständigkeit neben Ruhe und Entspannungsmomenten können wir auch kleine Besonderheiten einplanen für diese Tage, wenn uns vielleicht der Alltag sonst ein wenig auf den Kopf fällt. Hier findet Ihr 14 Ideen für solche Tage. Natürlich muss es nicht jeden Tag eine Besonderheit sein, aber manchmal sorgen besondere Ideen für ein wenig Erheiterung und Leichtigkeit.
- Eine Puppen-/ Kuscheltierteeparty veranstalten
Eine Teeparty für die geladenen Gäste des Hauses braucht einiges an gemeinsamen Vorbereitungen: Es müssen Einladungen gebastelt werden, Kekse gebacken, der Tisch oder die Picknickdecke hergerichtet werden und vielleicht wird sogar eine Kerze angezündet und das Kind darf das Streichholz halten. - Einen Spielkasten/-tablett gestalten
Spielkästen und Spieltabletts sind wunderbare Ideen für den Alltag generell, denn sie laden Kinder zum Spielen mit einfachen Materialien des Alltags ein, mit denen sie sich dann im Spiel vertiefen: Auf ein kleines Tablett, in eine leere Kiste oder ausgeleerte Schublade kann ein Spielmaterial gegeben werden wie Hirse, Reis oder auch Nudeln. Dazu kommen unterschiedlich große Löffel, Tassen, Töpfe, so dass nach Belieben umgefüllt und gespielt werden kann. - Eine Schaumparty machen
Wie wäre es mal mit einer Schaumparty im Bad? Warmes Wasser, viel Schaum und vielleicht noch (selbstgemachte) Seifenblasen? Danach wird dann zusammen aufgewischt. - Einen Hindernisparcours aufbauen
Bewegung ist wichtig für Kinder und auch in Quarantäne zu Hause brauchen sie genügend Bewegung, vielleicht täglich angeleitet mit Hilfe eines Buches oder eines Videos, das gemeinsam angesehen wird. Aber auch darüber hinaus bietet sich Bewegung als Programmpunkt an für einen Tag: Wie wäre es mit einem Hindernisparcours aus den Dingen, die gerade zu Hause verfügbar sind? Über die Stühle auf den Tisch auf das Sofa und wieder zurück zum Beispiel. Und unter dem Tisch lässt sich mit einer Decke auch eine schöne Höhle bauen, in der danach ausgeruht werden kann mit Taschenlampe und einem Buch. - Der Heute-Bestimmst-Du-Alles-Tag
Selbstwirksamkeit ist wichtig für Kinder. Aber jetzt gerade ist sie eingeschränkt. Wie schon erwähnt, ist es gut, wenn wir Kinder jeden Tag mitentscheiden lassen bei einigen Punkten und ihnen Freiraum geben. Wenn aber dennoch die Decke mal richtig auf den Kopf fällt, ist ein Heute-Bestimmst-Du-Alles-Tag eine gute Idee. Natürlich bilden sich keine schlechten Angewohnheiten aus, weil es an diesem Tag Pudding zum Frühstück gibt, mittags Pommes und abends Pizza mit Schokocreme oder anderes. Es tut Kindern auch gut, wenn sie an diesem Tag das Spiel mal ganz allein bestimmen können: Heute spielen wir xy und Du (Mama/Papa) spielst mit. - Kinderbuch-Lieblingsheld*innen-Tag
Wie wäre es mal, einen Tag wie beim Sams zu gestalten? Oder wie in Bullerbü und die passenden Rezepte herauszusuchen (zum Beispiel für Zimtschnecken) oder wie bei Pippi Langstrumpf alles zu machen? Sucht Euch die Lieblingsgeschichte heraus und das, was sie so besonders macht und baut es in den Tag ein. - Erinnerungstag mit Fotos, Filmen und Anrufen
Alte Bilder ansehen, macht Spaß. Gemeinsam kann durch (digitale) Fotoalben gesehen werden, die passenden Geschichten dazu erzählt werden. Und vielleicht können wir auch hier und da bei den Menschen anrufen, die wir auf den Bildern sehen. - Fernsehtag mit Popcorn und Eis
Wir können und sollten unsere Kinder während der Quarantäne nicht vor Medien abschieben, aber natürlich können sie in den Alltag integriert werden. Vielleicht bietet es sich auch an, mal einen ganz besonderen Fernsehtag zu machen mit selbst gemachtem Popcorn, Eis oder selbstgemachter Pizza. Kann natürlich alles auch fertig gekauft werden, aber beim Selbermachen ist das Kind wieder aktiv beteiltigt. - Verkleidungstag
Lass uns doch mal die Sachen durchprobieren… Der Kleiderschrank der Eltern bietet doch oft einige spannende Verkleidungsimpulse, aber auch die eigenen Kindersachen können mit Tüchern und Bändern auf einmal ganz anders erscheinen. - Besuch in einem virtuellen Museum
Zwar geht es gerade nicht, richtig vor die Tür zu gehen, aber an vielen Orten können wir virtuell gehen. Einige Museen bieten virtuelle Besichtigungen an und vielleicht haben wir ja sogar noch ein passendes Kinderbuch zur Hand, um das Gesehene zu vertiefen. - Eine Schnitzeljagd in der Wohnung
Bewegung und Neugier können auch mit einer Schnitzeljagd in der Wohnung befriedigt werden. Ein Hinweis hier führt zum nächsten Hinweis dort – entweder gemalt oder geschrieben. Und am Ende wartet eine kleine Überraschung – das kann auch „nur“ eine selbstgebastelte Krone sein oder ein kleiner Kuchen. - Gestaltet eine Fotogeschichte zusammen
Wie wäre es mit einer Geschichte aus Eurem Alltag? Wie habt Ihr diese Tage zu Hause erlebt, was habt Ihr gemacht? Oder alternativ: eine kleine Geschichte ausdenken und in Fotos nachstellen. Das kann dann sogar als Fotobuch gestaltet werden und als kleines Geschenk dienen. - Ein Fenster bunt gestalten
Mit großen Bewegungen malen – das mögen viele Kinder. An den Wänden ist es oft nicht so beliebt, aber Fenster können mit Fingermalfarben schön gestaltet und später wieder abgewischt werden. Oder es können mit Mehlkleber aus Transparentpapier ausgeschnittene Dinge aufgeklebt werden. - Heute-ist-Musik-Tag
Musik macht es uns oft leichter. Singen hilft, um Ängste zu besiegen und Musik bereitet vielen Kindern Freude. Wenn die Nerven es aushalten, kann ein Konzert mit Töpfen und Sieben gemacht werden. Ansonsten kann auch einfach schöne Musik ausgewählt werden, zu der zusammen getanzt wird. Dazu gibt es ein Getränk mit Sprudel und ein paar Obststückchen in einem hübschen Glas und schon findet eine kleine Party statt.
Quarantäne mit Kindern ist nicht einfach. Es ist herausfordernd für Kinder und Eltern. Und wichtig ist auch, die eigenen erwachsenen Bedürfnisse zu berücksichtigen und sich irgendwie Pausen zwischendurch zu gönnen. Auch das darf ausgesprochen und eingefordert werden.
Kommt gut durch diese Zeit.
Eure
Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.
Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de
Foto: Ronja Jung für geborgenwachsen.de