Kategorie: aktuell

Bitte sprich mit mir!

Zwei große runde Augen sehen dich an. „Erklär mir die Welt!“ scheinen sie zu sagen, aber manchmal übersehen wir das. Alles ist neu hier, all die Eindrücke, die Geräusche, die vielen verschiedenen Lebewesen und auch all die Regeln, die uns jeden Tag umgeben. Ein Kind, das neu in diese Welt kommt, ist erst einmal fremd und braucht unsere Hilfe, um sich zurechtzufinden. Nicht nur in den ersten Wochen oder Monaten, sondern über viele Jahre. Je mehr es eintaucht in diese Welt und je weiter es sich damit auseinandersetzen kann und auch muss durch den wachsenden Aktionsradius, desto mehr ist auch darauf angewiesen, nicht nur selbst zu erfahren und zu spüren, sondern auch Erklärungen zu bekommen.

Die Welt ist voller Fragen

„Da?“ sagt das Kleinkind mit ausgestreckter Hand. Es meint nicht zwangsweise, dass es dieses „Da“ haben möchte, sondern bittet nicht selten um ein Wort, eine Erklärung. Nach und nach kommen die weiteren großen Fragen: Wo? Wer? Was? und schließlich Warum? Das große Warum, das uns so viele Jahre begleitet. Unsere Kinder stellen uns Fragen über diese Welt vom Anfang des Sprachgebrauchs bis ins hohe Alter. Die Fragen werden komplexer, sind irgendwann nicht nur Fragen, sondern stellen in Frage: uns, die Gesellschaft, Systeme und Entscheidungen. Wir sind in einem Austausch mit ihnen und unsere Antworten helfen, die Welt zu sortieren, einen Platz darin zu finden oder sich auch bewusst gegen einen Platz zu entscheiden.

Fragen sind aufschlussreich für Eltern

Wir sind im Austausch und dieser Austausch ist wichtig. Für unser Kind, aber auch für uns Eltern, weil wir durch die Fragen auch einen Blick auf die Weltsicht des Kindes erhalten: Womit beschäftigt es sich? Was sind gerade die Themen des Kindes? Wie nimmt es die Welt wahr und wovor hat es vielleicht auch Angst? Eine Frage kann einfach eine Frage sein, eine Selbstoffenbahrung, kann etwas über die Beziehung aussagen und ganz sicher ist die Frage eines Kindes ein Appell an uns, um entweder um ein Gespräch oder eine Erklärung zu bitten.

Übersehen wir die Fragen nicht

Unser Alltag ist so voll und manchmal so schnell. Für die vielen Fragen eines Kindes scheint so selten Platz zu sein. Wir überhören, wir übergehen bewusst, weil es gerade einfach nicht passt, weil gerade jetzt keine Zeit dafür ist. Später ist die Frage vielleicht vergessen und der Moment verronnen, in dem wir gemeinsam über ein vielleicht für das Kind wichtiges Thema hätten sprechen können.

Es gibt auch unausgesprochene Fragen

In der Hektik des Alltags verlieren wir manchmal die Worte: ziehen wortlos das Kind an aus Hast, setzen es wortlos hinein in den Kindersitz und schnallen es an, handeln ohne begleitende Worte und ohne die Erklärung, die gerade jetzt so nützlich wäre. Denn Fragen werden manchmal auch nicht gestellt und ergeben sich dennoch: In einer Welt, die noch so ganz neu ist für ein Kind, sind die Handlungen, die an einem Kind durchgeführt werden auch mit der inneren Frage des Kindes verbunden nach dem Zweck. Deswegen: Nehmen wir uns doch die Zeit, die ausgesprochenen und die unausgesprochenen Fragen zu beantworten. Gehen wir auf Augenhöhe und reden und erklären wir unser Handeln und besprechen wir die vielen Fragen, die unsere Kinder haben. Vielleicht klappt es nicht immer in diesem hektischen Alltag, aber sicherlich in der Mehrheit der Fälle, wenn wir uns die Bedeutung dieses Wissensdurstes immer wieder vor Augen führen.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik)Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

Ideen fürs Wochenende Februar #02

Wir sind gerade im Urlaub und die Kinder basteln hier so einiges und sind auch mit sonstigen Aktivitäten gut beschäftigt. Aber dennoch gibt es manchmal auch ein paar Zwischenzeiten zwischen den Angeboten und für euch zu Hause habe ich noch ein paar weitere Ideen aus dem Netz zusammen gesammelt.

Steine

Stöcker und Steine sind die Begleiter der Kleinkindzeit. In einem der letzen Berichte habe ich über Stöcker geschrieben, heute widme ich mich einmal den Steinen, denn diese sind hier ein Dauerthema und ich liebe diese vielseitigen Spielmaterialien: Mit ihnen kann gebaut werden, wir sammeln sie und werfen damit in den See. Besondere Steine kommen mit nach Hause und werden in den Schatzkisten aufgehoben. Und dann wird mit ihnen noch sehr viel gebastelt. Hier habe ich schon einmal berichtet, wie wir Steine mit Serviettentechnik verziert haben zum Spielen.

Körperpuzzle mit Steinen

Eine andere schöne Idee ist, ein Legepuzzle mit Steinen zu gestalten. Je nach Fähigkeiten oder Alter des Kindes kann es verschiedene Schwierigkeitsstufen haben: Für Schulkinder kann ein solches Körperpuzzle, wie wir es gestaltet haben, eine schöne Idee sein. Aber auch ein Sonnensystem mit Planeten ist machbar wie hier oder Gesichtersteine oder eine kleine Wetterstation, wie wir sie hier einmal gebaut haben. Und wer das Bemalen nicht mag, kann auch einfach die gesammelten Steine Mengen zuordnen.

selbst gemachtes Legepuzzle mit bemalten Steinen

Kleine Frühlingsboten

Auf den Spaziergängen hier haben wir schon an manchen Stellen erste Knospen oder sogar schon zarte Blätter und Blüten gesehen. Bei einem Spaziergang durch die Natur können diese Beobachtungen ganz gezielt gemacht werden. Und später können dann zu Hause ein paar der Eindrücke umgesetzt werden.

Wie wäre es beispielsweise mit einem Handabdruck-Schneeglöckchen? Rebecca hat hier eine niedliche Idee für ein Geschenk mit Wachsblumenzwiebeln, die sich sicherlich auch hübsch auf dem Jahreszeitentisch für den Februar macht.

Essen

Ob nun vegan oder nicht: Saisonal essen ist gut. Aber im Winter ist es ja immer eine Frage, was genau eigentlich gerade jetzt Saison hat? Gibt es da überhaupt etwas? Hier gibt es einen Überblick über Obst und Gemüse, das im Februar Saison hat plus ein paar schöne Rezepte dazu. Inspirationen für passende Gerichte suche ich aber auch oft hier bei Krautkopf.

Nachhaltig Kinderkleidung pflegen

Wir haben viel Kinderkleidung aus nachhaltiger Produktion und auch einige andere Teile, besonders aus dem Bereich Outdoorkleidung. Auf nachhaltige Kleidung zu achten, ist sinnvoll, aber nicht immer und bei allen Familien problemlos möglich. Unabhängig von der Herstellungsweise und dem Material der Kleidung können wir alle aber auf eine optimale Nutzung achten, um Geld zu sparen, aber auch um die Umwelt weniger zu belasten. Denn die so genannte „Fast Fashion“ finden wir auch in den Kinderabteilungen: preiswerte Kleidung, unter schwierigen bis menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt, dazu animierend viel zu kaufen und schnell nachzukaufen, wenn etwas kaputt ist. Selbst im Bereich der Kinderkleidung werden beständig neue Kollektion hervorgebracht mit verschiedenen Designs und Aufdrucken nach den neuesten Kindertrends und immer darauf abzielend, zu mehr Konsum zu verführen.

Welche Kleidung auch im Kleiderschrank der Kinder liegen mag, ob Slow oder Fast Fashion: Das Augenmerk auf Langlebigkeit zu richten, ist in beiden Fällen sinnvoll. Bei Kinderkleidung ist das Reparieren und Upcyclen auch besonders einfach und nicht selten sogar wertet es die kleinen Kleidungsstücke neu auf.

Auf die richtige Pflege im Alltag achten

Kinderkleidung lang nutzbar zu machen, fängt bei der Pflege im Alltag an: Das bedeutet, die Kleidung richtig zu waschen, d.h. beispielsweise gerade bei fleckiger Kinderkleidung darauf zu achten, dass Flecken, die hinaus gehen sollen, vorbehandelt werden, damit nicht die gesamte Wäsche mit mehr Waschmittel gewaschen wird und das passende Programm und Waschmittel zur Schonung der Textilart ausgewählt wird.

Textilien aus Wolle muss nur selten gewaschen werden, da sie Schmutz abweist und meistens ein Auslüften ausreicht. Wird sie doch gewaschen, kann das kurz im Handwaschbecken erfolgen. Die kleinen Knötchen, die sich bei Wollkleidung im Laufe der Zeit bilden (Pilling) lassen sich mit der Hand abzupfen oder mit einem Pilling-Rasierer oder einer so genannten Wunderbürste entfernen. Wäschetrockner sind zwar praktisch, wirken sich aber negativ auf die Textilien aus und lassen das Gewebe schneller altern. Die Wäsche an der Luft trocknen zu lassen, ist schonender (um Platz zu sparen, gibt es auch hängende Wäscheständer).

Kaputte Kleidung schön wieder herstellen

Haben Hose oder Shirt ein Loch, muss das Kleidungsstück nicht gleich weggeworfen werden. Es gibt zahlreiche schöne Aufnäher oder Bügelflicken, die aus den alten Kindersachen nicht selten sogar noch ein ganz bezaubernd neu anmutendes Stück machen und noch einmal neues Leben einhauchen. Und wer gerne mit Nadel und Faden umgeht, kann sich dem Stopfen widmen. In den vergangenen Jahren sind Sticken und Stopfen wieder Trend geworden. In größeren Städten gibt es nicht nur Textilreparaturen, sondern auch Workshops, in denen das Stopfen gelernt werden kann, das bis zu einer hohen Kunst von zauberhaften kleinen Bildchen auf nicht mehr sichtbaren Löchern reicht.

Und wenn das Kleidungsstück im Ganzen nicht mehr zu retten ist, lassen sich manchmal zumindest Teile davon noch weiter nutzen: Die Arme des Wollpullovers können abgeschnitten und umgenäht noch zu warmen Stulpen werden oder Stoffteile werden als Putzlappen genutzt oder noch weiter verarbeitet zu einer kleinen Tasche, einem Portemonnaie oder sogar zu einem kleinen Kuscheltier.

Elefant aus dem Stoff einer alten Jeans

Herausgewachsen

Aber irgendwann passt das gut und lang gepflegte Kleidungsstück nicht mehr. Auch das ist noch kein Grund, es in den Müll zu werfen: Vakuumiert aufbewahrt für das kleinere Geschwisterkind, als Geschenk für Kinder in der Familie oder im Freundeskreis kann es einem anderen Kind noch einige Zeit lang Freude bereiten. Oder es findet auf dem Flohmarkt, einem Secondhandladen oder über eine Secondhand-Plattform im Netz ein neues Zuhause.

Kleidung – und auch Kinderkleidung – kann Familien wesentlich länger begleiten, als wir manchmal denken. Es lohnt sich, ein paar Gedanken nicht nur über die Herkunft unserer Kleidungsstücke zu verlieren, sondern auch über ihren Umgang mit ihnen und wie wir sie bestmöglich nutzen können. Denn das kommt nicht nur heute unserer Familie entgegen, sondern auch in der Zukunft. Nachhaltigkeit kann mit kleinen und einfachen Schritten beginnen.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik)Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

Artikelbild : Katja Vogt

Ideen fürs Wochenende im Februar #01

Am liebsten sind mir die Ideen und Basteleien, die ohne viel Aufwand und Geldausgaben möglich sind und bei denen die Kinder dennoch beschäftigt sind und nachhaltig schöne Dinge entstehen. Das hört sich an wie die Königsdisziplin der Beschäftigungen an, aber eigentlich ist es ganz einfach, denn die Küche gibt so viele tolle Bastelmöglichkeiten her. Manchmal kommen auch die Kinder auf großartige Ideen, wie beispielsweise das „Laserlabyrinth“ aus gespannten Schnüren, durch das alle hindurch krabbeln müssen, ohne an eine Schnur zu kommen.

Farbenspiel mit Salz

Eine unserer häufigsten Winterbeschäftigungen ist das Tuschen, denn alle Kinder zwischen 2 und 9 Jahren hier lieben den Umgang mit Farbe und Wasser. Besonders große Freude haben sie am aquarellieren. In dieser Woche haben wir dabei gleich zwei Lieblingsthemen zusammen gebracht, denn wir haben die große Weltraum-Liebe des einen Kindes mit den Aquarellfarben verbunden und wunderschöne Weltraumbilder gemalt in bunten Farben und fremden Galaxien. Mit etwas grobem Salz ergeben sich in den bunten Farbklecksen dann auch noch helle Sterne (alternativ lassen sich Sterne aber auch wie hier mit Deckfarbe aufklecksen). Mit Aquarell und Salz lassen sich aber auch Winterbäume wie hier malen.

Sprudelte und wohlriechende Bastelidee für die ganze Familie: Badepralinen

Noch mehr Küchenzutaten: Badepralinen machen

Überhaupt gibt die Küche viele tolle Ideen her, besonders für die Winterzeit. In meinem Kinderbastelkurs habe ich in dieser Woche sprudelnde Badekugeln mit den Kindern gemacht – eine so schöne und wohl duftende Tätigkeit. Die Badekugeln können später für ein warmes Fußbad nach einem Spaziergang im kalten Februarwetter genutzt werden oder in der Badewanne ihre Wirkung entfalten. Denn die so beliebten Kinderbadezusätze müssen gar nicht gekauft, sondern können selbst gemacht werden mit wenig Aufwand und kostengünstig (diese und weitere Ideen sind deswegen auch in meinem neuen Buch zu finden, das im April erscheint).

So geht es:
100g Natron
50g Zitronensäure
2 EL Kartoffelstärke (ggf. mehr, damit es ein formbarer Teig wird)
70g im Wasserbad geschmolzene Kakaobutter
verrühren und nach Belieben Kräuter, Tee, Blüten (wie Lavendelblüten), Konfetti oder 5 Tr. ätherisches Öl zugeben. Zu Kugeln formen und aushärten lassen und später dann ins warme Badewasser geben.

Etwas aufwändiger, da nicht unbedingt alle Zutaten schon zu Hause sind, ist selbstgemachte Seife mit Kindern wie hier bei mamahoch2. Schön sind auch umfilzte Seifenstücke wie hier.

Bastelideen aus dem Bücherregal: Mit diesen Büchern gehen die Ideen nicht aus

Bastelideen aus dem Bücherregal

Wenn die Kinder in Bastellaune sind und ich keine Idee habe, blättere ich gerne durch ein paar Ideengeber, die schon seit Jahren hier zu finden sind. In Nina Helds „Kastanienkleber & Konfettifarbe“ (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) finden sich zahlreiche einfache Rezepte für selbstgemachte Farben, Modelliermassen, Klebstoffe und vieles mehr. Caroline Hosmann führt mit „Naturkinder“ (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) einmal durch das Jahr mit Naturideen. Wer gerne faltet, findet in „Leuchtende Fenstersterne“ von Frédeérique Guéret (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) einen passenden Stern für jede Stimmung und Jahreszeit – aber hierfür wird Geduld und Fingergeschick benötigt. Es ist also eher ein Bastelbuch für ältere Schulkinder oder Erwachsene.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik)Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

Dieser Artikel enthält Affiliate-Links zu Amazon und Buch7, durch die ich im Falle einer Bestellung eine Provision erhalte ohne dass für Euch Mehrkosten anfallen.

Es tut mir leid

Wir sind nicht perfekt. Als Menschen und auch nicht als Eltern. Wir machen Fehler, entscheiden „falsch“ oder zumindest anders als wir es vielleicht später tun würden. Wir treffen Entscheidungen, weil wir sie treffen müssen und stellen vielleicht später fest, dass sie nicht gut waren. Wir haben schlechte Tage, zu viel Stress und sind vielleicht deswegen unfreundlich und unfair. Wir sind an solchen Tagen weniger zugewandt als wir es vielleicht sonst sind (und wissen es und ärgern uns gleichzeitig darüber, dass wir es nicht ändern können).

Eure Beziehung hält das aus

Niemand ist perfekt. Ich nicht, du nicht und auch nicht die anderen Eltern in der Kita oder Schule oder Nachbarschaft. Es ist leicht, all das Tolle an den anderen zu sehen, wenn die anderen Seiten nicht sichtbar sind. Und schnell kommen wir dann in die Versuchung zu denken, bei anderen würde es sie gar nicht geben. Nur bei uns. Die Wahrheit aber ist, es gibt sie eben, die negativen Seiten. „Denn es gibt keine perfekten Eltern und keine perfekten Kindheiten.“ wie die Psychologin Stefanie Stahl schreibt. Und als Eltern müssen wir auch nicht perfekt sein, sondern „nur“ gut genug. Glücklicherweise sind unsere Kinder bei aller Zartheit auch recht robust und wenn es mal zwischendurch ein wenig schief läuft und wir eine schlechte Zeit haben, dann ist das meist nicht nachhaltig negativ für ihre Entwicklung.

Wir machen Dinge falsch. Wenn wir dies bemerken, müssen wir uns nicht grämen und auch nicht versuchen, unsere Fehler zu vertuschen. Wir können authentisch sein – und um Entschuldigung bitten.

S. Mierau „Geborgene Kindheit. Kinder vertrauensvoll und entspannt begleiten“

Sich entschuldigen beim Kind – So geht es

Was wir aber immer tun können, wenn wir feststellen, dass wir an der ein oder anderen Stelle falsch gehandelt haben, ist, eine Entschuldigung vorzubringen. „Es tut mir leid, dass ich vorhin keine Lust hatte.“, „Es tut mir leid, dass ich zu laut war.“, „Es tut mir leid, dass ich keine Zeit hatte, um in Ruhe mit Dir noch auf den Spielplatz zu gehen.“

Sich zu entschuldigen erfordert Kraft, denn wir müssen uns selbst eingestehen: Das, was ich da gemacht habe, war nicht richtig. Das ist nicht immer einfach. Aber es gibt unseren Kindern die Möglichkeit, unser Verhalten besser einordnen zu können und schafft Entlastung. Zudem sind wir unseren Kindern ein gutes Vorbild: Wie oft erwarten wir in Konfliktsituationen von unseren Kindern, dass sie sich bei anderen entschuldigen oder Mitgefühl zeigen, wenn sie einem anderen Kind oder Erwachsenen unrecht getan haben. Dabei geht es uns nicht darum, dass Kinder „nur“ eine Floskel aufsagen, sondern eigentlich wünschen wir uns, dass sie empathisch verstehen, dass ein anderer Mensch in Mitleidenschaft gezogen wurde. Um unseren Kindern das Verständnis hier zu vermitteln, ist es aber wichtig, sie ebenso zu behandeln.

Deswegen: Gehen wir auf Augenhöhe mit dem Kind, sehen wir es direkt an und entschuldigen uns, wenn wir falsch gehandelt haben. Erklären wir, wie wir uns fühlen und warum und bleiben wir dabei bei uns und unseren Gefühlen. Wichtig ist, dass wir nun in dieser Entschuldigung die Schuld nicht wieder an das Kind verweisen, sondern bei uns bleiben. Sagen wir „Es tut mir leid, dass ich dich so gehetzt habe, weil ich einen wichtigen Termin hatte“ und nicht „Es tut mir leid, dass ich dich so hetzen musste, weil du zu langsam warst.“

Um Entschuldigung BITTEN

Wir können von unserem Kind erbeten, dass es unser Verhalten entschuldigt, wir können es nicht verlangen. Das Kind hat ein Recht darauf, unser Verhalten blöd zu finden – auch nach einer Entschuldigung. Genau so, wie auch Kinder nach der Entschuldigung eines anderen Kindes vielleicht dennoch nicht sofort wieder mit dem Kind spielen wollen. Es ist in Ordnung, Gefühle zu verarbeiten, nachzudenken oder vielleicht auch erst einmal zur Seite zu legen und etwas anderes zu tun. So ist es bei uns Erwachsenen ja auch.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik)Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

Die Flügel unserer großen Kinder – Moralentwicklung & -unterstützung in der Kindheit

„Kleine Kinder, kleine Sorgen. Große Kinder, große Sorgen.“ So ganz stimmt diese Aussage nicht, denn auch schon die kleinsten Kinder können große Sorgen mitbringen und im Alltag mit den großen Kindern gibt es immer wieder auch kleinere Probleme. „Kleine Kinder, kleine Flügel. Große Kinder, große Flügel“ passt eher, wenn wir auf die Autonomiebestrebungen unserer Kinder sehen und auf die Herausforderungen, die das für uns Eltern mit sich bringt. Große Kinder fordern die Selbständigkeit in dieser Welt auf eine besondere Weise heraus. Dies ist nicht nur zum Erlernen von offensichtlichen Kompetenzen wichtig, sondern auch für die Entwicklung des moralischen Denkens und Handelns. 

Die Begleitung der ersten Jahre

Kinder bindungs- und bedürfnisorientiert wachsen zu lassen bedeutet, dass wir ihre Signale ernst nehmen und darauf reagieren. Das Baby, das weint, nehmen wir hoch und fragen uns, wie wir die Not beenden können. Auch wenn das Baby von sich aus schon viele Fähigkeiten mitbringt, um sich selbst zu beruhigen, ist es dennoch noch sehr auf uns angewiesen. Wir suchen Lösungen für unser Kind. Wenn es größer wird, lernen wir zunehmend damit umzugehen, dass es Lösungen selber finden möchte – und muss. Denn es beginnt, sich selbständig in der Welt zurechtfinden zu wollen. Das ist, was wir als „Trotzphase“ oder Autonomiephase bezeichnen: Das Kind begehrt, einen eigenen Weg zu gehen, eigene Lösungen zu finden, eigene Ideen einzubringen. Es macht sich eine Vorstellung von der Welt und wird wütend, wenn diese Vorstellungen behindert werden oder es an natürliche Grenzen stößt. Noch kann es damit nicht umgehen wie ein erwachsener Mensch und wütet und tobt. Noch braucht es uns, um in dieser Wut begleitet zu werden und andere Wege zu finden, um damit umzugehen. Bereits jetzt entwickelt das Kind moralische Vorstellungen davon, welche Handlungen in welchen Situationen angemessen sind und lernt insbesondere durch unser Vorbild.

Wege auszuhandeln ist nicht immer einfach

Unsere Kinder werden größer und lernen mehr und mehr, sich in der Welt zurechtzufinden und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Sie stellen Fragen nach den Zusammenhängen, nach dem Ursprung von Dingen und sich selbst. Sie wollen verstehen, in welcher Welt sie sich befinden. Als Eltern begleiten wir sie auf diesem Weg, hören ihre Fragen, antworten. Und nicht nur dies: Wenn Kinder es gewohnt sind, dass sie auf Augenhöhe in ihren Bedürfnissen beachtet werden, werden die Fragen und Routinen des Alltags zur Diskussion gestellt. Ein „Wir machen es so!“ wird zu einem „Warum machen wir es so und nicht anders?“ oder zu einem „Ich will es aber anders ausprobieren.“ Das ist nicht immer einfach. Oft ist es sogar ganz schön schwer, wenn Kinder die Handlungen zur Diskussion stellen mit eigenen Argumenten. Und wir als Eltern merken vielleicht an der ein oder anderen Stelle: Eigentlich hat dieses Kind Recht. Wir müssen verhandeln, Wege gemeinsam finden, im Gespräch sein und zusammen abwägen. Noch lange sind wir Eltern Entscheidungsträger/innen, aber das entbehrt nicht der Aufgabe, den Prozess der Entscheidungsfindung gemeinsam zu gehen.

Werte vorleben und verhandeln

In diesem Prozess bringen wir Eltern unsere eigenen Werte mit und Kinder sind auf dem Weg, Werte auszubilden, und befinden sich noch lange Zeit auf dem Weg der Moralentwicklung. „Moral“ erscheint als so großes, umfassendes Wort. Es bezeichnet, wie wir Konflikte lösen, wie wir sozial handeln (und auch, wie wir mit Ressourcen umgehen, politische und ökologische Fragestellungen lösen) und gerade dies ist in Familien und generell Gemeinschaft wichtig. Es ist eine Grundlage des Zusammenlebens.

„Wenn das Wohlergehen der Menschen vom Verhalten anderer Menschen beeinflusst wird, betreten wir den Bereich der Moral.“

Fritz Oder/Wolfgang Althof „Moralische Selbstbestimmung“

Kinder haben ein Informationsrecht – für ihre Entwicklung

Damit sich unsere Kinder in dieser Welt zurechtfinden, brauchen sie unsere Begleitung und auch unsere Ehrlichkeit. Sie müssen angenommen werden mit ihren Fragen und auch vorbereitet werden auf die Welt, in der sie leben. Das setzt voraus, dass wir sie an der Welt teilhaben lassen. Kinder sind neugierig auf die Welt, wollen damit interagieren und eigene Wege gehen. In einem altersangemessenem Rahmen müssen sie sich auseinandersetzen können mit dem, was geschieht. Genau so, wie wir früher in dem begrenzten Rahmen des Wohnzimmers entdecken ließen, müssen wir ihnen später die Möglichkeit geben, gemäß ihrem größeren Radius die Welt zu erkunden. Sie dürfen und müssen erfahren, in welcher Welt sie sich bewegen, um sinnvoll damit umzugehen. Sie können Kindernachrichten hören, Kinderzeitungen lesen, wir können und sollten mit ihnen über das Weltgeschehen sprechen. Denn das ist die Umgebung, in die sie hinein wachsen und mit der sie interagieren werden. Moralentwicklung findet nicht in einem begrenzten Zeitraum statt, sondern ist ein Prozess, der auch die Möglichkeit der Stimulation benötigt, dem aktiven Auseinandersetzen mit „Problemsituationen“ und den darauf aufbauenden Lösungsmöglichkeiten. Gemeinsam kann über Nachrichten gesprochen werden und über politische Entwicklungen. Es braucht eine innere Motivation und eine persönliche Relevanz, um wirklich moralische Probleme zu überdenken. Deswegen ist es richtig und gut, wenn Kinder auch in das aktuelle Weltgeschehen eingebunden werden und die Auswirkungen auf ihr persönliches Leben besprochen werden. Sie davon auszuschließen, behindert ihre Entwicklung und letztlich auch die Entwicklung ihrer Zukunft.

Auch gerechte Schulgemeinschaften und demokratische Schulen sind ein Beispiel dafür, wie Kinder in der Moralentwicklung unterstützt werden können. Fritz Oser, Professor für Pädagogik und Pädagogische Psychologie, und Dr. Wolfgang Althof (2001, S.406) beschreiben in Bezug darauf: „Im allgemeinen wird viel zu wenig Vertrauen auf die kindliche praktische ‚Vernunft‘ gesetzt. Das Wort ist natürlich zu hoch gegriffen. Wir meinen damit nicht die absolute Selbstbestimmung, Postkonventionalität und Universalität des Urteilens. Wir meinen vielmehr, daß Kinder und Jugendliche auf das bessere Argument zu hören fähig sind; sie sind auch fähig, ihren Willen von naturwüchsigen Impulsen abzulösen und das schlechthin Gute in der diskursiven Situation zu erahnen. Die Autonomie ihrer Moral kann sich aber nur entwickeln, sofern sie lernen, ihre Sittlichkeit mit derjenigen der anderen zu koordinieren.“

Auf Augenhöhe bedeutet auch, dem Blick standzuhalten

Kindern auf Augenhöhe zu begegnen bedeutet auch, nicht verschämt auf den Boden zu blicken unter ihrem Blick. Es bedeutet auch, einem fragenden Blick standhalten zu können und ehrlich zu sein. Die Welt ist nicht einfach und die Zukunft unserer Kinder vielleicht auch nicht. Aber es ist ihnen keine Hilfe, wenn wir ihnen die Chance nehmen, sich darauf vorzubereiten und ihren individuellen Weg zu gehen. Kinder brauchen Partizipation an wichtigen Entscheidungen, sie haben eine Stimme, die sie benutzen dürfen und sollen, um ihre Zukunft zu formen.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik)Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

Ideen fürs Wochenende im Januar #04

Es ist eisig draußen und nicht nur den Kindern, sondern auch mir sind aktuell lange Ausflüge in der Kälte keine große Freude. An diesem Wochenende geht es deswegen ganz besonders um das gemütliche Zuhausesein mit kleinen Beschäftigungen.

Eisige Bastelideen

Gerade schläft auch die Natur in der eisigen Kälte. Aber selbst die Kälte lässt sich für schöne Bastelideen und gemeinsame Zeit nutzen. Und die Zeit ist hier im doppelten Sinne eine besondere Komponente: gemeinsam basteln wir und verbringen Zeit mit den Kindern, reden, haben einen Einblick in ihre Gedankenwelt. Die Bastelideen mit Wasser und Eis benötigen zudem Zeit, um zu entstehen und bringen deswegen auch das Gefühl des Wartens, Abwartens, Aushalten mit sich, bis das Kunstwerk entstanden ist.

Heran also an Wasser und Frost: Eine schöne Idee für Balkon und Garten sind Anhänger aus Eis: Hierzu wird das Wasser in eine passende Form gegossen, mit beliebigen Naturmaterialien versehen und in der Kälte stehen gelassen. Ist alles gefroren, können die Eisbilder aufgegangen werden.Auch eine schöne Idee für eisige Tage sind gefrorene Seifenblasen.

Variation der Kinder ohne Naturmaterialien mit meinen alten Spielfiguren

Basteln mit Stöcken

Lange Ausflüge in der Kälte sind gerade nicht beliebt, aber kurz vor die Tür geht es dennoch immer. Und auch wenn der Ausflug nicht lang ist, finden die Kinder auf jeden Fall eines dabei: Steine und Stöcke. Wenn Dein Kind auch so gerne Stöcke sammelt, könnt ihrem Wochenende vielleicht einmal mit der Stocksammlung basteln.

Kleider- und Puppenkleiderbügel selbstgemacht aus Stöcken

Stöcke eignen sich nämlich nicht nur als Spielzeug in einem Korb im Kinderzimmer. Aus ihnen können mit einem stabilen Faden schöne Angeln werden (und wer handwerklich begabt ist, kann Astscheiben schneiden, mit einem Loch versehen und so ein Angelspiel herstellen). Ist gerade Magie ein großes Thema, werden mit einem Schnitzmesser und etwas Farbe daraus schöne Zauberstäbe. Für die Kindersachen oder Puppenkleider lassen sich aus einem Stock und etwas festem Metalldraht individuelle Bügel herstellen. Und die großen Kinder können aus mehreren Stöcken oder Holzrinde einen Jahreszeitenwebrahmen herstellen.

Naturwebrahmen

Backen für Kita und Schule

Nach dem vielen Basteln ist es Zeit, zur Ruhe zu kommen mit einem warmen Tee und einem kleinen Sonntagssüß. So wie am Wochenende oft vorgekocht wird für die nächste Woche und wir ja letztens schon Schusterjungen gebacken haben, lassen sich auch kleine Schulbrötchen selber backen für die nächste Woche: Sehr lecker hören sich diese beiden Rezepte an: süße norwegische Skoleboller und kleine weiche Hefebrötchen.

Lesen und ruhen

Mit Milchbrötchen oder Skoleboller in der Hand lässt sich dann zusammen ein schönes Buch ansehen. Bei uns aktuell beliebt sind der Klassiker „Ein Märchen im Schnee“ (Amazon* | Buch 7*) mit den Tieren, die alle zusammen Unterschlupf finden in einem Handschuh, den ein Holzfäller im Wald verloren hat. Auch schon sehr lange in unserem Winterbücherreagl zu finden ist „Ein Apfel für alle“ (Amazon* | Buch 7*), in dem die Tiere gemeinsam versuchen, den letzten Apfel zu pflücken und ihn dann teilen. Beim kleinsten Kind sorgt noch immer das Bilderbuch „Der Schneeball“ (Amazon* | Buch 7*) für große Freude, obwohl er eigentlich schon aus dem Bilderbuchalter hinausgewachsen ist. Und auch wenn „Alles wird weiß“ (Amazon* | Buch 7*) eigentlich eher ein Weihnachtsbuch ist, wird es hier noch gerne angesehen. Dem großen Sohn macht „Die Welt der Berge“ (Amazon* | Buch 7*) gerade Freude, das viele Informationen über Tiere und Berge allgemein beinhaltet.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik)Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

Dieser Artikel enthält Affiliate-Links zu Amazon und Buch7, durch die ich im Falle einer Bestellung eine Provision erhalte ohne dass für Euch Mehrkosten anfallen.

Wenn die Angst dich leitet in der Autonomiephase deines Kindes

Im Alltag mit Kleinkindern gibt es viele Situationen, in denen unterschiedliche Vorstellungen, Wünsche oder Bedürfnisse aufeinander treffen. „Ich will die Jacke nicht anziehen!“, „Ich will da aber rauf!“, „Ich will das alleine schneiden!“ – Unsere Kinder sind gerade jetzt in einer Phase, in der sie ihre Fähigkeiten ausbauen wollen, in der sie beginnen, immer mehr unabhängig zu werden und in der diese Unabhängigkeit und der Drang nach Eigenständigkeit unaufhaltsam zu ihrem Entwicklungsbedürfnis gehören: Wann, wenn nicht jetzt? Genau jetzt wollen und müssen sie ihre Kompetenzen ausbauen und brauchen den Raum, das zu tun. Nur leider steht dieser Drang nicht selten unseren erwachsenen Befürchtungen entgegen: Kannst du das schon? Kannst du hier selbst entscheiden?

Kinder wollen sich entwickeln

Kinder haben von Anfang an das Bedürfnis, sich zu entwickeln, ihre Fähigkeiten auszubauen und zu erproben. Nach dem ersten Jahr, in dem sie ihren Körper kennengelernt haben mit den eigenen Grenzen und angekommen sind in der Welt, beginnt die aktive Auseinandersetzung damit durch Fortbewegung, Handlungen und Sprache. Immer mehr und weiter begeben sich Kinder in das soziale Gefüge und bauen ihre Fähigkeiten aus: sie lernen nicht nur zu laufen, sondern auch zu schleichen, zu hüpfen, zu klettern, zu balancieren. Jeder Kompetenzbereich wird nach und nach differenziert. Um dies bewerkstelligen zu können, brauchen Kinder die Möglichkeit, diese Fähigkeiten auszubauen. Diese Möglichkeiten fordern sie von uns vehement ein und reagieren wütend, wenn wir sie ihnen nicht zur Verfügung stellen.

Wenn du dein Kind hinderst – frag dich warum

Natürlich gibt es immer Situationen, in denen wir den aktuellen Entwicklungsbedürfnissen eines Kindes nicht nachkommen können: wir haben einen Termin und sind ohnehin spät dran, das Wohl eines (Geschwister-)kindes lässt nicht zu, stundenlang im Regen auf der Straße zu stehen, wir hatten einen ohnehin anstrengenden Tag und keine emotionalen Ressourcen mehr, um entspannt das Erkundungsbedürfnis des Kindes zu begleiten. All diese Situationen gibt es. Aber im Alltag sind sie meist nicht die Mehrheit. Viel öfter leitet uns der Gedanke: „Nein, das kannst du sicher nicht“ oder „Nein, das ist zu gefährlich.“ bzw. nicht die offenkundige Angst vor einer Gefahr sondern eher das „Das macht man so aber nicht.“ oder „Wenn mein Kind das so macht, dann…“

Leitet dich Angst?

Wenn unsere eigene Angst uns im Umgang mit unseren Kindern leitet, ist dies aus verschiedenen Gründen schwierig: Wir übertragen eigene negative Erfahrungen (manchmal unbewusst) auf unser Kind – ohne dass die Situation wirklich gleich sein muss – wie beispielsweise Angst vor Tieren. Aus unserer eigenen Angst heraus verwehren wir unserem Kind eine Entwicklungsmöglichkeit. Sind wir prinzipiell ängstlich, vermitteln wir unserem Kind ein gefahrvolles Bild von der Welt: „Tu dies nicht, du könntest…“ „Tu das nicht, weil…“ Die Neugierde wird ausgebremst.

Das Kind ist AUSLÖSER für ein Verhalten, das tief in uns eingespeichert ist. Die eigentliche URSACHE unsers Handelns ist nicht das Kind, sondern die Erfahrung, die wir selbst gemacht haben.

S. Mierau „Ich! Will! Aber! Nicht!“ S.68

Aus Angst die Grenzen des Kindes überschreiten

Besonders schwierig wird es jedoch da, wo unsere eigene Angst uns dazu führt, die Grenzen des Kindes zu überschreiten, vielleicht sogar Gewalt anzuwenden im Umgang mit dem Kind, weil wir eigentlich Angst haben: das Kind festhalten, um die Zähne zu putzen gegen den Willen aus Angst vor Karies. Das Kind mit Druck und gegen den Willen in Kleidung zwängen aus Angst davor, es könnte krank werden an der kalten Luft. Das Kind mit psychischer oder körperlicher Gewalt zum Essen zwingen aus Angst, es würde nicht ausreichend Nahrung zu sich nehmen. Oder es mit solchen Maßnahmen vom Essen abhalten aus Angst, es würde zu viel Nahrung zu sich nehmen.

Angst ist ein steter Begleiter von Eltern und es ist natürlich, sich um das Kind zu sorgen und es vor tatsächlichen und konkreten Gefahren beschützen zu wollen: Natürlich lassen wir ein Kind nicht auf die befahrene Straße rennen. Natürlich lassen wir ein Nichtschwimmerkind nicht neugierig allein am Wasser spielen. Aber manchmal drängen sich Ängste in den Vordergrund an den Stellen, an denen sie eigentlich unnötig sind. Eine immer wieder wichtige Frage, die wir uns in solchen Situationen stellen können, ist: „Was hättest du gebraucht?“ Was wäre für dich in dieser Situation, in dieser Phase eigentlich richtig gewesen? Noch näher heran an unsere eigenen Beweggründe führt uns auch die Frage: „Warum ist mir das so wichtig?“ Durch dieses Hinterfragen der eigenen Beweggründe für unser Handel verstehen wir uns selbst besser, können gnädiger mit uns sein und vor allem können wir einen ersten Schritt tun in die Richtung, unsere Kinder nicht durch unsere eigenen Ängste zu lenken und ihre Entwicklung und unsere Beziehung nicht durch Ängste und ihre Folgen überschatten zu lassen.

Eigene Ängst zu kennen, eröffnet neue Handlungsmuster mit Kinder

Statt dessen können wir entspannter an Situationen heran gehen und andere Lösungsansätze suchen. Zu erkennen, dass eine eigene Angst einen leitet beim vehementen Einfordern vom Zahnputzritual lässt den Weg öffnen dafür, andere Alternativen zu suchen: vielleicht das Spiel mit einer Handpuppe, die Ablenkung mit einem Spiegel oder einer Zahnputz-App oder überhaupt die Möglichkeit, sich über die richtige Zahnhygiene von Kindern zu informieren. Zu Wissen, dass man in Anziehsituationen aus Angst vor einer Erkältung überreagiert hilft, hinter das eigene Verhalten zu sehen und sich vielleicht als nächsten Schritt zu fragen: Vielleicht hat mein Kind ja ein anderes Wärmeempfinden als ich? Vielleicht kann ich meinem Kind vertrauen und es erkältet sich nicht, wenn es nicht den Schneeanzug, sondern „nur“ eine dicke Jacke anzieht.

Es ist natürlich, dass wir Ängste haben und Ängste sind oft ein gutes Warnsystem. Manchmal aber beeinflussen unsere Ängste die Beziehungsqualität zu unserem Kind. Ist dies der Fall, müssen wir uns mit unseren Ängsten einmal genauer auseinander setzen und hinsehen, woher sie kommen und ob sie wirklich hier und jetzt und heute sinnvoll sind.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Elternblogs über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

Ideen fürs Wochenende im Januar #02

Das Wetter lädt aktuell nicht zu besonders langen Spaziergängen ein, obwohl gerade das Licht am Vormittag genutzt werden sollte, um zumindest einen kurzen Spaziergang mit den Kindern zu unternehmen. Daher: hinein in die wetterfeste Kleidung und raus in die Natur. Darüber, was an „Natur“ selbst in der Großstadt entdeckt werden kann, hat in dieser Woche Veronika geschrieben. Und auf genau diesem Vormittagsspaziergang kann neben Licht auf der Haut auch die eine oder andere Kostbarkeit gesammelt werden, die im Anschluss verbastelt werden kann.

Sind Notfallapotheke/Medizinschrank auf dem neuesten Stand?

Am letzten Wochenende hat sich eines der Kinder verbrannt und brauchte eine Behandlung mit Salben und Verband, später dann mit Pflaster. Das hat dazu geführt, dass ich in dieser Woche noch einmal kritisch unseren Medizinschrank durchgesehen habe: abgelaufene Medikamente wurden entfernt, neue nachgekauft und auch Verbände und Pflaster wieder aufgestockt. Auch die gerne von den Kindern in der Wohnung verschleppten Kühlkissen wurden eingesammelt und wieder in Kühlschrank und Gefrierfach gelegt, um für Notfallsituationen bereit zu stehen. Kühlkissen können übrigens nicht nur gekauft, sondern auch selbst gemacht werden. Hier findet Ihr eine Anleitung für bunte Kühlkissen auf Basis von Handseife. Natürlich könnt Ihr aber auch einfach kleine Kissen mit Dinkel gefüllt oder Linsen selber nähen und in das Tiefkühlfach legen.

In vielen Notfallsituationen waren wir schon froh, einen Erste-Hilfe-Kurs für Kinder besucht zu haben. Stand das bisher nicht auf deiner To-Do-Liste für dieses Jahr, dann füge das unbedingt hinzu, denn der richtige Umgang mit Verbrennungen, Umgang bei Verschlucken von Reinigungsmitteln etc. können wirklich wichtig sein (hörenswert zum Thema „Unfälle mit Kindern“ ist übrigens dieser Podcast).

Bastelzutaten für Puppenpflaster

Bastelideen für den Puppendoktor

Durch die Verbrennung waren Pflaster hier ein ganz besonderes Thema und natürlich muss ein solches Problem nachgespielt werden. Der Pflasterverbrauch kann in solcher Zeit sehr steigen. Ich habe mich aber daran erinnert, in dem vor einigen Jahren erschienenen Buch „Mama näht & ich helf mit“ (Amazon- Partnerlink* | alternativ: Buch7*) von Rebecca von Elfenkind die Anleitung für selbstgemachte Puppenpflaster gelesen zu haben. Also haben wir mit doppelseitigem Klebeband und Stoffresten eine kleine Pflastersammlung für die Puppenkinder hergestellt, die nun fleißig beklebt werden können. Wer gerne näht, kann sich natürlich auch gleich an einen ganzen Puppenarztkoffer setzen.

Pflaster für den verletzten Hund

Ein dazu passendes Kinderbuch, das wir seit einigen Jahren haben, ist „Pusten, trösten, Pflaster drauf!„(Amazon- Partnerlink* | alternativ: Buch7*). Die Tiere erleiden verschiedene Verletzungen und jedes wird gepustet, getröstet und bekommt schließlich eines der wieder verwendbaren Pflaster aufgeklebt. Abschließend werden die Pflaster wieder nach ihren Farben auf die Anfangsseite zurück sortiert.

Sauerteig

Backen

Endlich haben wir ein wenig Alltag wieder hergestellt nach den Feiertagen und Krankheitszeiten. Mit diesem Alltag sollen auch die alten Rituale wieder aufgenommen werden wie das selbst backen der Brötchen. Dafür hat mein Mann in dieser Woche wieder einen Sauerteig angesetzt (wie das geht, kannst du hier lesen: Lektion 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 ), aus dem dann am Wochenende diese Schusterjungen gebacken werden (Lektion 1, 2, 3, 4, 5). Damit wird das Gefrierfach gefüllt, so dass wir für die Schulbrote und sonstigen Bedarf erst einmal wieder etwas Vorrat haben. Auch kleine Puppenschusterjungen sind immer eine schöne Idee für die Puppenküche.

Ein schönes Wochenende Euch allen!

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), DAIS-Stillbegleiterin, Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Elternblogs über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

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Die erste Beikost – von der (Mutter)Milch zu Brei oder Fingerfood

Langsam rückt der Zeitpunkt näher, an dem das Baby sechs Monate alt wird. In vielen Familien wird diesem Zeitpunkt aufgeregt entgegen gesehen: Die erste Mahlzeit außerhalb von Muttermilchernährung oder Muttermilchersatznahrung steht bevor und viele Familien fragen sich: Welches ist das geeignete erste Lebensmittel? Was brauche ich dafür? Wie werden wir diese erste andere Mahlzeit gestalten?

Den richtigen Zeitpunkt für die Beikost bestimmt dein Baby, nicht der Kalender

Eigentlich ist es ganz einfach: Der richtige Zeitpunkt ist nicht unbedingt der, an dem das Kind genau sechs Monate alt wird. Es gibt keinen Stichtag „Nun ist dein Baby bereit für Beikost“, sondern jedes Kind bringt auch hier ein eigenes Tempo und Temperament ein. Besser, als nach dem Datum zu sehen ist es, die Anzeichen des Babys zu berücksichtigen:

  • Der Zungenstoßreflex ist verschwunden, Nahrungsmittel werden nicht gleich wieder mit der Zunge aus dem Mund geschoben.
  • Das Baby kann mit wenig Unterstützung aufrecht sitzen und hat eine gute Kopfkontrolle. Es muss nicht selbständig im Stuhl sitzen können, sondern es sitzt beispielsweise angelehnt sicher auf dem Schoß.
  • Das Baby kann selbständig Nahrung aufnehmen und in den Mund stecken.
  • Es kann Sättigung durch Ablehnung der angebotenen Nahrung anzeigen.
  • Interesse an Lebensmitteln haben Kinder oft auch schon bevor die anderen Anzeichen auftreten, da sie interessiert den Tischsituationen der anderen Familienmitglieder zusehen und neugierig sind. Allein das Hinterherblicken ist deswegen kein ausreichendes Beikostreifezeichen.

Die richtige Beikost bestimmt ihr zusammen

Wenn das Baby nun alle Anzeichen dafür zeigt, dass es bereit ist, Beikost zu sich zu nehmen, kann begonnen werden. Nun stellt sich nur die Frage: Womit eigentlich? Lange Zeit gab es strikte Regeln und Ernährungspläne zur Einführung von Beikost. Mittlerweile hat sich jedoch gezeigt, dass diese nicht nur nicht notwendig sind, sondern eine bunte Variation und abwechslungsreiche Kost sogar vorteilhaft ist in Hinblick auf die Minderung des Allergierisikos. Und auch ein Blick auf andere Kulturen kann uns aufatmen lassen: Während hier in Deutschland mildes Gemüse wie Pastinake oder Fenchel für den Beginn angepriesen werden, essen die Babys in Indien Linsen, Reis und Joghurt. Und auch in anderen Ländern sind die Zutaten für die erste Beikostmahlzeit äußerst unterschiedlich.

Was also als erste Beikost auf den Tisch kommt, bestimmt ihr als Familie selbst. Es ist gut, das Baby von Anfang an an die Familienkost zu gewöhnen, also das anzubieten, was ohnehin gerade gekocht wurde und es babygerecht anzubieten. Der Vorteil: kein extra Kochen, weniger Zeitaufwand, weniger Müll, Kostenersparnis und weniger Lebensmittel, die entsorgt werden, weil bedarfsgerechter angeboten werden kann. Das Baby muss später nicht noch einmal von Gläschenkost auf Familienkost umgewöhnt werden und es hat Freude daran, genau das zu essen, was alle anderen auch zu sich nehmen.

Ob diese Familienkost nun für das Baby püriert wird oder nicht, entscheidet ihr. Gut ist es aber, dem Baby auch immer mal wieder weiches Fingerfood anzubieten. So kann es selbständig am Essen teilnehmen, entwickelt Kompetenz im Umgang mit Nahrungsmitteln und nach und nach im Umgang mit Besteck, kann unterschiedliche Sinne einsetzen in der Erkundung und Wahrnehmung des Essens und die Muskulatur im Gesicht kommt stärker zum Einsatz.

Die einzigen Nahrungsmittel, die im ersten Jahr nicht gegessen werden sollten, lassen sich schnell zusammenfassen:

  • Rohmilch (Keime)
  • rohe Eier (Salmonellengefahr)
  • Honig (Botulismusgefahr)
  • Salz (belastet Nieren, verändert Geschmack)
  • Salat (noch nicht zerkleinerbar)
  • unverarbeitete Nüsse (Gefahr des Verschluckens), aber Nussmus wie Mandelmus
  • kleine Beeren (Gefahr des Verschluckens)
  • Zuckerzusätze (auch Ahornsirup) & Süßigkeiten
  • Bindemittel und Geschmacksverstärker
  • Vollmilch nur bis zu 200 ml täglich in Form von Milchbrei oder -speisen und Käse

Ob mit Fleisch oder ohne, bestimmen eure Familienernährungsgewohnheiten. Ob Fingerfood oder Brei, entscheidet ihr. Ob süß oder herzhaft, findest du mit deinem Baby zusammen heraus. Und dann kann sie losgehen, die liebevolle und bedarfsgerechte Beikostzeit.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), DAIS-Stillbegleiterin, Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Elternblogs über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.