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Familienalltag zu Hause gestalten

Während es einige Eltern gibt, die ihre Kinder generell zu Hause betreuen, ist es für andere eine große Veränderung, wenn langfristig die Betreuung außerhalb der Familie wegbricht – dies umso mehr, wenn sie bereits über einen längeren Zeitraum fester Bestandteil des Alltags geworden ist und die Familie nun emotional und auch strukturell in einer Umbruchphase steckt.

Sich jetzt gestresst und überfordert zu fühlen, ist normal

Dass Eltern dies als Herausforderung empfinden können, ist normal und sollte nicht diskutiert werden: Die Belastungsgrenzen, Ressourcen und Möglichkeiten einzelner Personen sind höchst individuell. Gerade Ängste, finanzielle Probleme bzw. finanzielle Ungewissheit, Kontrollverlust, gesundheitliche Einschränkungen oder fehlende Unterstützung können das persönliche Empfinden verschlechtern und unseren Stress erhöhen. Die Folge ist davon oft negatives Erziehungsverhalten: wir haben schlechte Laune, schimpfen mehr, schreien vielleicht oder überschreiten auf andere Weise die persönlichen Grenzen der Kinder.

Das kannst du für dich als erwachsene Person tun

Um dem vorzubeugen und das Konfliktpotential aus dem Alltag soweit möglich heraus zu nehmen, sollten wir zunächst auf persönlicher Ebene unser Sicherheitsgefühl stärken und die Belastungen minimieren. Dafür ist es wichtig, sich nicht für diese Gefühle zu schämen, sie nicht zu verstecken mit der Überforderung, sondern diese aussprechen zu dürfen, ohne dafür verurteilt zu werden. Eltern dürfen sich überlastet fühlen. Die aktuelle Situation kann anstrengend sein und je nach persönlicher Situation besondere Herausforderungen mit sich bringen, die ebenfalls benannt werden sollten. Sofern ein anderer Elternteil verfügbar ist, sollte gerade auch das Gefühl von Überforderung angesprochen werden. Dennoch sollten wir uns jedoch nicht diesem Gefühl der Überforderung ausliefern, sondern neben dem Benennen der Gefühle in Aktion kommen: Was kann ich konkret tun, um mir in meiner Situation zu helfen? Was kann/muss der andere Elternteil tun? Wo kann ich mich gut und objektiv informieren, welche Menschen sind gute Ansprechpartner*innen, wer kann mich aktiv unterstützen und verurteilt meine Situation nicht? Der Austausch mit anderen Eltern in einer ähnlichen Situation ist wichtig und hilfreich, weshalb der Auf- oder Ausbau eines verlässlichen Netzwerkes so wichtig ist: in der Umgebung, aber vor allem auch digital, wenn die persönlichen Kontaktmöglichkeiten gerade eingeschränkt sind. Eltern brauchen andere erwachsene Personen zum Austausch, zum Anlehnen, zum Reden und Lachen. Wer merkt, dass er nachhaltig überfordert ist von der Situation, sollte sich professionelle Hilfe holen.

Den Alltag neu gestalten

Mit einer Stärkung der persönlichen Sicherheit im Rücken, können wir dann den Alltag betrachten und in die Handlung kommen: Wir gestalten nun um, sind aktiv, legen neue Rahmenbedingungen in Zeiten der Veränderung vor für unsere Familie. Auch wenn es um uns gerade schwierig ist, haben wir einen Handlungsspielraum innerhalb unseren neuen Umfeldes.

In diesem Rahmen ist es wichtig, die Bedürfnisse aller Beteiligten ausreichend zu berücksichtigen: Zwar haben Erwachsene und Kinder gleiche Bedürfnisse, aber sie sind unterschiedlich ausgestaltet. Haben wir zwar beide das Bedürfnis nach Bewegung, kann dieses bei Kindern aber ganz anders aussehen als bei Erwachsenen: Kinder bewegen sich anders, brauchen andere Bewegungsmöglichkeiten und möchten beispielsweise hüpfen, springen, balancieren – weil das auch ihrem Entwicklungsbedürfnis entspricht, während wir Erwachsene vielleicht mit einer Yoga-App und langen Spaziergängen zufrieden sind. Es ist deswegen wichtig, dass wir Angebote aus verschiedenen Perspektiven und durch Kinderaugen betrachten.

Folgende Ideen können deswegen Inspirationen sein für den Alltag. Ob und wie es in euren Alltag passt, zu euren Temperamenten und Möglichkeiten, kann unterschiedlich sein.

Kinder wollen sich bewegen

  • Sofern möglich: Ausflüge unternehmen an der frischen Luft. Besonders Wald, weitläufige Parks und Felder bieten sich an.
  • Zu Hause brauchen Kinder ebenfalls Bewegungsmöglichkeiten. Das Bett kann nun zum Trampolin werden, wenn sonst zu wenig Bewegungsmöglichkeiten bestehen, aber auch andere Bewegungsformen können fehlen. Das Spiel “Wasser, Feuer, Erde, Luft” kann Abwechslung bringen oder der Aufbau eines Balancier- und Kletterparcours: Vom Stuhl auf den Tisch über den Stuhl… Oder mit Matratzen wird eine Tobehöhle gebaut.
  • Auch die Klassiker können ein Revival erleben: Springseil, Hula-Hoop-Reifen,…
  • Musik entspannt uns und reduziert Ängste: Deswegen Musik an, gemeinsam tanzen. Auch Stopptanz ist bei Kindern immer wieder beliebt. Musik tut auch uns Eltern oft gut in angespannten Situationen.

Struktur

  • Vielen Eltern und Kindern tut es gut, eine Struktur für den Tag zu haben und relativ feste Zeiten zu benennen für die Mahlzeiten, für Ausruhzeiten, für gemeinsame Spiele. Gerade Eltern, die im Homeoffice arbeiten mit älteren Kindern, können feste Zeiten vereinbaren für gemeinsame Tätigkeiten oder für Kinder im Vorschulbereich auch die Eieruhr stellen: Wenn sie klingelt, spielen wir wieder zusammen.
  • Wenn Eltern im Homeoffice arbeiten mit Kindern zu Hause, ist es wichtig, die Erwartungshaltung zu minimieren: Arbeiten zu Hause mit Kindern ist nicht wie das Arbeiten im Büro. Die Kinder tragen nicht die Schuld daran, sondern verhalten sich einfach normal kindgerecht, wenn sie uns zwischendurch ansprechen, Zuwendung haben wollen, gemeinsames Spiel wünschen. Gerade für diese Tätigkeiten ist deswegen eine Struktur besonders wichtig und Eltern sollten genau einplanen, wann sie welche Arbeiten erledigen, Arbeiten aufteilen in absolut notwendig, die viel Konzentration erfordern und solche, die weniger Aufwand und Konzentration bedeuten. Die schwierigen Aufgaben sollten nach Möglichkeit nicht auf den Nachmittag/Abend gelegt werden, wenn die Kooperationsfähigkeit von Kindern natürlicherweise nachlässt, da das zu mehr Streit führt.

In den Alltag einbinden

  • Kinder sind soziale Wesen und wollen an unserem Alltag beteiligt sein. Sie sind kooperativ und wollen mitmachen, Teil der Gemeinschaft sein und sich aktiv einbringen. Manchmal haben wir im Alltag zu wenig Zeit dafür – nun können wir aber mit Kindern putzen, abwaschen, kochen etc. Alle Socken werden im Quadrat auf dem Boden ausgelegt als Sockenmemory.
  • Manchmal finden sich beim gemeinsamen Aufräumen auch tolle Ideen zum Spielen: der Pappkarton, der eigentlich in den Müll sollte, wird zum Puppenhaus/Auto/Rakete. Die ausrangierten Kleidungsstücke sind auf einmal tolle Verkleidungssachen. Bohnen und Linsen werden zum Schüttspiel.
  • Und auch im Kinderzimmer kann “Haushalt” erledigt werden: Zusammen die Spielsachen sortieren und ordnen, alte, unbespielte Spielsachen aussortieren und in den Keller oder auf den Dachboden bringen (in ein paar Wochen können sie wieder hervorgeholt werden und werden meistens begeistert neu bespielt).
  • Größere Kinder können auch Mahlzeiten zubereiten und sich hierfür erst einen Plan machen und dann nach einfachen Kinderrezepten kochen und zubereiten. Vielleicht ist es anfangs noch ungewohnt und vielleicht schmeckt es auch noch nicht perfekt, aber auch dies ist ein Lernprozess und Kinder sind dann aktiv beteiligt und fühlen sich selbstwirksam und hilfreich. Auch das Backen ist eine tolle Alternative und das Verzieren von Keksen mit bunten Perlen etc. kann Kinder lange Zeit beschäftigen.

Medien? Medien!

  • Medien stehen immer wieder in der Kritik in Bezug auf Kinder. Dabei können sie eine kreative Möglichkeit für den Alltag sein und/oder eine Entspannungszeit einläuten oder ermöglichen – und auch das ist okay. Behalten wir einen ausgewogenen Alltag im Blick mit genügend Zeit für das Miteinander, müssen wir uns nicht an strengenden Zeitregeln orientieren (empfehlenswert hierzu dieser Podcast)
  • Mit dem Fotoapparat oder Handy können Bilder gemacht werden für eine eigene Bilder-Geschichte, die später als Buch zusammengeheftet werden kann oder in einem kleinen Fotobuch verewigt werden kann. Das kann auch an Freund*innen geschickt werden.
  • Die Freunde aus der Kita oder Schule fehlen, können aber gerade nicht getroffen werden? Dann ist es Zeit für Videotelefonate. Auch Briefe und Postkarten können geschrieben und gemalt werden. Mit der Post können auch Bücher ausgetauscht werden.
  • Hörspiele, Hörbücher, Musik – das sind wunderbare Möglichkeiten für Kinder, um zu lauschen, sich auszuruhen oder auch zur Bewegung anzuregen. Viele Bibliotheken ermöglichen auch die Online-Ausleihe von Kinderbüchern, wie beispielsweise hier in Berlin.
  • Zudem gibt es auch tolle Möglichkeiten, die das Netz aktuell bietet: Zum Beispiel gibt es Museen, die virtuelle Führungen anbieten, auf Instagram bieten einige Eltern an, aus Kinderbüchern vorzulesen und man kann die eigenen Kinder dann einfach “dazusetzen”.
  • Medien können auch tolle Anregungen bieten für den Alltag: ein Bullerbü-Tag kann mit Zimtschnecken zelebriert werden oder am Sams-Tag bekommen alle blaue Flecken, es gibt (vegetarische) Würstchen und können sich etwas wünschen…
  • Größere Kinder können sich auch in das Programmieren vertiefen und damit viele Erfahrungen machen. Hier haben wir einmal einige Anregungen für den Einstieg in das Programmieren zusammengefasst.

Kreativität und Spiel

  • Kinder eignen sich im Spiel die Welt an und wollen beständig lernen und ihre Erfahrungen ausbauen. Im Spiel tun sie dies, indem sie kreativ damit umgehen. Wenn die Rahmenbedingungen einschränkend sind, ist es besonders wichtig, dass Kinder ihre Fantasie ausleben können und Kreativität entfalten können. Gute Materialien dafür sind beispielsweise (Holz-)Bausteine, Lego, Bügelperlen, Wasserperlen, Murmeln, Bastelmaterialien (bunte Papiere, Kleber, Pfeifendraht, Washi-Tape, Farbstifte, Fingerfarben, Wasserfarben, Scheren, Knete) – also all jene Materialien und Spielzeuge, die Vielfalt an Handlungen und Spielen zulassen und die Fantasie nicht begrenzen.
  • Viele kreative Spielmaterialien lassen sich auch selbst herstellen: selbstgemachte Knete, Salzteig, Farben, Papier schöpfen aus Altpapier. Einige einfache Ideen findet Ihr hier. Größere Kinder lieben es, Schleim selbst herzustellen. Auch Seifen können selbst gemacht werden in unterschiedlichen Farben, mit Düften und mit Spielfiguren darin – auch das ist ein schönes Geschenk, das mit der Post versendet werden kann an Familie und Freund*innen.
  • Es gibt viele schöne Brettspiele für Kinder. Seit einigen Jahren erscheinen auch immer mehr kooperative Brettspiele für Kinder: In diesen geht es nicht darum, dass eine Person gewinnt und sich gegen andere durchsetzt, sondern um das Miteinander, um Kooperation und das gemeinsame Erreichen eines Ziel. Diese Spiele regen das Miteinander an und sind deswegen gerade jetzt besonders passend und können die aktuellen Werte unterstützen. Über einige kooperative Spiele haben wir hier berichtet.

Schule

  • Viele Schulen bieten an, den Kindern Aufgaben zukommen zu lassen und diese auch zu kontrollieren. Andere haben bereits Online-Lernplattformen für die eigenen Schüler*innen. Zudem gibt es diverse private Lernplattformen, teilweise kostenpflichtig allerdings.
  • Kinder können daneben allerdings auch privat Projekte durchführen und kreativ umsetzen. Beispielsweise das Thema Frühling kann aufgegriffen werden und es werden in der Natur die Pflanzen betrachtet, abgezeichnet, dann kann mit Büchern oder über das Netz herausgesucht werden, wie die Pflanzen heißen, es können Steckbriefe geschrieben werden oder Briefe an Familie/Freund*innen über die Naturbeobachtungen. Auf diese Weise können verschiedene Themen bearbeitet werden.

Habt Ihr noch weitere Ideen? Weitere Inspirationen findet Ihr auch hier auf Twitter in den Antworten. Auf Instagram biete ich hier abends regelmäßig Live-Gespräche an, in dem wir uns über den Alltag austauschen können.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Kinderbücher über Gefühle

Alle Gefühle sind erlaubt! Kinder lernen nicht nur in der Kindheit die breite Palette der Gefühle kennen, sondern lernen auch durch uns und ihre Umgebung, wie sie damit umgehen können. Durch unsere Hilfe in den frühen Jahren erfahren sie, wie welche Gefühle benennen können, wie sie sich verhalten können und an en sie sich wenden können, wenn sie Hilfe bei der Regulation brauchen. Mit Büchern können wir das noch unterstützen.

Buch: Weinen, lachen, wütend sein

Weinen, lachen, wütend sein

Dagmar Geisler hat im Oetinger Verlag eine Reihe schöner Kinderbücher veröffentlicht, unter anderem auch die hier sehr beliebte Serie um Luzie und Lottchen. In ihrem Buch “Weinen, lachen, wütend sein dafür bin ich nicht zu klein” (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) greift sie alle Gefühle, die Kinder haben, auf und zeigt, wie sie ausgedrückt werden und in welchen Situationen sie gefühlt werden in einfacher Sprache und Reimen für Kinder ab 2 Jahren. Etwas schade ist, dass ausgrechnet das Wort “trotzen” mit verwendet wird dafür, wenn das Kind wütend ist. Dennoch geht das Buch sehr positiv auch mit den Gefühlen um, die oft von Erwachsenen als negativ bewertet werden. Gekuschelt wird darin sowohl mit Papa, als auch Mama. Ihr Resumé: “Lachen, weinen, traurig sein, gehört zu mir dazu. Kichern, schreien, wütend sein und trotzen. Ab und zu. Kuscheln toben, lustig sein, streicheln sanft und sacht. Doch was ich am liebsten mag: lachen, dass es kracht!”

Buch: In mir drin ist’s bunt

In mir drin ist’s bunt

Wir haben so viele unterschiedliche Gefühle, jeden Tag. Und auch unsere Kinder natürlich. Sie sind aber oft noch auf der Suche, wie sie ihre unterschiedlichen Gefühle gut ausdrücken können: sowohl körperlich, als auch sprachlich. Um ihnen dabei zu helfen, können wir mit ihnen zusammen die vielen verschiedenen Wörter erkunden, die es gibt für unterschiedliche Gefühle – und dabei auch die feinen Unterschiede herausfinden, ob man nun in einer Situation vorsichtig oder schüchtern ist und wie das umschrieben und ausgedrückt werden kann. Die Lehrerin Theresa Bodner hat in ihrem Buch “In mir drin ist’s bunt” (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) viele Gefühle eingefangen, die in einfachen Bildern illustriert werden, so dass der Schwerpunkt dieses Buches die gemeinsame Kommunikation ist und das Suchen und Finden nach Ausdruck von Empfindungen. Ein schönes Buch für die pädagogische Praxis, aber auch für Gespräche über Gefühle zu Hause.

Buch: Wohin mit meiner Wut?

Wohin mit meiner Wut?

Auch von Dagmar Geisler ist das Buch “Wohin mit meiner Wut?” (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) das sich explizit mit dem Gefühl “Wut” beschäftigt für Kinder ab 5 Jahren. Hier wird in Worten und Bildern gezeigt, wie sich Wut äußern kann in ihrer ganzen Vielfalt. Es erläutert, dass Wut manchmal das Herz ganz schnell klopfen lässt und man manchmal auch ganz steif davon wird. Wut kann ganz schnell auftauchen oder langsam hochkochen und es kann ganz verschiedene Anlässe dafür geben, wütend zu werden. Manchmal möchte man anderen weh tun, wenn man wütend ist, aber weil das keine gute Lösung ist, werden andere Möglichkeiten aufgezeigt: schreien, Kissen verprügeln, auf den Boden stampfen, Wutmännchen malen,… Und es lädt Kinder dazu ein, sich zu entschuldigen, wenn man ungerecht behandelt wurde oder mit anderen die Situationen zu besprechen, die man als ungerecht empfindet, auch mit den Eltern. Dazu gibt es einen kurzen Erwachsenen-Informationsteil, der erklärt, warum dieses Gefühl wichtig ist und nicht unter den Tisch gekehrt werden sollte, und es werden Adressen von Beratungsstellen aufgeführt.

Buch: Das NEINhorn

Das NEINhorn

Dem Thema der Autonomiephase widmen sich auch Marc-Uwe Kling und Astrid Henn mit dem NEINhorn (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel). Hier stehen weniger die unterschiedlichen Gefühle im Vordergrund, sondern mehr das Streben nach Selbständigkeit auf unterschiedliche Art, die das NEInhorn, der WASbär, der NaHund und die KönigsDOCHter illustrieren. Neben der von Wortwitz geprägten Geschichte wird auch vermittelt, dass es für Kinder anstrengend ist, wenn Eltern immer nur versuchen, Harmonie herbeizuführen und das NEIN als problematisch angesehen wird. Für das kleine NEINhorn ist es wohltuend, sich mit den anderen Figuren, die auf ihre Weise ihre Autonomie ausdrücken, zusammen zu tun. Dabei wird vermittelt, dass es natürlich auch dort zu Streit kommen kann, der eben auch dazu gehört. Ein wirklich amüsantes Buch, das durch die Zeit des NEIN begleitet für Kinder von 3 bis ca. 6 Jahren.

Buch: Du bist also meine Angst

Du bist also meine Angst?

Als die Angst einmal wieder am Abend allein im Bett aufsteigt, fühlt das Kind in sich hinein: das Herz schlägt schneller, die Brust fühlt sich eng an… Und dort im Körper ist ein haariges Monster. Dieses Monster erklärt, was es im Körper macht, wenn man Angst spürt. Aber nicht nur das: Es erklärt auch, warum Angst gar kein schlechtes Gefühl ist, sondern sehr sinnvoll ist, wenn sie beispielsweise vor etwas warnt. Und warum es so wichtig ist, Gefühle wie die Angst nicht wegzudrängen, sondern anzunehmen wie andere Gefühle und dann zu überlegen, wie man dies einordnet und Angst beispielsweise in Mut umgewandelt werden kann.

Die Autorin Elisa Eckartsberg nimmt in ihrem Erstlingswerk “Du bist also meine Angst” (direkt beim Verlag beziehbarBuchhandel) Kinder mit auf eine Reise in sich selbst, um einem Gefühl nachzuspüren, das in unserer Gesellschaft oft nicht sein darf, aber sehr wichtig ist. Ein wirklich schönes Buch über ein wichtiges Gefühl.

Buch: Gebrauchsanweisung gegen Traurigkeit

Gebrauchsanweisung gegen Traurigkeit

Die “Gebrauchsanweisung gegen Traurigkeit” von Eva Eland (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) wendet sich ebenfalls den Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren zu, hier mit der Betrachtung des Gefühls Traurigkeit. Auch dieses Gefühl ist eines, das öfter ausgeschlossen wird oder von dem Eltern einfordern, dass es schnell behoben werden sollte. Mit ruhigen, zarten Bildern wird hier nun gezeigt, wie die Traurigkeit unerwartet erscheint, uns folgt und wir sie nicht loswerden. Statt zu versuchen, sie auszusperren, tut es gut, sich mit ihr zu beschäftigen und mit ihr zu malen, Musik zu hören oder raus zu gehen in die Natur. Manchmal verschwindet sie dann auch wieder, wenn sie angenommen wurde. Ein schönes, ruhiges Buch, das Möglichkeiten zum Umgang mit der Traurigkeit aufzeigt und damit auch Eltern zeigt, dass auch dieses Gefühl seinen Platz haben kann.

Buch: Männer weinen

Männer weinen

Der Umgang mit dem Weinen aus verschiedenen Gründen wird in Jonty Howleys “Männer weinen” (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) für Kinder ab 3 Jahren dargestellt: Am morgen geht der kleine Levis zum ersten Mal zu seiner neuen Schule und sein Vater erklärt ihm ratlos, dass Männer nicht weinen würden. Levi weint dementsprechend nicht, sieht aber auf dem Weg zur Schule viele unterschiedliche Männer, die eben doch weinen: Weil sie sich verabschieden von anderen, während sie ihrer Arbeit nachgehen. Schließlich weint Levi doch kurz, findet in der Schule schnell Anschluss und kommt schließlich nach Hause, wo ihn sein weinender Vater begrüßt, der ihm sagt, dass er aus Unsicherheit und eigener Angst diesen Rat gab und Männer eben doch weinen und das auch ganz in Ordnung so ist. Ein niedliches Buch gerade für Jungen, von denen noch immer oft eingefordert wird, dass sie nicht weinen sollten.

Buch: Das Farbenmonster

Das Farbenmonster

Das Farbenmonster von Anna Llenas (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) begleitet hier nun schon das zweite Kind und das schön gestaltete Popup-Buch ist noch immer ein wunderbarer Anlass, um über die Vielfalt von Gefühlen zu sprechen und mit Kindern die einzelnen Gefühle und ihren Ausdruck zu ergründen. Am Morgen ist das Farbenmonster ganz durcheinander und muss mit Hilfe einer Freundin die Gefühle erstmal sortieren: Da gibt es die gelbe, leuchtende Freude, die blaue Traurigkeit, die rote Wut, die schwarze Angst, die grüne Gelassenheit und das rosa Verliebtsein. Alle Gefühle sind umschrieben und und die zugehörigen Pop-Ups bilden die Gefühle schön ab. Die Angst als “feige” zu bezeichnen, ist nicht ganz so passend, aber insgesamt wird die Vielfalt und der Ausdruck von Gefühlen gut eingefangen und lädt dazu ein, mit dem Kind darüber zu sprechen, wie genau unterschiedliche Gefühle wahrgenommen werden. Auf jeden Fall ist das Buch eine Überraschung und ein Augenschmaus für Kinder ab 3 Jahren und Eltern.

Buch: Schwimm, kleines Boot!

Schwimm, kleines Boot!

Wut darf sein! – Das ist eine so wichtige Botschaft für Kinder, die auch in dem Buch “Schwimm, kleines Boot!” (VerlagBuch 7* | Buchhandel) einen zentralen Punkt einnimmt. Autorin Sarah Roller und Illustratorin Tina Nagel begleiten ein Kind auf einen Ausflug mit der Oma in den Wald. Hier soll ein kleines Boot gebaut werden, das im Bach treiben soll, aber die Herstellung des Boots gestaltet sich schwierig: Erst hilft Oma, wo sie nicht helfen soll, weshalb das Kind wütend wird. Aber als Oma nicht mehr hilft, klappt es auch nicht. letztlich finden aber beide doch zusammen, als Oma erklärt, dass wütend sein okay ist, aber Hilfe annehmen auch. Ein niedliches Buch ab 2 Jahren, erzählt in Reimform. Besonderes Extra: Das Buch ist nach dem Cradle to Cradle-Prinzip hergestellt, d.h. ohne giftige Inhaltsstoffe und kompostierbar.

Gefühlstagebuch: Ein gutes Gefühl

Ein gutes Gefühl – Gefühlstagebuch

Zwar ist es im Großen und Ganzen kein Vorlesebuch (auch wenn es einen Anteil hat, in dem die verschiedenen Gefühle beschrieben werden), aber es ist ein wunderbares Buch, um Kindern die Wahrnehmung der unterschiedlichen Gefühle näher zu bringen und ihnen zu vermitteln, dass alle Gefühle in unserem Alltag Platz haben und sein dürfen. Im Gefühlstagebuch “Ein gutes Gefühl” (bei uns im ShopVerlagBuchhandel) erfahren Kinder, welche unterschiedlichen Gefühle es gibt (Freude, Neugier, Aufregung, Ekel, Zuneigung, Neid, Angst,…), wie sich diese Gefühle unterscheiden und sie werden dazu angeregt, jeden Tag ihre eigenen Gefühle zu reflektieren und aufzuschreiben, was sie gefühlt und erlebt haben. So bekommen Kinder ab 6 Jahren einen Zugang zu ihrer Gefühlswelt. Zwischen den Tagebuchseiten gibt es nochmals kleine Mitmachimpulse rund um die Gefühlswelt. Ein schönes Kinderbuch von Jan Lennarz und Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Lena Kuhlmann.

Dieser Artikel enthält Affiliate-Links zu Amazon und Buch7, durch die Geborgen Wachsen im Falle einer Bestellung eine Provision erhält ohne dass für Euch Mehrkosten anfallen. Die vorgestellten Bücher sind Rezensionsexemplare (Männer weinen) oder selbst gekauft (Das Farbenmonster, Gebrauchsanweisung gegen Traurigkeit, Das NEINhorn, Wohin mit meiner Wut, Weinen, lachen, wütend sein)

Mein Kind macht nicht, was ich will

Manchmal ist es mit der Eigenständigkeit der Kinder ziemlich schwer: Auf der einen Seite sind sie manchmal nicht da selbständig, wo wir es gerade wünschen und auf der anderen Seite machen sie Dinge, die wir gerade nicht wollen. Manchmal stellt sich uns deswegen die Frage: Mache ich eigentlich alles falsch? “Funktioniert” unsere Erziehung nicht, weil das Kind gar nicht das tut, was es gerade tun soll?

Kinder haben einen eigenen Entwicklungsplan

Das Handeln von Kindern wird insbesondere durch ihren eigenen Entwicklungsplan geleitet: Neugierde ist der Motor ihrer Entwicklung und sie bewegen sich beständig voran in der Entwicklung – nach ihrer Agenda. Zwar gibt es bestimmte Zeitfenster, in der Kinder neue Fertigkeiten lernen, aber ob gerade die Feinmotorik, die Grobmotorik, die Sprache oder das Sozialverhalten im Vordergrund steht, kann bei verschiedenen Kindern gleichen Alters durchaus unterschiedlich sein. Auch das Temperament bestimmt dabei stark, wie sich das Verhalten des Kindes zeigt: Ist das Kind besonders extrovertiert, neugierig und geht freudig auf andere Personen und Erfahrungen zu? Hat es vielleicht auch wenig Gefahrenbewusstsein und zieht sich seltener zurück? Oder ist es genau anders und vorsichtig, wenig aufgeschlossen, fürchtet sich eher vor neuen Dingen und reagiert auf Gefahr schnell mit Rückzug?

Es kann deswegen durchaus sein, dass es in unseren Augen so erscheint, dass das Kind nicht das macht, was wir uns wünschen, weil es gerade in einem eigenen Entwicklungsthema steckt. Das Kind “trödelt” auf jedem Weg, weil es wahlweise klettert, balanciert, rückwärts läuft oder schleicht. Wir nehmen wahr: “Das Kind hört nicht auf mich, wenn ich sage, es soll sich beeilen!” In Wirklichkeit hat das Handeln des Kindes aber nichts mit unserer Ansage zu tun, sondern mit dem Entwicklungswunsch des Kindes. Würde es das eigene Verhalten reflektieren und benennen können, würde es sagen: “Ich baue gerade meine Motorik aus und übe balancieren und unterschiedliche Arten des Laufens!”

Kinder denken und fühlen anders

Und auch in Bezug auf die Gefühlswahrnehmung und -verarbeitung sieht es bei Kindern noch ganz anders aus als bei uns Erwachsenen. Kinder haben bis ins Schulalter hinein Schwierigkeiten mit der Impulskontrolle. Gerade Kleinkinder sind noch besonders auf Co-Regulation angewiesen: Sie können noch nicht allein ihre Gefühle einordnen, verarbeiten und mit ihnen umgehen. Sie brauchen Erwachsene, die sie darin begleiten und den Gefühlen Worte geben, erklären, dass sie in Ordnung sind, die breite Palette an Gefühlen zum Leben dazu gehört, spiegeln, was sie wahrnehmen und ihnen schließlich gute Möglichkeiten vorstellen, wie sie diese Gefühle ausleben können: “Wenn du traurig bist, dann kann es sein, dass du weinen musst und es kann dir gut tun, von anderen in den Arm genommen zu werden.” oder “Wenn jemand dich ärgert, wirst du wütend und deine Wut kannst du in Worte fassen, statt zu hauen oder du kannst ganz stark aufstampfen.”

Ihre Gefühle drücken Kinder lange anders aus als wir Erwachsene. Sie sind auf dem Weg, zu lernen, mit ihnen umzugehen. Auf uns mag es manchmal so wirken, als würden sie einfach nicht auf uns hören, wenn wir sagen oder denken: “Du musst doch deswegen nicht so ausflippen!” Aber sie können wahrscheinlich noch nicht anders, als gerade jetzt genau so zu handeln. Es hat nichts damit zu tun, dass wir inkompetent wären als Eltern, wenn das Kind die eigenen Gefühle nicht so darstellt oder sich gefühlsmäßig so verhält, wie wir es wollen.

Hinter das Verhalten sehen

Es kann viele Gründe geben, warum Kinder sich nicht so verhalten, wie wir es uns wünschen. Das bedeutet nicht zwangsweise, dass etwas an unserem Erziehungsstil nicht richtig wäre oder wir als Eltern versagen, weil das Kind nicht auf das Wort folgt.

Wenn Kinder sich anders verhalten, als wir es wünschen und wir uns und unser Familienleben deswegen in Frage stellen, können wir unser Denken in drei Richtungen bewegen:

  • Was steckt hinter dem Verhalten des Kindes? Ist es gerade ein besonderer Entwicklungsschritt, ein Entwicklungsimpuls? Oder ist es “einfach” der Umstand, dass unsere Erwartungen zu hoch gehängt sind und wir vom Kind Dinge erwarten, die es noch gar nicht so leisten kann?
  • Fordert das Kind mit seinem Verhalten nicht einen Entwicklungsraum, aber einen Beziehungsraum ein? Braucht es gerade mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung, weil es vielleicht innere oder äußere Rahmenbedingungen gibt, die es verunsichern, weshalb es mehr Nähe, Schutz und Zuwendung braucht und fordert dies durch sein Verhalten ein?
  • Welche Glaubenssätze leiten uns gerade, zu denken, dass wir als Eltern versagen, wenn das Kind nicht folgt? Warum haben wir das Gefühl, schlecht zu sein, wenn gerade keine Harmonie herrscht zwischen unseren Erwartungen und denen des Kindes? Haben wir unrealistische Glaubenssätze in uns verankert, die uns den Alltag erschweren wie “Kinder müssen gehorchen” oder “Kinder müssen das machen, was Erwachsene sagen” oder auch “Kinder dürfen uns nicht auf der Nase herumtanzen und Nicht-Befolgen von Anordnungen ist Herumtanzen”.

Unrealistische Erwartungen an das kindliche Verhalten zu korrigieren ist einfacher, als eigene Glaubenssätze zu verändern. Wir können uns anlesen, was Kinder wann können und lernen und warum ihr Verhalten manchmal Ausdruck ihrer eigenen Agenda ist. Zu verstehen, dass das Verhalten des Kindes aber nicht zwangsweise uns Eltern in Frage stellt, ist viel schwerer, weil es oft tief in uns verwurzelt ist, dass Kinder folgen müssen und das Nicht-Folgen als Scheitern der eigenen Fähigkeiten wahrgenommen wird. Dabei steht beides nicht zwangsweise in einem Zusammenhang.

Dein Kind macht gerade nicht das, was du willst. Schau also hin, warum es das tut, was es tut: Was ist sein Antrieb, was könnte sein Ziel im Verhalten sein? Entwickelt es Fertigkeit, fordert es gerade Aufmerksamkeit und Beziehung ein? Welche der beiden Fragen die Ursache für das Verhalten auch sein mag, ist die Antwort auf das Problem des “falschen” Verhaltens: Beziehung. Wir müssen versuchen, die Handlungen zu verstehen und erkennen, dass das, was gerade passiert, kein Machtakt des Kindes ist, sondern ein Entwicklungs- oder Beziehungsthema. Es ist normal, dass Kinder manchmal anders handeln als wir es erwarten oder wünschen.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Wasser-(Farb-)Spiele für Kinder

Viele Eltern kennen das eine “Spielzeug”, das immer dann hilft, wenn nichts anderes gute Laune macht, alle Ideen ausgegangen sind, Kinder in den kühleren Monaten nicht ausreichend draußen spielen und matschen können: Wasser. Schüttspiele von Kanne zu Glas und wieder zurück, in andere Gläser und Gefäße machen Kindern oft große Freude.

Schüttspiele mit Wasser

Mit Schüttspielen lernen die Kinder etwas über Mengen: Passt der Inhalt der Kanne in dieses Glas? Im großen dünnen Glas sieht es nach mehr aus als im kleinen bauchigen Glas. Und sie fördern spielerisch ihre Motorik, indem sie versuchen, zielgenau umzuschütten und einzuschenken. Für Schüttspiele brauchen wir dabei gar keine besonderen Materialien, denn alle Zutaten finden wir meist direkt im Haushalt. Das können sein:

  • Gläser unterschiedlicher Größe
  • Schüsseln
  • eine kleine Kanne
  • Trichter
  • Siebe
  • Pipetten
  • ein Tablett als Unterlage
  • Lappen zum Aufwischen

Mit farbigem Wasser spielen

Erweitert kann das Schüttspiel werden, indem Farbe mit ins Spiel gebracht wird. Das kann zum Beispiel einfache Wasserfarbe sein, mit der Flüssigkeiten gefärbt werden. Ein schöner Effekt ist das “Entfärben” von Krepppapier: Dazu wird in mehrere Gläser Wasser gefüllt und ein kleines Stück einfarbiges Krepppapier dazu gegeben. Das Krepppapier verliert im Wasser Farbe, werden die Papierreste nach kurzer Zeit entnommen, bleibt das bunte Wasser im Glas zurück.

Mit den Grundfarben Geld, Rot, Blau können Kinder dann beliebig experimentieren und die Farben mischen: Was ergeben Rot und Gelb? Was ergeben Blau und Rot? Auch mit einer Spritze macht es Spaß, die Farben in kleinen Mengen zu vermischen.

Eine besonders schöne Variante des Farbmischens ist auch der Farbkreis mit wanderndem Wasser: Die Gläser mit den Grundfarben Gelb, Rot und Blau werden im Kreis im Wechsel mit einem leeren Glas aufgestellt. Die Gläser werden dann mit dünnen Streifen Küchenrolle verbunden. Nun wandert aus den jeweils mit den Grundfarben befüllten Gläsern das farbige Wasser über das Küchenpapier in die leeren Gläser und mischt sich dort.

Noch mehr Farbideen? Hier werden Tulpen mit buntem Wasser gefärbt. Hier werden bunte Schokolinsen für ein Farbexperiment genutzt.

Der Start in den Tag mit einem Kleinkind

Viele Fragen von Eltern kreisen um den Ausklang des Tages: Wann müssen Kinder ins Bett? “Müssen” Kinder überhaupt ins Bett oder können sie das selbst entscheiden? Wie gelingt ein guter Abschied vom Tag und wie entwickelt sich das Schlafverhalten von Kindern? Der Beginn des Tages ist oft weniger im Fokus von Elternfragen, obwohl auch er sich manchmal besonders schwierig gestaltet, besonders mit einem Kleinkind und als Beginn des Tages eigentlich auch einen besonderen Stellenwert hat.

Der Start in den Tag legt oft die Grundstimmung fest, wie wir uns fühlen und ob wir mit einem schlechten Gefühl und innerem Hadern den Tag beginnen, oder recht entspannt beginnen können. Eine negative Grundstimmung am Morgen kann sich in den weiteren Verlauf des Tages hineinziehen und sich auf den Arbeitsalltag auswirken und unser Wohlbefinden. Gelingt es uns, den Morgen bereits relativ stressfrei zu gestalten, fallen uns auch die weiteren Schritte des Tages leichter.

Abläufe für einen entspannten Start

Müde Kinder können nur schwer kooperieren – das gilt am Abend genauso wie am Morgen. Im Gegensatz zum Abend haben wir aber am Morgen die Möglichkeit, die Kinder anders einzubinden bzw. sie erst später dazu zu holen und ihnen einerseits mehr Zeit zum Ausschlafen zu geben und andererseits in Ruhe die Umgebung vorzubereiten, damit das Ausmaß der notwendigen Kooperation möglichst gering ist – gerade für diejenigen Kinder, die nicht besonders früh von allein aufstehen, ist das hilfreich.

Für einen entspannten Start in den Tag mit Kleinkind können wir daher folgende Punkte vorbereiten:

  • Vorbereitungen am Abend: Sofern das Kind dies zulässt und nicht morgens ganz anders denkt als am Tag zuvor, bietet es sich an, am Abend mit dem Kind die Kleidung für den nächsten Tag zurechtzulegen, so dass das Kind am Morgen einen kleinen Stapel an Kleidung hat von der Unterwäsche ganz oben bis zum letzten Kleidungsstück das angezogen werden muss ganz unten. Dies kann als Ritual eingeführt werden und auch wenn es vielleicht anfangs noch Abwandlungen gibt, ist es für viele Kinder mit der Zeit hilfreich und eine gute Orientierung, an die sie sich gewöhnen. Wollen sich Kinder allein anziehen und schaffen das, kann ein Bild hilfreich sein mit den Dingen, die sie zum vollständigen Anziehen aus dem Schrank nehmen müssen (Anzahl Socken, Unterhose,…)
  • Den Frühstückstisch am Abend vorbereiten: Auch das Decken des Frühstückstisches am Abend Spart am Morgen Zeit (besonders für die Eltern) und gibt dem Kind am Morgen Struktur, wenn bereits alle notwendigen Dinge auf dem Tisch stehen und keine Entscheidungen getroffen werden müssen: der Tisch ist gedeckt, einige Zutaten (beispielsweise Cerealien) stehen schon bereit, andere werden vorbereitet aus dem Kühlschrank schnell dazu gestellt (beispielsweise am Abend kleingeschnittenes Obst).
  • Klare Abläufe können auch visualisiert werden: Für viele Kinder ist es bis ins Schulalter hinein praktisch, eine Art “Fahrplan” für den Morgen zu haben. Darauf kann mit kleinen Bildern abgebildet sein, was nacheinander am Morgen passiert: Aufstehen, Anziehen, Frühstücken, Zähneputzen,… finden auf einem kleinen Poster ihren Platz und helfen, den Morgen zu strukturieren.
  • Vor dem Kind aufstehen: Eine viertel bis halbe Stunde vor dem Kind aufzustehen, hilft bei den Vorbereitungen und gibt noch Raum für eigene Morgenrituale. Nach dem Aufstehen kann fünf Minuten lang aufgeschrieben werden, an was heute alles gedacht werden muss oder wer welche Aufgaben in der Familie erledigt. Ein Tee kann aufgebrüht werden, der entspannt getrunken wird und es gibt Zeit, um tief durchzuatmen.
  • Klare Ansagen: Vielen Kindern hilft es, ganz klar zu kommunizieren: Statt “Es wäre schön, wenn du jetzt…” klar formulieren: “Bitte lege jetzt die Brotdose in den Rucksack.” Auch wiederholte Zeitangaben sind oft eine Unterstützung: “Wir gehen in 10 Minuten los.”, “Wir gehen in 5 Minuten los.” Mit der Zeit bekommt das Kind dann einen immer besseren Eindruck von den immer gleichen Zeitspannen. Hilfreich kann es auch sein, eine Sanduhr aufzustellen oder eine Eieruhr klingeln zu lassen: “Wenn die Uhr klingelt, musst Du in den Flur kommen, dann haben wir noch 10 Minuten zum Anziehen.” Mit solch eingebauten Puffern können auch mehr Zeit in Anspruch nehmende Reaktionen des Kindes abgefedert werden.

Insbesondere geht es am Morgen darum, dass wir den Start des Tages entstressen. Stress führt oft zu negativem Erziehungsverhalten: zu Streit, Schimpfen, Druck und manchmal zu physischen oder psychischen Grenzüberschreitung. All dies bereuen viele Eltern im Anschluss, sehen aber in der aktuellen Situation am Morgen unter Zeitdruck keine andere Möglichkeit und sowohl Eltern als auch Kinder starten dann gestresst und genervt in den Tag. Mit einigen Vorbereitungen können wir vielen Stressoren am Morgen vorbeugen und diesen negativen Erfahrungen am Tagesbeginn entgegenwirken.

Habt Ihr noch mehr Ideen oder Anregungen für einen stressfreien Tagesbeginn?
Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Foto: Katja Vogt

Die Challenge: Autonomie neu denken

Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass für die Phase, in der Kleinkinder danach streben selbst wirksam zu sein, immer mehr Dinge selbst zu tun und gleichzeitig aber noch Schwierigkeiten mit der Impulskontrolle und dem Umgang mit ihren Gefühlen haben, die Bezeichnung “Trotzphase” nicht passend ist. Denn das, was Kinder tun, ist kein Starrsinn, kein Machtkampf.

Autonomie!?

Sie begehren nicht auf, um aufzubegehren, sondern um ihre Kompetenzen zu erweitern, um zu lernen und sich zu entwickeln, damit sie immer mehr in das Leben mit seinen Aufgaben hinein wachsen. Wir sprechen deswegen oft auch von der “Autonomiephase”, weil die Kinder lernen, Dinge allein zu bewerkstelligen und allein erledigen wollen. Und auch in Bezug auf ihre Gefühlswelt begeben sie sich auf den Weg, die Selbstregulation nach und nach auszuprobieren und von uns erlernte Muster anzuwenden.

Dennoch trifft auch das Wort “Autonomiephase” nicht ganz den Punkt dieser Zeit. Denn das Selbermachen und die Selbstwirksamkeit sind nicht auf eine Phase beschränkt, sondern in der gesamten Entwicklung eines Menschen wichtig, von Anfang an. Und auch der Begriff der Autonomie birgt manches Mal den Gedanken, Kinder wären dabei ausschließlich auf ihr eigenes Vorankommen fokussiert und wären vielleicht doch die egoistischen kleinen Tyrannen, als die sie von manchen Menschen bezeichnet werden. Es geht aber um mehr als nur Eigenständigkeit, es geht auch um Zugehörigkeit und die bedingungslose Schutzfunktion von Bindung.

Lernen, um in der Gesellschaft zurecht zu kommen

Das streben danach, eigene Fertigkeiten auszubauen ist sicherlich damit verwoben, selbständig zu werden und für sich sorgen zu können. Dabei sind und werden Kinder aber keine kleinen Eigenbrödler, sondern sind sowohl jetzt als auch zukünftig im gesellschaftlichen Kontext zu sehen. Sie lernen nicht nur für sich, sondern auch für ihr Zusammenleben mit anderen: mit ihrer Familie, in ihrem weiteren sozialen Netz, in unserer Gesellschaft. Sie lernen, ihre Kooperationsfähigkeiten weiter auszubauen und eigene Aufgaben zu übernehmen, um in ihrem sozialen Umfeld Teil zu haben und zu unterstützen.

Wir sehen es jeden Tag an unseren Kindern, dass sie helfen und unterstützen wollen, auch wenn wir Erwachsene diese Hilfe nicht als solche anerkennen, weil sie noch in den Kinderschuhen steckt: Das Kind, das beim Zubereiten des Essens helfen möchte und etwas klein schneiden oder umrühren möchte. Das Kind, das die Cornflakestüte in die Aufbewahrungstüte umkippen möchte und dabei die Hälfte daneben gehen lässt, weil die Auge-Hand-Koordination und Feinmotorik doch noch nicht ausreichend ausgebildet ist. Es gibt jeden Tag viele Tätigkeiten unserer Kinder, die uns zeigen, dass sie eigentlich auf dem Weg sind, Unterstützung zu lernen.

Konflikte im Miteinander: Auch das ist Lernen

In einer Gesellschaft sind unsere Kinder einerseits mit ihren Handlungen und Tätigkeiten Teil einer Gruppe, aber auch mit ihrem Wesen. Auch das Zugehörigkeitsgefühl bildet sich nach und nach aus und es ist für Kinder wichtig, Teil einer Gruppe zu sein und sich als solchen Teil auch zu empfinden. Und im Gegenteil: Der Ausschluss ist für Kinder nicht nur emotional schmerzhaft, sondern wird teilweise sogar als richtiges Schmerzgefühl erlebt und lässt Kinder weinen. Auch hier lernen also Kinder im sozialen Miteinander: Was ist in einer Gruppe okay, was nicht? Wie bewege ich mich in einer Gruppe, welche Werte werden transportiert? Und auch: Was ist in unterschiedlichen Gruppen verschieden? Warum ist es für andere Kinder in Ordnung, wenn ich sie “Pupsnase” nenne, aber Erwachsene reagieren anders darauf? Kleinkinder lernen auch soziales Miteinander, um sich in einer Gruppe zurecht zu finden, um Teil davon zu sein.

Der amerikanische Autor Alfie Kohn* schreibt “Manchmal wird die Annahme, Kinder wollten uns testen, sogar als Begründung angeführt, sie zu bestrafen. Mein Verdacht ist jedoch, dass Kinder durch ihr Fehlverhalten vielleicht etwas völlig anderes testen wollen – nämlich die Bedingungslosigkeit unserer Liebe. Vielleicht verhalten sie sich auf unannehmbare Weise, um herauszufinden, ob wir sie dann nicht mehr annehmen.” Beziehen wir dies auf die manchmal schwierigen Situationen mit Kleinkindern, sehen wir: Kinder brauchen das Gefühl, dazu zu gehören. Gerade kleine Kinder sind noch auf den Schutz, den das Bindungssystem verspricht, angewiesen und wollen uns nicht erzürnen oder verärgern, sondern Teil sein und sich sicher sein, dass sie geschützt und versorgt werden.

Zeigen sie ein Verhalten, das uns denken lässt, sie würden uns provozieren, können wir auch hier überlegen: Was steckt eigentlich dahinter? Welches Beziehungsthema hat mein Kind gerade? Die Antwort auf eine scheinbare Provokation ist deswegen die Bestätigung, dass das Kind auch weiterhin geliebt wird. Natürlich können wir dennoch signalisieren, dass dieses Verhalten für das Zusammensein nicht gut ist.

Ein Beispiel hierfür: Scheinbar wahllos wirft das Kind die Sachen aus dem Regal auf den Boden. Wir fragen uns: Was soll daran sinnvoll sein? Hier lernt das Kind keine Fertigkeiten. Vielleicht aber ist es auf der Suche nach einem Beziehungsangebot: Vielleicht fühlt es sich nicht gesehen, nicht verstanden, ist ihm langweilig. Wir könnten klassischerweise reagieren mit einem “Lass das, hör sofort auf.” Das Kind hört vielleicht auf, weil es Angst hat. Das ursprüngliche Thema des Kindes wird allerdings nicht beachtet, mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es ein ähnliches oder anderes, für uns störendes Verhalten bald wieder zeigen. Was wir alternativ sagen können: “Jetzt hast du alle Sachen runtergeworfen. Mich ärgert das, weil die Sachen wieder aufgeräumt werden müssen und ich habe Angst, dass etwas kaputt geht, wenn du die Sachen runter wirfst. Warum hast du das gemacht? Bist du sauer?” Wir erklären, wie es uns geht, warum die Situation für uns nicht in Ordnung ist und was das für uns bedeutet und gleichzeitig zeigen wir dem Kind mit unserer Frage, dass es wichtig ist und wir uns um die Hintergründe des Kindes kümmern. Wir können vermitteln: Das, was gerade gemacht wurde, ist nicht okay, aber das ändert nichts daran, dass ich dich lieb habe. Kinder lernen nicht daraus “richtiges” Verhalten in einer Gesellschaft zu zeigen, weil sie sonst Liebesentzug erwarten, sondern sie lernen das passende soziale Verhalten durch Vorbildverhalten von uns Erwachsenen und dem Bedürfnis nach Teilhabe und Kooperation, das aus ihnen selbst schon entspringt.

Probier es aus: Sieh die Beweggründe des Handelns

Wir können unseren Alltag mit Kleinkindern erleichtern, wenn wir die wahren Beweggründe ihres Handelns erkunden und in unseren Handlungen berücksichtigen. Wenn das Kind also etwas tut, das uns stört, das uns verärgert, das uns mehr Arbeit bringt, können wir uns fragen: Macht es das gerade, um etwas zu lernen? Möchte es gerade eine Fertigkeit ausbauen, lernt es gerade fein- oder grobmotorisch? Lernt es gerade Sozialverhalten und gleicht sich mit anderen ab? Und wenn wir keine Antwort finden, können wir uns noch fragen: Steckt hinter dem Verhalten des Kindes eigentlich eine Beziehungsfrage, eine Beziehungsaufforderung, möchte das Kind gesehen werden und braucht es gerade eine Versicherung, das wir es lieben und weiterhin schützen und versorgen?

Es macht den Alltag leichter, wenn wir von unseren Kindern nichts Böses denken, wenn wir nicht denken, dass sie uns ärgern/manipulieren/herausfordern wollen. Sondern wenn wir denken, dass die Menschen sind, die gerade lernen, sich in die Welt hinein bewegen und all das, was sie tun, deswegen machen, weil sie dazugehören wollen. Und dieser Gedanke kann ein wunderbar hilfreicher Leitstern sein für schwierige und weniger schwierige Tage.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Weiterführende Literatur**:
*Kohn, Alfie (2015): Liebe und Eigenständigkeit. Die Kunst bedingungsloser Elternschaft, jenseits von Belohnung und Bestrafung. Freiburg: Arbor.
Mierau, Susanne (2017): Ich! Will! Aber! Nicht! Die Trotzphase verstehen und gelassen meistern. München: Kösel.
Mierau, Susanne (2017): Geborgene Kindheit. Kinder vertrauensvoll und entspannt begleiten. München: Kösel.

** Die Literatursammlung enthält Affiliate-Links zu Amazon, durch die Geborgen Wachsen im Falle einer Bestellung eine Provision erhält ohne dass für dich Mehrkosten anfallen. Die vorgeschlagenen Bücher haben wir selbst gekauft, geschrieben oder es waren Rezensionsexemplare.

Wenn Geschwister streiten – Teil 3: Wann muss ich eingreifen?

Geschwister zu haben, kann wunderbar sein: Da ist dieser andere Mensch, dieses andere Kind in der Familie und Geschwister können sich so unglaublich nahe sein, miteinander durch das Leben gehen und sich gegenseitig stützen, vertrauen und helfen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Streit – manchmal mehr, manchmal weniger. Das Alter der Kinder, die Geburtenfolge, die allgemeine Bedürfnisberücksichtigung, das Temperament – sie alle nehmen Einfluss auf die Streitereien zwischen Geschwisterkindern. Dabei ist es wichtig, dass wir den Streit nicht per se als negativ betrachten, sondern auch als Ressource für das Lernen sozialer Fähigkeiten. Dennoch stellen sich viele Eltern bei Streitigkeiten zwischen ihren Kindern die Frage: Wann soll ich nun eingreifen und soll ich das überhaupt?

Kein prophylaktisches Eingreifen

In den Streit zwischen Kindern einzugreifen, kann durchaus sinnvoll sein, wenn die Kinder keine gemeinsame Lösung finden, sich nicht beruhigen können oder sich der Streit in eine größere handgreiflichen Auseinandersetzung entwickelt. Allerdings muss nicht in jeden Streit prophylaktisch eingegriffen werden: Manchmal finden Kinder von sich aus bei einem Streit eine kreative Lösung. Sind die Bezugspersonen in der Nähe und verfolgen das Streitgeschehen von Anfang an, ist ein nicht-teilnehmendes, nicht-fokussiertes Beobachten zunächst sinnvoll. Das mag vielen Eltern schwer fallen, wenn sie es gewohnt sind, eher zu ermahnen, selbst alles zu regeln und Kinder weniger als kompetent und lösungsorientiert zu betrachten. Aber wir können uns von der eigenen Zurückhaltung auch überraschen lassen: Merken wir, dass sich der Streit vielleicht in eine für die Kinder allein zu händelnde Situation entwickelt, können wir sogar bewusst den Raum verlassen und den Kindern signalisieren: Ihr seid kompetent genug, um das allein zu bewältigen. Wichtig dabei ist aber, dass der Streit wirklich ausgewogen beigelegt wird und nicht ein Kind aufgrund von Stärke gewinnt und ein Kind (immer wieder) unterliegt und nachgibt.

Keine Schuld geben, sondern offenes Begleiten

Entwickelt sich der Streit in eine Richtung, bei der wir annehmen, dass die Kinder ihn nicht alleine beilegen können, können wir eine Begleitung – aber keine Lösung (!) anbieten:

  • Auch wenn wir versucht sind, unsere ganz persönliche Meinung einzubringen (“Immer streitet Ihr Euch um dieses eine Spielzeug!”, “Das ist total doof, dass ihr Euch streitet, teilt die Knete doch einfach!”), ist das in der Streitsituation zwischen Kindern nicht hilfreich. Hilfreicher ist es zunächst, beide Seiten ihre Sicht darlegen zu lassen und dabei zu erklären, dass wir gegenseitig uns aussprechen lassen und jede Seite ausreichend Gehör bekommt.
  • Im nächste Schritt können die Gefühle beider Personen noch einmal beschrieben werden: “Du bist sauer, weil sie dir dein Spielzeug weggenommen hast und du bist sauer, weil du damit so schön gespielt hast.” Beide Kinder haben Gefühle, beide sind gerade angespannt und fühlen sich beeinträchtigt. Unsere erwachsene Annahme darüber, welcher von beiden eher ein Recht hat, traurig/sauer/wütend/enttäuscht… zu sein, ist nicht relevant für die Situation, weil jedes Kind in der eigenen Emotion gesehen werden möchte und diese gerade auslebt. Es ist wichtig, dass wir jedem Kind die Möglichkeit zugestehen für eigene Gefühle und anerkennen, dass die Konfliktsituation beide Kinder auf unterschiedliche Weise beeinträchtigt.
  • Fühlen sich die Kinder in ihren Emotionen gesehen, können wir das Problem noch einmal sachlich in Worte fassen. Manchmal reichen die Schritte bis zu diesem Punkt bereits aus, dass die Kinder eine eigene Lösung finden.
  • Haben die Kinder noch keine Lösungsidee, können wir sie darum bitten, ihre eigenen Ideen einzubringen und mögliche Lösungen zu sammeln.
  • Wurde von den Kindern eine Lösung gefunden, die für beide passt, kann noch einmal nachgefragt werden, wie es beiden nun mit dieser Lösung geht: “Wie fühlst du dich damit jetzt? Ist das in Ordnung?”

Reflektieren als Eltern

Streitsituationen zwischen Geschwistern sind anstrengend. Es lohnt sich aber nicht nur bei den Kindern genau hinzusehen und zu ergründen, wann es zu Konflikten kommt, ob bestimmte Themen besonders zu Problemen führen und ob vielleicht auch etwas anderes dahinter steckt als das scheinbar aktuelle Streitthema. Es lohnt sich auch, unsere eigenen Gefühle in Streitsituationen zu reflektieren: Warum fällt es mir schwer, wenn meine Kinder streiten? Fühle ich mich als schlechtes Elternteil, wenn meine Kinder streiten? Habe ich das Gefühl, in der Erziehung versagt zu haben, weil sie das tun? Welche Gefühle werden bei mir ausgelöst durch welche Streitsituationen und womit steht dieses Gefühl in Verbindung?

Dass Kinder sich streiten, ist normal. Wir begleiten sie auf dem Weg, gut mit Streitsituationen umgehen zu können und kompetente Lösungen zu finden.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Ich möchte es gern anders machen…

Viele Eltern haben in ihrer Kindheit Erfahrungen gemacht, die sie heute nicht an die eigenen Kinder weiter geben wollen. Und obwohl dieser Gedanke fest in ihnen verankert ist, fällt es ihnen oft gar nicht so einfach, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Dies kann dann als besonders quälend erfahren werden: Ich will es doch eigentlich anders machen, aber warum nur gelingt es mir nicht?

Der Gedanke ist schon der erste Schritt

Bindung ist in erster Linie ein Schutzsystem für das Kind: Das feinfühlige Zuwenden und Umsorgen der Bedürfnisse des Kindes dient der gesunden Entwicklung und dem Überleben. Es ist in uns Menschen verankert, dass wir uns um unsere Kinder kümmern. Durch eigene Erfahrungen kann aber die Ausgestaltung des Kümmerns beeinflusst werden: Werden Bedürfnisse von Kindern nicht feinfühlig wahrgenommen, richtig interpretiert und letztlich passend beantwortet, lernt das Kind durch diese Behandlung etwas in Bezug auf die Beziehung, den eigenen Selbstwert und über sich. Wenn ein Kind immer wieder die Erfahrung macht, dass die Bedürfnisse in dieser eigentlich nicht gewünschten Weise beantwortet werden, verinnerlicht es diese Handlungen und Verhaltensweisen. Ist es später selber Elternteil, fällt es diesem ehemaligen Kind oft schwer, genau diese Bedürfnisse, die bei sich selbst nicht gesehen/nicht erfüllt wurden, beim eigenen Kind angemessen umzusetzen. Wir reagieren scheinbar reflexhaft auf das kindliche Verhalten mit dem erlernten Muster.

Eltern, die nun aber bewusst wahrnehmen: “Ich will das eigentlich gar nicht!” haben den ersten Schritt für eine Änderung bereits gemacht: Sie reflektieren den eigenen Alltag mit Kind und nehmen wahr, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen dem, was sie tun und dem, was sie eigentlich wollen bzw. was sich das Kind eigentlich wünscht. Dieses Erkennen des Unterschieds ist ein erster Schritt auf einem Weg, der für viele Eltern nicht einfach ist.

Erkennen allein reicht aber noch nicht

Selbst wenn Eltern sich vornehmen, das eigene Kind anders zu behandeln und nicht so viel zu schreien, das Kind nicht zu schlagen, ihm nicht zu drohen oder es mit Liebesentzug zu bestrafen, kann dieses Vorhaben dennoch schwer fallen. Erschrocken stellen wir fest, dass Wörter aus unserem Mund kommen, die sich doch nach den eigenen Eltern anhören. Gerade in stressigen oder emotional aufgeladenen Situationen, im Streit mit dem Kind oder scheinbaren Notsituationen können Eltern in die Situation kommen, nicht dem gerade Erlebtem umgehen zu können und von den eigenen Gefühlen von Zurückweisung, Beschämung, Bedrohung überflutet zu werden, die durch das entsprechend erlernte Verhalten abgestellt werden sollen.

Das, was wir erleben, hinterlässt Spuren in den Nervenverbindungen unseres Gehirns. Nicht nur in der Kindheit entstehen synaptische Verschaltungen, sindern unser ganzes Leben lang. Nerven verbinden sich durch die Erfahrungen, die wir machen, und diese Verbindungen prägen unser Denken und Handeln.

S. Mierau (2019): Mutter.Sein S.80

Schritte neben dem Wunsch, es anders zu machen

Neben dem Wunsch, es anders machen zu wollen, ist es deswegen wichtig, sich bewusst mit der eigenen Kindheit auseinander zu setzen: Wie wurden welche Bedürfnisse beantwortet und wurden sie es überhaupt zuverlässig? Woran hat es gemangelt? Daneben sind es oft konkrete Situationen, die Eltern immer wieder besonders schwer fallen und sie können sich fragen: Welche Gefühle wehre ich ab? Welche Situationen überfordern mich heute immer wieder? Gibt es verbindende Elemente? Diesen Fragen auf den Grund zu gehen, ist manchmal nicht einfach und es kann sein, dass dafür therapeutische Hilfe notwendig ist.

Wichtig ist dann, diese Situationen im Alltag nach Möglichkeit vorher zu erkennen (beispielsweise “Gleich wird es wieder schwierig, wenn mein Kind anfängt wütend zu sein.”) und dann entweder konkret die Hilfe einer anderen Person einzufordern (anderer Elternteil: “Kannst Du das übernehmen?”) oder sich bewusst zu machen, dass wir in dieser für uns schwierigen Situation sind, aber dieses Geschehen im Hier und Jetzt stattfindet und nicht in der Vergangenheit und eigenen Kindheit. Vielen Eltern hilft es, wenn sie sich erst selbst beruhigen durch zählen, atmen, bewusste Körperwahrnehmung, bevor sie mit dem Kind reden in einer Wutsituation. Sind sie ruhiger, fällt es ihnen auch wieder leichter, bewusst die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen, zu interpretieren und zu beantworten. Mit der Zeit können sich so neue Handlungsmuster einprägen und es wird leichter, mit schwierigen Situationen umzugehen.

Dieser Weg mag nicht immer einfach sein. Tatsächlich ist aber schon ein riesiger und wunderbarer Schritt damit getan, sich sicher zu sein, es anders machen zu wollen.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Weiterführende Literatur*:
Becker-Stoll, Fabienne/Beckh, Kathrin/Berkie, Julia (2018): Bindung. Eine sichere Basis fürs Leben. – München: Kösel.
Hüther, Gerald (2015): Die Macht der inneren Bilder. Wie Visionen das Gehirn, den Menschen und die Welt verändern. – 9. Aufl. Goettingen: vandenhoeck & Ruprecht.
Mierau, Susanne (2019): Mutter.Sein. Von der Last eines Ideals und dem Glück des eigenen Wegs. – 2. Aufl. Weinheim: Beltz.
Müller-Münch, Ingrid (2016): Die geprügelte Generation. Kochlöffel, Rohrstock und die Folgen. – 5. Aufl. München: Piper.

Die Literatursammlung enthält Affiliate-Links zu Amazon, durch die Geborgen Wachsen im Falle einer Bestellung eine Provision erhält ohne dass für dich Mehrkosten anfallen. Die vorgeschlagenen Bücher haben wir selbst gekauft, geschrieben oder es waren Rezensionsexemplare.

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Wenn die Geburt als traumatisch erlebt wurde…

Wie geht man damit um, wenn „das schönste Ereignis“, die Geburt des Kindes, doch nicht als solches erlebt wird, wenn sich die ganzen Erwartungen nicht erfüllen und die Geburt stattdessen als so schlimm erlebt wird, dass eine psychische Erkrankung die Folge ist?

Posttraumatische Belastungsstörung in Folge einer Geburt

Es geht um die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), eine psychische Erkrankung, die nach einem als traumatisch erlebten Ereignis auftreten kann. Zum Beispiel nach einem Überfall, einem Autounfall – oder eben auch nach einer Geburt. Jede PTBS braucht einen Auslöser, aber nicht jede Situation löst immer ein Trauma aus. Wichtig ist die subjektive Bewertung der Situation. Das heißt, dass manche Frauen die Geburt ihres Kindes als subjektiv traumatisierend erleben, obwohl es keine besonderen Schwierigkeiten oder ein katastrophales Ereignis gab in den Augen anderer.

Anders herum dasselbe: Nicht jede Frau mit „schlimmer“ Entbindung bewertet diese subjektiv als traumatisierend. Außenstehende haben nicht das Recht, eine Bewertung oder Einschätzung vorzunehmen. Trotzdem spielen natürlich die Umstände während der Geburt eine wichtige Rolle: Erlebte Gewalt, Gefühle wie Ausgeliefertsein, Hilflosigkeit, Verletzung von Schamgefühlen oder Wahrnehmen der Geburtshelfer als unsensibel steigern die Wahrscheinlichkeit, die Geburt subjektiv als traumatisierend zu erleben. Wichtig ist, dass es hier kein richtig oder falsch gibt. Was zählt, ist allein die subjektive Wahrnehmung.

… ein Tabuthema

Genau das macht den Umgang mit  PTBS jedoch auch so schwierig, da Betroffene sich oft nicht trauen über ihre Erfahrungen zu reden. Das sollte sich dringend ändern denn die Forschung zeigt, dass es viele betroffene Gebärende gibt. Laut meiner letzten Studie sind 7.93% aller Mütter betroffen, unter den Müttern mit Notfall-Kaiserschnitt sind es sogar 29.29%. Das ist fast jede Dritte. Die Differenz zwischen der Anzahl der betroffenen Frauen und dem Umstand, wie häufig darüber gesprochen wird, ist groß.  Glücklicherweise gibt es immer mehr Berichte in Zeitungen und auch Vereine wie motherhood e.V., die über die Situation rund um die Geburtshilfe aufklären, aber dennoch werden viele persönliche Berichte von betroffenen Frauen verschwiegen.

Anzeichen einer Posttraumatischen Belastungsstörung

Viele Mütter berichten von wiederkehrenden, unkontrollierten und unerwünschten Erinnerungen an die Geburt, von schlechten Träumen von der Geburt und/oder von einem Gefühl, dass man die Geburt erneut durchlebt. Zusätzlich wird das oft von Traurigkeit, Anspannung und Angst begleitet, sodass Betroffene versuchen zu vermeiden, an die Geburt zu denken.

Allgemeinere Symptome sind häufig ein negatives Selbstwertgefühl, das Gefühl sich von anderen Menschen entfernt zu haben, keine positiven Emotionen mehr zu empfinden und sich gereizt/aggressiv zu fühlen. Die Betroffenen spüren meistens einen hohen Leidensdruck, fühlen sich als schlechte Mutter. Schuld und Scham spielen häufig eine große Rolle.  

Sollte man sich so oder ähnlich fühlen, wird Hilfe benötigt. Im ersten Schritt kann es schon helfen über die Erfahrungen zu sprechen. Wenn die Symptome anhalten, ist es ratsam, sich an professionelle Hilfe zu wenden, z.B. sich an die Gynäkologin/den Gynäkologen wenden, Hebamme, Familienpfleger*in oder Hausärztin/Hausarzt. Zusätzlich gibt es Beratungsstellen, die spezielle Unterstützung anbieten. Auch wer nicht selbst betroffen ist, aber eine Mutter kennt, die unter ähnlichen Symptomen leidet, sollte einfühlsam vorbringen, ob vielleicht eine zusätzliche Beratung oder therapeutische Begleitung hilfreich wäre.

Weitere Forschung ist notwendig

Trotz der relativ hohen Anzahl an betroffenen Frauen gibt es in diesem Bereich bis jetzt kaum Forschung. Ich bin selber Mutter und Psychologin und versuche das zu ändern. Für meine aktuelle Online-Studie untersuche ich das psychische Wohlbefinden von Müttern nach der Geburt und mögliche Einflussfaktoren.  Wir suchen noch Schwangere und Mütter (bestenfalls liegt die Geburt nicht mehr als 12 Monate zurück) die bereit wären, an unserer Online-Studie teilzunehmen. Damit sich etwas verändert und mehr für die Betroffenen getan werden kann, braucht es mehr Forschung zu den Risikofaktoren. Mit deiner Teilnahme würdest du einen wichtigen Beitrag leisten, wir sind für jede Teilnahme dankbar.

Anlaufstellen nach traumatisch erlebten Geburten

Solltest du akut unter psychischen Beschwerden leiden und/oder Gedanken haben, dich selbst und/oder dein Kind zu verletzen oder das Gefühl haben, dein Wohlbefinden hat sich seit der Entbindung verschlechtert und/oder du fühlst dich im Alltag beeinträchtigt, dann empfehlen ich dir, Hilfe aufzusuchen. Sprich dazu deine Hebamme/Geburtshelfer, deinen Gynäkologen, oder deinen Haus- oder KinderärztIn an. Alternativ kannst du  dich auch anonym und kostenlos an die Telefonseelsorge wenden (0800/111 0 111) oder an den Verein Schatten & Licht e.V., der ein bundesweites Beratungs- und Selbsthilfegruppen-Netzwerk hat, an das sich Betroffene wenden können. Die Überweisung an einen Psychotherapeuten bekommst du von Hausarzt/Hausärztin oder Gynäkologin/Gynäkologen. Psychotherapeuten in deiner Nähe kannst du z.B. über die Seiten Deutschepsychotherapeutenvereinigung.depsych-info.detherapie.de oder psychotherapeutensuche.de finde. Die Wartezeiten sind oft lang, für akute Fälle lohnt es sich deswegen es über die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung  (gibt es online für jedes Bundesland) zu versuchen oder zu psychotherapeutischen Hochschulambulanzen in deiner Stadt zu gehen.

Lea Beck-Hiestermann ist Psychologin und Psychotherapeutin in Ausbildung (Tiefenpsychologie). Sie forscht an der Psychologischen Hochschule Berlin zu postpartalen psychischen Störungen. Mehr von Lea gibt es hier auf Instagram.

Spielkästen und Spielwelten für Kinder anbieten

Gerade ist es nass-kalt und das Wetter lädt wenig dazu ein, Zeit draußen zu verbringen. Auch wenn es gut ist, jeden Tag ein wenig hinaus zu gehen, ist in vielen Familien der Schwerpunkt der gemeinsamen Zeit aktuell zu Hause zu finden. Manchmal schleicht sich dann hier oder da Langeweile ein oder die Anreize für das vertiefte Spiel gehen aus, wenn das Kind nicht aktuellen Entwicklungsbedürfnissen für Grob- und Feinmotorik nachkommen kann.

Eine immer wieder schöne Idee für Kinder sind vorbereitete Spieltabletts oder -kisten. Mit ihnen können sich viele Kinder intensiv über einen längeren Zeitraum beschäftigen. Oft kommen sie in einen Flow-Zustand beim Umfüllen, Schütten, Rühren, Harken.

Wie ein solches Tablett oder Kiste gestaltet sein kann, ist ganz verschieden: Es kann ein Wald gebaut werden oder eine kleine Murmelstrecke aufgebaut werden. Mit Linsen, Couscous oder Reis kann die Landschaft weiter gestaltet werden. Oder es wird von vorn herein ein Tablett angeboten, bei dem der Schwerpunkt mit Trichtern und Kellen und Löffeln auf dem Umverteilen liegt.

Bei der Vorbereitung eines Spieltabletts oder einer Kiste können wir uns fragen: Womit beschäftigt sich mein Kind gerade gerne? Was sind die Schwerpunkte seiner aktuellen Entwicklung? Mit welchen Kleinteilen kann es gefahrlos spielen? Füllt es gerne um? Baut es gerne? Auch eine Kiste mit Hirse oder Kinetischem Sand und Bagger kann eine schöne Idee sein. Oder eine Kiste mit ungekochten Spirelli-Nudeln und Kindertöpfen und Besteck.

Natürlich geht bei diesen Spielen auch etwas daneben. Das kann anschließend aufgekehrt und wieder verwendet werden für das nächste Tablett. Übrigens sind auch Schüssel mit hartem, gefärbten Reis eine schöne Spielidee wie hier oder selbst hergestellter kinetischer Sand aus Mehl und Öl wie hier. Wer keine Lebensmittel verwenden möchte zum Umfüllen, kann auch ein Tablett mit Knöpfen anbieten.

Als Unterlage/Gefäß für das Spiel bieten sich kleine Kisten, Tabletts oder auch eine alte Holzschublade aus einer Kommode an.

Der Fantasie für Spieltabletts und -kisten sind keine Grenzen gesetzt.
Probiert es doch einmal aus.
Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de