Es gibt Spielmaterialien, die nicht aus der Mode kommen. Das sind häufig solche, die zeitlos gestaltet sind und den Kindern Raum geben für ihr Spiel und einen kreativen Umgang ermöglichen. Materialien, mit denen Kinder über einen längeren Altersabstand hinaus spielen können, weil sie zu unterschiedlichen Spiel- und Lernerfahrungen einladen je nach aktuellem Entwicklungsstand. Viele Spielsachen, gerade für das Rollenspiel, finden sich in unserem Alltag und sind in Wirklichkeit kein Spielzeug, aber für unsere Kinder „Zeug zum Spielen“: Schüsseln und Dosen, Kochlöffel und Töpfe, Handfeger und Kehrbleche, Tücher und Decken für Höhlen, als Tragetücher oder Verkleidung. Unser Alltag ist voll an Dingen, die Kinder gerne zum Spielen nutzen. Daneben gibt es spezielle Spielmaterialien für Kinder, aber auch hier ist es von Vorteil, wenn dieses die Fantasie der Kinder beflügelt.
Fantasie im Spiel
Spielmaterialien können das Spiel einschränken, wenn sie sehr detailliert gestaltet sind und versuchen, Dinge unseres Alltags besonders genau abzubilden. Wenn wir einen Kaufmannsladen für Kinder beispielsweise gestalten, können wir als Spielmaterial darin Zutaten erwerben, die kleine Abbildungen dessen sind, was in unseren eigenen Regalen steht. Alternativ können wir ihn aber auch mit Dingen ausstatten, die die Kreativität herausfordern: Während ein kleines Plastikbrötchen eben ein Plastikbrötchen ist und bleibt, kann eine Kastanie ein Brötchen sein, eine Kartoffel, ein Apfel, ein Zahlungsmittel usw. Die Vorstellungskraft der Kinder wird angeregt durch den Freiraum, den weniger detaillierte Spielsachen bieten. Zudem ermöglicht die Vielfalt der Verwendung gleichzeitig auch eine Reduzierung an Materialien: Kinder brauchen nicht extrem viele unterschiedliche Spielzeuge, sondern es reicht aus, wenn sie mit einigen Spielsachen all ihren Entwicklungsbedürfnissen nachkommen können.
Auch im Spiel mit Bausteinen können wir der Kreativität begegnen: Kinder können je nach Alter und motorischer Entwicklung mit ein und dem selben Spielmaterial ganz unterschiedlich umgehen: Werden Bausteine anfangs nur aufeinander gestapelt und erfreut sich das Kind daran, sie dann umzustoßen, werden die Bauwerke mit zunehmenden Alter kreativer gestaltet und es wird oft darauf geachtet, sie möglichst nicht zu zerstören. Das Alter und der Entwicklungsstand beeinflussen den Umgang mit dem Material.
KAPLA Bausteine
Ein Klassiker der Holzbausteine sind die schmalen, länglichen KAPLA Bausteine: Das Konstruktionsspielzeug besteht aus Quadern aus Pinienholz, die als fortlaufende Proportionen gestaltet sind. Obwohl es Ideenhefte zur Anregung gibt, gibt es keine direkten Anleitungen zum Aufbau und der Fantasie der Kinder sind keine Grenzen gesetzt: Sie werden im Kaufmannsladen ebenso verwendet wie zum Bauen von hohen Türmen oder Häusern.
Just Blocks*
Ohne Chemie werden aus Buchenholz die Bauelemente von Just Blocks hergestellt. Vier verschiedene Arten von Holzbauelementen sieht das Prinzip von Just Blocks vor: Die Hauptbauteile, große Plättchen, kleinere Plättchen und Phäle. Daraus lassen sich sehr kreative und stabile Wohnlandschaften bauen. Besonders die Holzplatten können gut genutzt werden, um Etagen zu bauen oder Balkone an Häusern zu bauen. Durch die stabilen Hauptbauteile haben die Bauwerke auch eine gewisse Stabilität und Beständigkeit, die bei kleineren Bausteinen manchmal fehlt. Größere Kinder können mit den Platten auch ein Labyrinth aufbauen oder eine Murmelbahn, wodurch die Bausteine ein breites Altersspektrum bedienen können.
Holzbauklötze mit Rinde
Holzbauklötze mit Rinde können aus Holzresten selbst hergestellt werden, alternativ gibt es sie beispielsweise auch von Grimms. Anders als bei den herkömmlichen Bausteinen sind diese Steine unterschiedlich in Form und Größe und durch die Rinde und unterschiedliche Form schwerer zu stapeln, lassen dafür aber der Fantasie viel Raum und können beispielsweise auch im Kaufmannsladen einen guten Einsatz finden.
Way to Play*
Keine Holzbausteine, aber ein schöner Zusatz für das Spiel mit Bausteinen sind die Straßen aus PVC von Way to Play. Sie sind als Stecksystem im Kinderzimmer, Garten und auf dem Spielplatz verlegbar und bilden so zwischen den Bauwerken befahrbare Straßen. Werden sie im Sand draußen eingesetzt, können sie danach einfach mit Wasser wieder abgespült werden und sind so besonders vielfältig einsetzbar und halten auch starke Beanspruchung lange aus. Die Ergänzungssets ermöglichen es, lange Straßen damit zu bilden oder auch Parkplätze und Rennstrecken aufzubauen.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Kinder kreativ bauen und spielen können, diese sind nur eine kleine Auswahl davon. Natürlich gibt es auch diverse tolle Spielzeuge aus Plastik und gerade LEGO ermöglicht auch eine Vielfalt an Spielwelten und -Möglichkeiten bis hin zum Einsatz als Lernmittel. Mit Fantasie, Zeit und Kreativität können Kinder in ihre eigenen Spielwelten abtauchen und im Flow spielen. Geben wir ihnen hierfür den Raum auf die ein oder andere Weise.
* Die Bausteine von Just Blocks und die Straßen von Way to Play wurden als Sample der Redaktion zur Verfügung gestellt.
Patricia Cammarata ist Diplom-Psychologin, Autorin und Medien-Expertin: Sie arbeitet mit dem Elternratgeber „Schau hin!“ zusammen und erstellt Beiträge für die Initiative und hat im letzten Jahr deutschlandweit Vorträge im Rahmen der Blogfamiliär gehalten rund um das Thema „Kinder/Jugendliche und Medien“. Zudem spricht sie im erfolgreichen Podcast #nur30minuten mit dem Moderator, Podcaster und Medienexperten Marcus Richter über Kinder und digitale Medien. In ihrem neuen Buch „Dreißig Minuten, dann ist aber Schluss!“ klärt Patricia Cammarata auf, warum Medien unsere Kinder nicht „dement“ machen, sondern in ihnen viel Potential liegt – und wie wir Eltern unsere Kinder auf dem Abenteuer Medien richtig begleiten, denn „Das Smartphone in der Hand des Kindes ist das Abenteuer, und zwar ein großes, nicht endendes, geselliges und facettenreiches Abenteuer“.Im Gespräch mit Susanne Mierau beleuchtet sie die aktuelle Situation im Homeschooling/Kitafrei und gibt Eltern Tipps (und Entlastung) für diese Zeit.
Liebe Patricia, wir sprechen so oft davon, ob Medien nun gut oder schlecht sind für Kinder und wie wir mit ihnen umgehen sollen. Aber eine wichtige Frage stellt sich vorab: Was sind eigentlich Medien?
In der Diskussion, die um Medien stattfindet, werden eigentlich die Medien gemeint, die mit Strom laufen: Hörspiele, Fernsehen gehören dazu, aber diese werden oft weniger thematisiert in der Diskussion. Bei den Medien, vor denen Eltern die meiste Angst haben, geht es aber besonders um all die Medien, die mit dem Internet in Verbindung stehen.
Häufig fragen Eltern nach konkreten Empfehlungen zur Mediennutzung. In Deinem Buch gibst Du unter anderem konkrete Empfehlungen nach Altersangaben wie zum Beispiel (ab S.67) „Kleinkinder sind oft auch mit anderen Dingen als (YouTube)-Videos zufriedenzustellen. Das gilt insbesondere für Kinder, die keine älteren Geschwister haben, und für Kinder, deren Eltern in ihrer Gegenwart kaum Videos schauen. […] Wenn es aber nicht anders geht – und Situationen gibt es genug, ich denke da zum Beispiel an den Fall, dass ein alleinerziehender Elternteil krank ist oder man ein kränkelndes Kind hat und unbedingt geschäftlich telefonieren muss -, solltet ihr den Kindern Inhalte vorsetzen, die ihr kennt und gut kontrollieren könnt (Film auf DVD z.B.). Ansonsten gilt: Kleinkinder beim Videoschauen begleiten.“ – Diese Situation trifft nun auf viele Familien im Homeoffice zu. Was bedeutet es, Kleinkinder zu begleiten?
Begleiten ist das Ideal: Kleinkinder sollten die digitalen Inhalte nicht allein konsumieren, sondern dabei begleitet werden. Zumindest sollten wir daneben sitzen, um eingreifen zu können, zu stoppen, etwas auf das Kind zu achten, denn das Kleinkind nimmt Inhalte noch anders wahr als wir Erwachsenen. Was für uns harmlos ist, kann ein 3jähriges Kind verschrecken. Deswegen ist es gut, nah zu sein und die Reaktionen wahrnehmen zu können. In der Praxis ist das natürlich nicht immer möglich, daher empfehle ich einen kontrollierbaren Rahmen für den Medieninhalt wie DVDs oder Streamingdienste. Zudem sollte der Rahmen mit dem Kind vorher besprochen werden, damit es einen Erwartungshorizont hat.
Wichtig ist auch, das Ende mit dem Kind vorab schon zu besprechen: „Willst du das abschalten danach oder soll ich das machen?“ Das Kind soll langfristig Selbstkontrolle entwickeln und das wird im Kleinkindalter eingeübt. Das funktioniert natürlich dann noch nicht immer, aber es ist ein Lernprozess wie viele andere und braucht Zeit. Nicht-funktionieren ist kein Scheitern, sondern ein Schritt auf dem Weg.
Das Entwickeln von Kompetenz durch Erfahrung ist ein ganz wichtiger Aspekt in Deinem gesamten Buch, Du beschreibst zum Beispiel (S.55) : „Oberstes Ziel muss sein, dass ein Kind nach und nach lernt, was gut für es ist und was nicht. Welche Inhalte okay sind und welche nicht. Es muss lernen, sich selbst zu schützen, indem es bestimmte Inhalte nicht anschaut, ein Video stoppt, wenn es gruselig wird oder eine unangenehme Wendung nimmt, und dass es bestimmte Inhalte auch nicht mit anderen teilt.“Wie kann man das Kindern beibringen?
Bei Fernsehgeräten kann der Aus-Knopf gedrückt werden. Nun haben wir viele verschiedene Endgeräte und manchmal wissen die Kinder nicht sofort, wie sie es ausschalten. Es ist wichtig, Kindern Kompetenz dafür an die Hand zu geben. Zunächst muss gesagt werden: „Es kann sein, dass etwas gruselig ist, das musst Du nicht ansehen.“ Kinder brauchen Aufklärung. Und dann ganz konkret: Wenn es nicht richtig ist, dann halte die Hand drauf oder drehe das Pad/Tablet um. Kinder sollten nicht in Schockstarre Inhalte konsumieren. Diese Kompetenz brauchen Kinder auch später, wenn sie allein mit Medien umgehen. Und deswegen ist es auch gut, mit Kindern früh anzufangen bei kleinen Themen und Kinder dann zu begleiten, bevor es im Jugendalter um Uploadfilter etc. geht.
Und was, wenn mein Kind immer nur dasselbe wie „Paw Patrol“ oder „Peppa Pig“ sehen will?
Das Bedürfnis nach Abwechslung, das wir als Erwachsene haben, lässt sich nicht einfach auf Kinder übertragen. Nur weil wir Erwachsene nicht zum x-ten Mal eine Serie sehen wollen, bedeutet das nicht für Kinder, dass das auch so ist. Im Gegenteil: Für viele Kinder reicht immer dieselbe Serie, weil sie die Handlung kennen, den Spannungsbogen, können deswegen eintreffende Vorhersagen machen und das wirkt sich positiv auf die Selbstwahrnehmung des Kindes aus. Wenn das Kind mit einer Serie oder sogar einer Folge immer wieder zufrieden ist, muss daran nicht geändert werden. Und Eltern wissen dann auch genau: Mein Kind kann diese Folge sehen während ich arbeite.
Neben dem Konsumieren gibt es auch das Produzieren mit digitalen Medien, das gerade für größere Kinder interessant wird – gerade auch in der aktuellen Situation.
Viele Eltern haben weniger Ängste, wenn die Kinder kreativ mit digitalen Inhalten umgehen als wenn sie rein konsumieren. Produzieren kann sehr vielfältig sein in unterschiedlichen Altersgruppen wie zum Beispiel Stop-Motion-Filme, programmieren lernen, Videoschnitt, Bildbearbeitung, Mal-Apps… – Hier muss gesehen werden, was dem Kind gefällt. Manchmal braucht es auch hier Zeit, um das zu finden, was den Interessen und Fähigkeiten meines Kindes entspricht.
Viel diskutiert wird die Nutzungsdauer von digitalen Medien – das greift ja auch Dein Titel auf – was kannst Du Eltern dazu mit auf den Weg geben?
Wichtig ist hier zunächst einmal die Frage an die Eltern: Vor was habe ich eigentlich Angst? Ab Minuten 31 oder Minute 60 passiert ja nichts anderes mit dem Kind als vorher. Natürlich sollte darauf geachtet werden, dass Kinder je nach Alter ein „verdaubares Häppchen“ haben. Natürlich gibt es bei viel Medienkonsum Auswirkungen: Oft diskutiert wird über Kurzsichtigkeit, die aber auch durch Bücherlesen und das Bearbeiten von Arbeitsblättern hervorgerufen werden kann, weil die Spannung des Sehmuskels beeinträchtigt wird. Deswegen ist es natürlich generell wichtig, dem Auge nicht nur Dinge im Nahbereich anzubieten. Es braucht ein gesundes Maß. Wichtiger ist es, auf die Inhalte zu achten anstatt auf genaue Zeiteinheiten.
Wenn wir nun mehr Medien ermöglichen als sonst, werden wir das nie wieder los?
Schon kleine Kinder können gut Situationen unterscheiden und wissen, dass es beispielsweise bei Oma und Opa andere Regeln gibt als zu Hause. Ähnlich ist es auch hier jetzt: Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation. Die Umstellung später kann natürlich erst einmal anstrengend sein, aber natürlich gewöhnen sich die Kinder wieder um. Das müssen wir in der Übergangsphase begleiten, aber natürlich ist eine Umgewöhnung absolut möglich. Jetzt gerade ist es wichtig, Stress aus der Situation zu nehmen und Eltern zu entlasten.
Mehr Informationen zum Thema „Kinder und digitale Medien“ findet Ihr auch auf dem Blog von Patricia Cammarata. Ihr Buch ist erhältlich im Buchhandel, bei Buch7 und Amazon und direkt bei ihr selbst – aufgrund aktueller Lieferbeschränkungen ist der Bezug bei ihr oder im lokalen Buchhandel besonders sinnvoll.
Der Alltag mit Kindern ist oft herausfordernd, denn er bringt auf einmal einen Menschen in unser Leben mit eigenen Bedürfnissen und es gilt fortan, nicht nur auf uns und unser eigenes Wohlergehen zu achten, sondern dieses in Balance zu bringen mit einem anderen, nicht erwachsenem Menschen. Während wir Erwachsenen nämlich unsere Bedürfnisse oft recht gut wahrnehmen, formulieren und für die Erfüllung selbst sorgen können, sind Kinder auf uns in vielfacher Hinsicht angewiesen: Wir nehmen die Signale der Kleinsten wahr und übersetzen sie, um sie zu verstehen und gleichzeitig auch den Kindern gegenüber zu erklären und zu formulieren, was sie gerade wahrnehmen. Wir beantworten Bedürfnisse und lehren dabei, wie das Kind sie selbst irgendwann beantworten kann. Und während wir all das tun, müssen wir darauf achten, dass in dieser Arbeit um Emotionen und Bedürfnisse des Kindes nicht unsere eigenen Bedürfnisse aus dem Blick geraten.
Eltern müssen auf ihre Bedürfnisse achten
„Die Bedürfnisse des Kindes haben immer Vorrang!“ so denken viele Eltern. Und natürlich sind kleine Kinder darauf angewiesen, dass wir ihre Bedürfnisse prompt erfüllen: Dadurch bildet sich ein Gefühl der Sicherheit aus. Das Kind weiß, dass wir da sind, für es sorgen und es verstehen. So kann eine sichere Beziehung aufgebaut werden.
Dennoch haben die Bedürfnisse von Kindern nicht per se Vorrang, wenn das bedeutet, dass wir die Erwachsenenbedürfnisse aus dem Blick verlieren und immer wieder hinter den Kinderbedürfnissen anstellen und so selber in einen Mangel kommen. Denn: Ohne die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen, können wir die Bedürfnisse der Kinder nur bedingt erfüllen. Wir können nicht feinfühlig mit ihnen umgehen, wenn wir selbst gestresst, erschöpft, schlecht versorgt sind. Wenn wir hungrig sind, müde oder gestresst, fällt es uns schwerer, ruhig, empathisch und entspannt auf kindliche Bedürfnisse zu reagieren. Wir sind angespannter, lauter, ungeduldiger gegenüber den für Kindern ganz normalen kindlichen Verhaltensweisen.
Schlafen wir zu wenig, wird der Hirnbereich inaktiver, der uns Intentionen und Handlungen anderer verstehen lässt. Wir können uns weniger gut in andere hineinversetzen. Gerade diese Feinfühligkeit ist aber im Familienleben und auch generell im sozialen Kontext von großer Bedeutung.
S. Mierau (2019): Mutter.Sein, S. 130
Im Alltag auf sich achten – wie soll das gehen?
Es ist nicht so einfach, im vollen Familienalltag mit Kindern zu Hause, die viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen und besonders in emotional aufwühlenden Zeiten besonders zuwendungsbedürftig sind, auf sich zu achten. Manchmal fällt es uns ohnehin schwer, die eigenen Bedürfnisse überhaupt wahrzunehmen und richtig zu beantworten. Was helfen kann, um in Balance mit eigenen Bedürfnissen zu bleiben:
Bedürfnisse verschriftlichen: Trage in deinen Kalender einen Tracker ein für die unterschiedlichen Bedürfnisse und bewerte am Ende des Tages, wie gut du auf sie geachtet hast: Genug getrunken? Gut gegessen? Ausreichend Schlaf? Sozialkontakte? Gefühl von Wertschätzung heute? Selbstverwirklichung? Pausen zum Durchatmen gehabt? Was an einem Tag fehlt, am nächsten besonders in den Blick nehmen und Zeitfenster dafür einbauen.
Mantra verinnerlichen: Die Bedürfnisse meines Kindes sind wichtig, aber meine auch! Oft leiten uns Glaubenssätze, die uns den Alltag schwer machen. Es ist okay, die eigenen Bedürfnisse in den Blick zu haben. Wir sind nicht schlechte Eltern oder selbstsüchtig, weil wir auf unsere ganz normalen Bedürfnisse achten.
Multitasking vermeiden: Verinnerliche und sage dir selber und deinem Kind „Eins nach dem anderen!“ – Mach eine Aufgabe in Ruhe zu Ende, bevor du die nächste beginnst, damit du das Gefühl hast, eine Sache wirklich abgeschlossen zu haben und dich darauf auch konzentrieren kannst. Das gilt auch für die Kinder: Sei in der Zeit, in der du etwas mit ihnen machst, wirklich geistig und körperlich anwesend, damit du dich danach wieder einer anderen Sache zuwenden kannst.
Feste Pausenzeiten in den Tagesablauf einbauen: Gerade wenn wir beständig mit Kindern zusammen sind, sind Pausen wichtig. Um kurz abzuschalten, um sich auszuruhen, um sich einen Moment mit etwas anderem zu beschäftigen als Kinderthemen. Das ist in Ordnung. Plane solche Pausen in Deinen Alltag ein mit festen Zeiten, an die du dich hältst. Vielleicht ist es anfangs für dein Kind ungewohnt, aber es wird diese Pausen akzeptieren. Du kannst beständig, liebevoll und klar formulieren, dass du gerade eine Pause machst und danach wieder zur Verfügung stehst.
Es ist praktisch und sinnvoll, sich die Care-Arbeit mit anderen Personen teilen zu können, um ausreichend Zeiten für eigene Pausen und Bedürfnisbefriedigung zu haben. Ist das nicht möglich, sind feste Pausen besonders wichtig.
Du merkst, dass du erschöpft bist und deine Nerven dünn werden: Nun musst du in den Ruhemodus kommen und nicht noch mehr aufdrehen. Gönn dir eine kurze Auszeit in einem anderen Zimmer, wenn die Kinder gefahrlos in einem anderen Raum sein können. Atme mehrmals tief durch, ruf ggf. eine befreundete Person an oder ein Familienmitglied, mach dir einen Tee und/oder versuche dich auf die Wahrnehmung deines Körpers zu fokussieren, um dich darüber zu beruhigen. Es ist in Ordnung, jetzt eine Pause zu machen!
Eure
Zur Autorin: Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.
Längere Zeit von Freund*innen getrennt zu sein, ist schwierig. Auch für uns Erwachsene ist es belastend, wenn wir von unseren sozialen Gruppen getrennt werden, wenn wir uns ausgeschlossen fühlen. Der Ausschluss aus einer sozialen Gruppe schmerzt. Werden wir aus einer Gruppe ausgeschlossen, fühlen wir uns laut Need-Threat-Theory in Bezug auf Kontrolle, Selbstwert, Zugehörigkeit und dem Bedürfnis nach einem sinnvollen Dasein bedroht. Als Menschen wollen wir dazu gehören, wollen Ausgrenzung aus der Sicherheit gebenden Gruppe vermeiden. Werden wir hingegen ausgeschlossen aus einer Gruppe, der wir angehören, werden Ängste aktiviert. Wie wir letztlich auf Ausschluss reagieren – ob feindseelig-gewaltvoll oder mit dem Versuch, besonders Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, ist unterschiedlich. Ablehnung, Zurückweisung und Vernachlässigung aktivieren jedoch dasselbe neuronale Netzwerk und werden wie körperliche Schmerzen wahrgenommen und auch die generelle Schmerzschwelle sinkt und wir werden empfindsamer für Schmerzen. Zugehörigkeit zu verlieren, schmerzt tatsächlich.
„Hab ich keine Freunde mehr?“
Je nach Alter verstehen Kinder aktuell nur bedingt, warum sie nicht mehr Teil ihrer normalen Gruppen sind: Krippe, Kindergarten, Schule, Musikschule, Sportvereine etc. sind Gruppen, zu denen sie sich zugehörig fühlen und zu denen aktuell die Verbindung fehlt. Ältere Schulkinder verstehen teilweise, warum sie aktuell zu Hause bleiben müssen, dennoch leiden auch sie unter dem Ausschluss aus der Gruppe. Jüngere Kinder hingegen können die Situation oft noch gar nicht einordnen und verstehen nicht, warum sie nicht wie gewohnt mit Freund*innen spielen. Vielleicht fragen sie auch bewusst „Warum wollen die anderen nicht mit mir spielen?“ oder scheinen festzustellen „Ich habe keine Freunde mehr!“.
Zugehörigkeit zur Familie
Umso wichtiger ist es, dass die Kinder sich aktuell in der noch verbliebenen sozialen Gruppe, der Familie, sicher und zugehörig fühlen und darin einen wichtigen Platz einnehmen. In dieser Gruppe können wir ihnen das Gefühl von Kontrolle, Selbstwert, Zugehörigkeit und dem Bedürfnis nach einem sinnvollen Dasein ermöglichen.
Das ist möglich, indem wir das Kind aktiv an unserem Alltag teilhaben lassen, es innerhalb der begrenzten Möglichkeiten Entscheidungen treffen und selbst wirksam sein kann, es positive Lernerfahrungen machen kann und von seinen Bezugspersonen liebevoll begleitet wird. Wir können es in den Alltag integrieren und beispielsweise mit kochen oder aufräumen lassen. Es kann beispielsweise – dem Alter entsprechend – mitbestimmen über Aktivitäten und Essensauswahl.
Kontakt zu Freund*innen nicht abbrechen lassen
Darüber hinaus ist es jedoch auch gut, den Kontakt zu den Freund*innen nicht abbrechen zu lassen. Möglichkeiten dafür, die Zugehörigkeit zur Gruppe immer wieder fühlen zu lassen, sind:
Videotelefonate für Gespräche und gemeinsame Spiele
Kaffee/Kakao und Kuchen Verabredungen mit Freunden über Videotelefonate
Telefonate
Walki Talkis nutzen
Briefe/Postkarten schreiben und Bilder versenden
nach Möglichkeit: von Haus zu Haus ein Dosentelefon bauen
vor der Haus-/Wohnungstür von Freund*innen mit Kreide etwas auf den Boden malen
eine Schnitzeljagd für Freund*innen aufmalen, die sie dann später ablaufen können
Video an die Kindergartengruppe schicken mit Grüßen
Unseren Kindern fehlen ihre sozialen Gruppen mindestens so wie uns Erwachsenen, nur können sie es schwerer ausdrücken. Vielleicht sind sie gerade empfindsamer, weinen mehr, haben mehr das Bedürfnis nach Sicherheit und Zuwendung – all das ist normal. Wir sollten gemeinsam nach kreativen Möglichkeiten suchen, wie die Kinder in Kontakt bleiben können mit ihren Gruppen – bis sie wieder in ihre normalen Abläufe eintauchen können.
Eure
Zur Autorin: Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.
Viele Eltern sorgen sich darum, dass den Kindern zu Hause ein anregungsreicher Alltag fehlen könnte und sie Erfahrungen und Spielangebote vermissen könnten aufgrund der Einschränkungen und vielleicht auch geringeren Vielzahl an Spielmaterialien, die im Vergleich zum Kindergarten zu Hause vorherrscht. Tatsächlich aber bietet sich zu Hause eine Vielzahl an Spielmöglichkeiten, mit denen Kinder kreativ umgehen können. Betrachten wir daher einmal die einzelnen Räume jenseits des Kinderzimmers aus Kinderaugen:
Küche
Für viele Kinder ist die Küche ein magischer Ort, der zum Spielen einlädt: Die Kleinsten räumen gerne Dosen ein und aus, Kleinkinder üben sich mit Kochlöffel und Kochtopf im Rollenspiel oder finden es toll, mit getrockneten Nudeln, Linsen oder Bohnen zu spielen.
Größere Kinder erfreuen sich daran, wenn sie aktiv etwas in der Küche machen können: Die Obstmahlzeit vorbereiten, Gemüse für einen Salat kleinschneiden, einen Teig kneten. Schulkinder können sich auch darin ausprobieren, eine Mahlzeit zu kochen und die Eltern damit zu überraschen. Für den Anfang kann es ein einfaches Gericht sein, im Laufe der Zeit lässt sich das dann steigern. Besonders schön: So können Schulkinder gleichzeitig auch das Lesen und Rechnen auf natürliche Weise in den Alltag einbinden, wenn nach Kinderrezepten gekocht wird.
Badezimmer
Wasser ist für viele Kinder ein wunderbares Spielzeug, das lange zum Spiel einlädt. Wasser kann hin und her geschüttet werden in verschiedenen Behältnissen und Kinder erfahren so etwas über Mengenverhältnisse. Mit ein wenig Farbe im Wasser kann auch ausprobiert werden, wie sich die Grundfarben zu anderen Farben mischen. Auch in der Badewanne kann (in Anwesenheit eines Erwachsenen) gespielt werden, wenn etwas Wasser darin die Spielfiguren oder Puppen aus dem Kinderzimmer zu einer Wasserparty einlädt.
Und nach dem Badespaß? Viele Kinder finden es toll, sich selbst eincremen zu können und können sich mit Creme „anmalen“, bevor sie auf dem Körper verteilt wird.
Schlafzimmer
Hier können Höhlen gebaut werden, in denen gespielt oder geruht wird. Das Elternbett kann zu einer Hüpfburg werden, damit sich Kinder in Ruhe austoben können – es ist in Ordnung, hier die Regeln etwas zu lockern, wenn früher nicht auf dem Bett gehüpft werden durfte, denn so haben Kinder nun die Möglichkeit, den fehlenden Toberaum oder ausgedehnte Spielplatzbesuche auszugleichen.
Der Kleiderschrank der Eltern bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten zum Verkleiden, damit Kinder einmal in „andere Schuhe schlüpfen“ können. Oder es wird im Schlafzimmer mit Schnüren ein „Laserlabyrinth“ aufgebaut, durch das man sich durchbewegen muss.
Wohnzimmer
Der Esstisch kann mit einer Decke verhangen werden und wird so zu einer großen Höhle. Mit Taschenlampe ausgestattet, lässt es sich darin sehr schön spielen. Vielleicht aber wird das Wohnzimmer auch zu einem Hindernis-Parcours und das Kind kann auf einer langen Reihe von Stuhlen entlangklettern bis hin zum Tisch und wieder zurück. Hauptsache: Hier wird nicht der Boden berührt.
Arbeitszimmer
Im Arbeitszimmer oder am Schreibtisch der Eltern finden sich oft viele Bastelmaterialien: Hier kann gemalt, ausgeschnitten und geklebt werden. Zusammen mit dem Altpapier oder dem Papiermülleimer findet sich sogar für Kinder, die gerade den Umgang mit der Schere erlernen, eine große Herausforderung, wenn sie unterschiedliches Papier, Kartons etc. zerschneiden können. Größere Kinder können aus dem Altpapier/Pappkartonmüll neue Dinge gestalten: ein Puppenhaus, eine Garage, sogar ein Auto oder andere Dinge.
Und noch etwas ermöglicht der Arbeitsbereich der Eltern: Ein Videotelefon mit Freund*innen, um sich zu erzählen, was heute schon gespielt wurde, um miteinander zu reden, zu spielen und im Austausch zu bleiben.
Flur
Ein langer Flur kann aus Kinderaugen die ideale Rennstrecke für Autos werden: Mit Klebeband oder Washitape können Straßen auf den Boden geklebt werden, die immer wieder neu gestaltet werden können.
Je nach Nachbarschaftsverhältnissen kann der Flur vielleicht auch als eigene Rennstrecke benutzt werden. Wer aber Nachbarn unter sich hat, sollte mit diesen vorab sprechen oder ggf. Zeiten festlegen, in denen es in Ordnung ist, wenn das Kind etwas lauter in den grobmotorischen Spielen ist. Denn klar ist: Wir können Kinder nicht beständig zum Leise-Sein ermahnen und ihnen auf lange Zeit verbieten, zu toben, zu hüpfen und sich wild zu bewegen. Aber wir können mit Rücksicht auf andere Vereinbarungen treffen und die Nachbarn ebenfalls um Verständnis darum bitten, dass unsere Kinder eben Kinder sind.
Balkon
Wenn schon keine Spielplatzbesuche möglich sind an der frischen Luft, dann kann ein Balkon eine tolle Alternative sein. Eine große Plastikwanne oder -kiste mit Blumenerde oder sogar Spielsand gibt Kindern die Möglichkeit, hier zu matschen und zu spielen. Dazu eine Kanne mit Wasser und ein paar Utensilien aus der Küche: schon ist die Matschküche vorbereitet und lädt zum kreativen Spiel ein. Wer keinen Balkon hat, kann eine Miniversion der Matschküche vielleicht auch in einem gefliesten Raum anbieten wie der Küche oder dem Bad.
Das Zuhause ist keine Kita, das stimmt. Das muss es auch nicht sein. Auch ohne viele zusätzliche Materialien bietet sich auch zu Hause eine Vielfalt an Möglichkeiten zum Spielen für Kinder, wenn wir unseren Blick ein wenig weiten und den Wohnraum nicht nur als Erwachsenensicht betrachten, sondern aus Kinderaugen.
Eure
Zur Autorin: Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.
Gerade herrscht viel Unsicherheit. Mittlerweile wurden in fast allen Bundesländern die Betreuungseinrichtungen wie Kita, Kindergärten und Schulen für die nächsten Wochen geschlossen. Der Corona-Virus stellt unser Leben ganz schön auf den Kopf. Das kann für Eltern wie für Kinder, die nun ihre alltägliche Struktur neu suchen und etablieren müssen, eine Herausforderung sein.
In meiner Familie ändert sich im Alltag nicht viel, denn wir haben uns vor einigen Wochen dazu entschieden, unser Kind aus dem Kindergarten abzumelden. Mein Mann und ich arbeiten beide freiberuflich und teilen unsere Arbeitszeiten auf. Unsere Tage sind jeden Tag anders aufgeteilt und dennoch haben sie eine feste Struktur.
Mittlerweile befinden sich einige Regionen wegen des Corona-Virus im Hausarrest. Wer aber noch die Möglichkeit hat, rauszugehen und dabei einen Abstand zu anderen zu halten, für den kann eine Sache sehr wertvoll sein in dieser Struktur ohne Schule und Fremdbetreuung: Zeit draußen zu verbringen. Denn so gern ich mit meinem Kind Zeit verbringe, nach der fünfzehnten Wiederholung des Rollenspiels brauche ich eine Pause. Frische Luft ist der beste Gegner von Genervtheit, ein Garant gegen Langeweile und – als netter Nebeneffekt – ein toller Gesundheitsbooster.
Wenn ihr für die nächsten Wochen eine Routine und Struktur in eurem Alltag sucht, ist es vielleicht auch für euch eine gute Idee, feste Zeitfenster zum draußen spielen mit einplanen. Wenn das für dich und deine Familie am Anfang ungewohnt ist, habt Geduld. Vielleicht möchten die Kinder am Anfang auch nicht nach draußen, weil die Spielsachen drinnen auf den ersten Blick spannender erscheinen. Ich gebe euch hier einige Ideen zum draußen spielen mit auf den Weg. Diese könnt ihr mit euren Kindern entdecken und weiterentwickeln. So kommt bei den ersten Tagen in der Natur keine Langeweile auf, die ersten Schritte in die Natur werden gemacht und oft entwickelt sich dann nach einigen Tagen der „Draußen-Routine“ eigene Spiel- und Entdeckungsideen und die Kreativität setzt ein.
Naturdetektive
Ihr braucht: Eine Liste mit den gesuchten Naturobjekten, eine Papiertüte oder ein Korb zum Sammeln, ein Bleistift
Alter: 4-14 Jahre
Und so geht‘s:
Die Naturdetektive erhalten eine Liste mit den vermissten Naturobjekten. Auf dieser Liste stehen bis zu 25 natürlichen Dingen, die die Kinder suchen und sammeln sollen. Die Objekte sollten so ausgewählt sein, dass die Kinder genau hinschauen müssen und zum kreativen Denken angeregt werden.
Es gibt eine wichtige Regel: Es dürfen nur Dinge gesammelt werden, die man sicher und ohne Schaden zurückbringen kann. Wenn kleinere Kinder dabei sind, die noch nicht lesen können, können Gruppen gebildet werden oder man unterstützt als Erwachsener beim Suchen.
Beispiel für eine Suchliste für Naturdetektive:
eine Feder
Samen, die im Wind getragen wurden
ein Ahorn/Buchen/Eichenblatt (je nachdem, wo ihr euch befindet – es soll ja nicht unmöglich sein)
etwas, was stachelt
Drei verschiedene Arten von Samen
etwas rundes
Teil eines Ei
etwas scharfes
etwas kuscheliges
ein Teil eines Fells
fünf Teile menschlichen Mülls
etwas schnurgerades
etwas wunderschönes
ein angekautes Blatt (aber nicht von den Kindern!)
etwas, das Musik macht
etwas weißes
etwas, dass dich an dich selbst erinnert
etwas weiches
ein großes Lächeln
eine Sonnenfalle (also etwas, was Sonnenenergie speichert und davon warm wird, wie Wasser, Steine, Pflanzen, …)
etwas, was keinen Nutzen in der Natur hat
Nachtwächter und Nachtschwärmer
Ihr braucht: Eine Taschenlampe
Alter: 5-13 Jahre
Und so geht‘s:
Dieses Spiel wird in der Dunkelheit auf einer ungeteerten Kiesstraße oder einer Einfahrt gespielt. Der Nachtwächter sitzt in der Mitte der Straße und hat eine Taschenlampe in der Hand. Die anderen Spieler*innen, die Nachtschwärmer, stellen sich 10 Meter entfernt (oder so weit, dass sich alle im Dunkeln wohl fühlen) auf. Der Nachtwächter schließt die Augen und die anderen Nachtschwärmer schwärmen aus und versuchen, ein vorher beschlossenes Ziel hinter dem Nachtwächter zu erreichen. Wenn der Nachtwächter ein Geräusch hört, schwenkt er die Lichtkugel in diese Richtung – wer angeleuchtet wird, friert ein und darf sich nicht mehr bewegen. (Es ist nicht fair, die Taschenlampe „auf gut Glück“ zu bewegen…) Wenn eine bestimmte Anzahl (die ihr festlegt) an Nachtschwärmern eingefroren wurden, müssen alle nochmal an den Start und von neuem beginnen. Der erste, der das Ziel hinter dem Nachtwächter erreicht, ist der neue Nachtwächter.
Tierkörper raten
Was du dafür braucht: Nichts
Alter: ab fünf Jahre
Diese Spiel ist super für Familien. Es fördert den Zusammenhalt, denn hier kommt man nur zu einem Ergebnis, wenn man gemeinsam an seinem Tier arbeitet.
Ein Team besteht aus drei bis vier Spieler*innen. Ein/e Spieler*in sollte übrig bleiben, um zu raten.
Das Team hat die Aufgabe, sich auf fünf Tiere, die es spannend findet, zu einigen und diese aufzuschreiben. (Wenn du rätst, sollten sich die Kinder so beraten, dass du das Ergebnis nicht erfährst.)
Erst nachdem sie sich geeinigt habenwird ihnen gesagt, dass sie den Körper dieses Tieres nachahmen sollen. Sie haben nun pro Tier fünf Minuten Zeit, um sich zu organisieren. („Oh nein, eine Ameise hat sechs Beine, wir brauchen auch sechs Beine! Ich kann die Greifer vorne sein, weil ich bin auch der Kopf und eh vorne…“)
Wenn das Team so weit ist, wird das Tier vorgestellt. Die „Vorführung“ sollte komplett abgeschlossen sein, bevor geraten wird.
Diese Spiele sind eine Möglichkeit, die Natur neu zu entdecken und eine kleine Pause vom Alltag zu bekommen. Wer nach weiteren Ideen sucht, kann auf eine Entdeckungsreise in die Welt der Knospen gehen, über die ich letzten Frühling geschrieben habe. Weitere Naturspiele, die auch vor eurer Haustür warten und sich für Stadt- und Landkinder eignen, findet ihr hier. Wer sich in der Stadt auf die Suche nach Naturwunder machen möchte, findet in dem Artikel über das „Wunderland Natur“ weitere Anregungen.
Bleibt gesund, bleibt positiv und bleibt liebevoll zu euch selbst und euren Mitmenschen,
Eure
PS: Wir befinden uns seit Samstag im Hausarrest, und werden uns mit den oben genannten Spielen im Haus die Zeit vertreiben. Statt mit den gesammelten und aufbewahrten Naturmaterialien zu basteln, bekommen sie eine erste Verwendung bei der Detektiv-suche. Und auch Nachtwächter lässt sich drinnen spielen, wenn die Möbel auf Seite gerutscht werden. Lasst uns kreativ werden.
Veronika hat Biologie, Naturschutz und Landschaftsplanung studiert und ist Mutter einer Tochter. In ihrer Kolumne „Naturorientiertes Aufwachsen“ berichtet sie von Wegen, auf denen Kindern die Liebe und der Respekt zur Natur als Samenkorn mitgegeben werden können. Mehr über Veronikas Arbeit und ihre aktuellen Texte zu grünen Themen findet ihr auf ihrer Homepage,Instagram oder Twitter.
Angst ist kein schlechtes Gefühl. Angst ist ein Gefühl, das uns in vielen Situationen schützen kann und uns davor warnt, wenn wir in eine für uns schwierige Situation kommen könnten, in der wir oder andere Personen Schaden nehmen könnten. Spüren wir Angst, versuchen wir meistens, den Angstauslöser zu vermeiden oder wir schützen uns durch ein Fluchtverhalten. Gerade neue, ungewohnte, fremde Situationen können Angst in uns auslösen. Die Angst gehört zu der breiten Palette all unserer Gefühle und wir müssen uns für sie nicht schämen, müssen sie nicht vertuschen oder ignorieren. Angst entsteht aus einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren, unter anderem den chemischen und molekularen Vorgängen in unserem Gehirn. Wir gehen unterschiedlich mit Ängsten um: Der Psychologe Prof. Dr. Borwin Bandelow erklärt*: „Kein Mensch ist ohne Angst“, aber unsere Ängste liegen in unterschiedlichen Bereichen. Und: „Ein bisschen Angst muss jeder haben – diese allgemeine Weisheit trifft zu. Wer vorsichtig Auto fährt, die Türen gut abschließt oder sich auf Prüfungen aus Angst vor dem versagen lange vorbereitet, hat durchaus Vorteile im Leben.“ Die Angst kann uns sogar beflügeln und helfen.
Es lohnt sich – gerade als Eltern – die Angst einmal genauer anzusehen und ihr zu begegnen, damit wir überprüfen können, woher sie kommt, und unterscheiden können, ob wir ängstlich sind, ob diese Angst einer Sorge entspringt oder auf dem Weg zu einer Panik ist.
Sorge oder Panik?
Die Sorge ist eine sanfte Art der Angst: ein mulmiges Gefühl in Bezug auf die Zukunft und eine Auseinandersetzung mit eventuell auf uns lauernden Problemen. Wenn wir uns sorgen, spielen wir verschiedene Szenarien in unseren Köpfen durch, setzen uns mit einem Thema auseinander, um mögliche Lösungsstrategien vorab zu durchdenken. Das kann uns durchaus für die Zukunft helfen, denn wir stolpern nicht unbedacht in eine schwierige Situation hinein, sondern haben bereits Lösungsansätze entwickelt oder Informationen gesammelt.
Manchmal sind unsere Ängste jedoch außerhalb der realistischen Erklärungen. Sie sind übertrieben, schränken uns ein, stören den Alltag. So haben sie keine Schutzfunktion mehr. Fühlen wir uns allerdings akut bedroht, spüren wir Panik. Wir können nicht mehr objektiv Informationen einholen, nicht abwägen und überlegen, sondern sind extrem angespannt und in einem Alarmmodus, der unser rationales Handeln behindert.
„All diese Meldungen verändern unsere Wahrnehmung. Wir beginnen, die Welt durch eine negative Brille zu sehen und uns hilflos zu fühlen angesichts all der Schrecklichkeiten, denn die klassische Medienberichterstattung basiert auf den Schreckens- und Problemmeldungen, dem sogenannten Negativitätsbias.“
S. Mierau (2019): Mutter.Sein
Die Sorge vor der Ansteckung mit einer Krankheit oder bei anderen nicht beeinflussbaren Veränderungen ist zunächst normal: Wir überlegen, wie das passieren könnte, was passieren könnte und wie wir uns schützen können. Führt diese Sorge allerdings zu Panik und einer Zwangskrankheit, sind wir über das Ziel hinaus gegangen. Es kann deswegen beruhigen, uns immer wieder die Fakten vor Augen zu führen: Wie stellt sich die Situation wirklich jetzt gerade für uns da? Wie gefährlich ist die Situation wirklich? Was kann ich tun, um mich/die Familie zu schützen? Wenn wir uns konkret mit diesen Fragen auseinander setzen, erleben wir uns als handlungsfähig und aktiv gegenüber unserer Angst. Wichtig ist dabei, bei Informationen auf offizielle Informationen und Angaben zu vertrauen und nicht inoffizielle Tipps aus Foren, WhatsApp Gruppen oder anderen als vertrauenswürdig einzustufen. Merken wir, dass unsere Ängste zu groß werden, uns einschränken oder aggressiv werden lassen, sollten wir therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.
Delegierte Angst
Kinder spüren unsere Ängste. Auch wenn wir sie nicht aussprechen, stehen sie im Raum und umgeben uns. Sie können sich dann auf unsere Kinder übertragen, ohne dass sie diese Angst wirklich verstehen oder begreifen können. Es legt sich eine unbestimmte, verunsichernde Angst auf die Kinder. Sie werden ängstlich und manchmal dann wiederum von Eltern wegen der allgemeinen Ängstlichkeit verurteilt. Besser ist es deswegen, mit unseren Kindern zu reden: „Ich habe Angst/Sorge mich, es ist meine Angst, nicht deine. Deswegen bin ich gerade angespannt, aber du musst das nicht sein.“ Wichtig ist, hier altersangemessen mit den Informationen umzugehen. Es kann schon reichen, zu erklären, dass man selbst gerade durch bestimmte Umstände angespannt ist, ohne sie genauer auszuführen.
Größere Kinder kommen über andere Kinder, Kitas, Schulen und Medien vielleicht selbst in Kontakt mit dem ängstigenden Thema, nehmen dabei vielleicht sogar falsche Informationen auf. Deswegen ist es wichtig, dass wir unsere Ängste nicht nur nicht versuchen zu verbergen, sondern mit ihnen altersangemessen darüber sprechen. Sofern das Kind selbst Angst hat, soll es sich nicht alleingelassen fühlen. „Kinder brauchen Unterstützung, Solidarität, Parteilichkeit und Trost, wenn sie sich bedroht fühlen.“ erklären Gabriele Frick-Baer, Pädagogin und Therapeutin, und Dr. Udo Baer, Pädagoge und Therapeut**. Das Bindungssystem ist ein Schutzsystem von Seiten der Eltern für die Kinder und es unsere Aufgabe, ihnen einen Schutzraum auf körperlicher und psychischer Ebene zu sichern.
Wenn wir weiterhin offen sind, wenn wir Interesse an den Themen unserer Kinder haben und zeigen (ohne sie zu überwachen), dann stehen wir mit ihnen in einem Dialog über das Leben. Und egal ob Computerspiel, Mobbing, Schneeball-Whats-App-Nachrichten: Wenn wir eine gute Basis geschaffen haben, können unsere Kinder damit zu uns kommen und mit uns reden. Sie wissen, dass wir sie ernsthaft begleiten und ihnen zur Seite stehen, denn auch größere Kinder brauchen Schultern zum Anlehnen, wenn es mal anstrengend ist.“
S. Mierau (2019): Mutter.Sein
Positiven Alltag fokussieren
Eine Angst, besonders vor einer neu aufgetretenen Krankheit oder anderen neuen Umständen, kann auf einmal viel Raum einnehmen: Ständig ändern sich Angaben, Richtlinien und Informationen. Gerade durch moderne Medien werden wir im Minutentakt mit diesen Informationen konfrontiert und kommen so in die Gefahr, dass sich nur noch dieses Angst-Thema in den Fokus unseres Alltags schiebt und wir die zwischenmenschliche Kommunikation in der Familie aus den Augen verlieren.
Es ist deswegen gut, etwas Abstand zum Geschehen zu bekommen und nicht beständig das Internet und Nachrichtensendungen nach neuen Informationen abzusuchen, sondern eine feste Routine für die Informationssammlung einzunehmen, beispielsweise morgens und abends. So, dass wir das Gefühl haben, gut über die aktuelle Lage informiert zu sein, aber dennoch der Fokus auf den Beziehungen im Alltag ausgerichtet ist. Gerade auch Kinder brauchen Eltern, die ihnen zugewandt sind in dieser Zeit, in der die Eltern sich sorgen. Zuwendung, Beziehung und Bindung geben den Kindern ein Gefühl von Sicherheit, das sie jetzt gerade benötigen. Deswegen sind Pausen von der Informationsflut und ein bewusster normaler Familienalltag in den aktuellen Rahmenbedingungen wichtig.
Es ist normal, dass wir uns sorgen, wenn sich Rahmenbedingungen verändern. Und es ist wichtig, dass wir aktiv mit unseren Gefühlen umgehen und Kindern einen Schutzraum geben.
Eure
Zur Autorin: Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.
Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de
Weiterführende Literatur: *Bandelow, Borwin (2006): Das Angstbuch. Woher Ängste kommen und wie man sie bekämpft. – Reinbeck: Rowohlt Verlag. **Baer, Udo/ Frick-Baer, Gabriele (2018): Wie Kinder fühlen. – Weinheim: Beltz. Mierau, Susanne (2019): Mutter.Sein. Von der Last eines Ideals und dem Glück des eigenen Wegs. Weinheim: Beltz.
Während es einige Eltern gibt, die ihre Kinder generell zu Hause betreuen, ist es für andere eine große Veränderung, wenn langfristig die Betreuung außerhalb der Familie wegbricht – dies umso mehr, wenn sie bereits über einen längeren Zeitraum fester Bestandteil des Alltags geworden ist und die Familie nun emotional und auch strukturell in einer Umbruchphase steckt.
Sich jetzt gestresst und überfordert zu fühlen, ist normal
Dass Eltern dies als Herausforderung empfinden können, ist normal und sollte nicht diskutiert werden: Die Belastungsgrenzen, Ressourcen und Möglichkeiten einzelner Personen sind höchst individuell. Gerade Ängste, finanzielle Probleme bzw. finanzielle Ungewissheit, Kontrollverlust, gesundheitliche Einschränkungen oder fehlende Unterstützung können das persönliche Empfinden verschlechtern und unseren Stress erhöhen. Die Folge ist davon oft negatives Erziehungsverhalten: wir haben schlechte Laune, schimpfen mehr, schreien vielleicht oder überschreiten auf andere Weise die persönlichen Grenzen der Kinder.
Das kannst du für dich als erwachsene Person tun
Um dem vorzubeugen und das Konfliktpotential aus dem Alltag soweit möglich heraus zu nehmen, sollten wir zunächst auf persönlicher Ebene unser Sicherheitsgefühl stärken und die Belastungen minimieren. Dafür ist es wichtig, sich nicht für diese Gefühle zu schämen, sie nicht zu verstecken mit der Überforderung, sondern diese aussprechen zu dürfen, ohne dafür verurteilt zu werden. Eltern dürfen sich überlastet fühlen. Die aktuelle Situation kann anstrengend sein und je nach persönlicher Situation besondere Herausforderungen mit sich bringen, die ebenfalls benannt werden sollten. Sofern ein anderer Elternteil verfügbar ist, sollte gerade auch das Gefühl von Überforderung angesprochen werden. Dennoch sollten wir uns jedoch nicht diesem Gefühl der Überforderung ausliefern, sondern neben dem Benennen der Gefühle in Aktion kommen: Was kann ich konkret tun, um mir in meiner Situation zu helfen? Was kann/muss der andere Elternteil tun? Wo kann ich mich gut und objektiv informieren, welche Menschen sind gute Ansprechpartner*innen, wer kann mich aktiv unterstützen und verurteilt meine Situation nicht? Der Austausch mit anderen Eltern in einer ähnlichen Situation ist wichtig und hilfreich, weshalb der Auf- oder Ausbau eines verlässlichen Netzwerkes so wichtig ist: in der Umgebung, aber vor allem auch digital, wenn die persönlichen Kontaktmöglichkeiten gerade eingeschränkt sind. Eltern brauchen andere erwachsene Personen zum Austausch, zum Anlehnen, zum Reden und Lachen. Wer merkt, dass er nachhaltig überfordert ist von der Situation, sollte sich professionelle Hilfe holen.
Den Alltag neu gestalten
Mit einer Stärkung der persönlichen Sicherheit im Rücken, können wir dann den Alltag betrachten und in die Handlung kommen: Wir gestalten nun um, sind aktiv, legen neue Rahmenbedingungen in Zeiten der Veränderung vor für unsere Familie. Auch wenn es um uns gerade schwierig ist, haben wir einen Handlungsspielraum innerhalb unseren neuen Umfeldes.
In diesem Rahmen ist es wichtig, die Bedürfnisse aller Beteiligten ausreichend zu berücksichtigen: Zwar haben Erwachsene und Kinder gleiche Bedürfnisse, aber sie sind unterschiedlich ausgestaltet. Haben wir zwar beide das Bedürfnis nach Bewegung, kann dieses bei Kindern aber ganz anders aussehen als bei Erwachsenen: Kinder bewegen sich anders, brauchen andere Bewegungsmöglichkeiten und möchten beispielsweise hüpfen, springen, balancieren – weil das auch ihrem Entwicklungsbedürfnis entspricht, während wir Erwachsene vielleicht mit einer Yoga-App und langen Spaziergängen zufrieden sind. Es ist deswegen wichtig, dass wir Angebote aus verschiedenen Perspektiven und durch Kinderaugen betrachten.
Folgende Ideen können deswegen Inspirationen sein für den Alltag. Ob und wie es in euren Alltag passt, zu euren Temperamenten und Möglichkeiten, kann unterschiedlich sein.
Kinder wollen sich bewegen
Sofern möglich: Ausflüge unternehmen an der frischen Luft. Besonders Wald, weitläufige Parks und Felder bieten sich an.
Zu Hause brauchen Kinder ebenfalls Bewegungsmöglichkeiten. Das Bett kann nun zum Trampolin werden, wenn sonst zu wenig Bewegungsmöglichkeiten bestehen, aber auch andere Bewegungsformen können fehlen. Das Spiel „Wasser, Feuer, Erde, Luft“ kann Abwechslung bringen oder der Aufbau eines Balancier- und Kletterparcours: Vom Stuhl auf den Tisch über den Stuhl… Oder mit Matratzen wird eine Tobehöhle gebaut.
Auch die Klassiker können ein Revival erleben: Springseil, Hula-Hoop-Reifen,…
Musik entspannt uns und reduziert Ängste: Deswegen Musik an, gemeinsam tanzen. Auch Stopptanz ist bei Kindern immer wieder beliebt. Musik tut auch uns Eltern oft gut in angespannten Situationen.
Struktur
Vielen Eltern und Kindern tut es gut, eine Struktur für den Tag zu haben und relativ feste Zeiten zu benennen für die Mahlzeiten, für Ausruhzeiten, für gemeinsame Spiele. Gerade Eltern, die im Homeoffice arbeiten mit älteren Kindern, können feste Zeiten vereinbaren für gemeinsame Tätigkeiten oder für Kinder im Vorschulbereich auch die Eieruhr stellen: Wenn sie klingelt, spielen wir wieder zusammen.
Wenn Eltern im Homeoffice arbeiten mit Kindern zu Hause, ist es wichtig, die Erwartungshaltung zu minimieren: Arbeiten zu Hause mit Kindern ist nicht wie das Arbeiten im Büro. Die Kinder tragen nicht die Schuld daran, sondern verhalten sich einfach normal kindgerecht, wenn sie uns zwischendurch ansprechen, Zuwendung haben wollen, gemeinsames Spiel wünschen. Gerade für diese Tätigkeiten ist deswegen eine Struktur besonders wichtig und Eltern sollten genau einplanen, wann sie welche Arbeiten erledigen, Arbeiten aufteilen in absolut notwendig, die viel Konzentration erfordern und solche, die weniger Aufwand und Konzentration bedeuten. Die schwierigen Aufgaben sollten nach Möglichkeit nicht auf den Nachmittag/Abend gelegt werden, wenn die Kooperationsfähigkeit von Kindern natürlicherweise nachlässt, da das zu mehr Streit führt.
In den Alltag einbinden
Kinder sind soziale Wesen und wollen an unserem Alltag beteiligt sein. Sie sind kooperativ und wollen mitmachen, Teil der Gemeinschaft sein und sich aktiv einbringen. Manchmal haben wir im Alltag zu wenig Zeit dafür – nun können wir aber mit Kindern putzen, abwaschen, kochen etc. Alle Socken werden im Quadrat auf dem Boden ausgelegt als Sockenmemory.
Manchmal finden sich beim gemeinsamen Aufräumen auch tolle Ideen zum Spielen: der Pappkarton, der eigentlich in den Müll sollte, wird zum Puppenhaus/Auto/Rakete. Die ausrangierten Kleidungsstücke sind auf einmal tolle Verkleidungssachen. Bohnen und Linsen werden zum Schüttspiel.
Und auch im Kinderzimmer kann „Haushalt“ erledigt werden: Zusammen die Spielsachen sortieren und ordnen, alte, unbespielte Spielsachen aussortieren und in den Keller oder auf den Dachboden bringen (in ein paar Wochen können sie wieder hervorgeholt werden und werden meistens begeistert neu bespielt).
Größere Kinder können auch Mahlzeiten zubereiten und sich hierfür erst einen Plan machen und dann nach einfachen Kinderrezepten kochen und zubereiten. Vielleicht ist es anfangs noch ungewohnt und vielleicht schmeckt es auch noch nicht perfekt, aber auch dies ist ein Lernprozess und Kinder sind dann aktiv beteiligt und fühlen sich selbstwirksam und hilfreich. Auch das Backen ist eine tolle Alternative und das Verzieren von Keksen mit bunten Perlen etc. kann Kinder lange Zeit beschäftigen.
Medien? Medien!
Medien stehen immer wieder in der Kritik in Bezug auf Kinder. Dabei können sie eine kreative Möglichkeit für den Alltag sein und/oder eine Entspannungszeit einläuten oder ermöglichen – und auch das ist okay. Behalten wir einen ausgewogenen Alltag im Blick mit genügend Zeit für das Miteinander, müssen wir uns nicht an strengenden Zeitregeln orientieren (empfehlenswert hierzu dieser Podcast)
Mit dem Fotoapparat oder Handy können Bilder gemacht werden für eine eigene Bilder-Geschichte, die später als Buch zusammengeheftet werden kann oder in einem kleinen Fotobuch verewigt werden kann. Das kann auch an Freund*innen geschickt werden.
Die Freunde aus der Kita oder Schule fehlen, können aber gerade nicht getroffen werden? Dann ist es Zeit für Videotelefonate. Auch Briefe und Postkarten können geschrieben und gemalt werden. Mit der Post können auch Bücher ausgetauscht werden.
Hörspiele, Hörbücher, Musik – das sind wunderbare Möglichkeiten für Kinder, um zu lauschen, sich auszuruhen oder auch zur Bewegung anzuregen. Viele Bibliotheken ermöglichen auch die Online-Ausleihe von Kinderbüchern, wie beispielsweise hier in Berlin.
Zudem gibt es auch tolle Möglichkeiten, die das Netz aktuell bietet: Zum Beispiel gibt es Museen, die virtuelle Führungen anbieten, auf Instagram bieten einige Eltern an, aus Kinderbüchern vorzulesen und man kann die eigenen Kinder dann einfach „dazusetzen“.
Medien können auch tolle Anregungen bieten für den Alltag: ein Bullerbü-Tag kann mit Zimtschnecken zelebriert werden oder am Sams-Tag bekommen alle blaue Flecken, es gibt (vegetarische) Würstchen und können sich etwas wünschen…
Kinder eignen sich im Spiel die Welt an und wollen beständig lernen und ihre Erfahrungen ausbauen. Im Spiel tun sie dies, indem sie kreativ damit umgehen. Wenn die Rahmenbedingungen einschränkend sind, ist es besonders wichtig, dass Kinder ihre Fantasie ausleben können und Kreativität entfalten können. Gute Materialien dafür sind beispielsweise (Holz-)Bausteine, Lego, Bügelperlen, Wasserperlen, Murmeln, Bastelmaterialien (bunte Papiere, Kleber, Pfeifendraht, Washi-Tape, Farbstifte, Fingerfarben, Wasserfarben, Scheren, Knete) – also all jene Materialien und Spielzeuge, die Vielfalt an Handlungen und Spielen zulassen und die Fantasie nicht begrenzen.
Viele kreative Spielmaterialien lassen sich auch selbst herstellen: selbstgemachte Knete, Salzteig, Farben, Papier schöpfen aus Altpapier. Einige einfache Ideen findet Ihr hier. Größere Kinder lieben es, Schleim selbst herzustellen. Auch Seifen können selbst gemacht werden in unterschiedlichen Farben, mit Düften und mit Spielfiguren darin – auch das ist ein schönes Geschenk, das mit der Post versendet werden kann an Familie und Freund*innen.
Es gibt viele schöne Brettspiele für Kinder. Seit einigen Jahren erscheinen auch immer mehr kooperative Brettspiele für Kinder: In diesen geht es nicht darum, dass eine Person gewinnt und sich gegen andere durchsetzt, sondern um das Miteinander, um Kooperation und das gemeinsame Erreichen eines Ziel. Diese Spiele regen das Miteinander an und sind deswegen gerade jetzt besonders passend und können die aktuellen Werte unterstützen. Über einige kooperative Spiele haben wir hier berichtet.
Schule
Viele Schulen bieten an, den Kindern Aufgaben zukommen zu lassen und diese auch zu kontrollieren. Andere haben bereits Online-Lernplattformen für die eigenen Schüler*innen. Zudem gibt es diverse private Lernplattformen, teilweise kostenpflichtig allerdings.
Kinder können daneben allerdings auch privat Projekte durchführen und kreativ umsetzen. Beispielsweise das Thema Frühling kann aufgegriffen werden und es werden in der Natur die Pflanzen betrachtet, abgezeichnet, dann kann mit Büchern oder über das Netz herausgesucht werden, wie die Pflanzen heißen, es können Steckbriefe geschrieben werden oder Briefe an Familie/Freund*innen über die Naturbeobachtungen. Auf diese Weise können verschiedene Themen bearbeitet werden.
Zur Autorin: Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.
Alle Gefühle sind erlaubt! Kinder lernen nicht nur in der Kindheit die breite Palette der Gefühle kennen, sondern lernen auch durch uns und ihre Umgebung, wie sie damit umgehen können. Durch unsere Hilfe in den frühen Jahren erfahren sie, wie welche Gefühle benennen können, wie sie sich verhalten können und an en sie sich wenden können, wenn sie Hilfe bei der Regulation brauchen. Mit Büchern können wir das noch unterstützen.
Weinen, lachen, wütend sein
Dagmar Geisler hat im Oetinger Verlag eine Reihe schöner Kinderbücher veröffentlicht, unter anderem auch die hier sehr beliebte Serie um Luzie und Lottchen. In ihrem Buch „Weinen, lachen, wütend sein dafür bin ich nicht zu klein“ (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) greift sie alle Gefühle, die Kinder haben, auf und zeigt, wie sie ausgedrückt werden und in welchen Situationen sie gefühlt werden in einfacher Sprache und Reimen für Kinder ab 2 Jahren. Etwas schade ist, dass ausgrechnet das Wort „trotzen“ mit verwendet wird dafür, wenn das Kind wütend ist. Dennoch geht das Buch sehr positiv auch mit den Gefühlen um, die oft von Erwachsenen als negativ bewertet werden. Gekuschelt wird darin sowohl mit Papa, als auch Mama. Ihr Resumé: „Lachen, weinen, traurig sein, gehört zu mir dazu. Kichern, schreien, wütend sein und trotzen. Ab und zu. Kuscheln toben, lustig sein, streicheln sanft und sacht. Doch was ich am liebsten mag: lachen, dass es kracht!“
In mir drin ist’s bunt
Wir haben so viele unterschiedliche Gefühle, jeden Tag. Und auch unsere Kinder natürlich. Sie sind aber oft noch auf der Suche, wie sie ihre unterschiedlichen Gefühle gut ausdrücken können: sowohl körperlich, als auch sprachlich. Um ihnen dabei zu helfen, können wir mit ihnen zusammen die vielen verschiedenen Wörter erkunden, die es gibt für unterschiedliche Gefühle – und dabei auch die feinen Unterschiede herausfinden, ob man nun in einer Situation vorsichtig oder schüchtern ist und wie das umschrieben und ausgedrückt werden kann. Die Lehrerin Theresa Bodner hat in ihrem Buch „In mir drin ist’s bunt“ (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) viele Gefühle eingefangen, die in einfachen Bildern illustriert werden, so dass der Schwerpunkt dieses Buches die gemeinsame Kommunikation ist und das Suchen und Finden nach Ausdruck von Empfindungen. Ein schönes Buch für die pädagogische Praxis, aber auch für Gespräche über Gefühle zu Hause.
Wohin mit meiner Wut?
Auch von Dagmar Geisler ist das Buch „Wohin mit meiner Wut?“ (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) das sich explizit mit dem Gefühl „Wut“ beschäftigt für Kinder ab 5 Jahren. Hier wird in Worten und Bildern gezeigt, wie sich Wut äußern kann in ihrer ganzen Vielfalt. Es erläutert, dass Wut manchmal das Herz ganz schnell klopfen lässt und man manchmal auch ganz steif davon wird. Wut kann ganz schnell auftauchen oder langsam hochkochen und es kann ganz verschiedene Anlässe dafür geben, wütend zu werden. Manchmal möchte man anderen weh tun, wenn man wütend ist, aber weil das keine gute Lösung ist, werden andere Möglichkeiten aufgezeigt: schreien, Kissen verprügeln, auf den Boden stampfen, Wutmännchen malen,… Und es lädt Kinder dazu ein, sich zu entschuldigen, wenn man ungerecht behandelt wurde oder mit anderen die Situationen zu besprechen, die man als ungerecht empfindet, auch mit den Eltern. Dazu gibt es einen kurzen Erwachsenen-Informationsteil, der erklärt, warum dieses Gefühl wichtig ist und nicht unter den Tisch gekehrt werden sollte, und es werden Adressen von Beratungsstellen aufgeführt.
Das NEINhorn
Dem Thema der Autonomiephase widmen sich auch Marc-Uwe Kling und Astrid Henn mit dem NEINhorn (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel). Hier stehen weniger die unterschiedlichen Gefühle im Vordergrund, sondern mehr das Streben nach Selbständigkeit auf unterschiedliche Art, die das NEInhorn, der WASbär, der NaHund und die KönigsDOCHter illustrieren. Neben der von Wortwitz geprägten Geschichte wird auch vermittelt, dass es für Kinder anstrengend ist, wenn Eltern immer nur versuchen, Harmonie herbeizuführen und das NEIN als problematisch angesehen wird. Für das kleine NEINhorn ist es wohltuend, sich mit den anderen Figuren, die auf ihre Weise ihre Autonomie ausdrücken, zusammen zu tun. Dabei wird vermittelt, dass es natürlich auch dort zu Streit kommen kann, der eben auch dazu gehört. Ein wirklich amüsantes Buch, das durch die Zeit des NEIN begleitet für Kinder von 3 bis ca. 6 Jahren.
Du bist also meine Angst?
Als die Angst einmal wieder am Abend allein im Bett aufsteigt, fühlt das Kind in sich hinein: das Herz schlägt schneller, die Brust fühlt sich eng an… Und dort im Körper ist ein haariges Monster. Dieses Monster erklärt, was es im Körper macht, wenn man Angst spürt. Aber nicht nur das: Es erklärt auch, warum Angst gar kein schlechtes Gefühl ist, sondern sehr sinnvoll ist, wenn sie beispielsweise vor etwas warnt. Und warum es so wichtig ist, Gefühle wie die Angst nicht wegzudrängen, sondern anzunehmen wie andere Gefühle und dann zu überlegen, wie man dies einordnet und Angst beispielsweise in Mut umgewandelt werden kann.
Die Autorin Elisa Eckartsberg nimmt in ihrem Erstlingswerk „Du bist also meine Angst“ (direkt beim Verlag beziehbar | Buchhandel) Kinder mit auf eine Reise in sich selbst, um einem Gefühl nachzuspüren, das in unserer Gesellschaft oft nicht sein darf, aber sehr wichtig ist. Ein wirklich schönes Buch über ein wichtiges Gefühl.
Gebrauchsanweisung gegen Traurigkeit
Die „Gebrauchsanweisung gegen Traurigkeit“ von Eva Eland (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) wendet sich ebenfalls den Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren zu, hier mit der Betrachtung des Gefühls Traurigkeit. Auch dieses Gefühl ist eines, das öfter ausgeschlossen wird oder von dem Eltern einfordern, dass es schnell behoben werden sollte. Mit ruhigen, zarten Bildern wird hier nun gezeigt, wie die Traurigkeit unerwartet erscheint, uns folgt und wir sie nicht loswerden. Statt zu versuchen, sie auszusperren, tut es gut, sich mit ihr zu beschäftigen und mit ihr zu malen, Musik zu hören oder raus zu gehen in die Natur. Manchmal verschwindet sie dann auch wieder, wenn sie angenommen wurde. Ein schönes, ruhiges Buch, das Möglichkeiten zum Umgang mit der Traurigkeit aufzeigt und damit auch Eltern zeigt, dass auch dieses Gefühl seinen Platz haben kann.
Männer weinen
Der Umgang mit dem Weinen aus verschiedenen Gründen wird in Jonty Howleys „Männer weinen“ (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) für Kinder ab 3 Jahren dargestellt: Am morgen geht der kleine Levis zum ersten Mal zu seiner neuen Schule und sein Vater erklärt ihm ratlos, dass Männer nicht weinen würden. Levi weint dementsprechend nicht, sieht aber auf dem Weg zur Schule viele unterschiedliche Männer, die eben doch weinen: Weil sie sich verabschieden von anderen, während sie ihrer Arbeit nachgehen. Schließlich weint Levi doch kurz, findet in der Schule schnell Anschluss und kommt schließlich nach Hause, wo ihn sein weinender Vater begrüßt, der ihm sagt, dass er aus Unsicherheit und eigener Angst diesen Rat gab und Männer eben doch weinen und das auch ganz in Ordnung so ist. Ein niedliches Buch gerade für Jungen, von denen noch immer oft eingefordert wird, dass sie nicht weinen sollten.
Das Farbenmonster
Das Farbenmonster von Anna Llenas (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) begleitet hier nun schon das zweite Kind und das schön gestaltete Popup-Buch ist noch immer ein wunderbarer Anlass, um über die Vielfalt von Gefühlen zu sprechen und mit Kindern die einzelnen Gefühle und ihren Ausdruck zu ergründen. Am Morgen ist das Farbenmonster ganz durcheinander und muss mit Hilfe einer Freundin die Gefühle erstmal sortieren: Da gibt es die gelbe, leuchtende Freude, die blaue Traurigkeit, die rote Wut, die schwarze Angst, die grüne Gelassenheit und das rosa Verliebtsein. Alle Gefühle sind umschrieben und und die zugehörigen Pop-Ups bilden die Gefühle schön ab. Die Angst als „feige“ zu bezeichnen, ist nicht ganz so passend, aber insgesamt wird die Vielfalt und der Ausdruck von Gefühlen gut eingefangen und lädt dazu ein, mit dem Kind darüber zu sprechen, wie genau unterschiedliche Gefühle wahrgenommen werden. Auf jeden Fall ist das Buch eine Überraschung und ein Augenschmaus für Kinder ab 3 Jahren und Eltern.
Schwimm, kleines Boot!
Wut darf sein! – Das ist eine so wichtige Botschaft für Kinder, die auch in dem Buch „Schwimm, kleines Boot!“ (Verlag | Buch 7* | Buchhandel) einen zentralen Punkt einnimmt. Autorin Sarah Roller und Illustratorin Tina Nagel begleiten ein Kind auf einen Ausflug mit der Oma in den Wald. Hier soll ein kleines Boot gebaut werden, das im Bach treiben soll, aber die Herstellung des Boots gestaltet sich schwierig: Erst hilft Oma, wo sie nicht helfen soll, weshalb das Kind wütend wird. Aber als Oma nicht mehr hilft, klappt es auch nicht. letztlich finden aber beide doch zusammen, als Oma erklärt, dass wütend sein okay ist, aber Hilfe annehmen auch. Ein niedliches Buch ab 2 Jahren, erzählt in Reimform. Besonderes Extra: Das Buch ist nach dem Cradle to Cradle-Prinzip hergestellt, d.h. ohne giftige Inhaltsstoffe und kompostierbar.
Ein gutes Gefühl – Gefühlstagebuch
Zwar ist es im Großen und Ganzen kein Vorlesebuch (auch wenn es einen Anteil hat, in dem die verschiedenen Gefühle beschrieben werden), aber es ist ein wunderbares Buch, um Kindern die Wahrnehmung der unterschiedlichen Gefühle näher zu bringen und ihnen zu vermitteln, dass alle Gefühle in unserem Alltag Platz haben und sein dürfen. Im Gefühlstagebuch „Ein gutes Gefühl“ (bei uns im Shop | Verlag | Buchhandel) erfahren Kinder, welche unterschiedlichen Gefühle es gibt (Freude, Neugier, Aufregung, Ekel, Zuneigung, Neid, Angst,…), wie sich diese Gefühle unterscheiden und sie werden dazu angeregt, jeden Tag ihre eigenen Gefühle zu reflektieren und aufzuschreiben, was sie gefühlt und erlebt haben. So bekommen Kinder ab 6 Jahren einen Zugang zu ihrer Gefühlswelt. Zwischen den Tagebuchseiten gibt es nochmals kleine Mitmachimpulse rund um die Gefühlswelt. Ein schönes Kinderbuch von Jan Lennarz und Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Lena Kuhlmann.
* Dieser Artikel enthält Affiliate-Links zu Amazon und Buch7, durch die Geborgen Wachsen im Falle einer Bestellung eine Provision erhält ohne dass für Euch Mehrkosten anfallen. Die vorgestellten Bücher sind Rezensionsexemplare (Männer weinen) oder selbst gekauft (Das Farbenmonster, Gebrauchsanweisung gegen Traurigkeit, Das NEINhorn, Wohin mit meiner Wut, Weinen, lachen, wütend sein)
Viele Fragen von Eltern kreisen um den Ausklang des Tages: Wann müssen Kinder ins Bett? „Müssen“ Kinder überhaupt ins Bett oder können sie das selbst entscheiden? Wie gelingt ein guter Abschied vom Tag und wie entwickelt sich das Schlafverhalten von Kindern? Der Beginn des Tages ist oft weniger im Fokus von Elternfragen, obwohl auch er sich manchmal besonders schwierig gestaltet, besonders mit einem Kleinkind und als Beginn des Tages eigentlich auch einen besonderen Stellenwert hat.
Der Start in den Tag legt oft die Grundstimmung fest, wie wir uns fühlen und ob wir mit einem schlechten Gefühl und innerem Hadern den Tag beginnen, oder recht entspannt beginnen können. Eine negative Grundstimmung am Morgen kann sich in den weiteren Verlauf des Tages hineinziehen und sich auf den Arbeitsalltag auswirken und unser Wohlbefinden. Gelingt es uns, den Morgen bereits relativ stressfrei zu gestalten, fallen uns auch die weiteren Schritte des Tages leichter.
Abläufe für einen entspannten Start
Müde Kinder können nur schwer kooperieren – das gilt am Abend genauso wie am Morgen. Im Gegensatz zum Abend haben wir aber am Morgen die Möglichkeit, die Kinder anders einzubinden bzw. sie erst später dazu zu holen und ihnen einerseits mehr Zeit zum Ausschlafen zu geben und andererseits in Ruhe die Umgebung vorzubereiten, damit das Ausmaß der notwendigen Kooperation möglichst gering ist – gerade für diejenigen Kinder, die nicht besonders früh von allein aufstehen, ist das hilfreich.
Für einen entspannten Start in den Tag mit Kleinkind können wir daher folgende Punkte vorbereiten:
Vorbereitungen am Abend: Sofern das Kind dies zulässt und nicht morgens ganz anders denkt als am Tag zuvor, bietet es sich an, am Abend mit dem Kind die Kleidung für den nächsten Tag zurechtzulegen, so dass das Kind am Morgen einen kleinen Stapel an Kleidung hat von der Unterwäsche ganz oben bis zum letzten Kleidungsstück das angezogen werden muss ganz unten. Dies kann als Ritual eingeführt werden und auch wenn es vielleicht anfangs noch Abwandlungen gibt, ist es für viele Kinder mit der Zeit hilfreich und eine gute Orientierung, an die sie sich gewöhnen. Wollen sich Kinder allein anziehen und schaffen das, kann ein Bild hilfreich sein mit den Dingen, die sie zum vollständigen Anziehen aus dem Schrank nehmen müssen (Anzahl Socken, Unterhose,…)
Den Frühstückstisch am Abend vorbereiten: Auch das Decken des Frühstückstisches am Abend Spart am Morgen Zeit (besonders für die Eltern) und gibt dem Kind am Morgen Struktur, wenn bereits alle notwendigen Dinge auf dem Tisch stehen und keine Entscheidungen getroffen werden müssen: der Tisch ist gedeckt, einige Zutaten (beispielsweise Cerealien) stehen schon bereit, andere werden vorbereitet aus dem Kühlschrank schnell dazu gestellt (beispielsweise am Abend kleingeschnittenes Obst).
Klare Abläufe können auch visualisiert werden: Für viele Kinder ist es bis ins Schulalter hinein praktisch, eine Art „Fahrplan“ für den Morgen zu haben. Darauf kann mit kleinen Bildern abgebildet sein, was nacheinander am Morgen passiert: Aufstehen, Anziehen, Frühstücken, Zähneputzen,… finden auf einem kleinen Poster ihren Platz und helfen, den Morgen zu strukturieren.
Vor dem Kind aufstehen: Eine viertel bis halbe Stunde vor dem Kind aufzustehen, hilft bei den Vorbereitungen und gibt noch Raum für eigene Morgenrituale. Nach dem Aufstehen kann fünf Minuten lang aufgeschrieben werden, an was heute alles gedacht werden muss oder wer welche Aufgaben in der Familie erledigt. Ein Tee kann aufgebrüht werden, der entspannt getrunken wird und es gibt Zeit, um tief durchzuatmen.
Klare Ansagen: Vielen Kindern hilft es, ganz klar zu kommunizieren: Statt „Es wäre schön, wenn du jetzt…“ klar formulieren: „Bitte lege jetzt die Brotdose in den Rucksack.“ Auch wiederholte Zeitangaben sind oft eine Unterstützung: „Wir gehen in 10 Minuten los.“, „Wir gehen in 5 Minuten los.“ Mit der Zeit bekommt das Kind dann einen immer besseren Eindruck von den immer gleichen Zeitspannen. Hilfreich kann es auch sein, eine Sanduhr aufzustellen oder eine Eieruhr klingeln zu lassen: „Wenn die Uhr klingelt, musst Du in den Flur kommen, dann haben wir noch 10 Minuten zum Anziehen.“ Mit solch eingebauten Puffern können auch mehr Zeit in Anspruch nehmende Reaktionen des Kindes abgefedert werden.
Insbesondere geht es am Morgen darum, dass wir den Start des Tages entstressen. Stress führt oft zu negativem Erziehungsverhalten: zu Streit, Schimpfen, Druck und manchmal zu physischen oder psychischen Grenzüberschreitung. All dies bereuen viele Eltern im Anschluss, sehen aber in der aktuellen Situation am Morgen unter Zeitdruck keine andere Möglichkeit und sowohl Eltern als auch Kinder starten dann gestresst und genervt in den Tag. Mit einigen Vorbereitungen können wir vielen Stressoren am Morgen vorbeugen und diesen negativen Erfahrungen am Tagesbeginn entgegenwirken.
Habt Ihr noch mehr Ideen oder Anregungen für einen stressfreien Tagesbeginn? Eure
Zur Autorin: Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.