Alle Artikel von Susanne Mierau

Ideen fürs Wochenende #01 Dezember 2018

Das Wochenende steht vor der Tür mit vorweihnachtlicher Behaglichkeit: es sich zusammen gemütlich machen, ein wenig träge sein, aber dennoch auch aktiv etwas mit den Kindern unternehmen.
Bei uns hat sich in dieser Woche leider ein Umstand ergeben, der die gemütliche Wochenendplanung erheblich stört: Ich liege seit Mitte der Woche im Krankenhaus. Dennoch habe ich schon vorher ein paar Ideen für dieses Wochenende für Euch zusammen gesammelt:

Zusammen backen

Backen ist einfach wundervoll in der Vorweihnachtszeit und macht auch den Kindern oft großen Spaß. Was den Spaß aber ein wenig verleiden kann: wenn verschiedene Erwartungen aufeinander treffen, die nicht vereinbar erscheinen. Auf der einen Seite das Tun und die Freude der Kinder am Kneten, Rollen und Dekorieren und auf der anderen Seite der vielleicht ästhetische Anspruch der Erwachsenen. Bei uns hilft da besonders eines: Die Kinder machen lassen nach ihren Wünschen und für unsere eigenen Ansprüche einfach extra backen. 

Es kommt nicht darauf an, wie instagrammable die Kekse aussehen, sondern dass alle eine schöne Zeit haben und das Tun genießen können.

Mit Kindern backen bedeutet: Ergebnisoffen backen: Da werden die Plätzchen ein wenig schief aussehen, wenn die kleinen Hände sie auf das Backblech legen. Und vielleicht werden sie im Zuckerguss ertrinken oder der Teig nicht mehr herauszuschmecken sein unter allen Streuseln. Damit die Kinder auch in Ruhe schon vom Teig naschen können, backen wir einfache Mürbeteigkekse ohne Ei, die schnell zu machen sind. Für mein ästhetisches Auge habe ich in diesem Jahr schon Marmeladenherzen gebacken wie hier bei berlinmittemom.  Wer es lieber vegan mag, findet hier auch eine vegane Alternative für die Kekse.

Einmal nach Kinderwunsch, einmal nach Elternwunsch gebacken – alle zufrieden

Auch Claudia von wasfürmich kennt das Problem mit dem Backen und den Ansprüchen von Kindern und Erwachsenen. Für ihre Vorliebe für Stollen hat sie nun eine kinderkompatible Lösung gefunden für Mini-Adventsstollen. Klingt sehr lecker!

Basteln

Auch wenn wir das ganze Jahr über viel basteln, ist die Weihnachtszeit noch einmal eine besonders schöne Bastelzeit. Was wir in den letzten Wochen gemacht haben: Bienenwachskerzen gezogen, Kerzen gerollt, Gingko-Blätter-Engel gebastelt, Teelichter gegossen, Weihnachtskarten gebastelt. Im letzten Jahr haben wir diese Walnussschalen-Wichtel gebastelt. Auch aus Walnussschalen lassen sich noch andere tolle Sachen machen, wie die kleinen Wiegen: In die ausgehöhlten Walnusschalen wird mit ein paar Stoffresten das Wiegendach und die Decke geklebt. Für die Decke ein kleines Stück Märchenwolle/Heilwolle in etwas Stoff einwickeln und so festkleben. Den Kirschkern abschließend (angemalt oder pur) aufkleben. Am leichtesten lässt es sich mit Heißkleber kleben.

Wallnussschalenwiegen aus Stoffresten, Kirschkern und Walnnuss

Bei mamahoch2 gibt es ein paar Anregungen für DIY-Geschenkverpackungen aus Papiertüten und Stoff und auch hier bei alovelyjourney geht es um Verpackungen und sinnvolle Gastgeschenke. Wer Lust darauf hat, Weihnachtskarten selber mit ein paar Weihnachtsmänner zu malen, findet bei sketchnotelove eine Anleitung.  Wen es am Wochenende in die Natur verschlägt, findet bei Veronika vielleicht noch ein paar Ideen für das Sammeln von Naturmaterialien.

Wer eine Abwechslung zum Weihnachtsthema braucht: Mary Poppins ist zeitlos schön

Lesen

Natürlich ist jetzt gerade die Zeit für allerlei Weihnachtsgeschichten. Hier habe ich vor ein paar Jahren schon einmal ein paar unserer liebsten Weihnachtsbücher zusammengestellt. Bei uns ist jetzt gerade einmal wieder “Mary Poppins” ein großes Thema. Wir haben schon vor langer Zeit alle Bücher gelesen und den Film schon sehr oft gesehen. Nun kommt nächste Woche ein neuer Film heraus, in dem Mary Poppins zurück kehrt zu Jane und Michael, die mittlerweile erwachsen sind. Bei den Kindern (und auch uns Erwachsenen) ist der Film auf der Vor-Weihnachts-Filmliste. Passend dazu habe ich mir als Rezensionsexemplar ein schönes neues Buch in schwarz-weiß mit Laserschnitten und Schattenspielen zusenden lassen, mit dem die Abenteuer von Mary Poppins nacherlebt werden können in ruhigen Bildern: Mary Poppins. Auf, auf und davon. Ein wirklich zauberhaft gestaltetes Buch, das am Abend schön mit Kindern angesehen werden kann und der Fantasie freien Lauf lässt.

Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.    

trans Kinder – Wenn Dein Kind eine andere Geschlechtsidentität hat

Was, wenn das Kind eine andere Geschlechtsidentität hat, als zunächst angenommen? Warum ist es wichtig, Kinder auf diesem Weg einfühlsam zu begleiten und gerade auch hier einen geborgenen Weg zusammen zu gehen? Buchhändler Linus gibt im Interview Antworten und informiert über Beratungsstellen und geeignete Kinderbücher zum Thema:

1.) Obwohl es noch immer anders behauptet wird und zu lesen ist, ist Transidentität keine Störung, sondern eine Variante von Geschlechtsidentität, die schon im Kindesalter bemerkt werden kann. Was sind Aspekte, auf die Eltern achten können?

Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass es sich ein wenig seltsam anfühlt, für ein Eltern-Onlinemagazin interviewt zu werden. Ich bin kein Vater, und es ist sehr wahrscheinlich, dass ich niemals Kinder haben werde. Ich bin Linus – ich bin ein trans Mann, der sich sein ganzes Leben lang verzweifelt wünschte, seinen Eltern ein Sohn sein zu dürfen. Für die Kinder, die heutzutage aufwachsen und für alle Generationen, die noch folgen werden, wünsche ich mir, dass ihnen die Freiheit geschenkt wird, sein zu dürfen, wer sie sind.

Wie Eltern bemerken können, dass das eigene Kind trans ist, ist eine schwierige Frage – es gibt keine Diagnoseliste, die man abhaken könnte. Aber natürlich kann es Verhaltensmuster oder Auffälligkeiten geben, aus denen Eltern möglicherweise Anhaltspunkte gewinnen können. Was es auf jeden Fall gibt, sind viele Kinder, die ihren Eltern irgendwann sagen, dass sie trans sind – es ist wichtig, diesen Kindern zuzuhören, sie ernst zu nehmen und ihnen zu glauben.

In deiner Frage klingt die Befürchtung, die viele Eltern sicherlich haben, ja schon an: leidet mein Kind an einer Störung? Ist es psychisch erkrankt? Wie wird das Umfeld reagieren? Ich kann nur versuchen, Eltern diese Ängste zu nehmen – trans zu sein, sollte heute etwas völlig Normales sein. Ist es aber leider noch nicht. Ich glaube, dass es unsere Aufgabe als Gesellschaft sein muss, trans Kinder, trans Jugendliche und trans Erwachsene irgendwann als einen völlig normalen Bestandteil unserer Lebensrealität zu sehen.

2.) Warum ist es wichtig, die Geschlechtsidentität des Kindes zu erkennen und so anzunehmen, wie sie besteht?

Bei meiner Arbeit im Buchladen stelle ich immer wieder fest, wie starr unsere Geschlechterrollen bei Kindern geworden sind: es gibt ganz klare Vorstellungen davon, was Mädchen und Jungen sein dürfen, tragen sollen und spielen können. Wenn eine Mutter mir erzählt, dass ihr fünf Jahre alter Sohn gerne ein Kleid im Kindergarten trägt, ist das für mich noch lange kein Hinweis darauf, dass dieses Kind trans ist – dieses Kind trägt einfach nur gerne ein Kleidungsstück, das ihm gefällt. Ich glaube, wir würden allen Kindern in ihrer Entwicklung einen großen Gefallen tun, wenn wir diese veralteten Rollen und Stereotype endlich hinter uns lassen würden.

Wenn ein Kind sich bei den Eltern als trans outet, haben viele wahrscheinlich erst einmal Angst: was wird jetzt passieren? Wie wird die Zukunft meines Kindes aussehen? Wird es vielleicht gemobbt? Ich glaube, schlimmer als jedes Mobbing ist für trans Kinder das Verstecken der eigenen Identität. Wenn du ein Junge bist, dann möchtest du auch als Junge gesehen und angesprochen werden.

Bei mir selbst war es so, dass ich immer so sein wollte wie mein Bruder – doch spätestens als ich Brüste bekam, durfte ich vieles nicht mehr (zum Beispiel oberkörperfrei schwimmen gehen). Was ich mir damals von meinen Eltern gewünscht hätte: Akzeptanz, Unterstützung, Verständnis für meine Wünsche und Bedürfnisse – trans zu sein ist kein schmutziges Geheimnis. Alle Eltern, deren Kinder trans sind, dürfen laut, selbstbewusst und stolz damit umgehen.

3.) Wo können Eltern Hilfe finden, wenn sie denken, dass ihr Kind trans ist und sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen?

Wenn sich ein Kind als trans outet, sind viele Eltern vielleicht erst einmal überfordert – es gibt mittlerweile aber wirklich viele gute Anlaufstellen, an die man sich wenden kann. In Berlin gibt es zum Beispiel die Einrichtung Queer Leben und TRiQ. Es gibt auch das Angebot von trans-ident e.V., die in vielen Städten Selbsthilfegruppen anbieten und eine abendliche telefonische Sprechstunde eingerichtet haben. Eltern, die auf der Suche nach Hilfe sind, finden dort bestimmt kompetente Ansprechpartner.

4.) Du bist Buchhändler: Gibt es Kinderbücher, die Du empfehlen kannst, um einerseits schon bei Kindern auch eine Offenheit zu schaffen und die andererseits auch Kinder und Eltern begleiten können?

Leider ist die Auswahl an Büchern zu diesem Thema bisher noch sehr begrenzt. Doch es gibt ein paar empfehlenswerte Bücher, die bei Kindern Offenheit und Interesse für das Thema wecken können:

1.) Luzie Loda hat ein Buch geschrieben, das nichts mit trans zu tun hat und dennoch in diesem Kontext empfehlenswert ist. „PS: Es gibt Lieblingseis“ ist ein kluges, wichtiges und liebevolles Bilderbuch zum Thema Intergeschlechtlichkeit, durch das viele Kinder einen ersten Zugang dazu bekommen können, dass das Geschlecht von Menschen nicht immer ein starres und binäres Konstrukt sein muss.

2.) „Teddy Tilly“ ist ein relativ simples aber nett gemachtes Bilderbuch über eine Teddybärin, die sich als trans outet und feststellt, dass es ihrem besten Freund egal ist, weil sie zusammen immer noch all das machen können, was sie vorher gerne gemacht haben. Ich glaube, dass „Teddy Tilly“ Kinder stärker und selbstbewusster machen kann, denn es geht darin um Mitgefühl, Akzeptanz und Toleranz.

3.) Für ältere Kinder empfehle ich immer gerne „Nenn mich Kai“, eine Graphic Novel in der die Geschichte eines trans Manns erzählt wird – leider ist das Buch nur noch antiquarisch erhältlich.

Auf meinem Blog versuche ich regelmäßig Bücher rund um das Thema trans vorzustellen und Entdeckungen zu teilen, schaut also immer gerne bei mir vorbei.

5.) Wie sehen weitere Wege aus, auf denen die Eltern ihre Kinder dann begleiten können? Gerade in Hinblick auf Kita, Schule und andere Ort kann es durch mangelnde Aufklärung/Akzeptanz schwierig werden. Wie können Eltern ihre Kinder langfristig gut begleiten und unterstützen?

Ich erlebe selbst immer wieder, wie wenig die Gesellschaft weiß und vor allem auch, wie wenig Institutionen, Mediziner*innen oder Behörden wissen. Es ist – glaube ich – wichtig, sich nicht entmutigen zu lassen und das Kind zu unterstützen. In Luzie Lodas Bilderbuch kommt zum Beispiel der Vater von Bella mit in ihre Schulklasse, um ihren Mitschüler*innen zu erklären, was Intergeschlechtlichkeit eigentlich bedeutet. Für die Kinder ist es ganz wichtig, nicht alleine zu sein – gerade auf Twitter lese ich immer wieder davon, dass Lehrer*innen weiter den Deadname (also den alten abgelegten Namen verwenden) verwenden, da wünsche ich mir von Eltern, dass sie aktiv werden und an Kitas, Schulen oder in den Vereinen ihrer Kinder für Akzeptanz und Verständnis werben.

Irgendwann wünschen sich trans Kinder und Jugendliche häufig auch medizinische Veränderungen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie belastend die Pubertät für mich gewesen ist – es besteht deshalb z.B. die Möglichkeit, Hormonblocker zu verschreiben, um die pubertären Veränderungen zu stoppen. Bei all dem ist es wichtig, sich zu informieren, mit Ärzten, Beratungsstellen und Endokrinologen zu sprechen – und dabei immer die Wünsche des Kindes an erste Stelle zu setzen.

Linus ist Germanist, Blogger und Buchhändler. Auf seinem Blog buzzaldrins.de gibt er einen Einblick in seine Bücherwelt und stellt dabei auch immer wieder lesenswerte Kinderbücher vor. Er selbst ist ein Trans Mann und setzt sich für Aufklärung in Hinblick auf das Thema Transidentität ein.

mamaarbeitet: Mein Leben mit meinem autistischen Kind

Wir alle sehen immer wohlwollend und verständnisvoll auf unsere Kinder. Wir nehmen sie an, wie sie sind und begleiten sie. Manchmal zeigt sich aber, dass hinter einem sehr ausgeprägtem Verhalten in die ein oder andere Richtung doch etwas mehr steht als wir vermuten oder zunächst annehmen wollen – oder andere uns einreden, dass es nichts sei und wir nur überforderte Eltern wären oder unsere Kinder nicht richtig behandeln würden.
In der Arbeit erlebe ich nicht selten, dass es oft sehr lange Weg zu einer Diagnose. So war es auch bei Christine und ihrem Kind: “Nur hörte die Trotzphase nicht auf, sondern wurde scheinbar immer ausgeprägter.” Nun, nach Jahren, hat sie eine Diagnose und berichtet ab jetzt über ihren Weg. Der Auftakt einer interessanten und wichtigen Serie ist hier zu lesen.

Auf Augenhöhe

Wenn wir heute darüber sprechen, wie wir den Alltag mit unseren Kindern gestalten, sprechen wir häufig davon, dass wir mit unseren Kindern “auf Augenhöhe” umgehen und meinen damit, dass wir ihre Bedürfnisse wahrnehmen und sie als ebenso wichtig betrachten wie unsere eigenen. “Auf Augenhöhe” meint: Ich sehe dich an, ich nehme dich wahr, ich erkenne deine Bedürfnisse an. Aber wie gestaltet sich das im Alttag mit Kindern wirklich?

Auf Augenhöhe mit Bedürfnissen umgehen

“Auf Augenhöhe sein” bedeutet, dass wir die Bedürfnisse des Gegenüber wahrnehmen und als ebenso wichtig betrachten wie unsere eigenen und dann beantworten oder gegeneinander abwägen, was in der konkreten Situation machbar und sinnvoll ist. Dabei sollten wir uns von dem Gedanken befreien: “Ich mache das richtig/Meine Meinung zählt mehr, weil ich die erwachsene Person bin.” Natürlich können wir als erwachsene Menschen Situationen anders einschätzen und abwägen bzw. auf einen wesentlich größeren Erfahrungsschatz zurückgreifen. Als Eltern geben wir auch den Weg vor und treffen letztlich Entscheidungen. Es “auf Augenhöhe” zutun, bedeutet aber, die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes nicht sofort abzutun, sondern erst einmal anzuhören und einzuordnen. Wir nehmen das Kind sinnbildlich auf unsere eigene Augenhöhe hoch.

Das bedeutet auch, dass wir dann, wenn wir das Bedürfnis des Kindes nicht erfüllen können (weil es objektiv nicht möglich/sinnvoll ist und nicht, weil wir es aus Überlegenheit/Unlust einfach ablehnen), es dennoch anerkennen: “Ich verstehe, dass Du das jetzt machen möchtest, aber wir haben einen wichtigen Termin und können nun nicht auf den Spielplatz” und die Bedeutung des Bedürfnisses anerkennen und eine andere Lösung anbieten: “Du möchtest gerne auf den Spielplatz, jetzt schaffen wir es nicht, aber wir können es nach dem Termin machen.” oder eine Alternative: “Wir schaffen es jetzt nicht, auf den Spielplatz zu gehen, aber ich habe verstanden, dass Du gerne noch ein wenig spielen möchtest. Lass uns doch etwas zum Spielen für unterwegs mitnehmen.”

Auf Augenhöhe gehen

“Auf Augenhöhe” bedeutet aber auch mehr als “nur” der Umgang mit einer Sachlage: Es bedeutet auch, dass wir tatsächlich mit unseren Kindern auf Augenhöhe gehen. Es bedeutet, nicht von oben herab Entscheidungen auf sie nieder kommen zu lassen, nicht durch den Raum eine Anweisung rufen. Es bedeutet, dass wir uns einen kleinen Augenblick die Zeit nehmen, um in Kontakt mit unseren Kindern zu kommen auf Augenhöhe: Wir können uns zu ihnen hinunter beugen, sie vielleicht berühren beim Reden und so den Fokus auf dieses Gespräch legen.

Wir können sie auch hoch nehmen auf unsere Augenhöhe und mit ihnen sprechen. Wir müssen sie nicht auffordern, uns beim Reden direkt in die Augen zu blicken, aber allein die gleiche Augenhöhe und Nähe sind wichtige Anreize für ein wirkliches Gespräch über ein Bedürfnis.

Die Welt aus deiner Augenhöhe betrachten

Und noch etwas können wir tun, um sie besser zu verstehen: Manchmal die Welt aus ihrer Augenhöhe betrachten. Wie sieht das Kinderzimmer, unsere Wohnung aus dem Blickwinkel meines Kindes aus? Was sind Herausforderungen, die sich aus dieser Perspektive ergeben? Was sieht das Kind vielleicht gar nicht aus seiner Höhe? Wie sieht die Welt draußen aus aus der Perspektive eines 1m großen Menschen?

Wenn wir die Welt durch Kinderaugen betrachten auf der Höhe der Kinderaugen, bekommen wir ein besseres Verständnis für ihre Bedürfnisse aber auch für ihre alltäglichen Herausforderungen. So kann es uns gelingen, dann auch leichter mit ihnen “auf Augenhöhe” zu sprechen.

Eure


Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.    

aufbruchzumumdenken: Kevin allein zu Haus aus Bindungssicht

Ein wenig dunkel erinnere ich mich noch an den Film “Kevin allein zu Haus” aus meiner Kindheit. Bestimmt habe ich ihn zwei oder drei Mal gesehen. Leen von aufbruchzumumdenken hat ihn nun als Mutter noch einmal gesehen und hat die Anfangsszene auf ihrem Blog hier noch einmal aufgeschrieben und ihre Anmerkungen dazu. Spannend, wie anders so ein Film auf einmal wirkt.

In guten wie in schlechten Zeiten…

Es gibt Phasen, in denen fällt uns das geborgene, liebevolle Leben mit unseren Kindern einfach: Zeiten, in denen nahezu alles zu stimmen scheint, in denen wir “im Flow” sind mit unseren Kindern und dem Alltag. Zeiten, in denen wir milde lächeln können und entspannte Nachmittage mit Kind auf dem Sofa genießen. Und es gibt Phasen, in denen es all das nicht gibt. In denen es schwierig ist, in denen an unserer Kraft gezehrt wird. Phasen, in denen wir uns fragen: Wird das jemals wieder gut? Und: Mach ich das vielleicht doch alles nicht richtig? Manchmal nagen Zweifel an uns, ob der eingeschlagene Weg wirklich der richtige ist, wenn er vielleicht gar nicht so entspannt ist wie gedacht. In genau diesen Zeiten können wir an ein Mantra denken und es uns immer wieder sagen: “In guten wie in schlechten Zeiten!”

Manchmal fällt es einfach

Genügend Schlaf, genügend freie Zeit, genügend Unterstützung. Ein Kind mit einem aktuell leicht zu begleitendem Temperament oder ein Baby, dessen Bedürfnisse leicht erkannt und beantwortet werden können. Es kann manchmal so einfach sein. Wenn die Grundvoraussetzungen stimmen, kann der Alltag entspannt begleitet werden und bindungorientiertes Leben ist recht einfach und umgänglich.

– manchmal aber auch nicht

Manchmal kommt es aber auch ganz anders: Zeiten mit wenig oder häufig unterbrochenem Schlaf, viel Termindruck und wenig entspannte Freizeit, wenig Unterstützung und vielleicht auch noch ein Kind, dessen Bedürfnisse geradezu schwer erkannt oder im Alltag beantwortet werden können – das macht einen entspannten Alltag viel schwieriger. Bindungsorientiert antworten und Feinfühligkeit haben und zeigen, das fällt unter Stress wesentlich schwerer. Wir haben einfach nicht die Augen und Ohren, um in einem trubeligen Alltag auch noch feinfühlig die kleinen Signale wahrnehmen zu können. Stress kann dann eher zu negativem Erziehungsverhalten führen: Wir reagieren weniger emphatisch, sind genervt, verlangen mehr vom Kind als es geben kann und übersehen die eigentliche Kooperationsbereitschaft. Hierdurch reagiert das Kind (verständlicherweise) mit Anspannung und muss die Bedürfnisse und Überforderung noch stärker zeigen – ein Teufelskreis beginnt.

Ausstieg aus der Negativspirale

In solchen Phasen hilft nur ein Anhalten – auch wenn das gerade jetzt besonders schwer ist. Denn in einem stressigen Alltag mit zu wenig Zeit und zu vielen Aufgaben auch noch bewusst verlangsamen? Das kann nicht gut gehen, sind wir vielleicht im ersten Moment verleitet zu denken. Aber eine Familie ist kein lineare Aufgabe, die so einfach und logisch zu lösen ist. Eine Familie ist ein System, das viele komplexe Inhalte hat. Um aus einem Negativkreislauf auszubrechen, können wir mit Kindern nicht auf Durchhalten und Abwarten setzen. Wir müssen wieder einen Schritt auf sie zu gehen und sie und uns liebevoll an die Hand nehmen.

In guten wie in schlechten Zeiten auf Bindungsorientierung setzen bedeutet, dass wir uns auch in den stressigen Zeiten vor Augen führen, was unser eigentlicher Leitstern für eine Beziehung ist und müssen uns wieder darauf ausrichten: Kurz anhalten, den Stern am Himmel suchen und dann langsam gemeinsam wieder darauf zu gehen.

Im Familienalltag bedeutet das: Sich mit Kind eine Auszeit gönnen, einen Nesttag einlegen, Verabredungen absagen. Es bedeutet, ganz bewusst nicht nach Hause zu hetzen nach Kita oder Schule, sondern den Weg vielleicht als Entdeckungsreise zu sehen: Einmal andere (vielleicht auch Umwege) gehen und zusammen entdecken, was auf dem Weg liegt. Zu Hause alte Muster durchbrechen für mehr Entspannung: Das Abendessen kann mal als Picknick auf dem Boden gegessen werden oder es ist Mit-den-Händen-Esstag. Zu Hause das Handy ganz bewusst als erstes in das Regal legen und nicht darauf achten, Digital Detox für einen entspannten Nachmittag. Mit kleinen Kindern baden, mit größeren Kindern können wir Wohlfühloasen schaffen und massieren und kuscheln. Gerade Hautkontakt kann in stressigen Phasen ein guter Helfer sein, um zur Ruhe zu kommen durch das Kuschel- und Bindungshormon Oxytocin, das uns alle wieder entspannt und beruhigt. Entschleunigung ist das Zauberwort für diese angespannten Zeiten.

Schlechte Zeiten gibt es immer mal wieder im Familienleben. Stressige Zeiten sind – auch wenn sie nicht schön sind – normal. Wichtig ist nur, dass wir durch sie nicht an uns und unseren Leitlinien zweifeln und wir einen Moment warten, um wieder zurück auf den Weg zu kommen. In guten wie in schlechten Zeiten geht das durch Einfühlsamkeit, Ruhe und das Hinfühlen dahin, was wir gerade wirklich brauchen.

Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.    

Achtsam durch 2019 – Ein Guter Plan Family mit Geborgen Wachsen {Werbung & Verlosung}

Eigenwerbung

Ein achtsamer und entspannter Familienalltag ist das, was wir uns alle wünschen und was im Alltag dennoch so schwer fällt. Da gibt es Arbeit, Haushalt, Kinder, eventuell Partnerschaft, Freundschaften, vielleicht Hobbys… Die Liste der Alltagsdinge ist lang und nicht selten unübersichtlich. Und dann ist es nicht selten auch noch so, dass es uns trotz der vielen 1000 Aufgaben schwer fällt,  “Nein” zu sagen, wenn noch mehr Aufgaben an uns heran getragen werden. Entspannung und Achtsamkeit sind da nicht nur Herausforderungen, sondern können sogar noch zu einem Druck werden, zu einem weiteren Programmpunkt der Alltagsliste.

Wie Ein Guter Plan Family entstand

2015 haben meine Freundin Milena und Jan zusammen das Crowdfunding für Ein Guter Plan gemacht, dem achtsamen Kalender mit der Botschaft: “Wir glauben: Das wichtigste Buch in deinem Leben sollte über dein Leben sein.”  Milena und Jan haben diesen Kalender, der auch schon mit dem Red Dot Award ausgezeichnet wurde, entwickelt, weil sie ihn selbst brauchten und haben ihre eigenen Techniken für Achtsamkeit und Meditation darin verarbeitet, die ihnen ganz persönlich durch schwierige Zeiten geholfen haben. Schon über 90.000 verkaufte Exemplare haben ihn zu einem der erfolgreichsten Planer weltweit gemacht.

Was für mich an dem Kalender, den ich seit 2015 selbst immer nutzte, fehlte: Eine Anpassung an das Familienleben, das noch einmal ganz besondere Herausforderungen mit sich bringt. Immer wieder haben wir darüber gesprochen, haben Ideen zusammengetragen und schließlich ist er entstanden: Ein Guter Plan Family – mit den lange bewährten Techniken des Ein Guter Plan und mit zusätzlichen Techniken, Inhalten und einer an den Familienalltag orientierten Aufteilung.

Ein Guter Plan Family – So begleitet er Dich

Der Ein Guter Plan Family ist in drei Teile gegliedert: Es gibt am Anfang eine Bestandsaufnahme: Wo stehst Du? Was macht Dich glücklich? Wo willst Du hin und musst Du überhaupt irgendwo hin? Dieser Blick in sich selbst hinein ist klärend, aber nicht immer einfach. Im zweiten Teil gibt es einen ganzheitlichen Terminkalender für Termine, Aufgaben, eine Reflexion mit der Achtsamkeitsampel für den Alltag und den Zielen und Aufgaben für den nächsten Monat. Im dritten Teil findest Du Listen, Informationen und Platz für Notizen, Spiele für unterwegs und allgemeine Alltagshilfen.

Nimm Dir mit, was Du brauchst

Mit Ein Guter Plan Family wollen wir Dich begleiten und unterstützen auf Deinem ganz persönlichen Weg. Es gibt keine Richtlinien, keine vorgegeben Wege. Du bestimmst selbst, was Du machst und wie. Wir begleiten Dich lediglich durch kleine Anregungen durch Deinen Alltag. Wir wollen Dir helfen, Dein Augenmerk auf das zu richten, was wirklich wichtig ist im Alltag: Du und Deine Familie. Kleine wöchentliche Achtsamkeitstipps können Dir auf diesem Weg helfen. Wir wollen Dich unterstützen, im Alltag auf Dich und Euch zu achten und Milena und Jan haben das Jahr 2019 auch zum Jahr “Zweitausendneinzehn” erklärt, um zu verdeutlichen: Es ist auch okay, Dinge abzulehnen: keine Glorifizierung von Stress, keine Selbstausbeutung, keine Selbstoptimierung.

Verlosung

Ein Guter Plan Family kann Dich verständnisvoll, achtsam und entspannt durch Dein Jahr begleiten – wie auch immer es aussehen wird. Insgesamt drei Exemplare auf verschiedenen Kanälen verlose ich, um mit Euch durch das Jahr zu gehen.

  • Verlost wird hier auf dem Blog ein „Ein Guter Plan Family“ in Deiner Wunschfarbe (auf Instagram und Facebook finden ebenfalls Verlosungen statt, unabhängig von dieser)
  • Kommentiere zur Teilnahme hier auf dem Blog: Welche der drei Farben ist Deine Wunschfarbe?
  • Bitte kommentiert individuell, so dass nach der Auslosung eine eindeutige Zuordnung des Namens möglich ist (bspw. ist eine Zuordnung schwierig, wenn es 20 Stefanies gibt, daher dann lieber Stefanie_79 oder ähnlichen Namen wählen). Bitte kommentiere nur einmal: Manchmal dauert es ein paar Stunden, bis Dein Kommentar freigeschaltet werden kann, aber er geht nicht verloren.
  • Die Teilnahme steht in keinem Zusammenhang mit Facebook oder Instagram.
  • Datenschutzhinweis: Dieses Gewinnspiel ist nicht an weitere Kontaktaufnahme wie Newsletter und Werbung gekoppelt. Die Daten der TeilnehmerInnen werden nicht weitergehend ausgewertet oder zu Werbezwecken gebraucht. Alles weitere zum Umgang mit Daten findet Ihr im Datenschutzhinweis
  • Teilnahmeberechtigt sind alle volljährigen natürlichen Personen.
  • Versand ausschließlich innerhalb Deutschlands.
  • Die Teilnahme beginnt am 27. November 2018 um 9 Uhr und endet am 29. November 2018 um 24 Uhr. Verlost wird nach Teilnahmeschluss am 30. November 2018.
  • Der/die Gewinner/in wird im Anschluss nach dem Zufallsprinzip ermittelt und unter dem Kommentar zur Teilnahme benachrichtigt, sowie direkt angeschrieben
  • Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
  • Versand ausschließlich innerhalb Deutschlands.
  • Eine Barauszahlung des Gewinns ist nicht möglich.
  • Sollte sich der/die Gewinnerin nicht spätestens 10 Tage nach der Verlosung zurück melden, verfällt der Gewinn.

Eure

 

Die Verlosung ist beendet, die Gewinnerin wurde benachrichtigt.

 

Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.    

Stillen im Alltag unterstützen – so geht es

Muttermilch ist die natürliche und beste Nahrung für Babys und Muttermilch beinhaltet alles, was das Kind zur Versorgung benötigt in der immer wieder passenden Zusammensetzung, richtig temperiert und schnell verfügbar. Dennoch ist das Stillen bzw. die Ernährung mit Muttermilch nicht immer einfach, weil Wissen, Beratung und vor allem auch Unterstützung fehlen. Die WHO hält genau dies fest:

Breastfeeding is the normal way of providing young infants with the nutrients they need for healthy growth and development. Virtually all mothers can breastfeed, provided they have accurate information, and the support of their family, the health care system and society at large.

Unterstützung meint dabei aber nicht nur das Fachpersonal und fachliche Beratung, sondern uns alle: die Partner*in der Stillenden, die Familie, das Gesundheitssystem, die gesamte Gesellschaft. Wir alle nehmen einen Einfluss auf die Unterstützung und Wahrnehmung des Stillens. Jede Frau sollte nach umfassender Information frei entscheiden können, ob sie stillen möchte oder nicht (sofern nicht sowieso medizinische Gründe dagegen sprechen). Hat sie einen Stillwunsch, sollte sie umfassende Unterstützung bekommen, um diesem nachgehen zu können. Fachliche Unterstützung findet sich bei Hebammen, IBCLCs und Stillberaterinnen/Stillbegleiterinnen, aber auch Kinderärztinnen können stillfreundliche Rahmenbedingungen und Angebote schaffen. Persönliche Unterstützung darüber hinaus können wir alle anbieten in vielen kleinen Alltagsdingen.

Unterstützung durch den anderen Elternteil

Einen besonderen Einfluss auf das Stillen nimmt der andere Elternteil des Kindes. Laut einer Untersuchung in Bayern (Kohlhuber et al. 2008) zum Stillverhalten und der Einstellung des Vaters zum Stillen, stillen Mütter 22mal häufiger, wenn der Vater eine positive Einstellung zum Stillen hat im Vergleich zu Ehepaaren, bei denen der Partner dem Stillen gegenüber negativ eingestellt war. Doch nicht nur auf das generelle Stillen wirkt sich die positive Einstellung des Partners aus: Eine ablehnende Haltung gegenüber dem Stillen ist ein wesentlicher Faktor dafür, dass Babys schon vor dem vierten Monat zugefüttert oder abgestillt wurden. Die Einstellung des anderes Elternteils ist daher ein wesentlicher Einflussfaktor auf das Stillen und die Stilldauer. Anerkennung und Unterstützung können das Stillen erleichtern und verlängern.

Grenzt Stillen den anderen Elternteil aus?

Damit das Baby möglichst lange die besonderen Eigenschaften der Muttermilch nutzen kann, ist es deswegen gut, wenn der andere Elternteil dem Stillen gegenüber aufgeschlossen ist und ausreichend Informationen darüber hat, warum das Stillen bzw. die Muttermilchernährung so wertvoll sind. Dabei kann auch die Sorge, das Stillen würde den anderen Elternteil aus der Beziehung ausgrenzen, entkräftet werden: Eine gute Bindung zum Kind entsteht nicht allein durch das Stillen. Auch wenn das Stillen einen positiven Einfluss auf die Bindungsentwicklung haben kann, ist es keine Grundvoraussetzung dafür und es gibt zahlreiche andere Möglichkeiten für den Bindungsaufbau. So hat der andere Elternteil die Möglichkeit, ganz ohne Ernährung eine Beziehungsband zum Kind zuknüpfen rein über die weitere Interaktion. Hat sich das Stillen eingespielt, kann Muttermilch auch mit der Hand aus der Brust entleert werden und der andere Elternteil kann die Muttermilch mit Hilfe eines Bechers oder anders füttern. Dennoch kann aber auch ganz unabhängig vom Füttern eine tragfähige Beziehung von Anfang an aufgebaut werden durch schöne zweisame Momente, durch das Tragen, das Kuscheln und/oder  Babymassage.

Das stillfreundliche Familienklima

Auch wenn es in früheren Generationen vielleicht anders gehandhabt wurde: Heute können Mutter und Kind so lange stillen, wie es für beide richtig ist und es wird eine ausschließliche Stilldauer von einem halben Jahr empfohlen. Manchmal ist das für Großeltern und andere Familienangehörige noch befremdlich. Aber letztlich ist es das Ziel der Familie, das neue Familienmitglied bestmöglich wachsen zu lassen und rundum gut zu versorgen. Auch für Freunde und Familie kann es hilfreich sein, Informationen über die positiven Eigenschaften der Muttermilchernährung zu erhalten, damit der Wunsch einer guten Versorgung zu einem stillfreundlichen Familienklima ohne negative Kommentare führt. Ist eine stillende Mutter zu Gast, ist ein bequemer Ort zum Stillen von Vorteil. Manche Frauen beschreiben, dass sie beim Stillen immer Durst verspüren und es ist gut, einer stillenden Frau ein Getränk anzubieten. Das muss kein spezieller Stilltee sein, sondern es reicht oft einfach ein Glas Wasser.

Stillfreundlicher Alltag

Ganz konkret können wir jedoch auch unabhängig von Familientreffen eine stillfreundliche Umgebung und Gesellschaft schaffen durch Offenheit, Akzeptanz und Rücksichtnahme. Das bedeutet, dass wir stillende Frauen in der Öffentlichkeit als normal ansehen und sie vor negativen Kommentaren schützen. Hilfreich ist es auch, wenn wir eigene negative Erfahrungen möglichst zurückhalten, um Frauen in der Anfangsphase des Stillens nicht zu verunsichern oder zu ängstigen. Wenn Hilfe oder Unterstützung benötigt wird, können wir mit hilfreichen Tipps zur Seite stehen oder an passende Stellen verweisen und gleichzeitig Verständnis aufbringen für die manchmal auch auftretenden Herausforderungen in einer Stillzeit.

Verständnis, Akzeptanz und Anteilnahme sowie Respekt vor der jeweiligen Entscheidung der Mutter in Bezug auf das Stillen sind die Grundpfeiler, die unsere gesellschaftliche Einstellung gegenüber jungen Familien tragen sollte. Und damit lässt sich schon recht viel erreichen in Hinblick auf ein stillfreundlicheres Klima.

 

 

Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.    

 

Sei bitte lieb und brav! (Sonst kommt nicht der Weihnachtsmann)

“Jetzt ist aber bald Weihnachten und da wirst Du doch nicht…” so ähnlich hörte es eines meiner Kinder kürzlich von einer fremden Person. “Gut sein”, “brav sein” – darum geht es immer wieder. Wir lesen die lustigen Geschichten von Michel, bewundern die tapfere Pippi Langstrumpf und fiebern mit der selbstbewussten Momo. Aber selbst ein aufmüpfiges Kind haben oder in der Umgebung ertragen? Nein, danke!

Sei lieb und brav

Kinder sind toll. Die Geburtenrate ist in den letzten Jahren hierzulande gestiegen auf durchschnittlich 1,59 Kinder pro Gebärender – der höchste seit 1973 gemessene Wert. Gleichzeitig zeigt sich aber auch: Mutterschaft geht mit einem verringerten mentalen Wohlbefinden (pdf) einher, zumindest in den ersten sieben Jahren nach der Geburt. Das liegt zu großen Teilen sicherlich auch am Druck, der auf Eltern und insbesondere Müttern lastet, an der fehlenden Unterstützung und damit einhergehend auch fehlenden Ressourcen, um entspannt Elternschaft leben zu können. Wir erwarten erschöpft an vielen Stellen, dass sich Kinder einpassen müssen in unser Leben: sie sollen sich schnell anziehen lassen ohne Ärger, sollen brav am Tisch sitzen und ordentlich essen ohne Tisch, Stuhl und Teppich zu schmutzig zu machen. Sie sollen bitte morgens kein “Theater” machen, wenn sie in Kita oder Schule gebracht werden und bitte nach dem Abholen möglichst pflegeleicht sein. Und in der Wohnung, in der die Nachbarn uns hören können, sollen sie möglichst leise sein und unauffällig. Erschöpfung und ein falsches Bild von kindlichem Verhalten und kindlichen Möglichkeiten vermischen sich.

Wie Kinder zu uns kommen: neugierig

Wir erwarten brave Kinder, weil sie so in unsere Gesellschaft passen sollen. Tatsächlich aber kommen zu uns ganz normale Menschen mit ihrem jeweiligen Temperament. Manche Kinder sind leiser, manche Kinder sind lauter. Aber ganz sicher sind Kinder keine kleinen Erwachsenen, denn sie denken noch anders als wir, sind wesentlich mehr gefühlsbestimmt und weniger überlegt. Sie sind neugierig und wissbegierig, denn Neugierde ist der Motor ihrer Entwicklung. Manche dabei schüchterner und manche forscher. Das ist nicht pathologisch, sondern normal. Und auch, dass es durchaus schwer sein kann, dies zu begleiten für uns Erwachsene. Da stehen wir einem anderen Menschen gegenüber, der in manchen Phasen und Situationen denkt und handelt, wie wir es vielleicht mit unseren erwachsenen, überlegten Gedanken nicht mehr nachvollziehen können. Manchmal ist es sogar so, dass in einer Familie ganz verschiedene Temperamente aufeinander treffen und es für Eltern eine große Herausforderung ist, mit einem ganz anderen Temperament als dem eigenen umgehen zu müssen. Das ist tatsächlich nicht einfach. Aber die Aufgabe unserer Beziehung ist es, den anderen Menschen gegenüber zu erkennen in den jeweiligen Bedürfnissen und darauf angemessen zu reagieren.

Bedingungen und Selbstwert

Wenn wir Eltern darüber nachdenken, ob wir unsere Kinder lieben, sagen wahrscheinlich die meisten: Ja! Und natürlich würden wir wohl auch zumeist zustimmen, dass wir bedingungslos lieben. Wenn wir unseren Alltag hingegen betrachten, stellen wir vielleicht doch an der einen oder anderen Stelle fest, dass wir an die Liebe zum Kind Bedingungen stellen: Positive Aufmerksamkeit bekommst Du dann, wenn Du meine Erwartungen erfüllst. “Sei lieb und brav, sonst…kommt nicht der Weihnachtsmann bzw. ich hab Dich weniger lieb.” Wir knüpfen Liebe und Bedürfniserfüllung an Bedingungen: Du bekommst etwas (Geschenk/Zuneigung), wenn… Und dieses “wenn” ist nicht an den Fähigkeiten und Möglichkeiten unseres Kindes orientiert, sondern an unseren erwachsenen Erwartungen.

Was Kinder aber wirklich brauchen, ist das Gefühl, angenommen zu werden. Das Selbstwertgefühl von uns bildet sich nämlich danach aus, wie Kinder sich angenommen fühlen: Wer sich als bedingungslos geliebt/angenommen empfindet, bildet ein stärkeres, sichereres Selbstwertgefühl aus (pdf) als diejenigen Kinder, die Zuneigung nur durch Erfüllung von bestimmten Erwartungen erhalten. Und eigentlich ist es doch genau das, was wir unseren Kindern auf den Weg ins Leben mitgeben wollen: Vertrauen in sich selbst und die eigenen Fähigkeiten.

Wenn wir ihnen immer wieder signalisieren: Dein (normales!) kindliches Verhalten ist falsch, vermitteln wir ihnen, dass sie selbst falsch sind. Wir geben ihnen kein gutes Gefühl für sich mit, keinen Vertrauen in sich und keine Sicherheit darin, dass das eigene Gefühlserleben richtig ist. Wir richten ihren Blick nicht auf das Innen und die Eigenwahrnehmung, sondern ausschließlich auf das Außen und darauf, wie sie auf andere wirken können.

… sonst kommt nicht der Weihnachtsmann

Gerade zur Weihnachtszeit gipfeln die Erwartungen und Bedingungen an kindliches Verhalten in Drohungen. Dafür wird gerne die übermenschliche Figur des Weihnachtsmannes oder Christkinds herangezogen als außenstehender Richter über gute und schlechte Taten. Unsere eigenen Erwartungen an das Kind werden übertragen auf eine dritte Person, die in Listen oder Büchern gute und schlechte Taten aufführt und letztlich bewertet: “Wenn Du kein guter Mensch bist (meiner Meinung nach), bekommst Du weniger Geschenke.” Oder keine. Oder gar eine Rute. Erziehung durch Druck, Angst und letztlich das Gefühl, nicht richtig zu sein und von anderen bewertet zu werden. Auf diese Weise verkehrt sich das “Fest der Liebe” in ein Fest der Angst des Kindes vor Abwertung und Beschämung. Davor, “nicht richtig zu sein”, obwohl es einfach nur Kind ist und natürlich nicht die Erwartungen an erwachsenes Verhalten erfüllen kann.

Auch dann, wenn wir lediglich – in unseren Augen – positives Verhalten hervorheben und das Kind loben im Sinne von: Das hast Du so toll gemacht, dafür bekommst Du vom Weihnachtsmann sicher noch ein extra Geschenk, kann das genauso negativ sein wie die Androhung, nichts zu bekommen wegen “Fehlverhaltens”. Denn damit vermitteln wir ein Gefühl davon, wie das Kind eben nicht toll wäre: Wenn es einmal das Gegenteil dieses Verhaltens zeigt. Ein “Ich hab Dich lieb, weil…” kann manchmal auch den Umkehrschluss enthalten “Ich hab Dich nicht lieb, wenn…” Kinder sollten sich nicht nur dann angenommen und geliebt fühlen, wenn sie unsere Erwartungen erfüllen. Sowohl mit einer übermäßig positiven Hervorhebung kindlichen Verhaltens als auch mit Druck und Bestrafung sollten wir also vorsichtig sein.

Bestätigung darüber, “gut” zu sein, “richtig” zu sein, vermitteln wir dem Kind darüber, Dinge zu bekommen, mit Dingen “belohnt” zu werden: Wenn Du brav bist, bekommst Du ein Geschenk, wirst belohnt mit einem Gegenstand. “Dinge machen glücklich” – auch dies ist eine Botschaft, die wir unseren Kindern mit auf den Weg geben, wenn wir mit Belohnung oder Bestrafung durch Weihnachtsgeschenke arbeiten.

Ich liebe Dich – so wie Du bist

Was Kinder brauchen – nicht nur zur Weihnachtszeit – ist das Gefühl, angenommen und geliebt zu werden. – Und dies auch/gerade dann, wenn sie eben vollkommen natürliches kindliches Verhalten zeigen. Statt mit Drohungen, Liebesentzug oder himmlischen Richtern zu drohen, sollten wir uns zunächst immer vor Augen führen, dass wir eben ein Kind vor Augen haben und keinen Erwachsenen. Auch dann, wenn wir gerade – wie oft in der Vorweihnachtszeit – besonders gestresst sind und es so gerne einfacher hätten.

Wir können hinsehen und uns fragen: Was ist jetzt das Bedürfnis meines Kindes? Warum verhält es sich so? Wir brauchen Verständnis für die normale kindliche Entwicklung – und müssen dieses Verständnis auch gegenüber der Gesellschaft verdeutlichen und verteidigen in all jenen Situationen, in denen uns hochgezogene Augenbrauen in der Öffentlichkeit ermahnen wollen, unsere Kinder bitte – koste es was es wolle – in ihre Erwartungen zu pressen.

Gerade dann, wenn ein Kind wütend oder traurig ist, braucht es uns und unsere einfühlsame Begleitung. Es braucht das Gefühl, auch in schwierigen Situationen geliebt und angenommen zu werden und sich mit einer Not an liebevolle Bezugspersonen wenden zu können. Es braucht Sicherheit in den Momenten, in denen es Unbeständigkeit fühlt und nicht weiß, wie es sich anders ausdrücken kann. Es braucht Liebe und Vorbild.

Aber die Gesellschaft…

Das bedeutet nicht, dass Kinder sich in der Gesellschaft nicht auch so bewegen sollten, dass alle miteinander entspannt leben können. Aber das, was gesellschaftskonform ist, muss an die kindlichen Fähigkeiten angepasst werden: Wenn ein Kleinkind wütend tobt vor Langeweile in der langen Supermarktwarteschlange, dann ist das ein normales und verständliches Verhalten. Ziel ist es in einer solchen Situation nicht, das Kind mit Druck und Angst zu disziplinieren, sondern einen gangbaren Weg zu finden für diese Familie in dieser Situation: Vielleicht, indem die Familie einfach vorgelassen wird. Vielleicht, indem ihr Platz in der Schlange gesichert wird, während sich Vater oder Mutter um das Kind kümmern. Vielleicht auch, indem das Kind freundlich von anderen abgelenkt wird oder das begleitende Elternteil vermittelt bekommt: Es ist schon gut so.

Wir können einem Kind auch ohne Druck, Zwang und Angst vermitteln: Dieses Verhalten war jetzt gerade nicht passend. Wir können sagen: “Mir ist das zu laut!” anstatt “Du bist zu laut!” Wir können spiegeln und erklären, wie es uns in bestimmten Situationen geht – ohne Kinder dabei zu verängstigen.

Was wir brauchen, ist ein Verständnis für kindliche Fähigkeiten und Möglichkeiten und dass Kinder sich je nach Alter auf bestimmte Weise ausdrücken und ihr Verhalten durch ihre Entwicklung bestimmt ist. Wir sollten nicht den Maßstab an erwachsenes Verhalten an ein Kind legen. Was wir auch brauchen, ist weniger Druck auf Eltern, die sich in der Gesellschaft oft genötigt fühlen, ihr Kind anpassen zu müssen und dafür in einer überforderten, stressigen Situation oft zu erlernten, selbst erfahrenen Maßnahmen wie Druck und Bestrafung greifen, um der Bewertung von Außen standzuhalten (weil sie vielleicht selbst gelernt haben, dass sie nur dann gut und richtig sind, wenn sie das in den Augen anderer sind, siehe oben).

Kinder sind lieb und brav. Manchmal. Und manchmal sind sie wild und unberechenbar. Nicht weil sie gut oder böse sind, sondern weil sie einfach Kinder sind und auf dem Weg, die Welt und sich selbst kennen zu lernen. Begleiten wir sie auf diesem wichtigen Weg ohne Zwang und Druck, damit sie ein gutes Gefühl für sich und die Welt entwickeln können.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de