Kategorie: Geborgen Wachsen

Kontrollverlust in der Elternschaft: akzeptieren und neu ausrichten

Die wahrscheinlich einschneidendste Erfahrung, die das Elternsein für mich mitbrachte, ist der Verlust der Kontrolle, wie ich sie gewohnt war vom Leben vor den Kindern: Ich machte konkrete Pläne, ich befolgte sie und kam selten von einem vorgegebenen Weg ab. Studium, Arbeit, Haushalt – alles funktionierte und war abhängig von den Planungen Erwachsener. Und dann wurden wir eine Familie und mein Begriff von Planung änderte sich.

Schwangerschaft und Geburt – ein neues Verständnis beginnt

Schon der Kinderwunsch brachte eine neue Erkenntnis mit, die sich von nun an durch das Leben ziehen sollte: Nicht alles ist so planbar und funktioniert wie ein Stundenplan. Es dauerte eine Weile, bis sich die gewünschte erste Schwangerschaft ankündigte – und spätere kamen dann überraschender. Auch in der Schwangerschaft zeigte sich die Abkehr vom Gewohnten: Hier entwickelte sich auf einmal ein Mensch, der schon von Anfang an einen eigenen Zeitplan mitbrachte. Der Bauch wurde größer und schwerer und ich wünschte mir besonders beim zweiten Kind nach Überschreiten des Geburtstermins die Geburt sehnlich herbei – aber das Kind kam, als es bereit dazu war nach dem eigenen Zeitplan. Tag für Tag schleppte ich mich mit über einem Meter Bauchumfang durch den Tag, bemalte jeden Tag den Bauch, massierte und redete gut zu: Das Kind kam dann plötzlich eines Sonntagmorgens auf seine ganz eigene Weise. Und auch die Geschwister hatten eigene Wege: Ein Kind vor dem Termin, ein Kind nach dem Termin, ein Kind am Termin – jedes ging seinen persönlichen Weg und war nicht zu beeinflussen von meinen Gedanken und Planungen. Der Gynäkologe Prof. Dr. Hildebrandt (2013) spricht sich daher auch dafür aus, dass die Bezeichnung “Geburtstermin” generell nicht mehr verwendet wird, sondern lieber von einem “Geburtszeitraum” gesprochen werden sollte, um weder Schwangere noch deren Familienmitglieder oder Hebammen und Ärztinnen zu beunruhigen und mehr zur Gelassenheit beizutragen. Auch Hebamme Anja schreibt hier dazu: „Wir können vieles, von dem was geschieht, nicht kontrollieren. Aber wir können gestalten, wie wir damit umgehen.“ Es ist der Beginn eines neuen Umgangs, ein neues sozialen Leben, das mit Kinderwunsch und Geburt beginnt.

Das Baby bestimmt mit seinen Bedürfnissen den Alltag

Und dann liegt dieser kleine Mensch in den eigenen Armen und alles daran signalisiert, was es will: Der kleine Mund, der saugen möchte, um Nahrung zu erhalten. Der Körper, der sich anschmiegt und nicht abgelegt werden möchte. Der französische Geburtshelfer und Gynäkologe Michel Odent spricht davon, dass das Milchbildungshormon Prolaktin neben dem Nestbautrieb und Nervosität auch zu “Geisteszuständen von Untergebenheit und Unterwerfung” führt: Wir stellen uns auf das Baby ein und seine Bedürfnisse – und zunächst rücken unsere Pläne in den Hintergrund. – Dieses Hormon wirkt übrigens nicht nur bei Frauen, sondern bereitet auch die werdenden Väter auf das Umsorgen des Nachwuchses vor und stimmt sie darauf ein.

Mit kleinem Baby funktioniert der Alltag besser, wenn wir uns zu großen Teilen auf dieses Kind ausrichten und nicht versuchen, unsere früheren (Zeit)pläne durchzusetzen. Das Baby versteht unsere Welt noch nicht, es spürt nur die Bedürfnisse in sich nach Hunger, Zuwendung, Ruhe, Miteinander… Bedürfnisse aufzuschieben ist nun noch nicht möglich. Das entwickelt sich erst mit der Zeit. Versuchen wir aber, sie vehement zu verschieben, führt dies zu Unruhe und größeren Komplikationen und Planänderungen, weil das Baby sich schließlich immer stärker in seinem Bedürfnis mitteilen wird – bis es eventuell aufgrund von Aufgabe verstummt. Das aber kann andere Probleme mit sich bringen. Besonders in der ersten Zeit gibt das Baby den Rhythmus vor – und langsam pendelt sich dann ein gemeinsamer Rhythmus ein in einem Entgegenkommen von beiden Seiten. Daher ist es – nicht nur am Anfang – auch so wichtig, dass Eltern sich gegenseitig unterstützen und noch weitere Hilfe haben, damit sie diesen Babybedürfnissen nach einem entspannten Ankommen entgegen kommen können.

Und dann kommt die „Trotz“phase

Und gerade dann, wenn sich alles ein wenig mehr eingependelt hat, und der Alltag natürlich dennoch nicht wie zuvor, aber auch nicht mehr nur noch in kurzen Intervallen am kleinen Kind orientiert ist, sagt das Kind auf einmal „NEIN!“, und auch hier sehen wir wieder, dass es nicht hilft, die eigenen Wünsche und Pläne durchzudrücken, sondern auch hier beginnen wir wieder mit einem Aushandeln, mit einem Pendeln zwischen dir und mir und müssen noch einmal neu Verständnis für neue Bedürfnisse aufbringen: Das Bedürfnis nach Autonomie, das Bedürfnis nach Ressourcensicherung, das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit und gleichzeitig verstehen, dass noch immer Bedürfnisse nicht wie bei uns Erwachsenen behandelt werden können, dass sie oft nicht aufschiebbar sind und dass die Kindergedanken noch anders laufen und sich einem Gefühl noch wild, laut und überschwänglich Platz gemacht wird, wenn es besonders groß wird.

Und so geht es weiter…

Ist diese Zeit vorbei, kommt der nächste Bereich der Vorschuljahre, in denen das Kind nun schon so viel größer ist und sich mit der Welt vertraut macht und den persönlichen Platz darin sucht und sich die Persönlichkeit weiter entwickelt. Es möchte nicht dieses oder jenes Hobby haben, sondern ein ganz bestimmtes und heute unbedingt verabredet sein oder dorthin zur Übernachtungsparty. Es entscheidet auf einmal im Schulalter, sich anders zu ernähren, oder probiert andere Dinge aus. Es beginnt, den eigenen Weg zu gehen, und wir müssen weiterhin aushandeln zwischen dir und mir und uns.

Kontrolle im Familienalltag – aber anders

Bedeutet das nun also, dass wir unsere Kontrolle über das Leben und den Alltag verlieren? Nein. Es bedeutet aber, dass wir im Laufe der Zeit lernen, in einem System zu leben und zu denken – und von Anfang an den kleinen Menschen, der zu unserem Leben dazu kommt, als solchen betrachten sollten: als Mensch mit eigenen Bedürfnissen, Empfindungen und Wünschen. Mit eigenen Vorstellungen. Als Eltern geben wir Werte mit auf den Weg, die uns wichtig sind, die sich vielleicht beim Kind im Laufe der Jahre auch wandeln. Und dennoch ist es wichtig, Werte und Leitsterne zu verfolgen. Denn sie sind es, an denen wir uns selbst immer wieder ausrichten können im Durcheinander des Alltags. Wir verlieren als Eltern nur eine bestimmte Art von Kontrolle, die sich ergibt aufgrund eines eigenständigen Lebens, ohne auf andere immerzu achten zu müssen. Wir gewinnen aber eine neue Art von Alltagsroutine und Kontrolle hinzu: Eine sehr menschliche, bedürfnisorientierte und emphatische Sicht auf das Leben, wenn wir uns darauf einlassen. „Kontrolle“ im Elternleben bedeutet, einen groben Plan zu haben, wohin es geht. Es bedeutet, voraus zu schauen und am besten gleich möglich auftretende Probleme einzuplanen – und sich freudig überraschen zu lassen, wenn sie nicht kommen. Es bedeutet auch, voran zu gehen und Sicherheit zu vermitteln und diese besonders auch dann auszustrahlen, wenn das Kind mal strauchelt.

Als Eltern lernen wir, mit vielen Bällen zu jonglieren und darauf gefasst zu sein, wenn noch ein weiterer spontan hinein geworfen wird – und irgendwie ist das doch ein ganz schönes Bild statt nur einem Stundenplan zu folgen.

Eure

Wenn Geschwister streiten – Teil 2: Hauen, kämpfen, balgen – Ist das noch normal?

Geschwister streiten sich, denn sie haben unterschiedliche Sichtweisen, Bedürfnisse, Wünsche und streben jeder für sich danach, möglich viele Ressourcen für ihre eigene Entwicklung zu erhalten: in Form von emotionalen oder materiellen Ressourcen. Wie dieser Streit aussieht, ist ganz unterschiedlich: mal lauter, mal leiser. Es ist gut, Streit zu zulassen und Kindern die Chance zu geben, Kompetenzen in der Beseitigung eines Streits zu erwerben. Wut, Enttäuschung, Streit sind nicht per se negative Gefühle, auch wenn wir sie oft so empfinden. Es sind Gefühle, die Raum brauchen. Konflikte müssen benannt und ausgetragen werden, damit sie sich nicht chronisch forttragen in einer Familie. Manchmal brauchen Kinder Hilfe, um aus einem Streit heraus zu finden. Hilfe meint: Ich unterstütze Euch darin, einen guten Weg für Euch beide zu finden und verurteile nicht vorab. Manchmal aber übersteigt der Streit das Aushandlungsniveau und geht dazu über, körperlich zu werden. Aber nicht jede körperliche Auseinandersetzung zwischen Geschwistern ist auch ein Streit.

Worum geht es eigentlich beim Körpereinsatz?

Wenn ich meine Kinder betrachte, sehe ich so manches Mal, wie sie ihren Körper einsetzen im Spiel, in der Kommunikation, im Streit. Und nicht nur hier: Auch auf dem Spielplatz oder in Spielsituationen mit Freunden agieren sie viel über den Körper. Denn die meisten Menschen teilen sich nicht nur über Sprache mit, sondern auch durch Gestik, Mimik und Gebärden. Dies umso mehr, wenn Kinder noch keine Worte haben oder nicht in Worte fassen können, was sie ausdrücken wollen.

Es hilft nicht, Geschwisterkämpfe rigoros zu verbieten, sondern es geht immer um das individuelle Problem, das dahinter steht.

Nicht selten passiert es, dass wir aus unserer erwachsenen Perspektive vorschnell eingreifen und interpretieren: Da ist ein Kind, das breitbeinig den Weg versperrt und seinem Geschwisterkind sagt: „Hier darfst Du nicht rein!“ Oder ein Kind sitzt am Tisch und tritt immer wieder mit dem Fuß gegen das Stuhlbein eines anderen Stuhls, auf dem ein anderes Kind sitzt. Oder ein kleines Kind beißt im Spiel auf einmal beherzt in das größere Geschwisterkind. Es geht so schnell zu denken: „Das war aber ich nicht nett von Dir, das war ziemlich böse!“ Aber wie so oft ist es wichtig, nicht gleich die Handlung zu bewerten, sondern hinter die Handlung auf den Sinn zu sehen und zu versuchen, die Beweggründe des Kindes zu verstehen.

Kinder setzen ihren Körper aus verschiedenen Gründen ein im Spiel und auch in Auseinandersetzungen. Gerade dann, wenn sie impulsiv reagieren, wenn sie reflexhaft auf eine Handlung antworten, kann das körperlich sein. Weil sie vor der Handlung noch nicht wie wir Erwachsenen abwägen können, weil sich kein Nachdenken dazwischen schaltet. Oder aber ihnen fehlen auch Worte und Alternativen, um sich wirklich auszudrücken: Sowohl in den Momenten, in denen sie sich zur Wehr setzen wollen, als auch in solchen, in denen sie vor Übermut und Freude oder Lust ihren Körper stärker einsetzen, als es vielleicht angemessen wäre.

Unterschiedliche Entwicklungsphasen treffen aufeinander

In Geschwisterkonstellationen treffen häufig Altersunterschiede aufeinander, in denen das ältere Kind bei der Geburt des Geschwisterkindes selbst noch in der „Trotz“Phase/Autonomiephase ist und noch nicht fähig ist, jede Handlung reflektiert abzuwägen. Später ist das kleinere Geschwisterkind noch nicht fähig, dies zu tun oder sich sprachlich gut auszudrücken, um auf das ältere Geschwisterkind angemessen zu reagieren – die Positionen des „Nicht-Verstehens“ bzw. „Anders-Handelns“ wechseln sich also ab: Erst ist vielleicht das ältere Geschwisterkind dasjenige, das zu körperlich reagiert, später ist es das kleine Geschwisterkind, das dies tut. Dies liegt an vielen Punkten auch an ihrem jeweiligen Entwicklungsstand und dem Temperament, das sie mitbringen. Daneben aber spielt es auch eine Rolle, wie wir Konflikte zulassen und moderieren oder ob wir diese gänzlich versuchen zu verbannen oder indirekt befeuern.

Vorschnelles Eingreifen

Neben den Momenten, in denen Kinder körperlich Ablehnung oder Überforderung oder Freude ausdrücken, gibt es aber auch die anderen Momente des Balgens mit Geschwistern. Da rollen zwei Kinder über den Fußboden und lachen dabei oder sie spielen im Wasser und spritzen sich gegenseitig nass. Oder sie toben im Bett zusammen mit Kissen. Kommt man als Erwachsener plötzlich zu einem solchen Spiel hinzu, ist die Versuchung groß, einzugreifen: „Ihr sollt euch nicht raufen!“ „Hör auf, deinen kleinen Bruder immer nass zu spritzen!“ – Wir beurteilen eine Situation oft bevor wir wirklich verstanden haben. Und wir greifen oft vorschnell ein.

Natürlich gibt es auch die Situationen, in denen wir als Eltern wissen und denken: „Ah, das Spiel sieht nicht gut aus, da kippt gleich die Stimmung.“ Als Lösung erscheint es naheliegend, zu sagen: „Ich greife lieber jetzt ein und beende das Spiel bevor sie sich verletzen.“ Aber wie bei anderen Konflikten nehmen wir den Kindern damit die Möglichkeit, zu Lösungen zu kommen. Statt als Erwachsener eine Lösung anzubieten, können wir uns in das Spiel, das zu kippen droht, einbringen. Genau hinsehen: Warum kippt dieses Spiel vielleicht jetzt? Hat das größere Kind mehr Energie und muss sie los werden? Kann ich mich einbringen, damit es sich im Balgen gegen mich stemmt und die Energie los lässt? Oder kann ich das kleine Kind, das frustriert ist, weil es unterliegt, unterstützen und dem größeren Kind die Augen öffnen für die Frustration des anderen? Eine Lösung für eine Auseinandersetzung muss nicht immer sein, den Kampf zu beenden. Eine Lösung ist es auch, ihn in eine andere Bahn zu lenken, wenn die Kinder es nicht selbst schaffen.

Ist es immer Kampf und Ablehnung?

Prinzipiell wichtig ist deswegen die Einsicht: Körperlichkeit, Auseinandersetzung und Balgen sind nicht negativ. Sie können Kommunikationsmittel sein, wenn Worte fehlen („Ich will mitmachen“, „Ich will das nicht“, „Ich brauche jetzt Toben“), sie können ein Spiel sein zwischen Kindern, in dem Kompetenzen erworben werden (motorische Kompetenzen wie auch Rücksichtnahme und soziales Spiel) und sie können auch eine Lösung sein für Bedürfnisse („Du bist sauer, komm lass uns …“). Unser Blick als Eltern auf das Toben und Balgen ist oft negativ, weshalb wir vorschnell eingreifen oder es als Eltern auch gar nicht anbieten als Spiel zusammen mit den Kindern. Doch Hauen und Balgen können wesentlich mehr sein als Aggression. Ist es ein Spiel, sollten wir es als Spiel zulassen und einen Blick darauf haben, wie es sich entwickelt und erst notfalls Unterstützung anbieten.

Kampf als Streit

Dennoch gibt es natürlich auch direkten Streit und körperliche Auseinandersetzungen. Mehr als ein „Das darfst Du nicht!“ hilft aber auch hier wieder das Hinsehen: Das große Geschwisterkind, das sich körperlich gegen das Neugeborene zur Wehr setzt und es kneift oder sich auf das Baby legt, möchte mit dem Verhalten etwas ausdrücken. Eine Antwort im Sinne von „Davon geht das Baby kaputt!“ oder „Das darfst Du nicht!“ bringt das Kind nicht weiter, eröffnet keine Alternativen und hilft dem Kind nicht in der Situation, in der es sich befindet. Wir müssen nach Alternativen außerhalb der Situation suchen, damit das große Kind sich nicht körperlich gegen das Baby zur Wehr setzen muss, um gesehen zu werden. Manchmal bedeutet dies, das Kind über einen längeren Zeitraum nah im Zusammensein mit dem Geschwisterkind zu begleiten und immer wieder aufzufangen, Situationen zu erklären oder zu übersetzen, Alternativen aufzuzeigen und zu signalisieren, dass dieses Kind gesehen wird und wir versuchen, es zu verstehen und in seinen Bedürfnissen ernst zu nehmen. Es braucht Zeit, bis das Kind lernt, wie es mit einem Baby gut umgehen kann und dass sein eventuell vorhandener Zorn oder die Eifersucht nicht das Baby als Ziel haben, sondern sich direkt an die Erwachsenen richten sollten.

Auch bei größeren Geschwistern hilft ein „Ihr sollt Euch nicht weh tun!“ nicht, um Probleme zu beheben, die hinter der Aktion stehen. Im Gegenteil: Wird die Auseinandersetzung auf diese Weise immer unterbrochen und es wird nicht nach anderen Lösungen gesucht, schwelt der Konflikt weiter, chronifiziert und wird vielleicht zu einer generellen Ablehnung. Es hilft nicht, Geschwisterkämpfe rigoros zu verbieten, sondern es geht immer um das individuelle Problem, das dahinter steht. Häufig hat es mit Ressourcenverteilung zu tun und wir müssen nach emotionalen und materiellen Alternativen suchen, damit sich alle Geschwister gesehen und verstanden fühlen. Manchmal braucht es dafür auch eine Zeit, in der Geschwister weniger miteinander spielen. Hier ist es immer wieder wichtig, den eigenen Harmoniedrang zu hinterfragen und sich einzugestehen, dass es auch völlig in Ordnung ist, wenn Kinder nicht miteinander, sondern getrennt spielen beispielsweise.

Vorbildverhalten im Toben bei Eltern und Kind

Wenn wir mit den Kindern balgen und toben, können wir ihnen in diesem Spiel auch beibringen, Grenzen zu sehen und zu respektieren. Auch hier sind wir selbst Vorbild und achten auf das Kind und seine Signale und hören mit dem Toben dann auf, wenn das Kind zeigt, dass es keine Freude mehr hat. Ein Nein ist ein Nein, ein Stopp ist ein Stopp. Wir können dem Kind im Spiel erklären: Wenn einer von uns Stopp sagt und/oder die Hand ausstreckt, ist das ein Abbruchzeichen. Als Eltern können wir es selber im Spiel einsetzen und auf unsere Grenzen hinweisen und das Kind kann dies übernehmen und später auf andere Situationen übertragen. Es kann so im Toben und Spiel auch erfahren, wo Grenzen liegen, versteht, was als Berührung in Ordnung ist und was nicht und lernt, das zu kommunizieren.

Körperlichkeit ist normal. Balgen und normal und auch, dass es zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Kindern kommt. Wichtig ist, wie wir das bewerten, ob wir es überhaupt bewerten müssen und wie wir damit umgehen in dem Sinne, eine langfristige Lösung zu finden und nicht nur akut einen Streit abzustellen.
Eure

Den Familienalltag organisieren – Ein guter Plan für Familien {Werbung}

Werbung für Eigenprodukt

Die Anzahl der Tage, an denen wir familiäre Unterstützung haben für die Versorgung der Kinder oder unseren Haushalt, können wir im Jahr an einer Hand abzählen. Wir sind größtenteils auf uns selbst angewiesen. Wir, das bedeutet: mein Mann und ich. Die Aufgaben, die wir haben, teilen wir: Arbeit, Hausarbeit, Carearbeit. Und obwohl wir uns daran orientieren wollen, es recht gleichmäßig aufzuteilen, sind es nicht in allen Bereichen 50 Prozent. Über die Jahre haben wir glücklicherweise noch ein ergänzendes Netz aufbauen können, das uns unterstützt, bestehend aus Freund*innen und Nachbar*innen. Ich habe schon oft darüber geschrieben, wie wichtig dieses Netz um einen herum ist. Denn schon Bowlby schrieb, dass die Versorgung eines Kindes nicht auf den Schultern einer einzelnen Person lasten kann, sondern u.a. ausreichend Unterstützung wichtig ist, um feinfühlig auf kindliche Bedürfnisse eingehen zu können. Aber dennoch bedeutet eine Familie viel Organisation, viel Aufwand, viele Aufgaben, die erledigt werden müssen und solche, die erledigt werden wollen oder nicht vergessen werden sollten.

Kommunikation und zeitnahes Aufschreiben sind meine Alltagshelfer

Unseren Alltag organisieren wir daher in erster Linie durch viel Kommunikation: Wann machst Du was, wann ich? Was liegt praktisch auf dem Weg des einen und wer kann an einem anderen Tag die Kinder von Freunden einsammeln? Und wann haben wir dabei eigentlich Zeit für uns und unsere Freund*innen? Es ist ein Abwägen und Aushandeln und bedeutet nicht selten auch: Eine Person von uns beiden muss Abstriche machen.

Während mein Mann auf die Onlineorganisation schwört, bin ich ein Mensch, der sich gerne die Dinge selbst notiert mit Hand. Mein Kalender liegt jeden Tag geöffnet auf dem Schreibtisch und ich notiere mir immer wieder die Dinge, an die ich gerade denke: Unbedingt noch Waschmittel kaufen, das Kinderbuch im Buchladen bestellen, den Artikel für einen Auftraggeber ändern, Sarahs Mutter hat geschrieben, dass ihre Tochter sich mit meiner verabreden will,… Jeden Tag gibt es viele Dinge, jede Woche hat so ihre eigenen Themen.

Einen Guten Plan haben

Zu meinen Kalendern hatte ich schon immer eine besondere Beziehung. Sie sind wie Tagebücher und ich habe viele von ihnen in einer Kiste zu liegen mit vielen besonderen Erinnerungen darin. Aus Zeiten, in denen man noch Telefonnummern aufschrieb. Als meine Freundin Milena zusammen mit Jan 2015 das Crowdfunding von Ein Guter Plan starteten, war ich von Anfang an dabei und hielt schon bald meinen ersten Ein Guter Plan in meinen Händen.

Es gibt nicht das eine Geheimnis zum Glück für Babys, Kinder, Familien. Aber es gibt Tipps und Anregungen, wie Du Deinen richtigen Weg finden kannst für Deine Familie.

In den folgenden Jahren wurde dieser Kalender mein stetiger Begleiter und eines der meistverschenkten Geschenkte: Ich schenkte es Freund*innen, Kolleg*innen, anderen Blogger*innen zu Weihnachten und selbst meinen Lektor*innen schickte ich zu Weihnachten diesen Begleiter. Der Kalender entwickelte sich zu einem Bestseller und erhielt den Red Dort Award für sein Design. Für eine Ausgabe wurde ich gebeten, einen kleinen Text über Achtsame Elternschaft zu schreiben. Und immer wieder kam ich mit Milena ins Gespräch: Wie wunderbar der Kalender war, wie toll die Übungen darin, der Habittracker, die wöchentlichen Tipps. Aber für Familien, da…

Ein Guter Plan Family

Und so wurde die Idee eines Familienkalenders geboren. Während der Inhalt schon recht klar war und ich durch den Newsletter für Achtsame Elternschaft schon über viele Wochen Erfahrungen gesammelt hatte mit Alltagstipps für Eltern, überlegten wir eine Weile an der Aufteilung der Wochen, so dass ein Familienleben wirklich gut Platz darin finden sollte.

Und wir besprachen nicht nur die wöchentlichen Tipps für mehr Achtsamkeit im Familienalltag, die in jeder Woche vorkommen und jede Woche eine kleine andere Anregung geben, sondern änderten auch einige der schon bekannten und bewährten Techniken ab, um sie an den Familienalltag anzupassen. So entstand Ein Guter Plan Family.

Der Kalender für Deinen ganz persönlichen Weg mit Deiner Familie

Es gibt ihn nicht, den einen immer richtigen Weg für alle Familien. Das wissen wir eigentlich alle, auch wenn wir immer wieder von allen Seiten die „perfekten“ Tipps gesagt bekommen, die „richtigen“ Handlungsanweisung. Es gibt nicht das eine Geheimnis zum Glück für Babys, Kinder, Familien. Aber es gibt Tipps und Anregungen, wie Du Deinen richtigen Weg finden kannst für Deine Familie. Nicht durch Checklisten oder Handlungsanweisungen, sondern durch kleine Beobachtungsaufgaben für den Alltag, durch Reflexion von Situationen und Handlungen. Dadurch kannst Du sehen, was Ihr in Eurer Familie wirklich braucht. Diese Anregungen bekommst Du für jede Woche im Kalender.

Und darüber hinaus ist es gerade für Familien aber auch wichtig, zu entspannen: Der Alltag ist manchmal anstrengend und stressig und es scheint, dass es einfach zu viele Aufgaben sind. Stress ist nicht gut für uns – für uns, unseren Organismus, aber auch nicht für unser Verhalten unseren Kindern gegenüber. Stress führt zu negativen Verhaltensmustern. Es ist nicht normal für Familien, ständig unter Stress zu stehen. Genau dagegen wendet sich unser Kalender: Glorifizierung von Familienstress. Ein Guter Plan Family soll Dir helfen, einen Blick dafür zu bekommen, was wirklich wichtig ist gerade – und was Du beiseite schieben kannst. Auch das ist in jeder Familie anders und nur Du selbst kannst entscheiden und Deinen Weg finden. Die von Jan und Milena entwickelte Achtsamkeits-Ampel, die über die Jahre für viele ein Einbegriff und oft kopiert wurde, wurde für Ein Guter Plan Family weiter entwickelt und an Familien angepasst: So kannst Du für jede Woche Deine Grundbedürfnisse im Blick behalten und siehst auch, was Du vielleicht in der nächsten Woche anders machen kannst, damit es Dir gut geht.

Das macht Ein Guter Plan Family besonders

Ganzheitlicher Terminkalender für 2019
25 Techniken für mehr familiäre Zufriedenheit
Innovative Achtsamkeitsampel: erkenne Stressmuster
53 Tipps für mehr Achtsamkeit im Familienalltag
Monatliche Reflexion und Zielsetzung
Einband aus französischem Leinen
240 Seiten | 14 x 22cm | 480 g
Mit Broschüre zur Projektplanung
Zwei Lesebändchen in Gold und Schwarz

Das ist also unser Kalender für Euch geworden für ein entspanntes Familienleben, für Euren ganz persönlichen Weg durch das Jahr 2019 für mehr Entspannung und mehr entspanntere Zeiten miteinander. Mehr erfährst Du auch in unserem kleinen Video über den Kalender.

Eure

Hier kannst Du den Kalender bestellen.

Zieh Deinem Kind mal die Schuhe aus! Warum Barfußlaufen so gesund ist

Barfußlaufen ist eine besondere Erfahrung für Kinder, denn durch das Laufen nehmen sie ihre Umgebung besonders gut wahr, be-greifen die Natur und Umwelt und haben zudem die Möglichkeit, einen gesunden Fuß zu entwickeln. Die drei Fachrauen Nadine Arndt, Frühpädagogin und Tagesmutter, Maike Meier, Kinderphysiotherapeutin, und Vivian Gläsel, Barfußlauftrainerin und Physiotherapeutin, haben es sich zur Aufgabe gemacht, über das Barfußlaufen aufzuklären und berichten in diesem Artikel über die Vorteile:

Schon für kleine Babys hat das Barfuß-Sein einen großen Mehrwert. Bewegt sich ein Neugeborenes, tut es das immer mit dem gesamten Körper: Dreht es beispielsweise den Kopf, bewegen sich automatisch auch seine Arme, Hände, der Rumpf, die Beine und Füße (mit). Wir sollten die Füße daher in Gedanken nicht vom restlichen Körper trennen. – Der Körper ist eine Einheit und dies gerade noch bei den Babys. Wenn bereits Babys häufig barfuß sind, beschäftigen sie sich viel mehr mit ihren Füßen, betasten sie mit Händen und Mund, fühlen mit ihnen die Untergründe, Gegenstände und bekommen so schon mal eine „Idee vom Fuß“. Auch bei der Selbstregulation spielen die Füße des Babys eine wichtige Rolle

Sobald das Kind in Bewegung ist – und sei es „nur“ das Drehen, sind immer auch die Füße mit dabei. Bewegt sich das Kind dann auf den Füßen fort, mit nackter Haut und ganzer Sohle, werden die vielen Sinneseindrücke gesund und unverfälscht an den Rest des Körpers weitergeleitet und verarbeitet. Immer dick eingepackt „schaltet der Fuß ab“ und kann seine eigentliche Aufgabe der Reizweiterleitung nicht übernehmen. Barfuß können die verschiedensten Bewegungsformen ausprobiert werden: auf Zehenspitzen gehen, auf der Sohle, den Fersen. Kinder können laufen, rennen und klettern – mit dem natürlichen Halt der nackten Haut. Krabbeln, hocken oder auf ihren Oberschenkeln sitzend verweilen. Entgegen der Annahme, die Kinder könnten sich mit ungeschützten Füßen im Alltag leichter verletzten, zB. an Möbelkanten oder durchs Auftreten aufs Spielzeug, zeigten viel barfuß laufende Kinder mehr Umsicht und Vorsicht durch die intensivierte Wahrnehmung ihrer Umwelt. 

Die gesunde Entwicklung des Fußes durchs Barfußlaufen begünstigen

Die Quer- und Längswölbung des Fußes entsteht erst mit der Beckenaufrichtung im 4. Lebensjahr. Daher ist es wichtig, in dieser Zeit den Füßen viel Input zu geben. Die gut entwickelten Fußmuskeln stabilisieren die gewölbte Fußunterseite. Sind die Muskeln zu schwach, können Platt-, Spreiz- oder Senkfüße entstehen. Zwei Drittel aller Kinder wachsen mit „ungesunden“ Füßen auf, was später zu Gelenk- und Haltungsbeschwerden führen kann. Bis zum 8. Lebensjahr sollte sich das Längsgewölbe vollends aufgebaut haben. Hat ein Kind dann noch immer platte Füße, ist es erst recht wichtig, viel barfuß zu laufen und somit den Fuß zu trainieren. Einlagen sind hier eher nicht das Mittel der Wahl: Sie erhalten den Zustand, da sie den Fuß unterstützen anstatt zu fordern. Dies gilt nicht für angeborene oder erworbene Fußdeformitäten (zB. Klumpfüße…). Mit häufigem Barfuß-Laufen können jedoch viele der bekannten Haltungsfehler und Fußfehlstellungen vorgebeugt werden.

In Beziehung zu sich selbst und zur Umwelt sein über die Füße

Kinder in VerBINDUNG zu bringen mit der Erde, auf der sie leben, auf der sie fühlen, lernen, wachsen – diese ursprüngliche Bindung fördert das Barfuß sein ganz von allein. Barfuß nehmen die Kinder die Welt anders wahr und es ergeben sich auch Gesprächsanlässe über die Wahrnehmung und darüber über die Umwelt. Aber vor allen Dingen: eine VerBINDUNG zu sich selbst aufzubauen, zu seinem Körper, zur natürlichen Nacktheit der Füße, welche das Kind ein Leben lang tragen werden, ist sehr wichtig für den Menschen und eine gesunde Ausbildung des Ich. 

Probier es aus: Barfuß für Kinder (und Eltern)

Was gibt es für ernstzunehmende Tatsachen, die gegen das Barfußlaufen sprechen?

  1. Verletzungen: Ja! Bitte sei wachsam bei spitzen Gegenständen wie Scherben an öffentlichen Plätzen oder Insekten wie Bienen auf dem Rasen! Geht erstmal barfuß los und habt Schuhe dabei, für den Fall, dass ihr in eine gefährdende Situation geratet.
  2. Hitze / Kälte: Auch hier ist Schutz vor Verletzungen geboten, bei so heißen Temperaturen wie in diesem Sommer heizt sich Stein, Asphalt, Terrasse, Sand usw. stark auf und meist wollen die Kinder von sich aus Schuhe anziehen. Ebenso solltet ihr natürlich Winterschuhe haben für frostige Minusgrade.

Das waren sie aber im Grunde auch schon, die Gründe, die gegen das Barfußlaufen sprechen. Historisch gesehen waren dies auch über Jahrtausende die ersten und einzigen Gründe, überhaupt „Schuhe“ (anfänglich ja nur Stoffummantelung oder Textil/Natursohlen) zu tragen.

Vorurteile und Ängste in Bezug auf das Barfußlaufen

„Mein Kind wird bei kalten Füßen schneller krank, es erkältet sich aufgrund der nackten Füße“

Die Sorge, dass Dein Kind aufgrund nackter Füße anfälliger für Erkältungen sein könnte, ist nicht begründet. Bei gesunden (nicht immungeschwächten) Kindern stärken nackte Füße sogar das Immunsystem und die Fähigkeit des Körpers, die Temperatur zu regulieren. Ein Kind wird durch Erreger krank, nicht durch kurzzeitig kalte Füße.Des Weiteren ist der Fuß ein Temperaturausgleicher – der nackte Fuß darf also kühler sein, als der Rest des Körpers. Solange der Rumpf warm ist (zu testen zwischen den Schulterblättern oder im Nacken) dürfen die Füße unbesorgt kühl sein.
Du kannst immer wieder kontrollieren und nach deinem Empfinden wieder Socken anziehen.


„Das ist unhygienisch“

Der junge, weiche, saubere Fuß Deines Kindes ist nicht unhygienisch. Oder meinst du die Straße, den Einkaufsladen, den Waldboden oder den Sand (…) auf dem es barfuß läuft?
Sollte Dein Kind keinen Fußpilz oder ähnliche, infektiöse, ansteckende Erkrankungen am Fuß haben, ist am barfuß laufen drinnen wie draußen nichts unhygienisch. Ebenso sollte es keine offenen Wunden am Fuß haben, damit diese sich nicht entzünden, wenn zB. Erde in die Wunde eintritt. Ansonsten: Krankheitserreger befinden sich überall, ob Dein Kind mit den Händen im Spielplatzsand wühlt oder es die nackten Füße in den Waldboden buddelt oder eben im Drogeriemarkt barfuß einkaufen geht – eine tägliche Hand- und dann auch Fußhygiene zur Vermeidung von Keimverbreitung ist natürlich notwendig. Gerade Fußbäder sind für Kinder auch besonders schöne Momente der Entspannung und können ein wunderbares Ritual werden.

Vorteile des Barfußseins zusammengefasst

Stimulation der Fußreflexzonen
Durchblutungsförderung
Stärkung des Immunsystem
Weniger Schweiß-Füße
Verbesserung der Koordination
Förderung der motorischen Entwicklung
Training der Fußmuskeln
stabiler Stand
natürliche Entwicklung zu einem gesunden Körperbewusstsein
 Verbundenheit zu sich selbst und der Umwelt

Wie machen es andere? #barfusskinderchallenge auf Instagram

Die Fachkraft für Frühpädagogik und Tagesmutter Nadine Arndt, die Kinderphysiotherapeutin Maike Meier und die Barfußlauftrainerin und Physiotherapeutin Vivian Gläsel haben sich zusammengetan mit dem Ziel, über die Vorteile des Barfußlaufens aufzuklären. Am 01.08. startet hierzu die #barfusskinderchallange auf Instagram, an der sich alle Interessierten beteiligen können. Unter dem Hashtag gibt es Hintergrundinformationen, Ideen und Austausch unter den Teilnehmer*innen. Mehr lest Ihr bei:

Nadine Arndt von @__kuestenkinder__
Maike Meier von @kinderphysiotherapiemaike
Vivian Gläsel von @vivi.barfuß

 

Dos und Don’ts im Wochenbett: So sind Wochenbettbesuche schön. 7 Tipps für Besucher*innen

Wenn das lang ersehnte Baby im Familien- oder Freundeskreis geboren ist, wollen es viele Menschen begrüßen und die Familie beglückwünschen, beschenken und ihre Freude zum Ausdruck bringen. Gerade die ersten Tage und Wochen aber sind eine sensible Phase, in der sich die kleine neue Familie erst einmal kennen lernen möchte und Zeit und Ruhe benötigt – und liebevolle, fürsorgliche und passende Unterstützung, wenn sie diese wirklich wünscht. Mit diesen Tipps fürs Wochenbett kannst Du eine Familie auf ihrem Weg wirklich unterstützen:

1. Den richtigen Zeitpunkt für den ersten Besuch bestimmen die Eltern

Frisch geborene Babys sind zauberhaft: Es ist toll, einen Menschen ganz am Anfang begrüßen zu können und zu bewundern, wie er die ersten Male die Welt erblickt. Aber: Dieses Wunder ist nun vor allem den Eltern vorbehalten. Sie sind es, die nun eine Beziehung zu ihrem Baby aufbauen. Gerade die Mutter hat vielleicht eine mehr oder weniger anstrengende Geburt zu verarbeiten, das Baby ebenso. Vielleicht fühlt sich die Mutter nicht wohl, hat Schmerzen oder das Stillen bereitet ihr noch Probleme und sie braucht Ruhe, um sich einzufinden. Kleine Babys sind auch noch mit einer Woche zauberhaft und auch noch später. Nicht sofort ins Frühwochenbett eingeladen zu werden, ist keine Abweisung und muss nicht negativ interpretiert werden. Im Gegenteil: Mit dem Besuch zu warten bis zum richtigen Zeitpunkt ist ein zusätzliches Geschenk. Deswegen gilt: Warte auf eine Einladung für den ersten Besuch und gehe nicht spontan vorbei mit der Erwartung, in die Wohnung gelassen zu werden.

2. Sei ein Geschenk!

Beim Begrüßen eines kleinen Menschen sind wir schnell verleitet, unsere eigene Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen: Einmal das kleine Baby halten, es streicheln und tragen. Tipps weiter geben, die für uns wichtig waren, weil wir es schon wissen… Beim Wochenbettbesuch ist es jedoch wichtig, selbst das Geschenk zu sein und sich an die Bedürfnisse vor Ort anzupassen: Das beginnt bei den Rahmenbedingungen: Plane nur einen kurzen Besuch ein, parfümiere Dich nicht, denn sowohl die Mutter als auch das Baby sind gerade sehr empfindsam. Vielleicht möchten die Eltern das Baby noch nicht in fremde Hände legen: Schenke Verständnis dafür und fordere nichts ein und stelle keine Erwartungen auf. Erwarte keine saubere Wohnung und keinen gedeckten Tisch, sondern bringe selber etwas mit für den Tisch.

3. Geschenke sind gut, wenn sie für alle sind

Es gibt so zauberhafte Babysachen, die verschenkt werden können. Oft ist die Familie aber schon gut ausgestattet für die ersten Wochen. Babykleidung sollte daher lieber nach Absprache vorher geschenkt werden und oft ist es sinnvoll, lieber Sachen für die späteren Monate auszuwählen, wenn das Baby der Erstausstattung entwachsen ist. Ins Wochenbett kann mitgebracht werden, was der ganzen Familie gut tut: Vielleicht ein kleines Körbchen mit gekochtem Essen oder anderen Leckereien für die Eltern, einer schönen Wasserflasche für die Mutter, damit sie beim Stillen daraus trinken kann (sofern sie stillt), (Trocken)früchte, einem schönen Buch für das Wochenbett und natürlich ein Geschenk für Geschwisterkinder, wenn es diese gibt.

4. Aufmerksamkeit für alle

Bei einem Besuch im Wochenbett ist natürlich der neue kleine Mensch ein wesentlicher Besuchsgrund, aber eine ganze Familie möchte nun Aufmerksamkeit und Zuwendung haben. In den Gesprächen sollte es sich nicht nur um das Baby drehen, sondern um die Gefühle und das Empfinden aller. Ganz besonders wichtig: andere Kinder der Familie. Sie sollten nach Möglichkeit zuerst begrüßt werden, bekommen ein eigenes kleines Geschenk oder Mitbringsel und werden nach ihrem Empfinden gefragt.

5. Zuhören ist wichtig

Aber nicht nur die Aufmerksamkeit für alle ist wichtig und das Fragesteller. Besonders wichtig ist es nun, zuzuhören: Was wollen die Familienmitglieder erzählen, was loswerden? Wo wollen sie Freude teilen und wo vielleicht auch Kummer und Sorgen? Hier setzt eine liebevolle Unterstützung an: Ich verhelfe nicht meine eigene Geschichte über, sondern nehme die Geschichte dieser Familie auf und schaue, wo ich sie unterstützen kann. Wenn sie wirklich Hilfe brauchen und dies sagen, biete ich individuelle Hilfe an oder schaue mich nach Unterstützung um.

6. Wirklich helfen

Viele Familien brauchen eher Zeit statt Zeug im Wochenbett: Sie brauchen Zeit, um die Geburt zu verarbeiten und im Bett zu liegen und sich kennen zu lernen. Hilfe ist, anzubieten, mit den größeren Geschwistern zu spielen oder spazieren zu gehen. Hilfe ist, essen zu kochen oder vorbei zu bringen. Hilfe ist, einmal durch die Wohnung zu saugen oder einen Gutschein für eine Putzhilfe für die erste Zeit zu schenken. Hilfe ist es, beim Verlassen der Wohnung den Müll mit hinunter zu nehmen. Es können so kleine Dinge sein. Hilfe ist all das, was die Familie wirklich entlastet und einander näher bringt.

7. Anerkennung der persönlichen Familienentscheidungen

Jede Familie geht ihren Weg. Und immer sieht er ein wenig anders aus. Wir haben in unserer Familie, in unserer persönlichen Situation mit einigen Dingen gute Erfahrungen gemacht, mit anderen schlechte – jede Familie geht ihren ganz eigenen Weg. Wir können liebevoll unsere Empfehlungen mit auf den Weg geben, aber wir sollten immer die Entscheidungen einer anderen Familie anerkennen. Das fängt beim Namen des Kindes an, geht über die Ernährungsweise und Kleidung bis hin zu Tragen, Stoffwindeln oder Abhalten. Und auch wenn wir selbst auf Erfahrungen zurück blicken können, darf diese Familie nun ihre ganz eigenen Erfahrungen sammeln.

Und was sind Eure ganz persönlichen Tipps?
Eure

 

Wenn Geschwister streiten – Teil 1: Streit als Entwicklungsressource betrachten

Konflikte gibt es in allen sozialen Gruppen und auch in Familien. Und gerade dann, wenn verschiedene Bedürfnisse aufeinander treffen und wenn Kinder mit unterschiedlichen Fähigkeiten, sich in andere Personen hinein zu versetzen, zusammen sind und vielleicht auch noch jedes für sich versuchen, die vorhandenen Ressourcen an Materialien und auch an emotionalen Ressourcen größtmöglich zu beanspruchen, kann es zu Streit kommen. Manchmal sind es auch äußere Ursachen, die in Geschwisterstreit entladen werden. Konflikte sind normal, auch wenn wir in einem romantisierten Bild von Kindheit und Familie immer davon ausgehen, Geschwister sollten sich nicht streiten und Familie sollte rein harmonisch sein. Die Wahrheit aber ist: Geschwister streiten sich. Und sie dürfen sich auch streiten. Die Frage lautet daher nicht: Geschwisterstreit ja oder nein. Sondern: Geschwisterstreit ja, aber wie?

Die falsche Grundannahme der Eltern: Streit ist schlecht

Die meisten Eltern kennen den Impuls, sofort einzugreifen, wenn sich Geschwister streiten: Eine Alternative wird vorgeschlagen, eine Ablenkung geboten, das Streitobjekt einfach kurzerhand entfernt, das ältere/stärkere Kind zur Rücksicht ermahnt… Wenn sich Kinder streiten, ist das anstrengend für uns: Es ist laut, es zehrt an uns. Dies umso mehr, wenn wir selber keine Streitkultur hatten und als Kinder zur Stille und Anpassung ermahnt wurden. Das ist die eine Seite des Streits. Betrachten wir den Streit aber aus der anderen Perspektive, aus dem Blickwinkel der Entwicklungsmöglichkeiten, die dahinter stehen, sehen wir mehrere Möglichkeiten:

  • Ein Streit gibt die Möglichkeit, Emotionen zu offenbaren und auszuleben, Wut auszudrücken. Kinder dürfen wütend sein, Kinder müssen wütend sein dürfen.
  • Ein Streit gibt Kindern die Chance, sich mit den Wünschen anderer auseinander zu setzen: Zwei Meinungen, zwei Bedürfnisse prallen aufeinander. Kinder erfahren: Mein Gegenüber denkt nicht wie ich.
  • Ein Streit gibt Kindern die Chance, Verhandlungen zu üben: Erst ich, dann Du – oder umgekehrt. Natürlich geht das erst, wenn die Beteiligten in einem Alter sind, in dem einige Bedürfnisse aufgeschoben werden können.
  • Ein Streit gibt Kindern die Chance, Kompromisse zu finden: Auf Deine Weise nicht, auf meine Weise nicht, also brauchen wir eine andere Lösung. Auch hier gilt: Das ist erst dann möglich, wenn beide Teilnehmer*innen dazu kognitiv fähig sind.
  • Ein Streit gibt kleinen Kindern die Chance, durch die Begleitung der Eltern dazu befähigt zu werden, die oben angeführten Kompetenzen für spätere Streitsituationen zu erwerben – wenn sie von Anfang an gut begleitet werden.
  • Ein Streit gibt den Eltern die Chance, aktuelle Bedürfnisse der Kinder zu sehen: Gibt es immer wieder Streit um das Spielzeug des großen Geschwisterkindes und zeigt das vielleicht, dass das kleine Geschwisterkind den aktuellen Spielangeboten entwachsen ist und neue Angebote braucht? Gibt es immer wieder Streit um die Aufmerksamkeit und Zuwendung von Eltern und ein Kind fühlt sich zu wenig gesehen?

Streit zulassen und richtig interagieren

Geschwisterstreit ist daher nicht per se schlecht. Problematisch wird er dann, wenn eine Auseinandersetzung immer sofort unterbunden wird und Gefühle und Probleme nicht wirklich verbalisiert werden dürfen: „Du sollst Dich nicht immer mit Deinem Bruder streiten!“ „Jetzt vertragt Euch sofort wieder!“

Konflikte sind deswegen normal, auch wenn wir in einem romantisierten Bild von Kindheit und Familie immer davon ausgehen, Geschwister sollten sich nicht streiten und Familie sollte rein harmonisch sein

Und auch dann, wenn wir als Eltern ungünstig in den Streit eingreifen und auf eine falsche Weise vermitteln wollen: In einer Konfliktsituation sehen wir schnell, dass das größere Kind dominiert – geistig oder körperlich und sind schnell dazu verleitet, einzugreifen zugunsten des kleineren Kindes: „Nun gib ihm doch schon kurz Dein Spielzeug, das kannst Du ja wohl mal kurz teilen!“ Schnell entwickeln sich Muster, dass das größere Kind immer zurückstecken muss. Oder es dominiert der Gedanke: „Das müssen die unter sich klären, damit sie was lernen!“ Wenn jedoch ein schwächeres Kind auf ein überlegenes Kind trifft, befördert dieses Verhalten nur das Gewinnen des Stärkeren und ein vermittelnder Lerneffekt und Empathie bleiben zugunsten des „Recht des Stärkeren“ auf der Strecke.

Wenn Kinder streiten und in solch unterschiedlichen Entwicklungsphasen sind, dass ein Kind immer unterlegen ist, oder die kognitive Entwicklung beider Kinder noch sehr unterschiedlich ist, benötigen sie deswegen eine Begleitung im Streit, die nicht verurteilt, nicht wertet, sondern in der Vermittlung unterstützt:

  1. Situation nicht bewerten: Als Erwachsener waren wir vielleicht nicht bei der Entwicklung des Streits dabei, wir kennen die Vorgeschichte nicht. Es ist wichtig, nicht Partei für eines der beiden Kinder zu ergreifen. Besser: „Ich war nicht dabei, erzählt mir jeder, was passiert ist.“
  2. Keine Vorverurteilung: „Hast Du wieder Streit angefangen mit Deiner großen Schwester?“
  3. Wiederholen dessen, was die Kinder sagen: „Du sagst, er hat dein Heft mit Absicht heimlich angemalt. Er sagt, er hat es angemalt, weil er es so schöner findet.“
  4. Anregen zur Perspektivübernahme: „Was glaubst Du, warum hat er/sie das gemacht?“ „Was glaubst Du, wie geht es ihm/ihr jetzt?“ Bei Kindern, die das noch nicht können, die Reaktionen des anderen Kindes oder dessen Gefühle übersetzen: „Ich sehe, dass er jetzt ganz traurig ist und weint, weil er das nicht wollte.“
  5. Lösungsideen finden lassen, Kompromisse vorschlagen, die die Rechte beider Kinder respektiert, nicht urteilen, weil ein Kind älter/größer/stärker ist, sondern objektiv bleiben. Nicht einfordern, dass ein Kind unbedingt nachgeben muss, weil es ja größer ist/schon verstehen muss, dass…
  6. Nicht vom Konflikt ablenken oder versuchen, ihn lustig zu machen. Manchmal können Situationen spielerisch umschifft werden, aber nicht immer. Und es sollte auch nicht immer sein. Die Kinder haben ein für sie ernstes Thema zu besprechen.
  7. Manchmal finden sich keine für alle zufrieden stellenden Lösungen. Und zu einem Streit gehört es auch dazu, mit Frustration umzugehen. „Dein Bruder möchte Dir das Buch nicht geben, es ist seins. Komm doch her, ich nehm Dich in den Arm, wenn Du magst.“ Die Wut und Trauer begleiten, so lange sie anhält und dann zusammen Alternativen finden. „Jetzt geht es Dir besser? Wir können jetzt Dein Bagger-Buch ansehen.“

Und wie macht Ihr das in Konfliktsituationen?
Eure

Demnächst: Wenn Geschwister streiten Teil 2 – Kampf oder Balgen?

Manchmal läuft es nicht rund – Ist das schlimm?

„Ich kann nicht immer…“, „Heute habe ich es nicht geschafft…“, „Gerade geht es mir nicht so gut, dass ich immer…“ Diese Sätze höre ich immer wieder und sage sie auch selbst. Manchmal schaffe ich es nicht, die Bedürfnisse meiner Kinder ausgewogen wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Manchmal übersehe ich Bedürfnisse, manchmal beantworte ich Bedürfnisse nicht richtig. Und manchmal mache ich es auch falsch, obwohl ich es eigentlich besser weiß, weil ich gerade nicht anders kann, weil meine Energiereserven nicht mehr ausreichen und Handlungsmuster in Stresssituationen frei werden, die ich aus meiner eigenen Kindheit verinnerlicht habe.

„Manchmal“, „gerade“ und „heute“ sind nicht immer

In der Erkenntnis des „Falschmachens“ schwingt oft ein Bedauern mit. Und das ist auch gut, denn wenn wir wahrnehmen, dass gerade etwas schief läuft in der Beziehung zum Kind, dann bedeutet es auch, dass wir es eigentlich richtig wissen – oder wissen, dass es so jedenfalls nicht richtig ist. Wenn wir sagen „gerade“, „heute“, „momentan“, dann bedeutet das: Jetzt gerade, aber es gibt auch andere Tage. Das ist es, an dem wir uns festhalten können und sollten: Es gibt andere Tage. Wir wissen ja, dass es gerade schlecht läuft und sonst anders. Und oft formulieren wir auch die Gründe, warum es gerade nicht rund läuft: „Ich kann gerade nicht so sensibel sein, weil ich so gestresst bin“. Oft können wir direkt formulieren, woran es gerade hapert, warum es gerade schwer ist. 

Stress führt oft zu negativem Verhalten – in der Beziehung zu unseren Kindern, wie auch in anderen sozialen Interaktionen.

Dies eröffnet uns den Blick darauf, was wir ändern können, damit es wieder besser geht. Wir wissen: Stress führt oft zu negativem Verhalten – in der Beziehung zu unseren Kindern, wie auch in anderen sozialen Interaktionen. Es gilt, genau diesen Stress zu vermeiden langfristig. Wir hören unsere Worte, wir fühlen das Bedauern. Manchmal ist es aber schwer, die Situation zu ändern – zumindest kurzfristig, um wieder auf den ursprünglichen Weg zu kommen. Dann müssen wir uns nach Hilfen und Unterstützung umsehen, um Situationen langfristig ändern zu können. Wir brauchen Entlastung – denn ja: Familien sind einfach oft überlastet mit zu vielen Aufgaben und zu vielen Bedürfnissen, um die sich nur ein oder zwei Erwachsene kümmern.

Die Reaktion unserer Kinder als Zeichen

„… und dann ist auch noch mein Kind…“ Wenn es uns nicht gut geht und wir wenig Einfühlungsvermögen haben und wenig auf die Bedürfnisse unserer Kinder eingehen können, zeigen sie uns das oft direkt in ihrem Verhalten: es entstehen negative Kreisläufe. Das Kind zeigt uns, dass es mit der Art, wie wir mit ihm umgehen, nicht zufrieden ist und reagiert auf seine Weise empört. Vielleicht, indem es besonders anhänglich ist und besonders Kuscheleinheiten einfordert, um sich unserer wieder sicher zu sein. Vielleicht auch mit Wut, weil es verärgert ist über unser Eingreifen, über unsere ruppige Art. Wenn wir gestresst sind, schnell machen wollen und unserem Kleinkind nicht die Möglichkeit geben, selbst aktiv zu sein, wird es verärgert und wütend reagieren, weil sein Bedürfnis nach Selbständigkeit übergangen wird. Vielleicht reagiert unser größeres Kind auch mit Rückzug und Abwehr, wenn es ausdrücken möchte, dass diese Situation nicht in Ordnung ist. Wie es reagiert, ist abhängig vom Alter und auch Temperament des Kindes und der jeweiligen Situation. Und auch wenn es uns zunächst noch mehr stresst, ist es gut, denn das Verhalten unseres Kindes kann ein Zeichen sein und wenn wir unsere Kinder als „anstrengend“ wahrnehmen, können wir uns fragen, ob es vielleicht auch etwas mit uns zu tun hat.

Bedauern aber nicht Gram

Es ist gut, wenn wir unser Verhalten bedauern und reflektieren. Es ist gut, sich beim Kind zu entschuldigen und sich zu erklären in dem Maße, in dem es Kinder verstehen können. Aber es ist eben auch normal, dass es manchmal nicht rund läuft, dass wir schlechte Tage oder auch mal eine schlechte Woche haben. Bedauern ist gut und wichtig und das Wahrnehmen dessen. Aber manches Mal sind wir auch zu hart mit uns und messen einer kleinen Situation im Alltag oder einer kleinen Phase der zu geringen Feinfühligkeit eine zu große Bedeutung zu. Wir sind heute schnell darin, uns selbst zu verurteilen als „schlechte Mutter“ oder „schlechter Vater“.

Wenn aus „manchmal“ „immer“ wird

Schwierig wird es da, wenn aus einem „manchmal“ ein „immer“ wird: Wenn wir immer wieder gestresst sind, wenn wir  nur noch in einem Kreis des Schimpfen stecken. Und auch dann, wenn wir merken, dass wir immer wieder in ganz bestimmten Situationen negativ auf unser Kind reagieren: Immer schimpfen, wenn es sich bekleckert hat. Immer schimpfen, wenn es weint. Immer schimpfen, wenn es sich überschwänglich freut. Wenn wir dies wahrnehmen, lohnt es sich, genauer hinzusehen: Warum ist das eigentlich so? Warum berühren mich die immer gleichen Situationen und warum reagiere ich immer genau dann mit Abwehr und negativem Verhalten? Hier lohnt es sich, hinein zu spüren: An was rüttelt das in mir, an meiner eigenen Vergangenheit, an meiner Kindheit und dem, was ich selbst gelernt habe? Manchmal können wir selber diesen Situationen auf den Grund gehen, manchmal brauchen wir dazu aber auch professionelle Hilfe von außen, die uns aufzeigt, warum wir wie handeln und einen Weg hinaus ermöglicht zu einer neuen Wahrnehmung und neuen Handlungsansätzen.

Wichtig ist die Grundstimmung

Für unsere Kinder, unsere Bindung und unser Familienklima ist es wichtig, dass unsere Grundtendenz richtig ist. Dass wir Bedürfnisse wahrnehmen und darauf angemessen nach Alter des Kindes reagieren. Es ist wichtig, dass wir den Alltag angemessen gestalten und unserem Kind Sicherheit geben darin, dass wir für sie da sind und für ihr Wohlergehen sorgen in den vielen kleinen Momenten des Alltags. Es ist wichtig, dass sich unsere Kinder bei uns umsorgt, geliebt und geschützt fühlen und wir ihnen das in einem Grundgefühl vermitteln.

Manchmal gibt es Tage, an denen es nicht gut läuft, an denen wir etwas übersehen, an denen wir nicht feinfühlig sind. Ich glaube, diese Tage gibt es in jeder Familie. Auf jeden Fall gibt es sie auch hier. Es ist gut, sie wahrzunehmen, diese Tage, und den Finger darauf zu legen und es anders machen zu wollen morgen. Aber heute dürfen wir uns auch selbst verzeihen.

Eure

Elternschaft als Beziehung leben – Über den Tanz mit dem Kind

Von allen Dingen meines Lebens war ich wohl am wenigstens auf das Mutterwerden vorbereitet. Darauf, was es bedeutet, welche Aufgaben dazu gehören, welche Gefühle es hervorruft. Ich hatte keine konkreten Erwartungen an das Muttersein und dennoch war ich überrascht von dem, was kam. Denn obwohl konkrete Vorstellungen von der Mutterschaft fehlten, ging ich davon aus, dass ich den Weg eben nur vorgehen müsste und die Kinder würden folgen. Ich, die anführende Mutter. Was kam, war erst ein Mensch, dann der zweite und schließlich der dritte, die ihr eigenes Temperament und ihre Bedürfnisse in diese Familie einbrachten. Was kam, war die Erkenntnis, dass es gut ist, voran zu gehen und einen Plan und Gedanken zu haben. Aber dass das Leben mit Kindern eben kein ausschließliches Vorangehen ermöglicht, sondern eher, einen Rahmen vorzugeben, der gemeinsam gefüllt wird. Was kam, war die Erkenntnis, dass auch das Elternsein eine soziale Beziehung ist.

Den Rahmen vorgeben

Der Rahmen einer jeden Familie sieht anders aus: wie wir leben, wieviel Geld wir besitzen, wo wir wohnen, was wir essen, welche Werte wir mitbringen und wie wir selbst aufgewachsen sind – all das gehört zu dem Rahmen, den wir unseren Kindern bereiten. Im Laufe des Lebens ändert er sich beständig, wenn wir umziehen, neue Partnerschaften eingehen, an anderen Orten arbeiten, wenn wir unsere Werte in Frage stellen und neu ausrichten.

Auch wenn der Rahmen immer wieder mal wechselt oder erschüttert wird, zieht sich eine gleichbleibende Melodie durch das Leben.

Der Rahmen der Kindheit ist nur bedingt beständig. Er muss es auch nicht sein, denn das Leben bedeutet immer wieder Veränderung. Beständig sind wir als Menschen, mit unseren Reaktionen, unserer Zuwendung, unserer Liebe. Auch darin sind wir manchmal unterschiedlich, manchmal stressbedingt weniger zugewandt oder abgelenkt. Aber die Grundmelodie ist dieselbe. Sie ist es, die das Kind prägt und ein Leben lang begleitet. Auch wenn der Rahmen immer wieder mal wechselt oder erschüttert wird, zieht sich eine gleichbleibende Melodie durch das Leben. Diese ist das Beständige an uns. Das, was wir mitgeben, womit wir voran gehen. Das ist das Beispiel, das wir leben, darin sind wir Vorbild.

Das Kind sehen, wie es ist

In diesem Rahmen bewegt sich das Kind, das so zu uns kommt, wie es eben ist: Manche sind lauter, manche sind leiser. Manche aufbrausender, andere empfindsamer. Groß und klein, musikalisch oder sportlich oder wieder ganz anders. Jedes Kind wird nicht nur geprägt durch die Umgebung, sondern bringt in dieses Leben schon etwas ein: die eigene Persönlichkeit. Diese gilt es, zu erkennen. Sie nicht anzupassen, sie nicht hinein zu pressen in unsere Vorstellung, sondern dem Kind den Raum geben, zeigen zu können, wer es wirklich ist. Was es mag, was es nicht mag. Worin es uns ähnelt und worin es ganz anders ist. Das Kind lernt unsere Melodie des Lebens kennen und bringt seine eigene Melodie mit.

Der gemeinsame Weg – Beziehung

Das Ziel ist nicht, die Melodie des Kindes unserer Melodie anzupassen. Ziel ist es auch nicht, unsere Melodie dem Kind anzupassen. Ziel ist es, miteinander in Harmonie zu kommen, sich gegenseitig anzuerkennen und wertzuschätzen. Das ist es, was Beziehung ausmacht: Nicht der einzelne bestimmt, sondern beide gehen aufeinander zu, loten aus, erkennen an und richten sich so aus. Beziehung ist ein Tanz, Elternschaft ist ein Tanz: mal geht es voran, mal rückwärts, mal im Kreis. Wir bewegen uns gemeinsam zu unserer Melodie.

Es ist gut und wichtig, dass wir Erwachsenen eine Idee vom Leben haben und von dem, was gut und richtig ist und in welche Richtung wir uns in etwa bewegen. Es ist gut und wichtig, dass wir Ziele haben und definieren. Aber wir müssen auch die Ruhepausen einplanen, die Schlenker – die Bedürfnisse des anderen. So, wie in jeder anderen Beziehung auch. Das ist es, was dieses Elternleben ausmacht. Darauf können wir uns nur bedingt vorbereiten, denn es ist immer wieder anders, wenn wir uns darauf einlassen. Das Ziel ist nicht das Vorbereiten, sondern das Erlernen des Einlassens und das Vertrauen.

Eure

 

Eltern sein, Paar bleiben – 5 Anregungen für Verliebtheit im Familienalltag

Elternschaft ist nicht immer einfach und es ist auch nicht einfach, neben dem Eltern sein, Paar zu sein. Gerade am Anfang der Elternschaft schieben sich so viele neue Themen, Bedürfnisse und Erfordernisse in den Vordergrund und es passiert schnell, sich ein wenig aus den Augen zu verlieren in dem Durcheinander. Dabei ist es gerade jetzt wichtig, sich zu stützen und zu wissen, wie es der anderen Person gerade geht, was sie fühlt, wo sie überfordert oder erschöpft ist und was sie wirklich glücklich macht. Es braucht – auch neben der Familienzeit – Paarzeit: Momente, in denen ruhig gesprochen werden kann, die für Intimität und Miteinander vorgesehen sind – wie auch immer dieses gerade angenehm ist. Es sind oft Kleinigkeiten, mit denen wir die Paarbeziehung ganz aktiv unterstützen können:

1. Erzähl mir Deinen Tag

Gerade dann, wenn ein Elternteil zu Hause ist und das andere arbeitet, könnte der Alltag oft kaum unterschiedlicher sein. Andere Tagesabläufe, andere Rituale, unterschiedlicher Grad und unterschiedliche Art an Fremdbestimmung. Was aber immer wichtig ist, ist Wertschätzung dem anderen gegenüber für das, was er heute erlebt hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob es ein Geschäftsmeeting war oder ein selbst gemachter (oder gekaufter) Babybrei: Wertschätzung für das, was wir tun, ist wichtig – egal, was wir tun. Deswegen ist es hilfreich, sich einmal am Tag wirklich zu zu hören und nachzufragen: Wie war eigentlich Dein Tag? Was hast DU erlebt, was hast Du gemacht? Schon allein durch Zuhören drücken wir Wertschätzung aus. Wir nehmen Anteil am Leben des anderen, wir sind miteinander im Gespräch. Selbst dann, wenn wir selbst denken, dass es vielleicht gerade heute nichts aufregendes zu erzählen gibt, lohnt es sich doch, den Tag kurz in Worte zu fassen. Für uns selbst und den Menschen, der nicht dabei war.

Sind die Kinder schon etwas größer, ist diese Art des Interesses und der Anteilnahme auch ihnen gegenüber sinnvoll und gut: „Erzähl mir Deinen Tag!“ kann ein Alltagsritual für alle sein. Ergänzend dazu kann es sinnvoll sein, regelmäßige Familienkonferenzen zu machen, in denen alle ihr aktuelles Befinden, ihre Bedürfnisse und Möglichkeiten einbringen.

2. Sich als Team verstehen

Ein Team kann zusammen arbeiten in Hinblick auf eine Sache, aber es kann sich auch ergänzen. Manche Teams sind gut, weil sie immer gleich sind, andere, weil sie sich ergänzen. Genau so kann es auch in Familien sein: Es muss nicht sein, alles zusammen oder in der gleichen Art zu machen. Jeder bringt in eine Familie persönliche Vorlieben und Abneigungen ein, jeder hat seine Schwerpunkte und Dinge, in denen er oder sie besonders gut ist. Diese Punkte gilt es, heraus zu finden, einzusetzen und gleichwertig zu verteilen: Einer wäscht gern ab, eine liest gern vor, eine macht gern Wäsche, der andere bringt die Kinder gern ins Bett. Während einer mit einer Tätigkeit beschäftigt ist, kann der andere etwas anderes tun.

3. Erst ich ein Stück, dann Du…

Familienleben kann anstrengend sein. Der Arbeitsalltag auch. Es ist gut, wenn wir nicht in die „Aber meins ist viel anstrengender“-Falle tappen, sondern gegenseitig unsere Tätigkeiten anerkennen und uns auch gegenseitig Freizeiten und Erholung gönnen: Heute hast Du einen freien Abend, morgen ich. Dieses Wochenende kann ich ausschlafen, nächstes Du. Als Team funktionieren wir dann, wenn jeder die Chance hat, auf Ressourcen zurück zu greifen und sich zu erholen, um wieder Kraft zu tanken.

Oft denken wir, als Familie müssten wir immer alles zusammen tun, immer jede mögliche Sekunde miteinander verbringen. Aber so ist es nicht: Getrennte Zeiten ermöglichen Erholung und intensive Zeit eines Elternteils mit dem Kind/den Kindern. Es ist eine Zeit, in der auch ein Elternteil sich ganz bewusst einbringen kann, Dinge anders machen kann als sonst im Gesamtverband. Auch getrennte Familienzeiten können für eine Familie wertvoll sein.

4. Die kleinen Dinge im Alltag

Gerade am Anfang der Elternschaft muss sich alles erst einspielen – auch die Zeiten zusammen und die Organisation des Alltags. Vielleicht ist es gerade nicht möglich, auf die früheren Alltagsrituale zu zweit zurück zu greifen. Aber dafür lassen sich vielleicht im Alltag andere Kleinigkeiten finden: kleine Inseln des Miteinanders. Heute mal zusammen essen gehen in der Mittagspause. Morgen mal ein längeres Frühstück zusammen. Ein langer Spaziergang und sich an den Händen halten während das Baby in der Trage auf dem Rücken schläft. Diese Momente sind wichtig. Und auch wenn vielleicht das gemeinsame Abendessen allein im Restaurant noch etwas warten muss, gibt es auch mit Familie drum herum schöne Momente der Zweisamkeit – vielleicht etwas kürzer, aber dafür mehr.

5. Aufmerksam bleiben

Wenn ein Kind in eine Familie kommt, dreht sich viel erst einmal um den Familienzuwachs und wir kommen schnell in die Versuchung, unsere eigenen Bedürfnisse und generell die der erwachsenen Menschen hinten an zu stellen. Aber gerade dann, wenn es uns vielleicht schon schwer fällt, die eigenen Bedürfnisse zu sehen und zu formulieren, ist es gut, wenn ein anderer uns darauf aufmerksam macht. Deswegen ist es hilfreich, aufmerksam zu bleiben: An die Dinge zu denken, die den anderen erfreuen, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind. Oder daran zu denken, dass der/die andere sich vielleicht gerade zu sehr selbst vergisst und liebevoll daran zu erinnern, für sich selbst zu sorgen.

Und was sind Eure Alltagsstrategien?
Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Statt Frischhaltefolie: Schöne selbstgemachte Bienenwachstücher

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Im Herbst ist die Zeit, in der wir immer unsere Bienenwachswickel selber machen, um für die Hustenzeit einen Vorrat zu haben. Im letzten Jahr habe ich dann einen Kommentar gelesen, dass auf diese Weise ja auch Bienenwachstücher gemacht werden können, um sie zum Verpacken von Lebensmitteln zu nutzen. Bis zu dem Zeitpunkt hatten wir schon Bienenwachstücher genutzt, aber ausschließlich gekaufte. Die Bienenwachswickel, für die ich Leinentuch in Wachs tauche, wurden immer recht hart (und werden vor dem Auflegen auf dem Körper ja erwärmt und dann weicher). Es dauerte noch eine Weile, bis ich eine gute Art fand, sie weicher herzustellen.

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