Kategorie: Babyschlaf

„Aber das Baby will immer zu Dir an die Brust“ – der nicht stillende Elternteil und die Babyberuhigung

Das Stillen ist eine Möglichkeit, um ein Baby in vielen Situationen zu beruhigen und die Brust ist besonders auch im ersten Jahr der Ort, an dem das Baby oft einschläft. „Einschlafstillen wirkt so sicher wie eine Narkose“ schreibt Hebamme Anja, denn in der Muttermilch sind schlaffördernde Inhaltsstoffe enthalten. Im Darm des Babys wird das Hormon Cholecystokinin ausgeschüttet, das dem Gehirn Sättigung signalisiert und Müdigkeit auslöst (dieses Hormon steht auch im Zusammenhang mit dem Clusterfeeding). Und durch den Körperkontakt kommt es zur Ausschüttung von Oxytocin, das zusätzlich beruhigt. Zudem befindet es sich in der Nähe des bekannten und beruhigenden Herzschlags, ist gewärmt durch die Körperwärme eines anderen Menschen und weiß sich in diesem Kontakt sicher und geborgen. Ein rundum schöner Ort, um einzuschlafen oder beruhigt zu werden. Aber dennoch ist es nicht der einzige Ort, der Beruhigung bietet und Schlaf ermöglicht.

Zum Beruhigen müssen Signale erkannt werden

Eltern können ihre Kinder beruhigen – unabhängig davon, ob sie stillende Eltern sind oder nicht. Für die Beruhigung des Babys ist es wichtig, dass die Signale des Babys wahrgenommen und beantwortet werden: Ist es überreizt, braucht es Ruhe und Reizminderung. Ist es hungrig, braucht es Nahrung. Fühlt es sich in einer nassen Windel unwohl, muss es gewickelt werden… Die Signale des Babys lernen wir zu verstehen, wenn wir mit ihnen Zeit verbringen. Dann lernen wir auch unsere jeweils eigenen Beruhigungsstrategien.

Bevorzugung des Bekannten

Natürlich haben Babys eine Vorliebe für die Beruhigungsstrategien, die sie seit jeher kennen. Wenn sie immer an der stillenden Brust einschlafen, werden sie gegen eine Änderung dieser bequemen und bekannten Beruhigungsstrategie rebellieren. Praktisch ist es deswegen, wenn sie schon früher andere Wege in den Schlaf kennengelernt haben oder auch von anderen Menschen in den Schlaf begleitet wurden auf eine andere Weise.

Individuelle Unterschiede sind in Beruhigungsritualen sind möglich

Wie ein anderes Schlafritual oder Beruhigungsritual aussehen kann, kann ganz verschieden sein. Es ist wichtig, dass jede/r Elternteil ein eigenes Ritual entwickeln kann, ohne dass dieses vom anderen Elternteil bewertet oder vorschnell eingegriffen wird. Das Baby ist in guten Händen: Es wird begleitet in dem Bedürfnis, das es gerade hat, es ist nicht allein und wird umsorgt. Es erfährt: Hier ist jemand, der/die bei mir ist und mir helfen möchte, auch wenn es Zeit braucht.

Für das Baby gilt, was für alle Menschen gleichermaßen in Situationen bedeutsam ist, in denen sie sich fremd und allein fühlen: Ein vertrauter Mensch an der Seite, der beruhigt und liebevoll unterstützt, ist eine große Hilfe.

S. Mierau „Geborgen wachsen“ S. 48

Sichere Bindung geht auch ohne Stillen

Eine sichere Bindung entsteht nicht durch das Stillen, auch wenn es einen Einfluss darauf haben kann. Sichere Bindung entsteht durch Feinfühligkeit und (promptes) Reagieren auf die Signale des Babys. Und das ist unabhängig vom Stillen.

Dass Babys zur Beruhigung auf die gewohnte stillende Brust und Milch zurückgreifen wollen, ist normal, wenn dieses die Hauptberuhigungsstrategie im Alltag ist und sie hat zudem die oben aufgeführten Vorteile. Deswegen ist es gut, wenn beide Elternteile gleichermaßen das Baby beruhigen – von Anfang an. Wenn das Baby zunächst an der stillenden Brust besonders viel beruhigt wurde und nun „umlernen“ soll/kann, braucht es wahrscheinlich eine Zeit des Kennenlernens und beide Beteiligten brauchen die Zeit, um sich einzuspielen und eine gute andere Methode kennen zu lernen: vielleicht ist es das Tragen in Tuch oder Tragehilfe oder das Schaukeln auf einem Sitzball oder das Laufen im Fliegergriff oder das gemeinsame Ausruhen im Bett. Aber diese Zeit und die Möglichkeit, den anderen Elternteil als beruhigenden und umsorgenden Menschen kennenzulernen (jenseits von Nahrung und Sättigungsgefühl), ist eine besonders schöne Möglichkeit, um intensiv in Kontakt zu kommen, sich kennen zu lernen und eine tiefe Verbindung aufzubauen.

Daher beim nächsten Gedanken an „Ich kann das nicht, weil das Baby will sowieso nur an die Brust“ lieber einen Schritt nach vorn gehen und denken „Wir beide probieren jetzt mal unser Ding aus und bekommen das Baby geschaukelt.“ Langfristig ist dies ein Geschenk für alle Mitglieder der Familie und trägt auch zur Entlastung beider Eltern bei.

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), DAIS-Stillbegleiterin, Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

Hudern – Über den Wert des Kuschelns im Elternbett

Sich in den Armen eines anderen Menschen geschützt, gewärmt und umsorgt fühlen. Positive Nähe zu einem Menschen, den wir mögen, kann so viel bedeuten, so viel geben. Nach einem langen, anstrengenden Tag voller Eindrücke, voller Erfahrungen und Erlebnisse kann es so wohltuend sein, sich in die Arme eines Menschen zurück zu finden und darunter Schutz zu finden wie unter einem großen Flügel, der einen von der Welt abschirmt. Weiterlesen

Mein Baby schläft nicht allein – Über die Sicherheit des Schlafens

„Dein Kind wird nie allein einschlafen!“ wie oft ich diesen Satz innerhalb der letzten 8 Jahre hörte bei jedem meiner Kinder. Wie oft ich diesen Satz schon gelesen oder gehört habe in Bezug auf andere. Wie oft er ausgesprochen wird, wenn Kinder seelig lächelnd am Körper der Eltern liegen und ruhen. Ein Bild, das solch eine Ruhe ausstrahlt. Geborgenheit. Betrachten wir ein Kind, das in den Armen eines liebenden Elternteils eingeschlafen ist, sehen wir Wohlgefühl auf diesem kleinen Gesicht. Und dennoch wird diese Ruhe noch immer kritisch beäugt.

Doch blicken wir genau in diese kleinen Gesichter, die sich an unsere Körper schmiegen: Wir sehen einen Menschen, der aus einer Welt zu uns gekommen ist, die ganz anders ist als die jetzigen. Gerüche, Geräusche, Lichtreize, Gefühle auf dem und im Körper – alles ist anders. Haltlos ist diese Welt so manches Mal, verglichen mit dem, wo wir her kommen. Das Baby, das seine Arme streckt, seine Beine anwinkelt, das nach uns ruft und dessen Schreckbewegungen eine Umklammerung ausführen – alles an ihm sagt uns: Halte mich, umhülle mich, nimm mich auf deinen Arm und lass mich die Welt aus Deiner Sicherheit heraus kennen lernen. Auch der Schlaf ist anders und neu. Nicht mehr sicher umhüllt und gewiegt, sondern eine neue Herausforderung, vielleicht ängstigend, vielleicht erschöpfend, wenn nach vielen Eindrücken der Weg nicht richtig gefunden werden kann. Schlafen ist wunderbar, ist Ruhe und Entspannung – doch das Baby hat es so manches Mal schwer, dies zu verstehen und den Weg von der Aufregung zur Ruhe zu gehen. Es braucht uns, die ihm dies erklären.

Schwere Wege wollen begleitet werden. Wie immer in der Kindheit und wie immer im Leben. Unsere Nähe sagt dem Baby: „Schlafen ist wunderbar, ich wache über Dich.“ Unser Körper sagt dem Baby: „Hörst Du meinen Herzschlag? Du kennst einen solchen Rhythmus und der begleitet Dich in aller Ruhe. Ich bin bei Dir, Du brauchst dich nicht ängstigen. Der Schlaf ist etwas, was Du nun neu lernst in dieser Welt und ich helfe Dir, diesen Weg zu gehen.“ Wir hüllen das Baby ein, wir wiegen es sanft und begleiten es. Wir stützen und halten und ebnen einen Weg für das Verständnis und das Begreifen des Kindes: „Ja, schlafen ist wunderbar und ja, ich kann darauf vertrauen, dass mir im Schlaf kein Unheil geschieht.“

Wir halten und wiegen und stillen und schuckeln. Bis eines Tages das Kind verinnerlicht hat: „Ich finde den Weg in den erholsamen Schlaf, ich muss mich nicht fürchten.“ Dies hat es gelernt, weil es dies jeden Tag erfahren hat. Eines Tages hat es gelernt, dass der Schlaf ein Teil ist, dass der Schlaf behütet ist und dass der Weg dahin ein Weg ist, den es gehen kann. Gelernt, weil wir einfach beständig da waren.

Ein jedes meiner drei Kinder hat gelernt, den Weg in den Schlaf zu gehen. Ein jedes habe ich lange gestillt zum Einschlafen und jedes von ihnen schlief irgendwann auch ohne das Stillen ein. Manches brauchte andere Schlafübergänge nach dem Stillen, manches nicht.  So wie andere Kinder nicht stillen zum Einschlafen, sondern an Stoff knibbeln oder mit den Füßen zappeln oder vor sich hin brummen. Manches kuschelte lieber mit Papa, manches mit Mama – und beides wechselte über die Zeit. Jedes auf seine Weise. Aber ein jedes, weil es gelernt hat, dass Schlaf wunderbar ist und eine Zeit der Erholung, weil jemand es solange begleitet hat, bis es diesen Weg allein finden konnte.

Dein Kind wird irgendwann allein einschlafen, weil es sich sicher weiß, weil Du und/oder sein anderer Elternteil es zuvor begleitet hast.

Eure

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Den Absprung zum Schlaf finden – über Einschlafbegleitung und Zeitfenster

Der Tag war so aufregend, so vieles erlebt. Und eigentlich bist du schon müde. Eigentlich. Du reibst deine Augen mit den kleinen Fäusten, deine Wangen sind rot. Nun schnell ins Bett, denke ich und möchte noch einmal kurz die Windel wechseln. Die Zahnbürste am Wickeltisch erregt deine Aufmerksamkeit: In deiner Hand wendest du sie hin und her und wieder hin und her, steckst sie in den Mund. Auf einmal scheint die Müdigkeit verschwunden, wie weggewischt von deinem kleinen Gesicht. Weiterlesen

Schläft das Kind denn noch nicht? Über die richtige Zubettgehzeit für Kinder

Am letzten Abend unseres Urlaubs waren wir als Familie noch lange wach und saßen mit alkoholfreien Cocktails zusammen, redeten über den Urlaub, lachten und genossen die Zeit, die dahin flog. Irgendwann kam ein Paar vorbei, die Frau wandte sich uns zu und sagte: „Na die sind ja lange wach, die Kinder. Und sogar das kleine!?“ Ja, unsere Kinder sind manchmal lange wach. Manchmal nicht. Denn sie gehen dann schlafen, wenn sie müde sind.

Die Geschichte des Schlafes ist wohl bei jedem meiner Kinder eine andere. Das eine Kind schief immer problemlos ein, nicht zu nah an einen Erwachsenen gekuschelt, aber in der Nähe. Es hatte keine festen Schlafzeiten, aber zeigte deutlich die Müdigkeit an, wenn sie denn kam und bekam schlagartig schlechte Laune. Das andere Kind brauchte zum Einschlafen die gleichen Räume, den gleichen Ablauf und viel Körperkontakt. Wenn es zu spät wurde am Abend, wurde es sehr übellaunig und es braucht bis heute die Ruhe am Abend und viel Schlaf. Und eines der Kinder ist wenig anspruchsvoll und schläft dann ein, wenn es müde ist und einen Erwachsenen hat, an den es sich ankuscheln kann – wo auch immer und zu welcher Zeit.

Was allen Kindern gemeinsam ist: Jedes hat seine Art, zu schlafen. Und jedes hat seine Menge an Schlaf, die es braucht. Und ein jedes hat seine Zeit, zu der es in etwa müde ist. Das sind die Gemeinsamkeiten zum Schlaf der Kinder. Und dazwischen sind die individuellen Bedürfnisse eines jeden. Nicht nur hier, bei diesen drei Kindern, sondern über alle Kinder hinweg: Jedes Kind hat seine eigene Art, seine eigenen Bedürfnisse.

Kinderschlaf ist individuell

Wie viel Schlaf Kinder brauchen ist ganz verschieden. Nora Imlau und Herbert Renz-Polster* halten fest: Babys brauchen am Tag durchschnittlich 14,5 Stunden Schlaf – manche mehr, manche weniger. Im Alter von 2 Jahren sind es zwischen 10 und 14 Stunden und mit 5 Jahren 9 bis 14 Stunden. Manche Kinder machen noch lange einen Mittagsschlaf, andere verzichten schon mit drei Jahren darauf.

Unabhängig von der Schlafdauer gibt es auch noch die Schlaftypen, grob unterteilt in Eule und Lerche: Die Lerchen, die früh aufstehen und früh schlafen gehen und die Eulen, die spät aufstehen und spät schlafen gehen. Dazwischen gibt es anscheinend noch weitere Unterteilungen. Alles zusammen deutet jedoch auf einen Fakt hin: Schlaf ist höchst individuell und manche Menschen gehen gerne früher schlafen und andere später.

MÜSSEN Kinder feste Schlafenszeiten haben?

Wenn wir diese Unterschiede betrachten, wird sehr schnell klar: Es kann keine für alle Kinder geltende feste Einschlafzeit geben. „Nach dem Sandmännchen ins Bett“ galt in meiner Kindheit als feste Zubettgehzeit – heute sehen es viele Familien anders. Denn klar wird auch: Feste Zeiten passen vielleicht nicht zum Kind und Konflikte sind vorprogrammiert, wenn man versucht, ein Kind, das nicht müde ist, ins Bett zu bringen. Neben anderen Faktoren wie Wärme, Nähe, ein Gefühl der Sicherheit und Sättigung ist eine ganz wichtige Zutat für das Schlafen eben der Umstand, dass das Kind auch wirklich müde ist. Ist es das nicht, wird die Zubettbringzeit schwierig und das Kind wehrt sich gegen den Versuch der Eltern, die Eltern sind genervt und es entsteht ein ungünstiger Kreislauf, der für keine der beteiligten Personen angenehm ist.

Keine festen Zeiten, aber ritualisierte Abläufe der Ruhe

Feste Schlafenzeiten sind für die meisten Kinder deswegen unpassend – einige werden früher müde, andere später. Und auch von der Tagesform ist es abhängig, wann das Kind schlafen geht: Hat es sich an einem Tag viel bewegt, hat es wenig mittags geschlafen, ist es vielleicht krank – all dies kann ein frühes Einschlafen begünstigen. Hat es einen späten Mittagsschlafgemacht oder vielleicht einen Faulenzertag zu Hause erlebt, ist es vielleicht erst später müde. Auch in den Zeiten, in denen sich gerade der Mittagsschlaf umstellt und an einigen Tagen dennoch wieder mittags geschlafen wird, kann sich das Schlafen hinauszögern. Es ist gut, auch hier das Kind zu beobachten und weniger nach einem Zeitplan zu gehen, sondern viel mehr nach den Bedürfnissen des Kindes.

Unabhängig vom konkreten Zeitplan ist es aber für viele Kinder angnehm, wenn die Rituale rund um das Schlafengehen ähnlich ablaufen. So ist das Kind vorbereitet auf die kommenden Schritte und kann bewusst daran teilnehmen: Das Zähneputzen, Anziehen des Schlafanzugs, vielleicht das Vorlesen einer Geschichte oder Singen eines Liedes. Immer ähnliche Rituale führen das Kind langsam über in die Zeit des Ausruhens.

Kinder brauchen keine festen Zubettgehzeiten

Wir sehen also: Kinder müssen nicht Punkt acht Uhr im Bett liegen. Es ist in Ordnung, wenn sie früher oder später schlafen gehen und es sagt nichts über die Erziehung oder die Qualität der elterlichen Fürsorge aus, wenn Kinder länger wach bleiben, wenn das ihr Bedürfnis ist und es in den Tagesplan passt, so dass es keine Konflikte mit Terminen am nächsten Morgen gibt.

Auch wenn Kinder keine festen Zeiten brauchen und sich oft auch gar nicht danach richten können, brauchen aber Eltern manchmal verlässliche Zeiten und der Wunsch, dass die Kinder nun endlich um acht im Bett sind, damit man Zeit für sich hat, ist manchmal groß. Letztlich führt das Arbeiten gegen die innere kindliche Uhr jedoch nur zu Konflikten, weshalb es wichtig ist, dass Eltern sich unabhängig von den Schlafgewohnheiten des Kindes eine schöne Zeit machen können, um die Kraftreserven aufzufüllen.  Manche lesen, während das Kind neben ihnen spielt, bis es eben müde wird, manche arbeiten noch und wieder andere sitzen eben als Paar zusammen, reden und trinken einen alkoholfreien Cocktail, während die Kinder langsam müder werden und ganz sicher auch irgendwann einschlafen.

Eure

Weiterführende Literatur:
*Renz-Polster, Herbert/Imlau, Nora (2016): Schlaf gut, Baby! Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten. – München: GU.
Lüpold, Sybille (2014): Ich will bei Euch schlafen! – Freiburg: Herder.
Mierau, Susanne (2016): Geborgen wachsen. Wie Kinder glücklich groß werden und Eltern entspannt bleiben. – München: Kösel.

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Schlaflos

Noch eine weitere Runde gehe ich mit Dir durch die Nacht. Eng an mich geschmiegt trage ich Dich durch das Dunkel der Wohnung, immer wieder die gleichen Kreise abschreitend. Die Schatten der Nacht sind mir bekannt. Am Fenster halte ich kurz an und schaue hinaus auf die anderen Häuser. Die meisten Lichter sind erloschen, nur hier und da ist noch ein Lichtschein zu sehen. Es ist spät in der Nacht. Ich drehe mich um und gehe wieder zurück durch die Wohnung, um bald wieder vor dem Fenster zu stehen. Noch weniger erleuchtete Fenster, noch weiter voran geschritten ist die Zeit.

Sind es die Zähne? Oder vielleicht wirst Du krank? Oder es ist doch die Überraschung über all das, was Du schon kannst? Nur schlafen kannst Du gerade nicht. Eigentlich ist die Ursache auch jetzt gerade nicht wichtig, denn sie wird nichts ändern an dem Umstand, dass Du auf meinem Arm getragen werden möchtest.

Schritt für Schritt wiege ich Dich. Streiche über Deine Wange, halte Deine kleine Hand. Ich singe zum zwanzigsten Mal das Schlaflied, das Du so magst und denke daran, dass jedes Kind sein eigenes Lied hat, das es beruhigt. Ich bin bei Dir und lasse Dich nicht allein mit Deinem Kummer. Auch dann nicht, als kein Lied mehr über meine Lippen kommt. Ich spüre, wie schwer meine Augen sind und wie erschöpft mein Arm von der Last, die ich schon so lange Trage. Wie gerne würde ich schlafen und noch lieber wissen, dass Du beruhigt einschlafen kannst. Wie unwichtig manch andere Dinge werden, wenn man ein Kind auf dem Arm trägt.

Irgendwann spüre ich, wie Dein kleiner Körper weicher wird und schwer, warm und sanft in meinem Arm liegt. Ich höre Deinen gleichmäßigen Atem und sehe Deine geschlossenen Augenlider. Ich atme tief durch vor Erleichterung für mich und Dich und uns. In wenigen Minuten werde ich eingeschlafen sein, so müde bin ich. Und doch werde ich Dich immer wieder wiegen und tragen, wenn du es brauchst.

Einschlafen

Da liegst Du nun in meinem Arm. In einem Moment noch so munter, streckst Deine Arme hoch und möchtest mir noch von der Welt erzählen. Auch Deine kleinen Beine sind noch nicht zur Ruhe gekommen und hüpfen noch unter der Decke hin und her. Im nächsten Moment sehe ich, wie sich Deine Augen langsam schließen. Schnell öffnest du sie wieder: Nichts verpassen. Und nachsehen, ob ich noch da bin. Ganz nah liege ich bei Dir. Ich spüre Deinen Atem auf meiner Wange. Erst noch unruhig, dann immer gleichmäßiger. Die Augen gehen auf und wieder zu. Du bist schon ein wenig in Deiner Traumwelt eingetaucht, siehst auf der anderen Seite schon eine Geschichte. Dann sind die Augen wieder weit auf, Deine kleine Hand sucht meine. Ja, ich bin noch immer hier bei Dir. Deine Augen schließen sich wieder. Ich sehe, wie sie sich unter Deinen zarten Augenliedern bewegen und ein Lächeln huscht über Dein Gesicht mit einem kleinen Glucksen. Noch eine ganze Weile liegen wir so dort, nebeneinander, aneinander. Deine kleine Hand umfasst einige meiner Finger und langsam, ganz langsam wird der Druck immer weniger. Deine Augen bewegen sich nicht mehr hinter den Lidern, Dein Atem ist gleichmäßig und lang. Du bist eingeschlafen, ganz sanft. Nicht langsam, es hat schon eine Weile gedauert, aber Du bist ruhig über gegangen zu diesem wunderbaren Ort des Schlafes, an dem Du Dich nun von all den Dingen des Tages erholen kannst. Du kannst es genießen, das Schlafen und Kraft schöpfen für einen neuen Tag voller Eindrücke und Erlebnisse. Ein Tag, an dem Du Dir sicher sein kannst, dass Du am Ende ebenfalls wieder in meinen Armen schlafen kannst.

Wenn wir uns fragen, wie unsere Kinder einschlafen sollen, müssen wir uns die Frage erlauben, wie wir selbst einschlafen wollen. Niemand möchte von einer geliebten Person in einem dunklen Raum allein zurück gelassen werden ohne die wärmende Nähe eines anderen, vertrauten Menschen. Ohne das Wissen, wann man wieder aus dieser Einsamkeit befreit wird und ob es dort ohne andere Menschen sicher ist. Es bedarf nicht viel für das Einschlafen: Wir brauchen keine Nachtlichter, keine extra Musik, keine aufregenden Aktivitäten. Wir brauchen einen ruhigen, weichen, warmen, sicheren Ort, an dem wir ruhen können. Unsere Kinder wünschen sich das, was auch uns gut tut: geborgenes Einschlafen mit der Sicherheit, dass ein liebender Mensch über sie wacht.

Eure

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5 Ammenmärchen über den Babyschlaf

Im Laufe der Jahre habe ich viel erfahren über das Schlafverhalten anderer Babys und Kinder und auch meine eigenen drei Kinder sind ganz verschiedene Schläfer: Da gibt es das Kind, das von Anfang an nachts wunderbar schlief, aber kaum am Tage. Dann gab es das Kind, das nachts lange (und zwar Jahre!) schlecht schlief und dafür den Mittagsschlaf liebte. Und es gibt das Kind, das irgendwo so in der Mitte ist und gerade erst den Tag-Nacht-Rhythmus für sich entdeckt hat. 3 Kinder in einer Familie, 3 verschiedene Schlafgeschichten. Babys und Kinder schlafen unterschiedlich und doch gibt es eines, was ganz sicher gilt: Es gibt viel zu viele Ammenmärchen über den Schlaf unserer Kleinsten. Weiterlesen

Ein Blick in Familienbetten – Die geborgen wachsen Familienbettgalerie

Schon bevor unsere Tochter 2009 geboren wurde, stand für uns fest, dass sie mit uns zusammen in einem Bett schlafen wird. Als unser Sohn 2012 geboren wurde, musste das Bett vergrößert werden und für unser drittes Kind sind wir nun auf zwei Ebenen ausgewichen. Das Familienbett ist aber nicht nur in unserer Familie Tradition, sondern kommt viel häufiger vor als wir es manchmal denken. Kinder suchen für einen sicheren und geborgenen Schlaf oft die Nähe der Erwachsenen auf. Noch immer halten sich einige Ammenmärchen gegen Familienbetten hartnäckig, doch zeigen Gespräche mit Eltern immer wieder: Dass die Kinder entweder gleich bei ihren Eltern schlafen oder nachts mit ins Bett schlüpfen, ist weit verbreitet. Gerade bei Kindern, die auch nach dem 1. Geburtstag noch nicht durchschlafen, ist das oft hilfreich. Weiterlesen