Hudern – Über den Wert des Kuschelns im Elternbett

Sich in den Armen eines anderen Menschen geschützt, gewärmt und umsorgt fühlen. Positive Nähe zu einem Menschen, den wir mögen, kann so viel bedeuten, so viel geben. Nach einem langen, anstrengenden Tag voller Eindrücke, voller Erfahrungen und Erlebnisse kann es so wohltuend sein, sich in die Arme eines Menschen zurück zu finden und darunter Schutz zu finden wie unter einem großen Flügel, der einen von der Welt abschirmt.

Unter dem schützenden Flügel gewärmt

Als ich Kind war, hatten meine Eltern den Begriff „hudern“ dafür geprägt, wenn ich am Abend ins Bett zu ihnen wollte, um in warme Decken gehüllt ganz nah an ihnen zu liegen und den Tag los zu lassen. Es war ein Ritual für so manche Tage, an denen es schwer war, das Leben als Kind. Und kürzlich kam es wie selbstverständlich in einem Gespräch über meine Lippen, dieses Wort, an das ich so lange nicht mehr gedacht hatte, das aber für mich genau das umschrieb, was sich meine Kinder so oft wünschen und was sie Nacht für Nacht erfahren, wenn sie es brauchen. Heute, so viele Jahre nach meiner Kindheit, blickte ich lachend mit meinem Mann auf ein Wort, dessen Bedeutung ich nie in einem anderen Zusammenhang gesehen hatte als dieses Kuscheln am Abend. Tatsächlich meinte es laut  Grimms Wörterbuch „und heiszt auch bei den hennen der schöne beweis der mutterliebe, wenn sie ihre jungen unter den fittigen sammeln“. 

Der Wert des nächtlichen Kuschelns

„Ja, aber nachts, da schläft man doch. Da kriegt das Kind das ja doch nicht mit!“ höre ich manches Mal wenn ich über den Wert des Familienbettes spreche oder schreibe oder über das nächtliche Kuscheln. Ja, natürlich: Nachts schlafen wir. Und dennoch ist es auch dann – oder gerade dann (!) – von großem Wert, in der Nähe eines anderen Menschen zu sein. Wann sind wir so schutzlos, so verletzlich wie während des Schlafes? Wann ist es so gut, sich eines anderen Menschen zu vergewissern, als wenn man nachts von Träumen erschreckt aufwacht und einen geliebten Menschen neben sich spürt, dessen Anwesenheit beruhigt? Wie gut tut es, sich an den warmen Körper eines anderen Menschen zu kuscheln und gewärmt zu werden?

Unsere Kinder wollen in der Regel von Anfang an bei uns sein. Körperliche Nähe beruhigt, schützt, umsorgt. Positive Berührung führt zu Hormonausschüttungen. Oxytozin, das Kuschel- oder Bindungshormon, führt zu Entspannung, einem Gefühl der sozialen Verbundenheit, mildert Ängste, senkt den Blutdruck, verringert den Kortisolspiegel, verbessert die Wundheilung, regt (Nerven-)Wachstum an. Bei Neugeborenen Babys hilft der Körperkontakt zur Anpassung an das neue Leben, so dass sich Atmung, Kreislauf und Temperatur stabilisieren. Statistisch weinen Babys, die viel positive körperliche Nähe erfahren, weniger. Besonders bekannt sind diese Vorteile des Hautkontakts und nahen Tragens am Körper auch in Hinblick auf die Pflege von zu früh geborenen Kindern. Aber auch in der späteren Kindheit, im Erwachsenenalter und nicht zuletzt im Alter ist die Bedeutung der sensorischen Anregung groß und wir wissen um die Probleme, die eine Vernachlässigung der Zuwendung mit sich bringt.

Es tut gut, sich in den schützenden Armen eines Menschen geborgen zu fühlen. Einem Baby ebenso, wie einem Kind oder Erwachsenen. Und dies umso mehr, wenn vielleicht der Tag anstrengend war oder am Tag zu wenig Zeit oder Möglichkeit war für das Im-Arm-Halten war bei größeren Kindern. Es tut gut, wenn Eltern – egal ob Mutter oder Vater – da sind, und „Schutz unter den Flügeln“ anbieten. Schützende Flügel sind nicht den Müttern vorbehalten. Und eines Tages verschwindet dieser Gedanke und das Wort vielleicht – um später einmal wieder aufzutauchen, wenn sich die eigenen Kinder in den Arm schmiegen.

Eure

19 Kommentare

  1. Danke für diesen Text. Unser Kleiner schläft zur Zeit nur kuschelnd ein und schläft in der Nacht auch in unserem Bett. Wenn er in der Nacht hochschreckt, dreht er sich zu uns um, streckt sein Händchen zu uns aus und schläft weiter. Leider traut man sich ja fast nicht dies anderen zu erzählen ohne blöde Sprüche zu ernten. Von wegen verwöhnen, das Kind muss dies und jenes lernen, etc… Dieser Text ist grad Balsam für meine Seele 🙂

    • Ja, am besten einfach machen und nicht drüber reden. Die Erfahrung hab ich auch gemacht. Dein Kind – Deine Sache. Ist eh der richtige Weg, den du gehst. ?

  2. Superdad

    Unser Lütter schläft auch meistens bei und im Bett – mit viiiiel Kuscheln. Hin und wieder schläft er auch in seinem Bett. Wenn er aber nachts wach wird, kommt er immer zu uns rüber und schläft weiter. Soll er auch. So lange er will.

  3. Susanne

    Liebe Susanne
    Vielen Dank für deine vielen guten Texte! Unser bald 6-Jähriger schläft in unserem Bett ein. Danach legen wir ihn in sein eigenes Bett, das direkt an unseres drangeschoben gemütlich in der Ecke steht. Irgendwann am frühen Morgen klettert er über mich wieder in unser Bett und schläft zwischen uns Grossen weiter. Er ist ein „wilder Schläfer“, der im Schlaf herumstrampelt und im Bett rotiert. Bis vor kurzem schlief er die ganze Nacht bei uns im Bett, aber mit der Grösse werden die nächtlichen Tritte in alle Richtungen unangenehmer. Er kann es sich nicht anders vorstellen, als bei uns zu schlafen, und wir werden es so lange so beibehalten wie er will. Wir sind froh, dass er noch nicht in ein anderes Zimmer „ausziehen“ will, denn auch uns tut sein ruhiges Atmen neben uns gut. Und schliefe er in einem anderen Raum, hätten wir nie sein gelegentliches glucksendes Lachen im Schlaf gehört, oder welch süsse Dinge er im Schlaf sagt! ? Die geben einen weitern spannenden Einblick, was ihn momentan beschäftigt. Das Kuscheln im Bett nennen übrigens auch wir Hudern. ?
    Herzliche Grüsse von einer anderen Susanne

  4. Cynthia

    Wunderbarer Text. Unsere Kleine ist sehr kuschelbedürftig. Ich war und bin es auch. Sie streckt uns mit ihren zehn Monaten schon die Ärmchen entgegen, wenn wir sie im Elternbett in den Schlaf begleiten, und umarmt regelrecht unseren Hals/Kopf. Ein Glücksgefühl für uns und für sie. Nachts schläft sie auch zwischen uns und wir wissen, dass es gut so ist. Auf diesen Nonsense von späterer Unselbständigkeit (der Grundstein für so etwas wird ganz woanders gelegt), den manche von sich geben, höre ich gar nicht ?. Wir haben ein ausgeglichenes Baby, dass tatsächlich wenig weint. Irgendwann will sie ins eigene Bett und solange sie uns braucht, sind wir da. Wir sind alle glücklich damit.

  5. Unser Kind wollte noch nie kuscheln und ich glaube auch nicht, dass es noch kommt. Es macht mich so traurig- auch diese ganzen Kommentare zu lesen, wo Kinder kuscheln. Ich hätte das auch so gerne, da es ja zu meinen Grund Bedürfnissen zählt, mein Kind an mich zu drücken, zu halten und zu liebkosen. Sie schläft auch bei uns im Bett (2 Jahre alt), aber eben neben uns und wir dürfen sie nicht berühren.
    Es soll wohl nicht sein. Man zweifelt halt an sich selber.

    • Oh das tut mir grad so Leid zu lesen.. da kann man ja viel sagen „Bindung und sicherer Hafen versteht das Kind bestimmt von dir“ aber so ganz ohne eigene Kuschel-Ambitionen – das stell ich mir auch schmerzhaft vor. Viel viel *ich kann nicht verbalisieren was ich dir wünschen möchte* für diese Zeit.. :-/
      Alles Liebe von mir

    • Angelika

      Hallo Natalie! Darf ich dir von unserem Großen erzählen? Er war auch ein „Kuschelverweigerer“. Nicht anfassen, nicht streicheln, keine Bussis… Auch mir und meinem Mann fiel es sehr schwer, dies zu akzeptieren. Doch dann, mit 3 Jahren, aänderte sich das von heute auf morgen! 🙂 Seither haben wir den Überdrüber-Kuschler! Er wirft sich regelrecht in unsere Arme, wir dürfen ihn „kräbbala“, streicheln,… Und er gibt es auch zurück, umrmt uns, kuschelt sich an uns… Es ist herrlich! Wir haben keine Ahnung, was der Auslöser für diese Veränderung war – wir genießen es einfach nur! ?? Auch, wenn er nachts zu uns kommt und sich zwischen uns nüschalat… Was ich dir damit sagen will: Gib die Hoffnung nicht auf! ? Lg Angelika

    • Monique

      Hallo Natalie,
      mein Sohn wollte in diesem Alter auch nie kuscheln. War auch immer total traurig deswegen. Mit 3,5 Jahren hat es angefangen, dass er immer mehr kuscheln wollte. Jetzt kuschelt er ganz, ganz viel ?

    • Abwarten ? meine Tochter wollte die ersten 3 Jahre nicht mal bei mir im Bett schlafen! Das kam dann im Laufe der Jahre. Anfangs auch noch ohne Körperkontakt, das wurde aber immer mehr ? jetzt mit 10 kommt sie nur noch selten in der Nacht, aber morgens immer zum kuscheln

    • Jennifer Junge

      Das selbe dachte ich bei meiner Tochter, auch 2 Jahre alt auch. Bis vor kurzem war sie auch anti kuscheln. Fand ich auch total schlimm. Aber jetzt kommt sie immer öfter nicht nur nachts sondern auch tagsüber zu mir um zu kuscheln und runter zu kommen. Ganz selten sagt oder zeigt sie mir noch das sie es mal nicht möchte zb in ihren wutanfällen. Gib die Hoffnung noch nicht auf 😉

    • Liebe Natalie,
      ich kann von meinem ältesten Sohn, heute 38 Jahre, berichten. Er wollte als Baby und Kleinkind auch nicht wirklich schmusen, schlief lieber alleine, kam selten ins Bett zum kuscheln. Nachdem sein Bruder geboren war, der sehr großes Bedürfnis nach Kuscheln hatte, kam er etwas mehr zum kurzen kuscheln. Er war aber immer zufrieden und ausgeglichen, dabei zeigte er immer ein großes Bedürfnis nach Freiheit und Entdeckungsdrang. Heute würde er sicher als ADHS Kind eingestuft. Er hat sich sehr gut entwickelt, lebt mit seiner Freundin glücklich zusammen und fühlt sich in seinem Beruf als Maschinenbauingeneur zufrieden.
      Ich denke jedes Kind hat unterschiedliche Bedürfnisse. Mein dritter Sohn zeigte beide Bedürfnisse seine Geschwister. Ganz liebe Grüße.

  6. Finde es gerade nachts so praktisch während ich schlafe meinem Kind so viel geben zu können. Die Tage sind mit Kita, spielen, toben und Alltag oft so ausgefüllt das kuscheln auch schnell Mal zu kurz kommt. Da ist es schön dass es Nachts so einfach ist das aufzuholen.
    Mein Mann war auch lange skeptisch, aber schon wenige Tage nachdem wir unsere Bett endlich zu einem „richtigen“ Familienbett vergrößert haben, war er schon voll davon überzeugt. Die kleine schläft besser durch ( und die meisten Nächte tatsächlich auch durch) die ständige Nähe, keiner muss mehr aufstehen sie abends zu uns ins Bett zu holen wenn sie aufwacht (vorher jede Nacht zwischen 11 und 1) und jetzt ist genug Platz für alle da um auszuweichen wenn es zu eng wird ?

  7. Meine knapp 3 jährigen Drillinge schlafen auch noch bei uns im Familienbett..um ehrlich zu sein, möchte ich eigentlich auch mal wieder mein Bett für mich alleine haben,damit ich mich wiedermal ordentlich ausruhen kann.
    Sie schlafen zwar meisstens in ihren Betten ein, kommen dann doch aber mitten in der Nacht zu uns ?
    Achja man liebt sie ja trotzdem so sehr?

  8. Liebe Susanne,

    Dein Text ist mir verständlich und auch das Bedürfnis des Kindes.
    Meine drei (4j, 6j-9j) kommen auch immer wieder Nachts zu uns ins Bett unter meine Decke oder schlafen gleich in unserem Ehebett ein und sie lieben es.
    Ich weiß das sie dieses Bedürfnis haben und brauchen.
    Nur ich bekomme dann nachts keinen Schlaf, ich kann nicht schlafen wenn mich jemand berührt, mir direckt ins Ohr und Gesicht atmet oder gar noch unter meine Decke will. So liege ich oft Nächte lang wach wenn wieder mal eines der drei Kinder zu uns ins Bett kommt.
    Jetzt frag nicht was ist wenn mein Mann nachts kuscheln kommt… auch das geht nicht. Er muss auf seiner Seite bleiben! Wenn unsere Kids alle oder auch nur einer kommt nehme ich reis aus in die Kinderbetten oder aufs Sofa.

    Tags über nutze ständig fast jede Gelegenheit.
    Doch brauch nämlich auch meinen Schlaf und die Nächtliche Erholung . Somit versuche ich mehr oder weniger das alle in ihren Betten schlafen !

    Aber auch heute bin ich wieder die ganze Nacht wach wenn ich nicht mir jetzt schnell eine andere Schlafst.
    Also in diesem Sinne euch allen eine gute und erholsame Nach

    Annika

    • Liebe Annika, es ist natürlich ganz wichtig, dass das ausgewogen ist und es bringt nichts, wenn du nicht dabei schlafen kannst. Vielleicht geht es ja mit einem Räuberlager für die Kinder vor dem Bett erstmal als Übergang?

  9. Hallo, wir haben ein Familienbett (2x3m) angeschafft. Es war für uns das normalste auf der Welt , unseren Kindern auch nachts den Schutz und die Geborgenheit zu geben, die sie benötigen. Unsere Kinder (7 und 2) kennen das und haben dadurch das Urvertrauen bekommen ( sich bewahrt?) was haben wir uns nicht alles ( ungefragt) anhören müssen. Haben uns ( insgeheim schmunzelnd) die Bemühungen anderer Eltern anhören müssen, ihre Sprösslinge aus ihrem Bett zu vertreiben. Und nun? Die große hat IMMER die Wahl: um halb acht mit dem kleinen Bruder ins Familienbett gebracht zu werden oder um acht erst ins Bett gehen und eine halbe Std länger spielen. Aber dann in ihrem Zimmer in ihrem eigenen Bett. Das variiert. Mal so, mal so. In letzter Zeit allerdings will sie immer öfter in ihrem Zimmer schlafen. Sie kann aber jederzeit rüberkommen. Einschlafbegleitung ist sowieso selbstverständlich. Alles regelt sich. Ohne Trönen , ohne Schimpfen. Wieso auch? Ich kenne keinen 18- jährigen, der im Elternbett schläft. Immer locker bleiben. Immer das machen, was für die eigene Familie passt. Nicht dreinreden lassen.

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