Die Frage danach, wie lange denn nun ein Kind im Elternbett schlafen dürfe, bewegt Eltern von der Baby- bis in die Grundschulzeit: Muss es jetzt nicht langsam ausziehen? Wie lange ist ausreichend lang, wie lang ist zu lang? Und was, wenn das Kleinkind- oder Grundschulkind noch immer nachts ins Bett der Eltern kommt? Wie viele andere Fragen des Familienlebens gibt es auch auf diese Frage keine so richtig abschließende und pauschale Antwort, die zu allen passt. Aber es gibt eine Antwort, die ziemlich gut auf verschiedenste Modelle zutrifft: Solange es für alle Beteiligten angenehm ist und das Kind nicht erwachsene Nähebedürfnisse erfüllen muss.
Solange es für alle passt…
Vielleicht kennst du die WHO Empfehlung zur Stillzeit, in der es heißt, dass das Stillen fortgeführt werden kann, solange es für Stillende und Kind in Ordnung ist. – Ganz ähnlich können wir es auch in Bezug auf das Schlafen handhaben: Dass Menschen eine Tendenz dazu haben, beeinander schlafen zu wollen, ist weit verbreitet und ziemlich normal, schließlich sind wir gut geschützt, wenn wir in Gruppen schlafen, weil wir uns gegenseitig wärmen können und aufeinander achten. Während es bei erwachsenen Paaren sogar als Selbstverständlichkeit betrachtet wird, dass sie das Bett teilen und ein getrenntes Schlafen kritisch beäugt wird (obwohl auch Paare individuelle Schlafentscheidungen treffen sollten und es keinesfalls einen Zwang zum geteilten Bett geben sollte), wird der Schlaf von Kindern im Eltern- oder Familienbett recht häufig schon in jungen Jahren kritisiert. Dabei wünschen sich gerade Kinder die Schutzfunktion der Nähe im Elternbett.
Der Aspekt, dass sich alle mit dem gemeinsamen Schlaf wohl fühlen sollten, ist auf emotionaler Ebener bedeutsam („Fühlt es sich wirklich angenehm an für uns alle?“), aber auch auf konkret räumlicher Ebene („Haben wir alle genug Platz?“). Denn tatsächlich sollte es nicht nur darum gehen, dass der Schlaf im Elternbett gemütlich ist für das Kind, sondern auch die Erwachsenen sollten ausreichend Platz haben und es sich gemütlich machen können. Im Elternbett, das vielleicht nur auf ein bis zwei Personen ausgelegt ist, ist das nicht immer der Fall: Für Babys kann zu wenig Platz im gemeinsam geteilten Bett gefährlich werden, wenn beispielsweise Atemwege verdeckt werden können, für größere Kinder und ihre Eltern kann zu wenig Platz bedeuten, dass man sich nachts aufweckt, weil wieder ein Arm oder Fuß einer anderen Person im Gesicht gelandet ist. Wir müssen es uns also auch vom Platz her passend machen – und das bedeutet, dass oft eher ein Familienbett eine gute Wahl ist, statt eines Elternbetts für alle.
… und sich alle wohl fühlen
Neben dem tatsächlichen Raum ist auch der emotionale Raum bedeutsam: Ist es für alle beteiligten Erwachsenen okay, wenn das Kind mit im Bett schläft? Was, wenn nur eine erwachsene Person das gut findet? Hier muss dann genauer hingesehen werden: Wenn beispielsweise ein Elternteil wünscht, dass das Kind aus dem gemeinsamen Bett auszieht, gleichzeitig aber die Verantwortung für diesen Übergang und das nächtliche Kümmern auf den anderen Elternteil schiebt, wäre das eine unfaire Verteilung zu Lasten von Kind und einem Elternteil.
Wichtig ist auch, zu beachten, wie es dem Kind wirklich geht: Braucht es noch Nähe und Zuwendung? Wenn es nicht mehr im Elternbett schlafen darf, wie kann es den eigenen Schlafort als sicher und schön erfahren? Welche Begleitung und welche Übergänge braucht es vielleicht, um sich dort richtig wohl zu fühlen? Bei älteren Kindern dürfen die Erwachsenen auch in den Blick nehmen, ob das Kind wirklich noch die nächtliche Nähe braucht, oder eher die Erwachsenen die Nähe mehr genießen als das Kind – und wenn dem so ist, woran das liegen könnte. Manchmal lohnt es sich, auch die eigenen Bedürfnisse noch einmal in den Blick zu nehmen, sowie die eigene Schlafgeschichte und Einstellung zum Schlaf: Fühle ich mich abends wohl und geborgen in meinem Bett und kann sicher vom Tag loslassen?
Prinzipiell gibt es kein konkretes Alter, an dem Kinder aus dem Eltern- und Familienbett ausgezogen sein müssen. Wie wir schlafen, ist auch eine kulturelle, lokale und ökonomische Frage und sollte weniger von Glaubenssätzen geleitet sein, als von einem achtsamen Blick auf die Bedürfnisse aller.
Eure
Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und tragen seit über 10 Jahren maßgeblich zur Verbreitung bedürfnisorientierter Erziehung bei. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.
Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de