Quengeln lassen oder gleich reagieren, wenn das Baby nachts unruhig wird?

Babys und Kleinkinder schlafen meist nachts nicht so durch, wie wir Erwachsene es tun. Zwar erwachen auch wir Erwachsene jede Nacht mehrere Male, aber in der Regel schlafen wir schnell wieder ein und erinnern uns morgens nicht einmal an das regelmäßige Aufwachen. Babys und Kleinkinder schlafen jedoch dann, wenn sie zwischen der Tiefschlaf- und REM-Schlaf-Phase erwachen, meist nicht so leicht wieder ein: weil sie Hunger haben und auch nachts Nahrung brauchen für Wachstum und Lernen, und weil sie beim Aufwachen überprüfen, ob sie weiterhin sicher und geschützt sind: Ist es zu warm oder zu kalt, sind sie allein und damit ungeschützt – da sie noch nicht für sich selbst sorgen können, sind sie auf Schutz und Versorgung durch ihre Bezugspersonen angewiesen und überprüfen dies beim Aufwachen.

Keine Pauschallösungen

Die Fähigkeiten zur Selbstregulation sind schon bei Babys unterschiedlich ausgeprägt, ebenso wie ihre Tröstbarkeit, Erregbarkeit und ihr Ausdruck. Während es einige Babys gibt, die schon recht früh bei einigen Aufwachsituationen wieder selbständig in den Schlaf finden, gibt es andere, die längere Zeit auf Regulation durch die Bezugsperson(en) angewiesen sind. Eine Pauschalantwort darauf, ob alle Babys daher schnell wieder beruhigt werden müssen oder nicht, gibt es nicht.

Wenn das Baby unruhig wird…

Wenn Eltern allerdings merken, dass das Kind unruhiger wird, vielleicht sogar lauter zu quengeln beginnt, sollte nicht weiter abgewartet werden. Auch wenn auch Eltern heute noch gesagt bekommen, dass es sehr wichtig sei, dass schon Babys lernen, sich selbst zu beruhigen und dies gerade nachts wichtig wäre, damit Eltern Schlaf finden und die Kinder – angeblich zugunsten ihrer Entwicklung – ebenfalls „durchschlafen“, ist das inhaltlich so nicht richtig: Das normale nächtliche Aufwachen des Kindes behindert nicht die Entwicklung. Und das Trösten hilft Kindern, die sich noch nicht selbst beruhigen können, nach und nach durch das Gefühl der Sicherheit oder durch die von uns angebotene Brücke zum Schlaf, Selbstregulation auszubauen.

Wenn wir also merken, dass das Kind unruhiger und quengeliger wird, ist es durchaus sinnvoll, möglichst schnell beruhigend einzuwirken. Dabei können wir so sanft wie möglich beruhigen bzw. dem jeweiligen Bedürfnis nachkommen und das Kind stillen/füttern oder durch Berührung und/oder einige Worte signalisieren, dass wir da sind und weiterhin schützen und behüten. Ein frühes Beruhigen ermöglicht dem Kind, schnell wieder in den Schlaf zu finden. Werden die Signale zunächst ignoriert, muss das Baby auf stärkere Signale zurückgreifen, um die eigene Problemsituation mitzuteilen: es weint oder schreit. Von diesem Punkt aus braucht das Baby länger, um wieder in den Schlaf zu finden und auch die Eltern haben dann, unter anderem durch die längere Beruhigungszeit, mehr Schwierigkeiten, selbst wieder in den Schlaf zu finden. Es ist also in Ordnung und sogar sinnvoll, das Baby möglichst früh zu beruhigen und nicht lange abzuwarten.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

14 Kommentare

  1. SteSchmu

    Danke für diesen Post, er kommt für mich wie gerufen. Bei meinem Sohn verändert sich das Aufwachverhalten gerade und ich reagiere immer sofort (Familienbett). Durch alte Ansichten verunsichert ist es jetzt schön zu lesen, dass ich es genau richtig mache (der Kopf ist nun mal nicht immer so einfach abzustellen).

  2. Sehe ich genauso. Ich mache es bei meiner 8 jährigen Tochter immer noch so, wenn sie bei mir schläft. Mittlerweile merke ich sogar, wenn sie Pipi muss und schicke sie, damit sie danach wieder besser schläft. Oder ich lege ihr eine Hand auf den Rücken…

  3. Liebe Susanne

    Ich hoffe die Frage ist nicht ketzerisch: gibt es zu diesem Thema (auch wie sich schreien lassen nachhaltig auswirkt) eigentlich eine vernünftige Studienlage?
    Es wurde ja zuletzt diskutiert,dass das Schreien lassen und selbst regulieren lernen gar nicht dramatisch sei und keine Effekte nachzuweisen seien (was ich mir gar nicht vorstellen kann). Daher meine Frage ?

    • Liebe Andrea, die Frage ist gar nicht ketzerisch 😀 sondern ganz berechtigt. Also: Langfristige Auswirkungen des Schreienlassens lassen sich nicht finden, das wäre schwer zu ermitteln im Rahmen einer Studie. Es gab vor einigen Jahren diese Studie, die nachweisen wollte, dass es sich nicht negativ auswirken soll, Babys schreien zu lassen, aber das Studiendesign war zweifelhaft (Eltern füllten nur einen Fragebogen aus).
      Was aber Studien belegen können, ist, dass Babys kürzer weinen, wenn Eltern zeitnah reagieren und es kann sehr genau nachvollzogen werden, wie sich der Stress des Schreiens und Weinens auf den Körper auswirkt und dass bei einer Beruhigung durch eine anwesende Person der Stress selbst dann gemildert werden kann, wenn das Kind auch nicht sofort aufhört zu weinen. Es spricht also viel dafür, dass das zeitnahe (und überhaupt) Beruhigen des Babys sinnvoll ist.

      • Andrea Stute

        Vielen Dank ?
        Für mich / uns kommt es auch gar nicht in Frage, allerdings waren wir ziemlich erstaunt, dass eben „herausgefunden“ wurde, dass die Kinder gar nichts aufweisen sollten.
        Wie dem auch sei – unser Baby darf sich darauf verlassen, dass wir jederzeit für sie da sind. Auch nachts.

    • Wenn du von „jedes Kind kann schlafen lernen“ sprichst, mach dich lieber nochmal vernünftig schlau. Selbst der Verfasser, dieser FOLTERMERHODE, hat es widerlegt. Ihr werdet animiert nicht auf eure Instinkte zu hören. Eigentlich traurig, dass man bei sowas überhaupt nach denkt.

      Und es gibt Studien. Ich habe eine griechische gefunden, in der genau erklärt wird, was mit den Neurotransmittern geschieht, wenn du dein Kind schreien lässt. Diese Babys neigen dazu, im späteren Alter, zum Beispiel Depressionen zu bekommen. Oder aber auch, können sie eher zur Gewalttätigkeit neigen. Wenn man darüber weiter nachdenkt, ergibt es einfach nur Sinn.

    • Hallo Andrea,
      eine Srudie kann ich dir leider nicht nennen. Was ich aber häufiger gelesen habe, ist, dass sich wohl die Hirnstruktur bei Babys unterschiedlich entwickelt, je nach dem, wie sensibel die Eltern auf die Bedürfnisse des Babys eingegangen sind. Es gibt wohl Hirnscans die zeigen, dass bei Babys, die sehr häufig schreien gelassen werden, die Hirnentwicklung in einer kompromierteren Form stattfindet. (Ich hatte mal Aufnahmen beim Kidsdoc auf Instagram gesehen).
      Ansonsten müsste es da doch sicher in der Bindungsforschung einiges an fundiertem Material geben.

  4. Es könnte auch sein, dass das Baby Pipi muss. Hier oft der Fall, dass das Baby nach dem Pinkeln oder Windel wechseln (passiert alles im Dunklen im Familienbett) von alleine wieder einschläft.

    • Hallo, ja das denk ich bei meinem Sohn 1 jahr alt auch manchmal, aber wenn ich ihn nachts aufs Töpfchen setze hatte ich es schon das er richtig schlimm geweint hat. Und dann als er doch pipie ins Töpfchen gemacht hat, hat er auch aufgehört zu weinen. Aber mir gefällt es nicht hin da weinend auf das Töpfchen sitzen zu lassen. Darum mach ich es nicht.

  5. Wir schlafen zu viert im Familienbett und die Kleinste (5 Monate) wird auch noch oft wach. Meistens möchte sie dann gestillt werden, manchmal muss noch ein Bäuerchen raus und ab und zu ist sie auch nur einfach kurz wach. Tatsächlich schläft sie immer schnell wieder ein, wobei ich glaube, dass die friedlichen Schlafgeräusche der anderen, sowie meine Nähe und das Gefühl im warmen, sicheren Nest zu liegen ihr sehr dabei helfen… und natürlich das prompte Handeln sobald ich bemerke, dass sie unruhig wird. Und das ist sooo viel leichter im Familienbett als wenn man erst aufstehen und womöglich noch in ein anderes Zimmer gehen müsste ? Danke für diesen Beitrag ?

  6. Christin

    Hallo Susanne, auch ich lese diese Zeilen mit großer Begeisterung und Freude, da sie mir aus der Seele sprechen und zur aktuellen Lebenslage bzw. Zu jeder Nacht passen. Ich Stille meine Tochter nachts meist wenn sie wach wird, da sie sich durch Berührung oder leisen Gesang nur minimal oder oftmals gar nicht beruhigen lässt. Sie ist 8 Monate und auch wenn ich momentan noch nicht umgehend ans Abstillen denke, bis 2 Jahre kann ich es mir nicht vorstellen. Und so macht sich der Gedanke breit: was ist wenn ich abstillen möchte? Wie bekomme ich sie beruhigt? Muss ich dafür nicht jetzt schon den Grundstein legen, dass ich irgendwann sanft die Brust entwöhnen kann?
    Vielleicht hast du diesbezüglich ein paar Worte, Tipps oder Anregungen für mich?

    Vielen Dank schon mal und alles Liebe.

  7. Liebe Susanne,
    ich bin momentan etwas verunsichert und bräuchte kurz deinen Rat.
    Meine Tochter ist nun 10 Monate alt und von Anfang an habe ich versucht immer auf ihre Bedürfnisse einzugehen und so schnell wie möglich auf sie zur reagieren. Sie ist ein sehr ausgeglichenes und fröhliches Kind.
    Ich bin mit ihrem Schlafverhalten bis dato immer gut zurecht gekommen. Zu Mittag schläft sie zunächst circa eine halbe Stunde und danach wacht sie auf, will gestillt werden und schläft dann noch (mit oder ohne nuckeln) 2 Stunden weiter. Am Abend schläft sie meist im Tragetuch ein und wird dann ebenfalls circa nach einer halben Stunde munter, will gestillt werden und schläft dann ohne nuckeln weiter. Sie wird dann aber circa alle zwei bis drei Stunden wach und will zu mir, d.h. an der Brust trinken.
    Da ich sehr viel lese, ist mir nun ein bekanntes Werk in die Hände gefallen in dem es darum geht Babys auch mal weinen zu lassen um Stress abzubauen. Stillen könne dabei als Strategie angewandt werden um das Weinen zu verhindern, was nicht immer förderlich sei. Die Autorin beschreibt das Stillen in diesem Fall als Kontrollmuster.
    Gestern Abend wurde meine Tochter mehrmals nach dem Einschlafen wach und da es nicht sein konnte dass sie Hunger hatte (ich habe sie zuvor bereits 20 Minuten gestillt) ließ ich sie einmal nicht zur Brust. Daraufhin weinte sie sehr heftig. Ich hielt sie in meinen Armen und versuchte ihr gut zuzureden. Nach circa 5 Minuten (es fühlte sich wie eine Ewigkeit an) beruhigte sie sich ein wenig. Ich hielt es jedoch selbst nicht mehr aus und ließ sie wieder zur Brust, wo sie wieder einschlief.
    Sie schlief diese Nacht erstaunlicherweise sehr ruhig und lang.
    Trotzdem sagt mir meine innere Stimme, dass ich mein Kind nicht weinen lassen soll. Andererseits bin ich unsicher ob ich sie immer gleich stillen soll wenn sie munter ist oder auch quengelt.
    Noch eine kurze Info: unter Tags stille ich sie bei Bedarf – ca einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag.
    Wie ist deine Meinung dazu? Vielen herzlichen Dank

    • Liebe Riki, das Stillen ist ja nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch Beruhigung durch Nuckeln an der Brust und damit eine Beruhigungsstrategie. Daher würde ich sagen, dass es sinnvoll ist, auf dein Gefühl zu achten. Entweder sie entwickelt im laufe der Zeit andeer Beruhigungsstrategien/findet die Brücke zum Schlaf leichter oder du kannst dann, wenn es wirklich dich stört, eine Alternative einführen.

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