Kategorie: Geburt

Geburt: Begleitet werden statt entbunden

Gestern vor zwei Jahren habe ich mein letztes Kind geboren. Heute vor neun Jahren mein erstes. Drei Geburten habe ich erlebt innerhalb von 9 Jahren: eine im Geburtshaus, eine zu Hause, eine im Krankenhaus. Sie alle waren ganz unterschiedlich: unterschiedlich lang, unterschiedlich schmerzhaft, unterschiedlich laut und auch die Kinder, die geboren wurden, waren bei der Geburt ganz verschieden in ihrem Verhalten. Jede Geburt wurde von einer anderen Hebamme begleitet. Beständig waren nur ich und mein Partner, der immer an meiner Seite war.  Weiterlesen

Begegnung & Dankbarkeit

„Susanne?“ Ich blicke in zwei Augen, die mir so vertraut sind. Einen kurzen Moment der Einordnung braucht es, denn ich habe sie 7 Jahre nicht gesehen. Aber wenn man in einem besonderen Moment in ein Augenpaar blickt, vergisst man es nie. Dieser Augenblick war die Geburt meines ersten Kindes. Und diese Augen gehören zu der Hebamme, die die Geburt meines ersten Kindes begleitet hat. Weiterlesen

Bitte berühren – Warum Hebammenarbeit unersetzbar ist

In der letzten Woche war ich beim Hebammenkongress des Hebammenverbandes und habe dort über „Neue Medien in der Geburtsvorbereitung“ gesprochen. Ich habe einen Überblick gegeben darüber, welche Medien Eltern heute nutzen, auf welche Weise sie davon beeinflusst werden und welches Potential für die Hebammenarbeit darin liegt. Es ist ein spannendes Thema, denn in der Schwangerschaft – und eigentlich schon beim Kinderwunsch – werden wir auf vielfältige Weise beeinflusst. Anders als früher suchen wir unsere Hilfen nicht mehr bei uns bekannten Personen, sondern aus Büchern, Zeitschriften, Fernsehen und Internet. Weiterlesen

Der Geburtsbeginn – unsere gemeinsame Reise in ein neues Land

Es ist halb zwei morgens. Das Ziehen im Bauch hat mich geweckt, mir ist übel. Vor drei Stunden schrieb mir meine Freundin noch, dass sie bald ins Bett gehen würde und in ein paar Stunden meinen Anruf erwartet. Dunkel ist es in unserer Wohnung und alle schlafen. Alle bis auf uns beiden: das Baby in meinem Bauch und mich. Dies sind nun unsere letzten Stunden, die wir so ganz eins verbringen werden. Weiterlesen

Warum kein Berufsstand Hebammen ersetzen kann – Ein Erfahrungsbericht

Gerade ist es wieder etwas leiser geworden um den Hebammenprotest, obwohl die Situation noch immer brenzlig ist und keine Lösung bislang gefunden wurde. Doch gerade vor ein paar Wochen wurde mir bei der Arbeit wieder vor Augen geführt, wie wichtig die Arbeit der Hebammen ist:

Ich hatte einen Termin zur Schlafberatung bei einer Mutter mit einem sieben Wochen alten Baby. Telefonisch sagte sie mir vorab, dass ihr Baby erhebliche Schlafprobleme hätte, besonders Probleme mit dem Einschlafen, aber auch die Nächte schlimm seien. Ich fragte nach, erzählte, dass Schlafen eben erst einen Rhythmus finden müsste, dass Aufwachen normal sei, aber sie versicherte, dass ihre Probleme  über das normale Maß hinaus gingen und sie am Ende ihrer Kräfte sei. Bei dem Hausbesuch traf ich tatsächlich eine Frau an, der es nicht gut ging, die schlecht aussah und erschöpft war. Und ein unruhiges Baby. Als ich es betrachtete, hatte ich schon eine Idee, hörte mir aber erst die Geschichte der Mutter an. Neben ihrem Bericht über die aktuelle Lage kamen wir auch schnell auf die Geburt zu sprechen. Sie berichtete, dass das Baby in der 38. Woche geboren wurde. Eine anstrengende Geburt im Kaiserschnitt mit vielen Eingriffen. Sie war emotional noch nicht darauf vorbereitet, dass das Baby schon kommt. Aber es war völlig gesund. Dadurch, dass es früher kam, gab es aber terminliche Probleme bei der Nachsorge: Die Hebamme, die die Nachsorge eigentlich machen sollte, hatte einen Bandscheibenvorfall und konnte sie nicht mehr versorgen. Sie fand auf die schnelle keine neue Nachsorgehebamme. Im Krankenhaus wurde ihr gesagt, sie solle dann einfach zur Frauenärztin gehen und dort nach dem Rechten schauen lassen, ob sich alles gut zurück bilden würde, das sei kein Problem. Sie hatte Stillprobleme von Anfang an, im Krankenhaus wurde ihr auf der Wöchnerinnenstation das Anlegen gezeigt, aber es klappte nicht so recht, die Brustwarzen wurden wund, besonders auf einer Seite, und ihr wurde gesagt, sie müsse zufüttern. Später würde der Kinderarzt weiter beraten und sehen, ob das Kind genügend zunehmen würde. Zu Hause klappte es mit dem Stillen nicht, der Kinderarzt riet zur künstlichen Säuglingsnahrung, da das Kind nicht genügend zunehmen würde. In der zweiten Woche nach der Geburt wurde die Schlafsituation auch immer schlimmer, denn es hatte erhebliche Einschlafschwierigkeiten, schrie viel, ließ sich auch schwer tragen. Sie hielt lange aus, ging immer wieder zum Kinderarzt und vermutete Blähungen, aber es konnte keine Besserung hervor gerufen werden. Sie war am Ende ihrer Kräfte.

Ohne Hebamme – Hilfe kommt fast zu spät

Die Frau hat nichts, nicht die geringste Kleinigkeit „falsch“ gemacht. Sie hat alles gegeben, was sie konnte. Das Problem war: Sie hatte keine Nachsorgehebamme. Die Hebamme hätte sich während eines Hausbesuches zur Nachsorge Zeit genommen, sich das Stillen in Ruhe anzusehen, hätten den Bericht zur Geburt in Ruhe gehört und sich das Kind angesehen. Sie hätte gesehen, dass dieses Kind bei einer Physiotherapie/Osteopathie gut aufgehoben wäre, da es sehr wahrscheinlich eine Blockade hat, die das Stillen behindert und auch Schmerzen in anderen Positionen hervor ruft. Sie hätte ihr früh helfen können, wodurch sie wahrscheinlich nicht mit dem Stillen hätte aufhören müssen und nicht völlig verzweifelt wäre. Aber es war keine Hebamme da, weshalb sie erst sehr spät Hilfe bekommen hat, als sie schon ganz am Ende ihrer Kräfte war.

Hebammen sind durch keinen anderen Berufsstand zu ersetzen

Ja, natürlich gibt es viele andere Berufszweige, die ähnliche Arbeiten verrichten wie Hebammen oder ähnliches Wissen haben wie Hebammen. Aber Hebammen sind die, die zuerst auf die Frau blicken können, die weiterhelfen und erst dann, wenn sie eine zweite Meinung brauchen, weiter verweisen. Und sie sind auch diejenigen, deren Arbeit von den Krankenkassen bezahlt wird (zu gering, aber für die Familien ist es wichtig, dass es jemanden gibt, der nicht privat bezahlt werden muss). Ich habe Kolleginnen, die als Doula arbeiten: Sie können Hebammen nicht ersetzen bei der Geburt. Sie arbeiten mit den Hebammen Hand in Hand, unterstützen sie, aber vor allem die Gebärende in den vielen Kleinigkeiten, für die die Hebamme vielleicht nicht die Zeit oder die Möglichkeit hat – besonders im Krankenhaus. Ich habe Kolleginnen, die als Stillberaterinnen arbeiten und wie ich auch von Hebammen angerufen werden, wenn sie bei Stillschwierigkeiten eine zweite Meinung benötigen oder einen anderen Blick. Früher habe ich im Geburtshaus Friedrichshain, das bereits 2012 schließen musste, für die Hebammen bei Bedarf Hausbesuche zur Stillberatung gemacht und Kurse zur Geburtsvorbereitung gegeben, weil sie einen anderen Schwerpunkt in der Kursarbeit wünschten als klassische Geburtsvorbereitung. Hebammen können Eltern auch einführen in die Möglichkeit, das Kind in einem Tragetuch zu tragen oder an entsprechende Trageberaterinnen weiter verweisen, wenn es den Bedarf gibt oder wenn es spezielle Situationen gibt, die eine besondere Trageberatung erfordern. Hebammen besuchen Frauen im Wochenbett und sehen und erfahren in dieser Zeit alles, was wichtig ist und sind die ersten Ansprechpartnerinnen für alle Belange. Es gibt einfach keinen Beruf, der dies auffangen kann, denn die vielen einzelnen Berufssparten, die sich drum herum gruppieren mit ihrem Fachwissen wie Stillberaterinnen, Trageberaterinnen, Babykursleiterinnen, Osteopathen, Familienbegleiterinnen, Mütterpflegerinnen etc. sind die zweite Anlaufstelle, die aber nicht den ersten Blick ersetzt. Und sie sind meistens privat zu bezahlen – was für viele Familien nicht möglich ist. Es ist wie bei einem Arzt, wenn wir zum Allgemeinarzt gehen und zu einem Spezialisten überwiesen werden. Hebammen sind nicht ersetzbar.

Mit der Hebamme an der Seite bekommen Mütter die Hilfe, die sie brauchen

Glücklicherweise konnte der Mutter und dem Kind geholfen werden. Es schläft nicht durch, aber es schläft besser und weint weniger. Es lässt sich besser in einer Babytrage tragen und auch beruhigen. Der Mutter geht es besser. Nicht super, aber besser. Sie selber muss noch verstehen, dass sie alles getan hat, was sie konnte und es nicht ihre Schuld war, dass ihr Start so schwierig war. Denn so war es. Es ist traurig, dass der Beginn dieser Eltern-Kind-Beziehung ganz anders hätte sein können, wenn die Rahmenbedingungen anders gewesen wären. Und zwar nur eine klitzekleine Änderung wäre nötig gewesen: Eine Nachsorgehebamme, die mit ihrem Fachwissen sofort erkannt hätte, was zu tun ist.

Deswegen: Setzt Euch bitte weiter für den Berufsstand der Hebammen ein. Sie haben es verdient, aber vor allem habt Ihr es verdient, die Hilfe zu bekommen, die ihr benötigt! Bevor Ihr am Ende Eurer Kräfte seid. 

 

Frauen, geht auf die Straße – Geburt ist ein Thema für ALLE Frauen

 

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Am Samstag wird in Berlin wieder demonstriert für den Erhalt des Berufsstandes der Hebammen. Gerade in der letzten Zeit hat sich jedoch eine Kluft unter den Frauen aufgetan in Bezug auf den Hebammenprotest. Das Projekt „Selbstgeboren“ hat nur verdeutlicht, welche Emotionen beim Einsatz für die Hebammen mitschwingen. Oft liest oder hört man auch kritische Stimmen, man solle sich nicht für einen Berufsstand einsetzen, der längst modernisiert werden sollte oder der nur noch Multiplikator für esoterische Behandlungskonzepte sei. Doch beim Protest für die Hebammen geht es eigentlich weder darum, ob nun ein Kaiserschnitt oder eine spontane Geburt zu Hause besser sei und es geht auch nicht darum, ob Frauen irgendwelche Kügelchen oder Umschläge benötigen, um bei Problemen in der Schwangerschaft Linderung zu erhalten: Es geht um ein Recht aller Frauen, frei zu entscheiden. Jede Frau muss selbst entscheiden können, wo und wie sie ein Kind gebären möchte, wenn sie sich entschieden hat, eines zu bekommen.

Frauen müssen wählen dürfen, wie sie gebären und haben ein Recht auf Medikamente

An manchen Stellen wird beschrieben, dass man heute im Besitz aller medizinischen Möglichkeiten nicht mehr gezwungen ist, sich dem Geburtsvorgang zu unterwerfen, sich auf sein Stammhirn zu besinnen und trotz Schmerzen auf Schmerzlinderung durch Medikamente zu verzichten. Medizinische Interventionen erscheinen als Machtmittel, auf die Frauen heute Zugriff haben und sich dessen bedienen dürfen. Das ist auch vollkommen richtig. Frauen haben Zugriff auf diese Mittel und dürfen sich nach freier Entscheidung daran bedienen: Keine Frau sollte und muss heute natürlich gebären, wenn sie Ängste hat oder das Schmerzempfinden ihr gebietet, schmerzstillende Medikamente zu nutzen. Ich persönlich finde es vollkommen richtig, dass jede Frau ein Recht auf Wahlfreiheit hat. Dies ist insbesondere vor der Geburt wichtig, um für sich zu klären, welche Maßnahmen man wünscht und welche nicht.

Wahlfreiheit oder doch Fremdbestimmung durch Ärzte und Konzerne?

Nicht zu verwechseln mit dieser Freiheit der Entscheidung ist jedoch die Fremdbestimmung im Krankenhaus durch medizinisches Personal, das nicht unbedingt im Sinne der Frau und ihrem persönlichen Bedarf handelt, sondern im Sinne eines großen Klinikkonzerns, bei dem es um Bettenbelegungen, Arztkosten und Krankenkassenabrechnungen geht. Medizinische Intervention ist eben nicht zwangsläufig ein Ausdruck der Selbstbestimmung. Gerade im Rahmen der Proteste um das Projekt Selbstgeboren wurde deutlich, wie viele Frauen unter fehlender Selbstbestimmung bei Geburten leiden mussten. Traumatische Geburtserfahrungen können zu schwerwiegenden (psychischen) Erkrankungen führen. Australische Studien zeigen, dass dort Selbstmord eine der Haupttodesursachen in der perinatalen Phase ist.

Eingriffe unter der Geburt können  Auswirkungen haben, deren sich Frauen vorher nicht bewusst sind. Der hormonelle Kreislauf ist sehr empfindlich. Geburt ist ein normaler Vorgang, an dem es zunächst nichts Pathologisches gibt. Gibt es keine schwerwiegenden Vorerkrankungen, steht einer normalen Geburt zunächst nichts im Wege. So kommt es auch, dass Geburten traditionell von Hebammen begleitet werden und eben auch nicht unbedingt in Krankenhäusern stattfanden. Dass Geburten zunehmend jedoch in Krankenhäuser verlegt wurden, ist eine gesellschaftliche Entwicklung durch Einwirken der Pharma-, Medizinprodukte- und Ärztelobby. Geburt wurde in den vergangenen Jahrhunderten zunehmend pathologisiert. Es wurden Ängste geschürt, um Frauen dazu zu bewegen, Geburten in Krankenhäuser zu verlegen. Begründet wurde dies oft mit mehr Sicherheit für Frau und Kind. Betrachtet man allerdings die Datenlage, stimmt dies nicht. Die Einführung von Medizinprodukten führte in vielen Fällen zu einer Verschlechterung der Gebärsituationen: Das neu eingeführte CTG führte zu einer vermehrten Anzahl von Kaiserschnittgeburten, da dessen Angaben falsch interpretiert wurden: Naturgemäß sinken die Herztöne unter der Geburt durch die Wehen, was allein noch keine Indikation für einen Kaiserschnitt ist. Da aber für das CTG oft das Liegen im Bett erforderlich ist (und das CTG auch lange läuft, wenn Daten falsch interpretiert werden), kann sich das Kind aber womöglich nicht richtig im Becken einstellen. Auch sind die Wehen schmerzhafter. Um den Schmerz zu mindern, gibt es die PDA, die wiederum zahlreiche Nebenwirkungen haben kann und den Geburtsverlauf negativ beeinflusst. Da die Geburt hierdurch in die Länge gezogen wird, werden wiederum Wehenmittel zur Anregung verabreicht, die stärkere Kontraktionen hervor rufen und den Blutzufluss zum Kind stärker beeinträchtigen können. Auf diese Weise erhöht sich die Kaiserschnittrate, die in den letzten 10 Jahren um 10 Prozent auf derzeit ca. 30 Prozent angestiegen ist.

Es ist ein pathologisierter Kreislauf, der aus Kostengründen aufrechterhalten wird: Ein CTG wird angeschlossen und zeichnet Daten auf. Die Anwesenheit der Hebamme bzw. das Abhören mit einem Hörrohr ist nicht notwendig, die Hebamme kann mehrere Personen gleichzeitig betreuen. In Bezug auf die Haftpflichtversicherungen gibt es zudem einen wichtigen anderen Aspekt zu betrachten: Die Müttersterblichkeit ist durch die Kaiserschnittraten gestiegen. Doch kostenintensiver in Hinblick auf die Versicherung ist ein Kind, das durch die Geburt beeinträchtigt wurde, weshalb für Krankenhäuser der Kaiserschnitt “die sicherere” Wahl ist. Gebärende werden unter Druck gesetzt, die beste Entscheidung für ihr Kind treffen zu müssen und dabei wird ihnen die Kompetenz abgestritten, sich für sich selbst einzusetzen und dadurch die beste Wahl für das Kind zu treffen. „Aber was ist, wenn…“ wird dem Instinkt entgegen gesetzt. Der Spruch „Geht es der Mutter gut, geht es dem Kind gut“ gilt nicht. Geburten in Krankenhäusern sind statisch nachweisbar häufiger mit Eingriffen begleitet: Vom Wehenmittel über Dammschnitt bis zum Kaiserschnitt.

 

Der neutrale Partner an der Seite

Gerade deswegen ist es wichtig, dass Frauen eine Person an ihrer Seite haben, die sich loyal für sie einsetzt. Eine Person, die nicht selbst in die Geburt einbezogen ist wie die Gebärende oder ihr Partner/ihre Partnerin. Jemand, der  Erfahrungen  und emotional etwas Abstand hat. Jemand, der sich objektiv einsetzen kann. Diese Möglichkeit besteht, wenn man eine Hebamme hat, die man vorher kennt. Mit der man besprochen hat, welche Wünsche und Vorstellungen man hat, welche Interventionen in Ordnung sind und auf was bei Komplikationen geachtet werden soll. Eine Fachkraft, die sich unter der Geburt neutral einsetzt, medizinische Notwendigkeiten ggf. erklärt und „übersetzt“. Für manche Frauen kann das eine Hebamme sein, die Rescuecreme auf dem Bauch verschmiert und Globuli gegen Schmerzen gibt oder Akupunkturnadeln in den Fuß steckt. Für andere Frauen ist das eine Hebamme, die Bescheid gibt, wann die PDA gesetzt werden kann oder die verlässlich an der Seite steht bei einem geplanten Kaiserschnitt. Eine Begleitung, die auch schon in der Schwangerschaft zur Seite steht und zum Wohl der Gebärenden und Kinder handelt und nach der Geburt auf Basis des Wissens um die Schwangerschaft und Geburt optimal betreuen kann. So können Frauen bestärkt und unterstützt werden in der größten Umbruchphase des Lebens und auch gestärkt daraus hervor gehen, um ihren Weg weiter zu gehen. Psychischen Komplikationen nach der Geburt kann entgegen gewirkt werden.  Geburt hat einen entscheidenden Einfluss auf die Wahrnehmung und weitere Entwicklung, auf Selbstbewusstsein und Mutterschaft, auf das gesamte Leben. Daher ist es von so großer Bedeutung, diese sensible Phase bei Frauen gut zu unterstützen. Die Wahlmöglichkeit der Frau, wo und wie sie gebären möchte ist ebenso wichtig wie die Wahlmöglichkeit, ob sie schwanger werden/sein möchte oder nicht.

Alle Frauen sind gefordert, sich für Frauen einzusetzen

Unsere Gesellschaft braucht Hebammen, damit Frauen frei gebären können. Wahlfreiheit bedeutet nicht nur, dass man auf medizinische Produkte und Dienstleistungen heute zurückgreifen kann, wenn man das wünscht. Wahlfreiheit bedeutet auch, dass man das lassen kann, wenn man es möchte. Wir sind dann frei, wenn uns alle Möglichkeiten offen stehen und wir auch auswählen können, ob wir die naturheilkundliche Begleitung oder die schulmedizinische wünschen.

In diesem Sinne sind alle Frauen dazu aufgefordert, sich für die Hebammen einzusetzen. Auch wer keine Kinder gebären möchte, wer sich dagegen entschieden hat oder das Alter der Gebärfähigkeit überschritten hat: Setzt Euch ein für Eure Schwestern, Nichten, Freundinnen. Setzt Euch ein für das Recht der Frauen auf eine freie Wahl und demonstriert für den Erhalt des Hebammenstandes

Frauen, haltet zusammen! – Über Spaltungen in Krankenhaus- und Hausgeburt beim Hebammenprotest

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Der Hebammenprotest hält an und da noch keine tatsächliche Lösung gefunden wurde, gibt es zahlreiche Initiativen, die sich der Erhaltung der Hebammen verschrieben haben. „Vom ersten Gesicht“, der bildlichen Vorstellung von Hebammen und ihren Geschichten, bis hin zu Demonstrationen, Fähnchen und Aufklebern im Alltag. Nun gerade hat eine neue Initiative für Aufmerksamkeit gesorgt: das geplante Buch „Selbstgeboren“ von Hebamme Anna Virnich. Es soll ein Buch sein, das Geburtsberichte von Geburten vorstellt, die selbstbestimmt ohne medizinische Intervention verlaufen sind. Dazu hat Anna dazu aufgerufen, ihr Geburtsberichte zuzuschicken. Doch das Feedback zu diesem Aufruf ist zwiegespalten: Frauen, die solche Geburten hatten, melden sich bereitwillig, andere Frauen sprechen von Ausgrenzung, von Stigmatisierung und Abwertung anderer Geburten. Damit wird eine Tendenz auf den Punkt gebracht, die sich schon anderweitig angebahnt hat: im Rahmen des Protestes kommt es zu Spaltungen und zu schwierigen Diskussionen über Geburtserfahrungen. Dabei sollte es doch um etwas anderes gehen…

Konflikt vorprogrammiert: Geburten sind ein hoch emotionales Thema

Schon bei den ersten Protestwellen wurde klar, dass es im Rahmen des Hebammenprotestes an die Substanz geht. Es geht nämlich um einen Berufszweig, der Frauen in der größten Umbruchphase ihres Lebens begleitet. In Situationen, die sie für ihr Leben prägen, an die sie sich immer erinnern werden. Es ist ein höchst emotionales Thema. Und wie es bei diesen Themen und besonders in Sachen Elternschaft und Geburt immer ist, ist es auch ein Bereich, der hoch anfällig für Verletzungen ist. Wir alle wollen immer das Beste geben für unsere Kinder. Dieses Beste kann dabei sehr unterschiedlich aussehen: manche Frauen stillen, andere nicht, manche tragen, andere nutzen Kinderwagen und manche gebären zu Hause und andere im Krankenhaus. Das Beste für Kinder und Eltern kann ganz unterschiedlich aussehen. Es kommt immer auf die Umstände an, auf die Person, auf das bisherige Leben und die Erfahrungen. Doch ganz außer Frage steht immer: Eltern wollen das Beste für ihre Kinder und entscheiden nach ihrem persönlichen Gefühl. Und somit ist jede Entscheidung, die sie treffen, die richtige für dieses Kind und diese Familie. Wir sollten aufhören damit, von Außen zu urteilen, ob irgendetwas besser oder schlechter ist, denn wir kennen die Rahmenbedingungen nicht.

Niemand kann und darf von Außen richten

Um das am Beispiel einer Geburt zu illustrieren: Ich habe Geburten in Krankenhäusern hospitiert und war auch bei einer Kaiserschnittgeburt dabei, die mich sehr bewegt hat. Von außen könnte man sagen: „Ah, eine Frau, die einen Kaiserschnitt hatte. Na da hat sie es ja einfach gehabt und gar keine richtige Geburtserfahrung.“ Das sagen Menschen, die nur hören, dass jemand einen Kaiserschnitt hatte und den Rahmen nicht kennen. Die Geschichte ist die, dass da ein junges Paar war, das das erste Kind erwartete. Alles lief gut, aber das Kind wollte sich nicht drehen und lag in Beckenendlage. Die Frau probierte alles mögliche, damit das Kind sich doch noch drehen würde. Tägliche Übungen im Vierfüßlerstand, homöopathische Mittel und ein Versuch einer für sie schmerzhaften äußeren Wendung. Es halft nichts. Sie hatte große Angst vor einer natürlichen Geburt in Beckenendlage, da es in ihrem Bekanntenkreis ein Kind bei der Geburt verstarb. Ihre Ängste konnte sie so kurz vor der Geburt nicht beseitigen, so dass sie frei genug gewesen wäre für eine spontane Geburt in Beckenendlage. Sie entschloss sich mit ihrem Partner für einen Kaiserschnitt. Sie waren darauf vorbereitet und jeder hatte seinen Platz bei der Geburt neben der Hebamme und den Ärzten. Die Hebamme war sehr wichtig an ihrer Seite und auch später für die Narbenpflege. Diese Frau war vollkommen gut und richtig vorbereitet und hat ganz selbstbestimmt entschieden, wie die Geburt laufen soll. Wer könnte hier den ersten Stein werfen? Niemand. Und das sollten wir deswegen auch einfach nie tun. Denn wir kennen nicht den Rahmen. Und selbst wenn, dann kennen wir nie genau die inneren Beweggründe. Alles, was wir wissen müssen, ist: Eltern wollen das Beste. Immer. Und deswegen gibt es keine schlechteren oder besseren Eltern oder Geburten.

„Ich würde mir auch nen Nikolaushut aufsetzen, würde das helfen“

Es ist gut und wichtig, dass wir uns für selbstbestimmte Geburten einsetzen. Und es ist auch gut und wichtig, dass wir Frauen aufzeigen, dass das Gebären auch ohne medizinische Eingriffe möglich ist. Denn ja: Medizinische Eingriffe ziehen oftmals weitere medizinische Eingriffe nach sich. Gerade bei Geburten können sich „kleinere“ Maßnahmen wie ein Wehentropf am Anfang auf den weiteren Verlauf der Geburt auswirken. Aber an diesen Umständen sind auf keinen Fall die Gebärenden Schuld! Was hier nämlich verwechselt wird ist die Verantwortung der medizinischen Eingriffe unter der Geburt: Keine Frau und keine Familie kann unter der Geburt gut entscheiden, was getan werden soll, was notwendig ist und was nicht. Schlichtweg, weil sie nicht wissen, welcher Eingriff sich (besipielsweise hormonell) wie auswirken kann und auch, weil sie nicht dazu im Stande sind. Eine Frau kommentierte das ganz wunderbar passend auf meiner Facebookseite: „hätte man mir da gesagt, man setzt mir nen nikolaushut auf weil das helfen würde, ich hätts getan.“ Frauen und Paare können vor der Geburt gut und umfassend informiert werden, aber die wirkliche Verantwortung unter der Geburt für den Verlauf tragen die Fachleute. Und sie sind es, die in Hinblick auf Selbstbestimmtheit wachgerüttelt werden müssen. Sie müssen dazu angehalten werden, nicht nur im Interesse der Kostenersparnis und der Einfachheit zu handeln, sondern zum Wohle der Frauen. Gerade in Krankenhäusern, die ja Unternehmen sind, gestaltet sich das manchmal schwierig. Und deswegen gilt auch hier wieder: Keiner Frau kann man irgendwelche Vorwürfe machen, weil sie unter der Geburt dieses oder jenes in Anspruch genommen hat. Ob nun Wehentropf, PDA oder sonstwas. Unter der Geburt werden Eltern immer dem zustimmen, was sie denken, was das Beste für das Kind ist. Und dabei vertrauen sie auf den Rat der Fachleute.

Was bedeutet das für den Protest?

Im Hebammenprotest geht es darum, dass wir uns für den Erhalt der Hebammenarbeit einsetzen. Es geht nicht darum, dass wir uns für eine bestimmte Form der Geburten einsetzen. Hebammen werden bei jeder Art von Geburt benötigt: Im Krankenhaus ebenso wie zu Hause oder im Geburtshaus. Wir brauchen Hebammen. Das ist die einzige derzeitige Aussage, für die wir protestieren. Hebammen sind wichtig und Frauen benötigen sie und ihr Wissen rund um die Geburt. Darüber hinaus ist es wichtig, dass es nicht nur in Krankenhaus angestellte Hebammen gibt, sondern auch freie Hebammen. Denn Frauen müssen wählen können, wie sie ihre Kinder gebären. Und zwar vorurteilsfrei. Auf Basis umfassender Aufklärung müssen Frauen frei entscheiden können, wie und wo sie ihre Kinder gebären. Und das kann das Krankenhaus, die Wohnung oder irgendein anderer Ort sein. Die Entscheidung dafür kann jeder Mensch selbst treffen und zwar deswegen, weil er so entscheidet, wie es für ihn persönlich und das Kind richtig ist.

Meine Wünsche…

Ich wünsche mir, dass die Diskussionen in diesem Rahmen weiter geführt werden: Dass Frauen kein schlechtes Gewissen eingeredet wird für Geburtsumstände, die sie entweder aus bestem Gewissen so gewählt haben oder die sie nicht beeinflussen konnten. Ich wünsche mir auch, dass Frauen, die sich für freie und selbstbestimmte Geburten ohne Interventionen einsetzen, dies ebenso frei tun können, ohne dass es als Angriff gewertet wird. Ich wünsche mir, dass jede Geburtsarbeit einer Frau als Geburtsarbeit anerkannt wird, denn auch Kaiserschnitte sind absolut kein Spaziergang. Ich wünsche mir, dass Frauen – egal welche Geburt sie auch hatten – Stolz sein können auf das Wunder, das sie vollbracht haben: Einen kleinen Menschen empfangen, getragen und geboren. Denn das ist es doch, worauf es letztlich ankommt.

 

„Ich kann das nicht!“ – Über die Angst in der Schwangerschaft und vor der Geburt

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In den letzten Tagen ist viel darüber zu lesen, welche unmöglichen Kommentare sich Frauen anhören lassen müssen, wenn sie schwangerschaftsbedingt zunehmen. Das SZ-Magazin titelt „Unguter Hoffnung“ und berichtet, wie sich Schwangere heute allen möglichen Schönheitsidealen unterwerfen müssen. Unter dem Hashtag #alsichschwangerwar berichten Frauen auf Twitter darüber, welche Kommentare sie als Schwangere anhören mussten. Frauen leiden heute in Bezug auf die Schwangerschaft vor allem unter einem: unter Angst.

Wovor Schwangere heute Angst haben

Was früher „gute Hoffnung“ war, hat sich heute an vielen Stellen in das Gegenteil verkehrt. Angst macht sich breit unter den Schwangeren: Zunächst vor den ersten drei Monaten und der großen Angst, das Kind zu verlieren in dieser ersten Zeit. Dazu kommt die von vielen Seiten geschürte Angst vor so genannten „Fehlbildungen“ oder „Behinderungen“. Es werden verschiedenste Untersuchungen angeboten und an vielen Stellen auch aufgedrängt – beispielsweise wenn eine Schwangere ein bestimmtes Lebensalter erreicht hat -, die Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten von Behinderungen berechnen. Feindiagnostiker wollen mittels Ultraschall mögliche „Probleme“ erkennen und abbilden.* Schwangere verfolgen ängstlich bestimmte Ernährungspläne aus Angst vor Listeriose oder Toxoplasmose. Wer schon Kinder hat oder mit welchen arbeitsbedingt in Kontakt steht, hat Angst vor einer Infektion mit dem Cytomegalie-Virus oder einer anderen Krankheit. Und als ob das alles noch nicht reicht, gesellt sich nun auch noch die Angst dazu, zu viel zu zu nehmen.

Die oftmals größte Angst: die Geburt

Doch in dieser Aufzählung fehlt noch eine ganz besonders große Angst, die oft erst im letzten Schwangerschaftsdrittel auftritt: die Angst vor der Geburt selbst. Insbesondere Erstgebärende haben sie, diese Angst vor dem Unbekannten, vor der Grenzerfahrung, vor dem, was sie nicht kennen.

Als Geburtsvorbereiterin erfahre ich diese Angst in den Geburtsvorbereitungskursen, aber ganz besonders in der Einzel- bzw. Paarbegleitung, wenn wirklich Zeit und Raum ist, um sich mit dem eigentlichen Bedarf der Vorbereitung auf die Geburt zu beschäftigen. Anatomie und Ablauf einer Geburt sind einfach erklärbar. Doch viel wichtiger sind die Fragen dahinter. „Wann ist der passende Zeitpunkt, um in die Klinik zu fahren?“ steht oft für die ängstliche Frage: „Wenn ich es nun nicht rechtzeitig in die Klinik schaffe, wenn ich nicht medizinische Versorgung um mich habe, was dann? Wie soll nur mein Kind ohne Hilfe auf die Welt kommen?“ Oder die andere Frage nach Möglichkeiten der Schmerzbehandlung: Sie zeigt, welche großen Ängste Frauen vor der Geburt haben, vor diesem unbekannten Ereignis, dass doch auf normalem Weg nicht auszuhalten sein kann.

Wie uns Angst gemacht wird

Natürlich ist es ganz normal, dass wir diese Ängste in uns tragen. Wie auch nicht? Von allen Seiten wird uns heute ja gezeigt, dass Geburt schlimm, schmerzhaft und nicht ohne medizinische Versorgung zu handhaben ist. In Serien und Filmen sehen wir auf dem Rücken liegende, schreiende Frauen, die den Anwesenden fast die Hände vor Schmerz brechen. Schon in Kinderbüchern wird vermittelt, dass Geburten in Krankenhäusern stattfinden müssen und die Sendung mit der Maus zeigt eine Kaiserschnittgeburt unter dem Titel „Vom Glück des Lebens“. Geburt ist in unserer heutigen Gesellschaft eben nicht mehr die „Niederkunft“. Heute wird „entbunden“ – und dies natürlich unter fachlicher Anleitung.

Wir haben kaum positive Geburtsberichte in unserer Umgebung. Wenig Menschen, die von ganz normalen Geburten berichten, d.h. Geburten ohne Eingriffe, ohne Medikamente. Geburten (und das Stillen) sind aus dem Alltag nach und nach verbannt worden. Zeigten früher Bilder oder Steinreliefs wie Sheela-na-gigs Abbildungen von natürlich gebärenden Frauen, haben wir heute solche Bilder nicht mehr um uns. Geburt findet hinter verschlossenen Türen statt. Sie ist unbekannt und dieses Unbekannte macht Angst.

Dazu kommen, wenn wir denn doch Berichte hören, oft schlimme Meldungen von Schmerzen oder Komplikationen. Als ich selbst in meiner zweiten Schwangerschaft einen Geburtsvorbereitungskurs für Mehrgebärende besuchte, waren dort 10 Frauen versammelt, von denen zwei (eine davon war ich), eine normale Geburt hatten. Die anderen erzählten in der ersten Kursstunde von ihren traumatischen Erfahrungen unter der ersten Geburt. Wie sollte man in einer solchen Situation keine Angst vor Geburten bekommen? Wie sollte man nicht denken, dass einem selbst ja auch eine solche Komplikation passieren könnte, wenn dies doch bei fast jeder Frau auftreten würde?

Die Angst selbst beeinflusst die Geburt

Dass Angst die Geburt negativ beeinflusst, ist schon lange bekannt. Grantly Dick-Read, beschreibt bereits 1933 in seinem bekannten Buch „Die natürliche Geburt„, dass Angst den Wehenschmerz verstärkt. Medizinisch erklärbar ist dies durch die Wirkung von Hormonen: Katecholamine (z.B. Adrenalin) verursachen in großer Menge Schmerz, wodurch wiederum mehr Angst entsteht, wodurch wiederum Schmerz entsteht. Dazu hemmt Angst die Entspannung der Schließmuskeln -was unter der Geburt schlimme Auswirkungen hat, weil sich der Muttermund nicht weiter öffnet, sich wieder verengt oder Mütter gegen die fehlende Weitung arbeiten.

Im Gegensatz zu diesen negativ wirkenden Hormonen können Oxytocin und Betaendorphine positiv wirken: Natürliches Oxytocin bringt die Wehen voran, Betaendorphine wirken schmerzlindernd. Dafür sind aber gute Rahmenbedingungen wie Ruhe, Intimität, sensible Betreuung, Freude und Geborgenheit wichtig.

Es ist ein Teufelskreis: Wir hören von schlimmen Geburtserfahrungen und haben deswegen Angst vor der Geburt. Diese Ängste wirken sich unter der Geburt ggf. auf den Geburtsverlauf aus, es sind Eingriffe notwendig. Nach der Geburt wird wiederum von den Komplikationen berichtet, was bei anderen Gebärenden wieder zu Angst führt…

Bin ich „selber Schuld“ an Eingriffen unter der Geburt?

Es hört sich in der Theorie so einfach an: Na dann hab doch keine Angst und dann läuft die Geburt auch gut. Oder, noch schlimmer: Wenn Komplikationen stattfinden, bist Du selber Schuld, denn bestimmt hattest Du Angst und deswegen ist es so gelaufen. So einfach ist das natürlich nicht. Keine Frau geht schließlich absichtlich mit Ängsten in die Geburt. Keine Frau hat Schuld, wenn sie unter der Geburt Ängste verspürt. Keine Frau ist Schuld daran, wenn die Geburt anders verläuft, als sie es sich vorgestellt hat. Viele Ängste sind unbewusst vorhanden. Es können Geschichten sein, die wir irgendwann einmal gehört haben und längst vergessen glaubten. Es ist unser kulturelles Erbe, das zum Tragen kommt. Oft sind es auch Rahmenbedingungen, die nicht stimmen: Häufiger Personalwechsel, fehlende konstante Ansprechpartner, ungenügende Kommunikation oder ganz schlicht: fehlende Aufklärung. Es wird heute zu wenig darauf geachtet, Frauen zu erklären und zu verdeutlichen, wie normal eine Geburt ist und dass der Körper darauf eingestimmt ist, eine Geburt zu meistern. Beispielsweise dadurch, dass sich das Becken natürlich weitet, dass es Hormone gibt, die den Schmerzen entgegen wirken, dass es Positionen gibt, die hilfreich sind in bestimmten Phasen. Es fehlt Aufklärung im Voraus, was viele Situationen erleichtern könnte. Was helfen kann, durchzuhalten. Was einem im Hinterkopf hören lässt: Alles gut, Du packst das. Doch daran ist keine einzelne Frau Schuld. Es ist ein gesellschaftliches Problem, das diese Stimme des „Es wird schon!“ verstummen lässt.

Was wir gegen die Angst tun können

Am wichtigsten ist es, einen Menschen an der Seite zu haben, der Sicherheit ausstrahlt, der da ist, der auf einen eingeht. Eine Beleghebamme oder eine eigene Hebamme bei Geburtshaus- oder Hausgeburt ist ein wahrer Schatz. Im Vorfeld kann mit dieser Vertrauten offen über Probleme und Ängste gesprochen werden. Sie als Fachfrau kann alle offenen Fragen beantworten und Ängste abbauen. In einem Geburtsvorbereitungskurs sollte weniger der Schwerpunkt auf Anatomie und Ablauf gelegt sein, sondern vielmehr auf die natürlichen und körpereigenen Unterstützungsfähigkeiten unter der Geburt, so dass Selbstvertrauen in die Gebärfähigkeit auf- und Angst abgebaut wird. Wer darüber hinaus starke Ängste hat, kann sich auch therapeutisch behandeln lassen.

Doch wie dargelegt, ist die Angst nicht nur ein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem geworden. Wir müssen nicht nur daran arbeiten, jeder einzelnen Frau die Angst zu nehmen, sondern müssen etwas an der Kultur der Geburt verändern. Das beginnt schon bei den Kinderbüchern, bei denen Geburten nicht nur in Klinikroutinen gezeigt werden sollten, geht weiter über das Kinderfernsehen, über das Thema „Geburt“ und „Gebären“, wie es in der Schule behandelt wird. Es geht darum, wie und wann wir mit unseren Kindern darüber sprechen, wie wir die Geburt erlebt haben oder ob wir sie gar an natürlichen Geburten teilhaben lassen. Es geht darum, wie in Serien und Filmen mit Geburt umgegangen wird und wie Zeitungen und Magazine darüber berichten. Und es geht darum, mehr von positiven Berichten zu erfahren, damit wir Geburt wieder als das betrachten können, was es ist: natürlich.

Die Angst verlieren durch positive Geburtsgeschichten

Ina May Gaskin, Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Frauenrechtlerin und Hebamme, beschreibt in ihrem kürzlich erschienenen Buch „Birth Matters – Die Kraft der Geburt„, wie wichtig es ist, dass wir heute mehr positive Geburtsberichte erfahren, dass wir besser aufgeklärt werden über die Geburt, über die Zusammenhänge von Ängsten und störenden Faktoren unter der Geburt mit dem Gebären und darüber, wie normal Geburten einfach sind. Zu der großen Angst vieler Frauen davor, dass sich das Kind in der Nabelschnur einwickeln könnte beispielsweise schreibt sie (S. 21):

Zum Beispiel wird vielen Frauen beigebracht, zu denken, dass es automatisch gefährlich sei, wenn ein Baby mit der Nabelschnur um den Hals vaginal geboren wird, während tatsächlich fast alle Babys mit Nabelschnur um den Hals (vielleicht ein Fünftel aller Geburten) auf sichere Weise vaginal geboren werden können.

Diese und viele weitere Märchen über die Gefahr der Geburt werden von ihr entkräftet. Angereichert mit zahlreichen Geburtsberichten hilft dieses Buch, Geburt wieder in die richtige Position zu rücken und zu zeigen, dass sie ein völlig normaler Vorgang ist, in den eben nicht eingegriffen werden soll, den Frauen ganz von sich aus steuern sollen und der mehr Wertschätzung in unserer Gesellschaft verdient hat, denn:

Wir Menschen sind Hamstern, Nashörnern, Eichhörnchen oder Erdferkeln in unserem Fortpflanzungsdesign nicht unterlegen. Es ist unser Kopf, der uns manchmal die Dinge schwermacht.

Wir brauchen keine Angst haben vor dem Gebären. Es ist normal. Es sind Komplikationen möglich und es ist wunderbar, dass wir hier die Möglichkeit haben, dass solche in Notlagen gut aufgefangen werden können. Aber Komplikationen sind nicht der Normalfall. Wir müssen nicht schon vorher Ängste vor etwas haben, was eventuell in wenigen Fällen passieren kann und uns dadurch das größte Ereignis im Leben zerstören lassen: Die Schwangerschaft und Geburt eines neuen Menschen, die auch gleichzeitig die Geburt einer Familie ist.

 

* An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass es natürlich sinnvoll sein kann, mögliche Erkrankungen und Besonderheiten vorzeitig zu bemerken, damit das Kind eine entsprechende – manchmal lebensnotwendige – Behandlung schnell erhalten kann. Dennoch ist auch anzumerken, dass in vielen Fällen vollkommen normale Schwangerschaften vorliegen, deren Verlauf durch viele Untersuchungen beeinträchtigt wird, wenn sich die Eltern hierdurch unnötig um die gesunde Entwicklung sorgen.

 

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Die schönsten nährenden Geschenke fürs Wochenbett

Geschenke für ein Baby zur Geburt sind oft schnell zu finden: Da sieht man hier einen hübschen Strampler, dort eine kleine Rassel oder ein mit Namen besticktes Spucktuch. Aber schließlich ist nicht nur der kleine Mensch zu beschenken, sondern auch die Eltern sollen gewürdigt werden. Hier erfahrt ihr meine Lieblingsgeschenkideen für das Wochenbett:
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Ruhe, Wärme, Nähe – Die Bedeutung des Wochenbetts

Altmodisch mutet der Begriff „Wochenbett“ schon an. Vielleicht liegt es daran, dass heute kaum noch beachtet wird, wie wichtig diese Zeit nach der Geburt für Gebärende und Kind, aber auch die gesamte Familie ist. Entstanden ist der Begriff in einer Zeit, in der Gebärende und Kind nach der Geburt noch mindestens eine Woche gemeinsam im Bett lagen. Nach der Zeit des Liegens schloss sich dann eine Phase an, in der Wöchnerin und Kind in der Wöchnerinnenstube blieben. Viel Zeit durfte verstreichen, bis Gebärende und Kind wieder den Alltag aufnahmen. Heute sieht es meistens anders aus. Viele Mütter gönnen sich allenfalls die drei Tage im Krankenhaus auf der Wöchnerinnenstation, bis sie zu Hause wieder in den Alltagstrubel zurück fallen (müssen). Doch ist das gut so?
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