Kategorie: Babyschlaf

Wie lange darf mein Kind im Elternbett schlafen?

Die Frage danach, wie lange denn nun ein Kind im Elternbett schlafen dürfe, bewegt Eltern von der Baby- bis in die Grundschulzeit: Muss es jetzt nicht langsam ausziehen? Wie lange ist ausreichend lang, wie lang ist zu lang? Und was, wenn das Kleinkind- oder Grundschulkind noch immer nachts ins Bett der Eltern kommt? Wie viele andere Fragen des Familienlebens gibt es auch auf diese Frage keine so richtig abschließende und pauschale Antwort, die zu allen passt. Aber es gibt eine Antwort, die ziemlich gut auf verschiedenste Modelle zutrifft: Solange es für alle Beteiligten angenehm ist und das Kind nicht erwachsene Nähebedürfnisse erfüllen muss.

Solange es für alle passt…

Vielleicht kennst du die WHO Empfehlung zur Stillzeit, in der es heißt, dass das Stillen fortgeführt werden kann, solange es für Stillende und Kind in Ordnung ist. – Ganz ähnlich können wir es auch in Bezug auf das Schlafen handhaben: Dass Menschen eine Tendenz dazu haben, beeinander schlafen zu wollen, ist weit verbreitet und ziemlich normal, schließlich sind wir gut geschützt, wenn wir in Gruppen schlafen, weil wir uns gegenseitig wärmen können und aufeinander achten. Während es bei erwachsenen Paaren sogar als Selbstverständlichkeit betrachtet wird, dass sie das Bett teilen und ein getrenntes Schlafen kritisch beäugt wird (obwohl auch Paare individuelle Schlafentscheidungen treffen sollten und es keinesfalls einen Zwang zum geteilten Bett geben sollte), wird der Schlaf von Kindern im Eltern- oder Familienbett recht häufig schon in jungen Jahren kritisiert. Dabei wünschen sich gerade Kinder die Schutzfunktion der Nähe im Elternbett.

Der Aspekt, dass sich alle mit dem gemeinsamen Schlaf wohl fühlen sollten, ist auf emotionaler Ebener bedeutsam („Fühlt es sich wirklich angenehm an für uns alle?“), aber auch auf konkret räumlicher Ebene („Haben wir alle genug Platz?“). Denn tatsächlich sollte es nicht nur darum gehen, dass der Schlaf im Elternbett gemütlich ist für das Kind, sondern auch die Erwachsenen sollten ausreichend Platz haben und es sich gemütlich machen können. Im Elternbett, das vielleicht nur auf ein bis zwei Personen ausgelegt ist, ist das nicht immer der Fall: Für Babys kann zu wenig Platz im gemeinsam geteilten Bett gefährlich werden, wenn beispielsweise Atemwege verdeckt werden können, für größere Kinder und ihre Eltern kann zu wenig Platz bedeuten, dass man sich nachts aufweckt, weil wieder ein Arm oder Fuß einer anderen Person im Gesicht gelandet ist. Wir müssen es uns also auch vom Platz her passend machen – und das bedeutet, dass oft eher ein Familienbett eine gute Wahl ist, statt eines Elternbetts für alle.

… und sich alle wohl fühlen

Neben dem tatsächlichen Raum ist auch der emotionale Raum bedeutsam: Ist es für alle beteiligten Erwachsenen okay, wenn das Kind mit im Bett schläft? Was, wenn nur eine erwachsene Person das gut findet? Hier muss dann genauer hingesehen werden: Wenn beispielsweise ein Elternteil wünscht, dass das Kind aus dem gemeinsamen Bett auszieht, gleichzeitig aber die Verantwortung für diesen Übergang und das nächtliche Kümmern auf den anderen Elternteil schiebt, wäre das eine unfaire Verteilung zu Lasten von Kind und einem Elternteil.

Wichtig ist auch, zu beachten, wie es dem Kind wirklich geht: Braucht es noch Nähe und Zuwendung? Wenn es nicht mehr im Elternbett schlafen darf, wie kann es den eigenen Schlafort als sicher und schön erfahren? Welche Begleitung und welche Übergänge braucht es vielleicht, um sich dort richtig wohl zu fühlen? Bei älteren Kindern dürfen die Erwachsenen auch in den Blick nehmen, ob das Kind wirklich noch die nächtliche Nähe braucht, oder eher die Erwachsenen die Nähe mehr genießen als das Kind – und wenn dem so ist, woran das liegen könnte. Manchmal lohnt es sich, auch die eigenen Bedürfnisse noch einmal in den Blick zu nehmen, sowie die eigene Schlafgeschichte und Einstellung zum Schlaf: Fühle ich mich abends wohl und geborgen in meinem Bett und kann sicher vom Tag loslassen?

Prinzipiell gibt es kein konkretes Alter, an dem Kinder aus dem Eltern- und Familienbett ausgezogen sein müssen. Wie wir schlafen, ist auch eine kulturelle, lokale und ökonomische Frage und sollte weniger von Glaubenssätzen geleitet sein, als von einem achtsamen Blick auf die Bedürfnisse aller.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und tragen seit über 10 Jahren maßgeblich zur Verbreitung bedürfnisorientierter Erziehung bei. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Der Gender-Sleep-Gap – Jede Mutter kann schlafen lernen

Babys, Kinder und Teenager schlafen anders als Erwachsene. Glücklicherweise hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr das Wissen durchgesetzt, dass dieser andere Schlaf von jungen Menschen kein Fehler ist, sondern aus Sicht der Entwicklung durchaus sinnvoll. Gleichzeitig stellt sich aber noch immer die Frage: Wenn mein Kind richtig schläft, so wie es schläft, wie soll ich dann ausreichend Schlaf finden? Gerade dann, wenn das Baby oder Kleinkind nachts noch Nahrung benötigt oder Schwierigkeiten hat, nach dem (normalen) Aufwachen zwischen den Schlafphasen schnell wieder in den Schlaf zu finden? Bedeutet das nicht zwangsweise, dass Eltern anders schlafen müssen? Tatsächlich benötigen viele Kinder ihre Bezugspersonen nachts zur Regulation und Begleitung. Allerdings sprechen und denken wir in Bezug auf das nächtliche Begleiten eben nicht von Eltern, sondern von Müttern.

Die Schlaflücke – Wie groß der Gender-Sleep-Gap wirklich ist

Mütter begleiten insbesondere in den Schlaf und rund um den Schlaf – wie sie auch sonst mehr Care-Arbeit übernehmen. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ist der Schlaf von Eltern innerhalb der ersten sechs Jahre nach der Geburt des ersten Kindes in seiner Qualität und Dauer beeinträchtigt – Mütter schlafen hierzulande in den ersten drei Monaten nach der Geburt durchschnittlich eine Stunde weniger, Väter 15 Minuten weniger. Dieser Differenz im Umsorgen des Schlafes passt sich ein den bestehenden Gender-Care-Gap:

Die Sorgelücke betrug im Jahr 2019 (trotz allgemeiner Verringerung seit dem Jahr 1992) noch immer 52,4 Prozent: Frauen wenden täglich 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer auf. Hierbei muss aber noch einmal genauer nach Alter und Lebenssituation differenziert werden: In der Altersgruppe der 34jährigen beträgt der Gender-Care-Gap sogar 110,6 Prozent. Frauen dieser Altersgruppe verbringen pro Tag durchschnittlich 5 Stunden und 18 Minuten mit Care-Arbeit, während Männer 2 Stunden und 31 Minuten damit verbringen. Besonders viel Care-Arbeit fällt in Haushalten mit Kindern an. Hier verrichten Mütter 2 Stunden und 30 Minuten mehr Care-Arbeit als Väter.

Susanne Mierau „Füreinander sorgen“ (2023, S.59)

Sind Mütter bessere Versorgerinnen nachts?

Kinder brauchen nächtliche Fürsorge und sie muss von ihren nahen Bezugspersonen geleistet werden. Doch das nächtliche Umsorgen muss keinesfalls ausschließlich durch ein Elternteil erfolgen und ist nicht an ein Geschlecht gebunden.

Die israelische Psychologin und Hirnforscherin Ruth Feldman hat festgestellt, dass Mütter in der Regel mit einer geöffneten Amygdala schlafen (die Region im Gehirn, die u.a. für Gefühle verantwortlich ist und potenzielle Gefahren analysiert): Hierdurch sind sie für die Signale des Babys auch während des Schlafs zugänglich ist. Diese Aktivierung bleibt auch nach der Babyzeit bestehen. Väter hingegen können mit einem geschlossenen Mandelkern schlafen, weil sie wissen, dass die Mutter sich kümmern wird. Ist allerdings ein Vater eine Hauptbezugsperson, wird bei diesem der Mandelkern aktiviert. Es ist also – wie generell bei der Care-Arbeit – keine Frage des Geschlechts, sondern der Zuständigkeit und der Verantwortlichkeit. Das Umsorgen von Babys und Kindern wird gelernt und braucht aktives Tun.

Folgen des Schlafmangels für Mütter

Dass nun Mütter besonders für die nächtliche Care-Arbeit zuständig sind, bleibt nicht folgenlos. Wir haben bereits gesehen, dass die Zeitmenge des Schlafdefizits durchaus beträchtlich ist. In der Regel können wir kurzfristig mit weniger oder keinem Schlaf ohne große Schäden davonkommen und der in der Elternschaft erlebte Schlafmangel muss nicht zwangsweise zu Problemen führen, aber langfristig oder in Kombination mit vorher oder nachher (wenn sich Schlafstörungen durch diese Zeit und nächtliche Begleitung entwickeln) bestehenden Schlafstörungen kann er sich auf unser körperliches und psychisches Wohlergehen auswirken: das Immunsystem, unser Gehirn, psychische Erkrankungen und unsere Emotionen.

Schlafmangel macht uns launischer, gereizter und nervöser. Damit einher geht, dass sich unser Blick auf die Welt verändert, da sich Menschen mit Schlafstörungen besser an negative Erlebnisse erinnern als an positive. Gerade in der Elternschaft ist das eine sehr ungünstige Auswirkung von Schlafmangel, wenn sich der Blick auf das Erleben, aber auch auf das Kind, negativ eintrübt und nur noch die schlechten Seiten betrachtet werden und kein ressourcenorientierter, wohlwollender Blick mehr möglich ist. Hinzu kommt vielleicht noch das abendliche oder nächtliche Grübeln, wenn ein Ein- oder Durchschlafproblem vorliegt.

Susanne Mierau (2024): Das Schlafbuch für die ganze Familie, S.58

Gerade Menschen, die in der Verantwortung stehen, sich mit Feinfühligkeit um andere kümmern zu müssen, brauchen Schlaf, um Signale zu bemerken und angemessen darauf reagieren zu können, brauchen Kraft für die vielen Handgriffe des Tages und die Begleitung von Emotionen des Kindes und Regulation der eigenen.

Starke Gefühle wie Zorn, Wut, Kampf-oder-Flucht wurden bei den Personen mit Schlafmangel um über 60 Prozent verstärkt, während die ausgeschlafenen Personen kontrollierter und gemäßigter reagierten. Vielleicht kommt es in Bezug auf das gewaltfreie Begleiten von Kindern also viel mehr darauf an, dass wir ausgeschlafen sein können, als uns bisher bewusst war.

Susanne Mierau (2024): Das Schlafbuch für die ganze Familie, S.65

Doch nicht nur in Bezug auf die Begleitung der Kinder und das psychische und physische Wohlergehen ist der Schlafmangel der Mütter problematisch. Schließlich wird neben all dem Umsorgen, der täglichen und nächtlichen Care-Arbeit auch Leistung in der Erwerbsarbeit erwartet.

Frauen verdienen weniger, erhalten weniger Rente, kümmern sich mehr unbezahlt um andere. Dass sie all dies auch noch trotz Schlafmangels tun, dass sich dieser Schlafmangel auch noch negativ auf ihre Karrierechancen und Erwerbsarbeit auswirkt, wird nicht bedacht. Der Gender-Sleep-Gap ist hierzulande noch recht unbekannt. Dass wir uns müde weniger politisch engagieren können und damit weniger Kraft haben, um etwas an unserer Situation zu verändern, setzt all dem noch die Krone auf.

Susanne Mierau (2024): Das Schlafbuch für die ganze Familie, S.265

Wie kann jede Mutter schlafen lernen?

Wir brauchen also zweifellos politische Lösungen und gesamtgesellschaftliche Lösungen, um das Problem der schlaflosen Mütter anzugehen. Wir müssen darüber reden, wie es uns geht, warum wir müde sind und aufhören, diese Müdigkeit als Selbstverständlichkeit für Mütter hinzustellen. Nur weil es der Norm entspricht, ist es nicht richtig oder gesund.

Innerhalb von Familien brauchen wir mehr Schlafgerechtigkeit. Nicht nur die erwerbsarbeitende Person braucht ausreichend Schlaf, sondern auch carearbeitende brauchen Schlaf. „Du bist ja nur zu Hause, dann kannst du dich nachts ja um das Kind kümmern!“ sollte wirklich kein Argument sein, um einer Person den Schlafmangel zuzuschieben. Und ja: Es ist möglich, sich den Schlaf aufzuteilen und Care-Arbeiten umzuschichten, damit sich der nachts betreuende Elternteil wenigstens tagsüber mehr ausruhen kann. Gerade auch für Alleinerziehende braucht es mehr Unterstützung und Ressourcen, um Schlafmangel aufzufangen. Das wichtigste ist aber zuerst: Dass wir auch hier benennen, dass es einen ungerechten Unterschied gibt und dass dieser behoben werden muss.

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Das kindliche Schlafbedürfnis als Strukturgeber

Eines vorab: Natürlich gibt es immer Situationen, in denen es nicht möglich ist, sich nach den Bedürfnissen des Kindes zu richten. Manchmal gibt es einen dringenden auswärtigen Termin, manchmal ist der Tag einfach irgendwie chaotisch und ständig kommt irgendwas zwischen die normalen Abläufe. Manchmal ist auch gerade die Struktur des Kindes im Wandel, wenn es einen neuen Tagesrhythmus hat, vielleicht mehr oder weniger Bewegung oder gerade eines der Tagesschläfchen weglässt. Wir alle kennen diese Tage, an denen es etwas durcheinander ist, wir alle haben hin und wieder solche Tage. Unabhängig von den Ausnahmen ist es aber hilfreich, gerade in der Baby- und Kleinkindzeit, das Schlafbedürfnis des Kindes zu beachten und soweit es geht, in die Tagesplanungen einzubinden. – Dies kann sich nämlich sowohl für das Kind, als auch die Eltern als förderlich erweisen.

Wenn Kinder müde sind…

Auch als Erwachsene kennen wir es, wie es sich anfühlt, gegen die Müdigkeit anzukämpfen. Oder nicht einschlafen zu können/zu dürfen, obwohl wir eigentlich müde sind. Wenn Kinder müde sind, brauchen auch sie diesen Schlaf. Der Schlaf ist eine wichtige Erholungszeit unseres Körpers, stellt Balance her und dient sogar der Vertiefung von Lernerfahrungen. Babys und Kleinkinder haben aber oft noch Schwierigkeiten, selbst und eigenständig in den Schlaf überzugehen. Sie brauchen oft noch die Regulation durch ihre nahe(n) Bezugsperson(en) und die Sicherheit deren Nähe, um wirklich einschlafen zu können. Nur wenige Kinder schlafen tatsächlich einfach problemlos an Ort und Stelle ein, wenn sie müde sind. Hilfreich ist es, wenn diese Bezugspersonen schon frühzeitig erkennen, dass das Kind nun müde wird und Rahmenbedingungen herstellen, die das Einschlafen ermöglichen. Je nach Temperament des Kindes kann es unterschiedlich sein, was ein Kind braucht: Manche Babys schlafen problemlos auch bei hellem Licht und lauten Geräuschen ein, andere brauchen mehr Abgeschiedenheit. Wenn die Bezugsperson erkennt, dass das Kind nun müde wird, sollte gehandelt werden. Findet das Kind den Absprung zum Schlaf nämlich nicht, kann es überreizen und dann noch schwerer in den Schlaf finden und zunehmend ungehaltener werden.

Ein müdes Kind, das nicht einschläft, fühlt sich selbst nicht nur unwohl, sondern auch die Eltern sind von einem übermüdeten Kind und scheiternden Beruhigungsangeboten schnell überfordert: der Stress verstärkt sich, die Feinfühligkeit sinkt, es kann zum Streit kommen, obwohl niemand so richtig etwas an der Situation ändern kann: Ein Kind schläft nicht ein, wenn man ihm einfach sagt, dass es nun schlafen soll. Das hat nichts mit Machtkämpfen, Trotz oder Widerwillen zu tun: Um einschlafen zu können, braucht es Müdigkeit und passende Rahmenbedingungen. Deswegen ist es wichtig, schon bei geringen Müdigkeitszeichen wie einem starren Blick, Ruhe und/oder Rückzug des Kindes zu handeln und eine für dieses Kind passende Schlafumgebung herzustellen.

Tagesstruktur als Schlafhilfe

Einerseits ist es also wichtig, auf die Müdigkeitszeichen des Kindes zu achten, andererseits zeigen viele Kinder auch recht regelmäßige Schlafrhythmen und werden in etwa zur gleichen Zeit am Tag müde. Wenn Eltern ein Kind haben, das solche Regelmäßigkeiten und Rhythmen zeigt, ist es sinnvoll, diese zu berücksichtigen, um der Überreizung des Kindes und der eigenen Überreizung vorzubeugen. Viele Eltern kennen die Situation, wenn das Kind am Nachmittag zunächst nicht einschläft, weil etwas aufregendes unternommen wurde, dann vielleicht quengelig wird, um dann am Spätnachmittag einzuschlafen, wodurch sich der Abendschlaf verschiebt, obwohl der Abend doch schon für einen gemütlichen erwachsenen Fernsehabend verplant war. Das ist oft für alle Beteiligten eine unangenehme Situation. Daher hilft es, solange noch mehrere Schlafenszeiten tagsüber stattfinden, sich an dem Rhythmus des Kindes zu orientieren und nach Möglichkeit Termine so zu legen, dass die gewohnten Schlafphasen eingehalten werden können.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgenwachsen.de

Quengeln lassen oder gleich reagieren, wenn das Baby nachts unruhig wird?

Babys und Kleinkinder schlafen meist nachts nicht so durch, wie wir Erwachsene es tun. Zwar erwachen auch wir Erwachsene jede Nacht mehrere Male, aber in der Regel schlafen wir schnell wieder ein und erinnern uns morgens nicht einmal an das regelmäßige Aufwachen. Babys und Kleinkinder schlafen jedoch dann, wenn sie zwischen der Tiefschlaf- und REM-Schlaf-Phase erwachen, meist nicht so leicht wieder ein: weil sie Hunger haben und auch nachts Nahrung brauchen für Wachstum und Lernen, und weil sie beim Aufwachen überprüfen, ob sie weiterhin sicher und geschützt sind: Ist es zu warm oder zu kalt, sind sie allein und damit ungeschützt – da sie noch nicht für sich selbst sorgen können, sind sie auf Schutz und Versorgung durch ihre Bezugspersonen angewiesen und überprüfen dies beim Aufwachen.

Keine Pauschallösungen

Die Fähigkeiten zur Selbstregulation sind schon bei Babys unterschiedlich ausgeprägt, ebenso wie ihre Tröstbarkeit, Erregbarkeit und ihr Ausdruck. Während es einige Babys gibt, die schon recht früh bei einigen Aufwachsituationen wieder selbständig in den Schlaf finden, gibt es andere, die längere Zeit auf Regulation durch die Bezugsperson(en) angewiesen sind. Eine Pauschalantwort darauf, ob alle Babys daher schnell wieder beruhigt werden müssen oder nicht, gibt es nicht.

Wenn das Baby unruhig wird…

Wenn Eltern allerdings merken, dass das Kind unruhiger wird, vielleicht sogar lauter zu quengeln beginnt, sollte nicht weiter abgewartet werden. Auch wenn auch Eltern heute noch gesagt bekommen, dass es sehr wichtig sei, dass schon Babys lernen, sich selbst zu beruhigen und dies gerade nachts wichtig wäre, damit Eltern Schlaf finden und die Kinder – angeblich zugunsten ihrer Entwicklung – ebenfalls „durchschlafen“, ist das inhaltlich so nicht richtig: Das normale nächtliche Aufwachen des Kindes behindert nicht die Entwicklung. Und das Trösten hilft Kindern, die sich noch nicht selbst beruhigen können, nach und nach durch das Gefühl der Sicherheit oder durch die von uns angebotene Brücke zum Schlaf, Selbstregulation auszubauen.

Wenn wir also merken, dass das Kind unruhiger und quengeliger wird, ist es durchaus sinnvoll, möglichst schnell beruhigend einzuwirken. Dabei können wir so sanft wie möglich beruhigen bzw. dem jeweiligen Bedürfnis nachkommen und das Kind stillen/füttern oder durch Berührung und/oder einige Worte signalisieren, dass wir da sind und weiterhin schützen und behüten. Ein frühes Beruhigen ermöglicht dem Kind, schnell wieder in den Schlaf zu finden. Werden die Signale zunächst ignoriert, muss das Baby auf stärkere Signale zurückgreifen, um die eigene Problemsituation mitzuteilen: es weint oder schreit. Von diesem Punkt aus braucht das Baby länger, um wieder in den Schlaf zu finden und auch die Eltern haben dann, unter anderem durch die längere Beruhigungszeit, mehr Schwierigkeiten, selbst wieder in den Schlaf zu finden. Es ist also in Ordnung und sogar sinnvoll, das Baby möglichst früh zu beruhigen und nicht lange abzuwarten.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Wenn Kinder unangenehme Einschlafrituale haben…

Von Anfang an unterscheiden sich Kinder bereits in ihrer Erregbarkeit, Tröstbarkeit, in ihrem Ausdruck. Auch das Einschlafen ist bei Kindern unterschiedlich und einige brauchen dazu mehr Ruhe, andere stören sich nicht an lauteren Umgebungsgeräuschen. Und auch im Laufe der Zeit können sich verschiedene Rituale und Gewohnheiten ausbilden, die für Kinder den Übergang zum Schlaf markieren: einige Kinder gewöhnen sich daran, in bestimmter Weise im Arm zu liegen, andere gewöhnen sich daran, wenn ihnen vorgesungen wird beim Einschlafen und wieder andere bilden bestimmte Rituale und Gewohnheiten aus wie das Knibbeln oder Kratzen an der Haut der Person, die das Einschlafen begleitet, das Spielen an den Haaren zur Beruhigung oder auch beim Einschlafstillen das Kneifen in die Brust. Eltern sind bei solchen Einschlafritualen manchmal überfordert und gefangen zwischen dem Gefühl, dass das Einschlafen so funktioniert und sie darüber froh sind einerseits, und dem Umstand, dass diese Angewohnheit anstrengend für sie selbst ist. Oft gibt es einen Punkt, an dem sie sich fragen: Muss ich das wirklich weiter ertragen, nur damit das Kind einschläft?

Der Übergang zum Schlaf

Während Babys in den ersten Monaten nach der Geburt noch „nachreifen“ und der Schlaf noch annähernd gleich über Tag und Nacht verteilt ist, gleicht er sich nach und nach an den Tag-Nacht-Rhythmus an und nach den ersten drei Monaten des Nachreifens zeigt sich, dass bereits ein großer Anteil des täglichen Schlafbedarfs nachts eingenommen wird – allerdings noch unterbrochen, was noch lange Zeit sehr normal ist. Für den guten Übergang zum Schlaf müssen bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt ein und das Kind muss sich sicher aufgehoben fühlen – dafür bevorzugt es sehr oft die Nähe von Bezugspersonen, da diese Wärme, Schutz, Nahrung nach Bedarf und Sicherheit versprechen. In dieser Zeit der Begleitung entwickeln wir selbst begleitende Rituale und auch die Kinder entwickeln Vorlieben für eine gute Einschlafbegleitung. Das, was wir als Brücke zum Schlaf, als Einschlafritual anbieten, wird zu einer Gewohnheit: bestimmte Rahmenbedingungen im Schlafraum, bestimmte Verhaltensweisen.

Ritualisiertes Einschlafen

Rituale und ritualisierte Handlungen finden sich an vielen Stellen in unserem Alltag und geben uns oft Halt und Struktur. Auch für unsere Kinder ist dies bereits wichtig. Oft leiten sie bewusst oder unbewusst aus einem Ritual eine Art Vorhersage ab: Wenn dieses so passiert, dann passiert als nächstes… Solche Voraussagbarkeit und Beständigkeit beruhigt. Ebenso, wie bestimmte Handlungen selbst beruhigend wirken können. Während für einige Kinder die Rituale den Übergang zum Schlaf erleichtern und markieren, die die Eltern ihnen beim Einschlafen anbieten (Gesang, Nähe, Stillen/Flasche, Berührung,…), entwickeln andere Kinder auch eigene Rituale. Gerade das Kratzen/Knibbeln an Haaren und Haut sind nicht selten. Darüber hinaus entwickeln einige Kinder aus noch nicht geklärten Ursachen auch schlafbezogene rhythmische Bewegungsbilder wie das Rollen mit dem Kopf, das Wippen des gesamten Körpers oder das Schlagen mit Beinen, manchmal begleitet von Brummgeräuschen. Oft verschwinden diese rhythmischen Bewegungen im Laufe der Kindheit und es ist besonders wichtig, das Kind in diesen Situationen vor Verletzung zu schützen. Wenn das Kind aber bestimmte Routinen entwickelt hat, an denen auch die einschlafbegleitende Person beteiligt ist, die sich davon gestört oder verletzt fühlt, kann diese sich auch selbst schützen und versuchen, dem Kind eine andere Brücke zum Schlaf zu bilden.

Statt Kratzen, Knibbeln und Haarewuscheln

Kratzen, Knibbeln und Haarewuscheln sind für die begleitenden Eltern oft auf Dauer anstrengend und natürlich müssen sie dies nicht über sich ergehen lassen, damit das Kind endlich einschläft. Wie auch beim Ungewöhnen vom Einschlafstillen auf das Einschlafen ohne Stillen ist es wichtig, dass wir uns zunächst vor Augen führen, dass diese Brücke zum Schlaf für das Kind bedeutsam ist und eine ganz normale, alltägliche Gewohnheit, von der es selbst nicht versteht, warum sie geändert werden sollte. Es wird daher sehr wahrscheinlich nicht damit einverstanden sein und sieht auch keine Notwendigkeit, die geliebte und etablierte Methode zu verändern.

Beschämung, Schimpfen oder Gewalt in Form von Festhalten der Hände helfen nicht weiter und auch die Androhung, dass das Kind ganz allein einschlafen muss, wenn es „das immer mit uns macht“, wird dem Kind nicht helfen, gut in den Schlaf zu kommen. In letzterem Fall würde nicht nur die besondere Angewohnheit wegfallen, sondern das Kind eine völlig neue und überfordernde Situation erleben. Sinnvoller ist deswegen ein sanftes Vorgehen, bei dem nur das eine Problem ausgetauscht wird:

Hilfreich ist es, dem Kind eine Alternative anzubieten: Vielleicht ein Kuscheltier, an dessen Schweif gedreht werden kann statt an den Haaren des Elternteils, ein Schnuffeltuch mit „tags“, vielleicht aus verschiedenen Materialien, an denen genibbelt werden kann, eine Puppe, die angekratzt werden kann. Auch wenn wir eine solche Alternative einführen, wollen dennoch viele Kinder zunächst die bewährte Handlung ausführen und es braucht Zeit und eine klare, liebevolle Begleitung der Umstellung.

Während das gesamte Schlafritual wie immer verläuft, wird nur die störende Handlung ausgewechselt. So hat das Kind weiterhin Beständigkeit und Sicherheit in vielen Punkten, wird aber immer wieder auf den Ersatz umgeleitet. Wichtig ist deswegen, dass die Eltern, die die Umgewöhnung begleiten, hierfür das Verständnis und die Ruhe mitbringen, beständig umzuleiten und eine Alternative anzubieten. So kann sich nach und nach die Alternative etablieren.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Die ersten Nächte mit Baby und Geschwisterkind

In der Schwangerschaft bereiten sich Eltern oft schon auf viele Themen vor – und bei jedem weiteren Kind wissen sie mehr, was wichtig und was weniger wichtig ist. Dennoch sind die ersten Tage mit einem neuen Kind immer wieder neu und anders und gerade dann, wenn schon größere Geschwister da sind, müssen sich nicht nur Eltern und Kind finden, sondern auch das große Geschwisterkind einen neuen Platz einnehmen. Gerade die Routinen des Alltags ändern sich, wenn auf einmal wieder ein Baby im Haus ist. Diese Routinen und Rituale betreffen sowohl Morgenroutinen, Pflege, das Einnehmen von Mahlzeiten, als auch eben das Einschlafen und die nächtliche Ruhezeit. Gerade wenn das größere Geschwisterkind noch im Kleinkindalter ist, ist dies Nachtruhe oft ein schwieriges Thema und es kommt nicht selten zu Streit oder Problemen im neuen Alltag.

Das große, kleine Geschwisterkind

Betrachten wir also zunächst das große, kleine Geschwisterkind: Auch im Kleinkindalter ist der Schlaf noch nicht wie bei einer erwachsenen Person und gerade jetzt, wo das Kind selbständiger wird, sich weiter fortbewegt und andere Zusammenhänge denkt, wird das Einschlafen manchmal zum Problem: die Fantasie lässt wilde Tiere unter dem Bett wohnen oder Monster. Auch Albträume können Kindern Angst vor dem Einschlafen machen. Wann Kinder allein einschlafen, ist ganz unterschiedlich. Dass sie aber im Kleinkindalter noch nicht allein einschlafen wollen, ist recht weit verbreitet. Und selbst wenn das Einschlafen allein funktioniert, kommen viele Kinder nachts doch noch zu den Eltern: im Alter zwischen 2-7 Jahren mindestens einmal pro Woche (siehe pdf).

Es ist also ohnehin recht normal, dass das große, kleine Geschwisterkind noch in den Schlaf begleitet werden will. Nun, in der neuen Situation mit Baby, stellt sich der Alltag neu um – eine Herausforderung für viele Kinder. Sie fordern aus ihrem Bindungsbedürfnis heraus jetzt Sicherheit, Schutz und Nähe der Bezugspersonen ein. Dies umso mehr in Situationen, die ohnehin schwierig sind, die ohnehin noch nicht leicht bewerkstelligt werden können. Gerade jetzt wollen sie noch mehr sichergehen, dass wirklich alles gut ist.

Wechsel der Einschlafbegleitung – oft schwierig

In vielen Familien erleben Kinder in den ersten Jahren immer gleiche oder sehr ähnliche Zubettgehroutinen: Oft bringt ein Elternteil das Kind ins Bett, liest noch etwas vor, bleibt dabei, bis das Kind schläft. Oft sind es die Mütter, die diese Aufgabe übernehmen. Ist ein neues Baby auf einmal da, wird in diesem Fall oft gewechselt: Auf einmal bringt der andere Elternteil das größere Geschwisterkind ins Bett. Was Erwachsenen als ganz logische Idee erscheint, ist es für Kinder nicht zwangsweise auch. Sie bilden oft eine Bindungshierarchie aus: Die Person, die das Kind am häufigsten und/oder bedürfnisorientiertesten begleitet, steht in dieser Hierarchie ganz oben und wird in erster Linie zur Bedürfniserfüllung eingefordert – auch wenn die andere Bezugsperson anwesend und verfügbar ist. Wechseln nun „einfach“ die Bezugspersonen, auch wenn der andere Elternteil auch geduldig vorliest, da bleibt, die Hand hält etc., ist das für das Kind nicht dasselbe wie zuvor. Es möchte am alten, Sicherheit gebenden Ritual festhalten.

Das große Geschwisterkind ins Bett bringen

Hilfreicher als ein Wechsel beim großen Geschwisterkind ist es daher oft, wenn das größere Kind wie bislang begleitet wird und das Baby während der Einschlafbegleitung einen Wechsel erlebt: Es ist noch nicht so stark festgelegt wie das größere Kind und kann mit dem anderen Elternteil nun ein eigenes Ritual entwickeln. Vielleicht, indem es in dieser Zeit in der Trage bei einem Spaziergang getragen wird. Oder in einem anderen Raum mit dem anderen Elternteil kuschelt. Je nach Situation und Temperament/Bedürfnissen der Kinder können natürlich auch beide Kinder gleichzeitig in den Schlaf begleitet werden. Schläft das Baby regelmäßig früher ein, spricht natürlich auch nichts dagegen, es ruhig neben sich liegen zu lassen und dem größeren Kind eine Geschichte vorzulesen, sofern dies für das Geschwisterkind in Ordnung ist.

Platz für nächtliche Besuche

Schläft das größere Geschwisterkind schon in einem eigenen Bett, vielleicht sogar eigenen Zimmer, sollte bedacht werden, dass es nachts dazu kommen kann und einen sicheren Schlafplatz für sich, aber auch das neue Baby einnimmt. Das bedeutet, dass die Geschwister in der Babyzeit nicht nebeneinander im Familienbett schlafen sollten, sondern voneinander getrennt, da sich Kinder im Schlaf auf das Baby legen könnten oder durch Kuscheltiere oder Decken die Atmung des Babys behindern könnten. Ein sicherer Schlafplatz im Familienbett, der nur dem älteren Geschwisterkind gehört, wenn es nachts oder morgens dazukommen möchte, ist ein Signal des Willkommens und der Sicherheit.

Unruhe in der Nacht

Ist das größere Kind dann mit im Familienbett oder schläft angrenzend in eigenem Bett, sorgen sich viele Eltern, ob die Geräusche des Babys nicht den Nachtschlaf des größeren Kindes stören könnten. Auch hier ist es unterschiedlich und einige Kinder schlafen gut auch bei unterschiedlichsten Geräuschen, während andere schneller aufwachen. Bevor das gemeinsame Schlafen aber ausgeschlossen wird aus dem Gedanken heraus, das größere Kind könnte davon gestört werden, lohnt sich ein Versuch, ob es wirklich so ist oder der Vorteil der Nähe überwiegt.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Die Frage ist nicht „Wann schläft das Kind?“ sondern „Warum denke ich, es würde wie ich schlafen?“

Mit dem Schlaf der Kinder haben es viele Eltern ein Problem – nicht nur im ersten Jahr, wenn sich das Baby langsam umgewöhnt von dem Erfahrungsraum im Uterus zu dem Leben in unserer Mitte und den Tag-Nacht-Rhythmus, sondern auch im zweiten Lebensjahr, wenn die Nächste noch immer unterbrochen sind, es schlechte Träume gibt, Zähne durchbrechen und die vielen Entwicklungen die Nachtruhe unruhiger werden lassen. Und selbst in den Jahren danach ist der Schlaf nicht immer ohne Unterbrechungen: auch da gibt es schlechte Träume oder den Nachtschreck, Angst vor Monstern oder Geistern unter dem Bett oder Wachstumsschmerzen.

Und die Eltern sind müde und erschöpft und denken sich so manches Mal: „Wann schläft das Kind denn nun endlich?“ oder „Kann es nicht einfach schlafen so wie ich?“ – Das Problem, das sich aber immer wieder auftut, ist das Unverständnis gegenüber den kindlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen. Denn Kinder schlafen nicht aus bösem Willen heraus anders, wachen nachts nicht auf, um uns zu ärgern und kommen auch nicht ins Elternbett gekrabbelt, um uns aufzuwecken. Sie tun all das, was sie eben einfach Kinder sind und nicht anders können.

Was uns hilft in schlaflosen Zeiten

Was uns hilft in all den Jahren, in denen unser Schlaf anders ist als zuvor, in denen wir in Stundentakten aufwachen, oder nachts noch einmal aufstehen müssen, um ein Kind zur Toilette zu begleiten oder durch einen schrillen Kinderschrei aus dem Tiefschlaf gerissen werden, ist natürlich zunächst, dass wir darauf schauen, wie wir selbst genügend Schlaf bekommen können, indem wir uns mit einem anderen Elternteil die Zeiten und die Verantwortlichkeit aufteilen oder – sofern dies nicht möglich ist – tagsüber unseren Schlafbedarf decken können. Hilfe und Unterstützung sind in so vielen Situationen die ersten Maßnahmen, an die wir denken sollten.

Und im zweiten Schritt ist die Anpassung unseres Denkens wichtig: Wir denken so oft negativ von unseren Kindern. Oder denken, dass wir sie nur irgendwie dazu bewegen müssten, so zu schlafen, wie wir es tun. Wahrscheinlich haben wir einfach noch nicht den richtigen Trick gelesen! Oder das richtige Rezept gefunden! Es muss doch eines geben.

Die Wahrheit aber ist: Das wirkliche Geheimrezept ist es, zu verstehen, wie das Kind ist und was es braucht. Der Versuch der reinen Anpassung an unseren Erwachsenenschlaf führt in den meisten Fällen nicht zu Erfolg. Jedenfalls nicht ohne Verluste von Entspannung und Vertrauen, wenn wir das Kind unter Druck setzen und Dinge fordern, die es eigentlich noch nicht erbringen kann. Wir denken von unseren Kindern so oft als kleine Erwachsene, als Miniaturausgaben, die sich unserem Leben anpassen könnten/würden/müssten. Aber Kinder sind Kinder.

Es ist normal…

Es ist normal, dass ihr Schlaf noch anders ist als unserer. Es ist normal, dass sie Nähe brauchen von uns Erwachsenen, die ihnen Schutz und Wärme bieten in der Nacht. Es ist normal, dass sie Angst haben vor der Dunkelheit, denn sie wissen noch nicht, dass Nächte sicher sind und sie behütet hier bei uns schlafen können. Es ist normal, dass sie nachts aufwachen und unsere Nähe suchen, wenn ein Alptraum sie erschreckt hat und sie ihn nicht einordnen können. Es ist normal, dass sie manchmal eben doch nochmal Hunger oder Durst haben oder nochmal auf Toilette müssen, weil sie es noch nicht richtig einschätzen können. Es ist normal, dass sie eben einfach Kinder sind. Und wir ihre Eltern, die sie annehmen, schützen und behüten. – Und die auch wieder andere Nächte haben werden, wenn die Kinder soweit sind.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Foto: Katja Vogt

Einschlafrituale als Brücke zum Schlaf für Babys und Kleinkinder

Und wieder ist es Abend und wieder stellt sich die Frage: Wie schläft das Kind ein? Muss es jetzt eigentlich schon allein einschlafen können? Und wenn nicht jetzt, wann dann? Wie lange werde ich hier liegen/sitzen/stillen, damit das Kind in den Schlaf findet? Und warum erzählen die anderen eigentlich, dass bei ihnen alles ganz anders läuft?

Schau auf dein Kind

Bei allen Gemeinsamkeiten, Durchschnittswerten und Studien zum Schlaf und insbesondere zum Schlaf von Kindern ist es dennoch so, dass Schlaf und besonders das Einschlafen viele individuelle Komponenten hat. Manche Kinder schlafen leichter allein ein, anderer schwerer. Manche Kinder brauchen länger eine Einschlafbegleitung, manche kürzer. Manche Kinder kommen gut zur Ruhe im engen Körperkontakt, manchen reicht die Stimme einer Bezugsperson oder eine Berührung. Wir sollten uns weniger mit den anderen Kindern und ihren Gewohnheiten beschäftigen und mehr das Kind sehen, das sich direkt vor uns befindet: Was ist es, was dieses Kind beruhigt? Was hilft diesem, meinem Kind, in den Schlaf zu finden? Und auch: Was ist es bei diesem Kind, während ein anderes meiner Kinder vielleicht anders ist?

Der langsame Weg in den Schlaf

Während Babys oft einfacher den Weg in den Schlaf finden, ist es bei Kleinkindern manchmal schwieriger. Wir merken: Das Kind ist müde. Aber es findet nicht hinein in den Schlaf, will noch hier entdecken, da spielen oder noch eine Geschichte erzählen oder vorgelesen bekommen. Wie so oft merken wir auch hier: Es geht um Entwicklungsressourcen. Das Kleinkind möchte noch weiter lernen, erfahren oder fordert nach einem langen Tag noch Beziehung und Zuwendung von Bezugspersonen ein. Aber auch Babys sind manchmal nicht einfach in den Schlaf zu begleiten. Hilfreich ist es deswegen, wenn wir unser Denken über das Einschlafen ändern: Einschlafen „passiert“ nicht von Jetzt auf Gleich, sondern ist ein Prozess, eine Entwicklung. Und diese braucht auch, dass die Rahmenbedingungen richtig und Bedürfnisse erfüllt sind: nach Wärme, Sättigung, Sicherheit, aber eben auch das Gefühl, dazu zu gehören und emotional gesättigt zu sein am Ende des Tages.

Wenn diese Grundbedürfnisse erfüllt sind, können wir sehen, wie wir das Kind in den Schlaf begleiten. „In den Schlaf begleiten“ zeigt uns bereits als Redewendung, dass es eine Begleitung ist über einen Zeitraum. Eine Ruhe, die sich nach und nach ausbreitet in den Abläufen, in den Aktivitäten. Ein Übergang vom aufregenden Tag in ein langsames Geschehen bis hin zur richtigen Ruhe. Und welches Ritual hier für diesen Übergang zum Beruhigen, zum Zur-Ruhe-Finden gut ist, entscheidet jede Familie für sich. Sie können unterschiedlich sein, diese Rituale. Vielen Kindern hilft Regelmäßigkeit, einige mögen aber auch einen Wechsel der Rituale.

Sanft in die Abendruhe überführen: das Bad

Auf viele Kinder hat ein entspanntes Bad am Abend eine beruhigende Wirkung. Manche aber werden dadurch auch eher aufgeregt und genießen das Spiel im Nass aufgeweckt. Hier muss entschieden werden, welcher Typ das Baby oder Kleinkind ist. Spezielle Badezusätze mit für Babys und Kleinkindern geeigneten (!) ätherischen Ölen können unterstützen, werden aber ein Kind, das durch das Bad eher angeregt wird, nicht müde machen. Außerdem ist ein tägliches Bad für die empfindsame Babyhaut nicht empfehlenswert, daher eignet sich das Bad nur bedingt als regelmäßiges Ritual für den Übergang.

Vor dem Schlafen: eine Massage?

Eine Massage ist Nahrung für Haut und Gefühlswelt: Bei der Massage sind wir mit dem Baby verbunden, achten auf die Signale des Babys und berücksichtigen diese, sind zugewandt und kommunizieren. Mit einem Öl können wir dabei die Haut pflegen und mit sanften und rhythmischen Streichbewegungen beruhigen. Dabei ist eine ganz konkrete Technik nicht unbedingt erforderlich: Streichbewegungen von der Körpermitte hin zu den Extremitäten entspannen eher. Wichtig dabei: Darauf achten, welche achtsamen Berührungen das Baby wirklich mag und mit welchem Druck dabei massiert werden kann: Manche Kinder mögen sanfte Streicheleinheiten, manche einen stärkeren Druck.

Einschlafstillen/-trinken

Es ist der Klassiker unter den stillenden Familien: Das Baby schläft an der Brust ein. Viele Babys tun das sehr lange sehr zuverlässig. „Einschlafstillen wirkt so zuverlässig wie eine Narkose“ schreibt dementsprechend auch Hebamme und IBCLC Anja C. Gaca: Das Kind ist im Körperkontakt, dadurch gewärmt, beruhigt vom Herzschlag und dem Rhythmus der Atmung, gesättigt und an der Nahrungsquelle, in Sicherheit gewogen und dazu mit schlaffördernden Inhaltsstoffen der Muttermilch versorgt. Ist Einschlafstillen schlimm? Nein, solange es für die stillende Person und das Baby in Ordnung ist, kann beruhigt in den Schlaf gestillt werden. Ist das Stillen als Brücke zum Schlaf nicht mehr gewünscht, braucht das Baby ein anderes Ritual, an das es herangeführt und dabei begleitet wird, bis es dieses übernommen hat. Praktisch ist, wenn das Baby nicht ausschließlich an der Brust einschläft, sondern auch andere Übergänge nutzt, die dann für die Umstellung herangezogen werden können. Dass das Baby erst einmal auf dem alten Ritual beharrt, ist normal. Mit einer beständigen und einfühlsamen Begleitung aber wird es an eine neue Möglichkeit herangeführt.

Auch Babys, die nicht an der Brust, sondern aus der Flasche trinken, nutzen dieses oft als Einschlafhilfe und die damit verbundene Bedürfnisbefriedigung auf vielen Ebenen durch Körperkontakt und Zuwendung. Auch hier gilt: Solange es in Ordnung ist, ist es ein schönes Ritual. Das Baby lernt hierbei aber insbesondere das Nuckeln als Brücke in den Schlaf kennen und wünscht sich dieses auch zukünftig beim Weg in den Schlaf. Viele Eltern sind davon irgendwann erschöpft. Fühlt es sich nicht gut an, kann ein anderer Übergang gesucht werden – oder schon früher das direkte Einschlafen nicht mit dem Nuckeln verbunden werden, sondern ein Zwischenschritt zwischen dem Trinken und Einschlafen eingefügt werden: Das Baby wird fast schlafend abgelegt und ohne Nuckeln weiter begleitet.. Wichtig ist dabei, dass – unabhängig ob Muttermilch oder künstliche Säuglingsnahrung – Babys oft noch lange nachts Nahrung brauchen, die Mahlzeiten also durchaus noch wichtig sind, wenn das Baby Hunger hat.

Wiegen und Tragen

Das Wiegen und Tragen sind ebenso wunderbare Einschlafrituale für den Übergang. Im Tragetuch, der Babytrage oder im Kinderwagen oder der Federwiege schlafen Babys durch den Rhythmus und die Bewegung – eine Erinnerung an die vorgeburtliche Zeit des Gewiegtwerdens zusammen mit dem Gefühl, sicher in der Nähe der wiegenden Bezugsperson zu sein.

Wie auch beim Ablegen beim Einschlafstillen gilt auch hier, dass sich das Baby erst dann aus der Trage heraus gut ablegen lässt, wenn es die erste Tiefschlafphase erreicht hat. Erst nach etwa 20 Minuten REM-Schlaf geht das Baby in den Tiefschlaf über und lässt sich so auch ablegen. Wird es vorher abgelegt, erschrickt es oft. Wiegen und tragen sind daher eine gute Methode, um in den Schlaf zu begleiten, aber können auch einige Zeit in Anspruch nehmen. Sie sind oft auch das Mittel der Wahl, wenn nach dem Einschlafstillen ein neues Ritual gesucht wird.

Im Bett: Singen und Erzählen

Ist die Zeit des Einschlafstillens oder -tragens vorbei, werden die Babys/Kleinkinder im Bett in den Schlaf begleitet. Einige Familien wählen dies auch gleich als Methode zur Begleitung, so dass das Baby von Anfang an das Bett als sicheren und beruhigenden Schlafort wahrnimmt, sofern es sich mit dem Einschlafen im Bett begnügt. Für all jene, die erst später im Bett das Einschlafen begleiten, bietet sich ein Übergang zwischen den beiden Phasen an: Ein Lied, das beim Einschlaftragen gesungen wird, kann dann auch im Bett gesungen werden und so an die Einschlafzeit erinnern. Manchmal gibt es auch Lieder oder eine Musik, die schon aus der Zeit im Uterus noch bekannt ist. Generell gilt: unsere Stimmen sind vertraut, schenken Sicherheit und das Gefühl, dass umsorgende Personen in der Nähe sind. Babys schlafen deswegen – anders als wir manchmal denken – gar nicht so gerne in der Stille, sondern bevorzugen normale Hintergrundgeräusche, die signalisieren: alles in Ordnung, die Familie ist da.

Wer bringt das Baby ins Bett?

Der- oder diejenige mit ausreichend Kraft und Ruhe bringt das Baby ins Bett. Unsere Kinder spüren sehr gut, wenn wir angespannt sind oder unruhig, weil wir keine Lust haben, nach einem ohnehin schon anstrengenden Tag auch noch zwanzig Minuten im Bett zu liegen beim Kind. Diese Anspannung überträgt sich und lässt auch das Kind unruhiger werden. Die Brücke zum Schlaf baut deswegen die Person, die dafür die notwendige Gelassenheit mitbringt. Dabei gilt aber auch: Rituale können zwischen Eltern unterschiedlich aussehen: Während das Baby bei einer Person in den Schlaf gestillt wird, wird es bei der anderen vielleicht getragen oder in den Schlaf gesungen. Es gibt kein Richtig oder Falsch in der liebevollen Begleitung, nur unterschiedliche Wege, die zum Ziel führen.

Und wie sieht Euer Ritual aus?
Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

Weiterführende Literatur:
Mierau, Susanne (2016): Geborgen wachsen. Wie Kinder glücklich groß werden. – München: Kösel.
Mierau, Susanne (2017): Geborgene Kindheit. Kinder vertrauensvoll und entspannt begleiten. – München: Kösel.
Lüpold, Sibylle (2014): Ich will bei euch schlafen! (Ein-)Schlafen lernen mit Co-Sleeping. – Freiburg: Urania Verlag.
Renz-Polster, Herbert/Imlau, Nora (2016): Schlaf gut, Baby! Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten. – München: Kösel.

Wie Babys schlafen

Der Schlaf von Babys und Kindern ist eines der großen Themen in den ersten Jahren. Wir lesen davon, dass „Kinder schlafen lernen“ müssen, dass Schlaf wichtig sei für die Entwicklung und zu wenig Schlaf ungesund, wir stellen uns Fragen darüber, ob nun Mittagsschlaf wirklich wichtig ist, wenn wir abends doch gerne ein wenig Zeit für uns hätten ohne Kind. Wie also ist es nun mit dem Schlaf? Können oder müssen Kinder das lernen oder machen sie das von ganz allein? Und wie verändert sich das Schlafen im Laufe der Zeit?

Die gute Nachricht ist: Babys müssen nicht schlafen lernen, sie schlafen schon ganz selbständig von Anfang an. Die von vielen Erwachsenen allerdings als schlecht wahrgenommene Nachricht ist: Sie schlafen anders als wir. Und genau das bringt uns manchmal in eine Zwickmühle. Nach der Geburt hat das Baby erst einmal keinen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus: Schlafen und Wachen wechseln sich ab. Wie bei uns Erwachsenen ist auch schon für die Kleinsten der Schlaf wichtig, u.a. für das Gehirn und die Lernprozesse. Daher haben sie auch einen anderen Schlafrhythmus und eine andere Verteilung der Schlafphasen. Noch im Uterus besteht der Schlaf des ungeborenen Babys zu nahezu 100% aus REM-Schlafphasen, bei neugeborenen Kindern aus etwa 70%. Diese Schlafphase, in der die Augen sich unter den Lidern schnell bewegen (REM = Rapid Eye Movement) dient dem Gehirn zum Sortieren und Verarbeiten von Eindrücken – wir lernen, insbesondere auch emotionale Erlebnisse verfestigen sich hier.

Das Baby lässt sich nicht ablegen!

Vom Wachzustand geht das Baby zunächst in den REM-Schlaf über und dann in den Tiefschlaf: Viele Eltern wissen, dass sich das Baby, obwohl es doch gerade eingeschlafen scheint, nicht gleich ablegen lässt. Es erwacht sofort, wenn wir es ablegen, wenn es eine Diele knarzen hört oder sich die Situation in einer anderen Art für das Baby spürbar ändert. Und auch wenn uns Erwachsenen das oft als unpraktisch für uns selbst erscheint, ist es dieses Schlafverhalten für das Baby durchaus sinnvoll: Während dieser ersten Schlafphase ist es noch aktiv genug, um zu überprüfen, ob die Rahmenbedingungen für einen Schlaf wirklich gut sind, oder ob es nicht doch vorher noch einmal versorgt werden muss oder andere Rahmenbedingungen braucht, beispielsweise weil es zu kühl oder zu warm bekleidet ist, weil es spürt, dass es allein ist und dieses Gefühl seinem Bedürfnis nach Sicherheit widerspricht.

Das Baby wacht nachts auf!

Nach etwa 20 Minuten REM-Schlaf geht das Baby dann in den Tiefschlaf über: Nun lässt es sich ablegen. Nach einem Schlafzyklus von etwa 50 Minuten erwacht das Baby mehr oder weniger kurz, häufig zur Nahrungsaufnahme. Zudem überprüft es nun wieder, ob die Rahmenbedingungen weiterhin gut sind. Fühlt es sich beispielsweise schutzlos, wird es erwachen und weinen, um die Bezugspersonen zu sich zu holen. Auch bei einem Ausscheidungsbedürfnis erwachen die Babys oder werden unruhig. Wer das Baby abhält, merkt, dass es nach dem Ausscheiden wieder gut einschlafen kann.

Auch ältere Kinder und sogar wir Erwachsene wachen nachts auf – allerdings können wir selbständig wieder einschlafen und müssen (meistens) nicht durch eine andere Person wieder in den Schlaf begleitet werden, weil wir genug Erfahrungen im Laufe der Zeit gesammelt haben und wissen, dass wir an unserem Schlafort sicher sind. Auch verlängern sich im Laufe des Lebens die Schlafzyklen: Bei einem Erwachsenen dauern sie 90 bis 120 Minuten an – wir wachen also in späteren Jahren seltener auf pro Nacht.

Babys schlafen nicht durch – oder doch?

Dass Babys nicht in dem Sinne durchschlafen, wie wir von durchschlafen denken, ist also ganz normal. Die Gesamtschlafdauer bei Babys variiert stark: Neugeborene schlafen zwischen 11 und 20 Stunden am Tag, 6 Monate alte Babys zwischen 9 und 17 Stunden. Und auch nach der Babyzeit ist der Schlafbedarf noch unterschiedlich und einige Kinder brauchen noch länger einen Mittagsschlaf und andere hören früher damit auf. Mit „durchschlafen“ wird in der Regel ein Zeitfenster von 5 Stunden bezeichnet. Im ersten Jahr wachen viele Babys noch drei Mal und mehr nachts auf. Und selbst nach dem ersten Geburtstag schlafen Kinder noch nicht in dem Sinne durch, wie wir es uns oft wünschen würden.

Mit dem Babyschlaf umgehen

Dass Babys also so schlafen, wie sie schlafen, ist richtig und normal. Leider kollidiert es dennoch mit unseren erwachsenen Schlafgewohnheiten – und unseren Erwartungen hierzulande. Während in Costa Rica davon ausgegangen wird, dass Kinder etwa mit 3,5 Jahren durchschlafen, erwarten dies in Indien Eltern erst von 5jährigen. Zudem gibt es selbst in der voranschreitenden Entwicklung immer wieder mal Rückschritte in Phasen, in denen das Baby besondere neue Entwicklungen durchläuft und daher unruhiger schläft oder wenn es beispielsweise einen Infekt hat oder Zähne bekommt.

Wichtig ist daher: Den Schlaf des Babys so annehmen, wie er ist. Babys brauchen einfühlsame Begleitung und keine Schlaftrainings. Wichtig ist es dennoch, dass auch wir Erwachsene auf unsere Schlafbedürfnisse achten. Daher ist es gut, wenn sich Eltern abwechseln können, damit beide ausreichend Schlaf bekommen. Praktisch für ein gutes Schlafgefühl ist auch der so genannte „Ammenschlaf“: Schlafen Mutter und Baby in körperlicher Nähe (das Baby beispielsweise im Familienbett oder Beistellbett), nähern sich die Schlafphasen von Mutter und Kind an, wodurch die erwachsene Bezugsperson nicht aus dem Tiefschlaf gerissen wird durch das erwachte Baby, sondern oft kurz vor dem Baby erwacht, schnell auf die Bedürfnisse eingehen kann und dann selbst wieder schnell in den Schlaf findet. der Schlaf kann so erholsamer sein beim Co-Sleeping als bei räumlicher Trennung.

Wie geht es Euch mit dem Schlaf Eures Babys?
Eure

Passende Bücher zum Thema:
Mierau, Susanne (2016): Geborgen wachsen. Wie Kinder glücklich groß werden. – München: Kösel.
Mierau, Susanne (2019): Mutter.Sein. Von der Last eines Ideals und dem Glück des eigenen Wegs. – Weinheim: Beltz.
Mierau, Susanne (2024): Das Schlafbuch für die ganze Familie. – Weinheim: Beltz.
Lüpold, Sibylle (2014): Ich will bei Euch schlafen! (Ein-)Schlafen lernen mit Co-Sleeping. – Freiburg: Urania Verlag.

Das Baby lässt sich nicht ablegen – Wege zum gefühlt sicheren Schlafort

Endlich, endlich ist das Baby eingeschlafen. Nachdem es so lange getragen und gehalten wurde. Behutsam legen wir es ab, vorsichtig in das gemütliche, sichere Bett. Ganz langsam, damit es nicht aufwachen möge, schleichen uns hinaus und achtend darauf, dass keine Diele knarzt, wir nicht stolpern und das Kind aufwecken. Wir atmen kurz durch – und dann weint das Baby und ist doch wieder wach.

Zunächst ein Gedankenexperiment

Stellen wir uns einen Moment vor, wie wir warm und sicher einschlafen neben Partner oder Partnerin. Alles ist vertraut, gemütlich. Wahrscheinlich ist es auch dir schon passiert, dass du in der Nacht aufgewacht bist, du deine Hand ausgestreckt hast und eine Leere im Bett ertastet hast. Huch, wo ist denn…? Hast du wahrscheinlich kurz gedacht, die Geräusche aus dem Bad gehört und bist dann spätestens beim Zurückkommen wieder eingeschlafen. Nun stell dir vor, du erwachst plötzlich an einem anderen Ort als dem Einschlafort – allein. Deine Verunsicherung wird wahrscheinlich größer sein. Und dies, obwohl du ein erwachsener Mensch bist, der sich um sich selbst kümmern kann und befähigt ist, die Grundbedürfnisse selbst zu befriedigen.

Wenn Babys woanders aufwachen

Stellen wir uns nun das Baby vor, das im Körperkontakt auf dem Arm einschläft. Es fühlt sich sicher und geborgen. Hier wird es gewärmt und ist davor geschützt, allein liegend zu frieren. Hier wird es sanft gewiegt, eine Bewegung, die es kennt und die signalisiert: ein Mensch ist bei dir, der sich um deine Bedürfnisse kümmern kann. Es hört den beruhigenden Herzschlag, wenn es an die Brust eines anderen Menschen angelehnt ist. Vielleicht fühlt es sich auch der Nahrungsquelle nahe, wenn es gestillt wird oder weiß, dass es so im Arm liegend gefüttert wird, wenn es Hunger hat. Eine Umgebung also, die rundum geborgen ist und vielfach Bedürfnisse befriedigen kann.

Erwacht es nun an einem anderen Ort, ist es verunsichert. Und mehr noch: Es kann noch nicht wie wir erwachsenen Menschen nachdenken und logische Schlussfolgerungen ziehen. Es denkt nicht: „Mama/Papa sind ja nebenan, sie brauchen wohl jetzt abends ein wenig Zeit für sich und haben mich hier sicher abgelegt.“ Es weiß nur: Es ist allein und als Lebewesen, das sich selbst nicht versorgen kann, das nicht einmal aufstehen und weglaufen kann, ist das Allein- und Wehrlossein gefährlich. Deswegen weint es, macht auf sich aufmerksam und erklärt damit, dass es schutzlos ist und Fürsorge braucht.

Das Baby versucht, die negative Erfahrung zu vermeiden

Das Baby wacht also auf, die Eltern beruhigen es wieder, legen es wieder ab, das Baby wacht wieder auf – ein Kreislauf entsteht. Jedes Mal wieder erklärt das Baby: Aber ich bin doch so sicher eingeschlafen, ich möchte weiterhin sicher sein. Und jedes Mal wieder erklären wir Eltern: Ich begleite dich in den Schlaf und du kannst doch hier sicher schlafen. Wir verstehen uns gegenseitig nicht. Ein Missverständnis, das auf beiden Seiten zu Frustration führt:

Die Eltern, die ihren gewünschten ruhigen Abend nicht finden. Das Kind, das auch vermeiden möchte, dass es wieder die negative Erfahrung macht, gefühlt unsicher aufzuwachen und deswegen zunehmend abends gegen das Einschlafen ankämpft. Für alle Beteiligten eine ungünstige Situation.

Was bedeutet das nun?

Familienleben bedeutet, die Bedürfnisse aller zu berücksichtigen und zu versuchen, sie ausgewogen zu gestalten. Es bedeutet, sich einander anzunähern von beiden Seiten. Die Fähigkeiten des Kindes, uns entgegen zu kommen, sind aber in den ersten Jahren sehr begrenzt. Aber dennoch sind sie da. In Bezug auf das Schlafen kann das nämlich bedeuten: Ich möchte in Deiner Nähe schlafen, aber das muss nicht im Bett sein.

Weichen wir doch einmal von unseren Gedanken ab, dass Menschen unbedingt in einem Bett schlafen müssen: Nehmen wir das schlafende Baby stattdessen einfach mit zu uns und lasses es auf unserem Schoß auf dem Sofa schlafen während wir lesen (und ja, selbst während wir einen Film sehen). Lassen wir es im Körperkontakt neben uns liegen, während wir noch eine Mail am Laptop schreiben auf dem Sofa. Oder verlegen wir unser Abendritual einfach in das Familienbett neben das Kind.

Das Kind darf sich darauf verlassen, dass das Bett der Ort ist, an dem es einfach nur zur Ruhe kommen kann, ein Ort, der immer gleich und sicher ist. Ist es müde, wird es dort behutsam abgelegt, vielleicht mit den immer gleichen Worten wie „Nun ist es Zeit zum Ausruhen, und du darfst in deinem Bett schlafen“. Auch das zum Einschlafen gestillte Kind kann mit diesen immer gleichen Worten abgelegt werden, die es beim Hinlegen noch hört.

S. Mierau „Geborgen wachsen“ S. 81f.

Um das Kind nicht zu verwirren durch den veränderten Schlafort können wir es nach und nach daran gewöhnen, dass das Bett ein sicherer Schlafort ist, in dem es einschlafen kann. Begleiten wir es dort in den Schlaf und beruhigen wir es auch dort zunehmend, wenn es erwacht, damit es erfährt: hier ist keine Gefahr, ich kann mich auch hier wieder entspannen. Nach und nach entwickelt sich dann eine Sicherheit und das Verständnis, dass das Bett auch ein sicherer Schlafort ist. – Und ansonsten probieren wir es mit all jenen Alternativen, die unseren Abend entspannen.

Eure