Kategorie: neu

Was Dein Kind mit Dir bereden will

Die Welt ist für Kinder voller Abenteuer. So viele Dinge sind neu und aufregend und noch nie zuvor gesehen. Und für all diese unterschiedlichen Dinge gibt es Wörter, die gelernt werden wollen, nach und nach. Unsere Kinder lernen sie von uns, aus unserem Alltag, im Gespräch mit uns. Denn selbst dann, wenn unsere Sprachen einander noch nicht angeglichen sind, sind wir im Gespräch mit unserem Kind und begleiten es mit Wörtern und Antworten – von Anfang an.

Im Gespräch mit einem Neugeborenen

Noch können die Augen nicht weit blicken und erkennen nur dann scharf, wenn sich etwas im „Stillabstand“ befindet – der Weite die das Gesicht der Mutter vom Gesicht des Kindes beim Stillen entfernt ist. Doch in diesem Abstand beobachtet das neugeborene Baby genau. Und nicht nur das: es ahmt auch die Gesichtsbewegungen des Gegenüber nach und kommt so in eine Kommunikation, in ein Spiel mit dem anderen. Es sieht, wie wir reagieren und reagiert selbst. In vielen kleinen Gesten spricht das Baby mit uns: Wenn es den Mund öffnet und schließt, wenn es die kleine Faust zum Mund führt und daran saugt. Es sagt uns mit seiner Körpersprache: Ich habe Hunger! Es rudert mit Armen und Händen, wenn sich die Welt um es herum zu weit anfühlt und es wieder mehr Begrenzung benötigt und es signalisiert sogar, wenn es in die Windel machen muss. Es ruft mit einem bestimmten Schrei, wenn es sich einsam fühlt und ein Lächeln huscht irgendwann über das Gesicht, wenn es zufrieden ist. Am Anfang ist es noch schwer, all das zu verstehen und zu deuten, aber es wird mit jedem Tag einfacher und wir Erwachsenen antworten mit Handlungen und einfachen Sätzen auf Töne und Gesten des Babys. Wir spielen mehr und mehr zusammen und jede Regung des Babys wird von uns beantwortet.

Im Gespräch mit einem Baby

Die Welt wird zunehmend mehr und besser und weiter gesehen. Und nicht nur das: Das Baby kann sich in ihr bewegen und sie sich bewusst aneignen. Dort liegt das Spielzeug, ich rolle dorthin. Den grünen Ball, den ich so liebe, kann ich mit einem paar Bewegungen erreichen. Auf einmal wird die Welt viel größer und noch aufregender, denn das Baby kann sich selbst darin bewegen, kann die Erfahrungen bewusst herbei führen. Und mit all diesen neuen Bewegungen und dem weiterem Rahmen, mit unseren Aufforderungen, das Baby könne doch die Puppe bringen oder zu Mama oder Papa kommen, kommt auch ein neues Wort hinzu: Nein. Nicht zu viel, doch an der ein oder anderen Stelle immer wieder. Als Eltern benennen wir nicht mehr nur die Dinge, stellen die Welt nicht mehr „nur“ vor, sondern wir geben mit dem Nein auch einen Handlungsspielraum mit, grenzen auf einmal die Welt wieder ein, die das Kind gerade erkunden möchte. Wir kommen von einem Spiel des „Reden-Antworten“ zu einer Diskussion mit dem Kind, das die Welt erkunden möchte. Diese Diskussionskultur ist es, die uns nun durch die nächsten Jahre der Elternschaft begleiten wird. Das Kind nimmt nicht mehr nur wahr, es stellt in Frage und fordert bewusst ein. Und auch wir müssen uns auf einmal der Diskussion stellen, sie aushalten und an vielen Stellen unsere eigenen Vorstellungen überdenken und neu ordnen.

Im Gespräch mit einem Kleinkind

Ein kleiner Arm streckt sich aus: „Das da?“ Die Frage bedeutet nicht immer, dass das Kind etwas haben möchte, dass wir etwas bringen sollen. Es ist oft auch einfach die Frage nach einem Namen. Die Dinge der Welt haben einen Namen, jedes Ding hat einen Namen und kann benannt werden. Die Welt wird strukturiert, kategorisiert. All die kleinen Wesen mit vielen Haaren, die bellen sind „Wau-wau“. Und dann auch die, die „miau“ machen und vielleicht auch ganz andere bis genau unterschieden und benannt wird. Es bilden sich Vorstellungen aus davon, was wie ist und was wozu gehört. Hier werden Bilder geschaffen und Vorstellungen davon, was zusammen gehört und was nicht. Hier können wir auch schon einen Boden bereiten für Toleranz und Offenheit mit den Kategorien, die wir mitgestalten. Die Benennung, die durch die Diskussion erweitert wurde, wird nun noch durch die Frage bereichert. Was ist das? Und ein wenig später: Warum? Wie?

Das Leben mit unseren Kindern findet in Kommunikation statt. Durch sie stellen wir die Welt vor, erklären und gestalten. Miteinander ins Gespräch kommen über Worte, Gesten, Handlungen, Blicke ist von unendlich großer Bedeutung für unsere Kinder. Unsere Wörter formen das Denken, unsere Gespräche bereiten einen Boden für den Umgang miteinander: Nehmen wir die Signale und noch wenigen Wörter unseres Kindes wahr und ernst und reagieren darauf? Beginnen wir von Anfang an eine Kommunikation auf Augenhöhe? Noch haben wir einen Wissensvorsprung in Hinblick auf unseren Wortschatz und unser Verständnis der Welt. Doch dieser Vorsprung berechtigt uns nicht dazu, mit dem Kind von oben herab zu sprechen. Denn sein aufrichtiges Interesse und seine Bedürfnisse haben es verdient, sie wertzuschätzen und als das zu betrachten, was sie sind: Wissensdurst, Neugierde und Entwicklung. Darüber sollten wir uns jeden Moment freuen und mit unseren Kindern von Anfang an ins Gespräch kommen.

Eure

 

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Die „Trotzphase“ hat viele Gesichter

Die Tür des Schrankes geht nicht auf. Immer und immer wieder zieht eine kleine Hand an dem Griff, aber sie bewegt sich kein Stück seit ich sie mit einem Riegel versehen habe, damit die Putzmittel dahinter nicht erreicht werden in einem unbeobachteten Moment. Irgendwann ist die Geduld des kleinen Kindes am Ende, voller Frustration und verzweifelt wirft es sich auch den Boden. Auf dem Bauch liegt es da und ist wütend. Kurz bevor ich es auf den Arm nehme, um es zu trösten und zu erklären, dass es den Inhalt dieses Schranken wirklich nicht bespielen dürfe, denke ich: Ach so bist Du also, wenn es nicht klappt. Willkommen in meiner dritten „Trotzphase“ als Mutter. Weiterlesen

Unsere Gesellschaft braucht sicher gebundene Kinder

Immer wieder wird in Frage gestellt, welche gesellschaftliche Bedeutung Elternblogs haben: „Mamiblogs“ bestehen nur aus Bastelanleitungen, gelangweilte Hausfrauen fotografieren ihre geputzen Wohnungen. Eine politische Dimension wird ihnen aberkannt, während sie höchstens noch als Unterhaltungsmedium beschrieben werden. Doch unabhängig davon, dass viele Blogs durchaus bewusst politische Inhalte aufgreifen, wie hier bei Rike Drust beschrieben und auch 2014 schon von Frische Brise erläutert, ist schon allein die Existenz vieler Elternblogs eine politische Aussage, denn es geht in ihnen um Eltern und Kinder und Erziehung. Und Erziehung ist in vielerlei Hinsicht auch (und war es schon immer) eine politische Angelegenheit: Unsere Kinder bestimmen die Welt von morgen. Mit der Art unseres Umgangs heute mit unseren Kindern bestimmen wir, wie die Welt in Zukunft aussehen wird.

Das Fehlen der Empathie in vergangenen Generationen

In seinem Buch „Dem Leben entfremdet“ beschreibt der Psychoanalytiker Arno Grün, dass ohne Empathie keine Demokratie möglich sei und der Mangel an Liebe zu Störungen der Identität führen würde. Dieser Mangel an Liebe und Mitgefühl sei es, der Menschen Schreckliches begehen lasse. Dies sehen wir beispielsweise an den Verbrechen der Nazizeit, denen voraus eine lange Geschichte der schwarzen Pädagogik geht, durch die Kinder abgehärtet, kontrolliert und dem Bedürfnis nach Liebe und Zuneigung entfremdet wurden. Nicht erst die bekannte Kinderärztin des Dritten Reiches Johanna Haarer hat diese Erziehungshaltung der Härte entwickelt, wie ihr oft nachgesagt wird, sondern sie ist eine von vielen in einer langen Tradition. Ziel dieses Erziehungsverhaltens war es, Menschen so zu formen, wie sie damals für die damalige Gesellschaft geschaffen sein sollten, um den Platz einzunehmen, der für sie vorgesehen war. Erziehung im Dienste der Gesellschaft und Politik.

Erziehung und ihre Auswirkungen

Auch heute finden sich die Ausläufer dieser schwarzen Pädagogik noch immer in unserem Erziehungsverhalten wieder, beispielsweise wenn wir über „Machtkämpfe mit Kindern“ sprechen und damit eigentlich ihre normale und kindgerechte Entwicklung gemeint ist, oder wenn wir denken, dass ein schreiendes Baby uns manipulieren könnte. Erziehung gräbt sich in uns ein, überwintert in unseren Gedanken und kommt manchmal völlig unerwartet wieder zum Vorschein, ausgelöst durch einen kleinen Reiz im Alltag. Tief verwurzelt sind die Stimmen unserer eigenen Kindheit. Sie sind es, die unser Handeln auch heute noch lenken und unseren Alltag bestimmen. Unser Handeln in der Gesellschaft ist geprägt von den Prinzipien, die wir als Kinder erlernt haben. Unsere Einstellung zu Konsum, ob wir uns bedeutend fühlen durch Güter, unser Arbeitsverhalten und selbst unsere Essgewohnheiten sind Resultat einer Erziehung, die beeinflusst wurde von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen. Erziehung war in der Vergangenheit nicht frei, denn sie trägt einen Anspruch in sich, eine Entwicklung in eine Richtung. Diese Richtung wird wesentlich beeinflusst von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Faktoren.

Eine sichere Bindung für eine sichere Zukunft

Heute wissen wir, wie unterschiedliche Arten, mit Kindern umzugehen, sich auf die Zukunft auswirken. Die Bindungstheorie und viele Forschungsarbeiten dazu haben uns gezeigt: Es gibt verschiedene Bindungsmuster, die zunächst auf Basis des elterlichen Verhaltens ausgebildet werden. Unter anderem bestimmen die Bindungsmuster, wie wir die Welt wahrnehmen, ob wir uns ängstlich darin bewegen oder mutig, wie wir auf andere zugehen, ob wir Freundschaften schließen und aufgeschlossen sind, wie gut wir lernen können und mit anderen umgehen. Einen großen Einfluss nimmt natürlich auch das jeweilige Temperament des Kindes ein*, doch das Bindungsmuster bestimmt wesentliche Aspekte des Vertrauens und der Offenheit. Feinfühligkeit von Eltern ist die Schlüsselkompetenz für das Gelingen einer sicheren Bindung, die all die positiven Aspekte mit sich bringen kann, die wir uns für unsere Kinder wünschen. Wenn wir feinfühlig auf die Bedürfnisse unserer Kinder eingehen, ist das Ziel einer sicheren Bindung schon näher gerückt. Kinder brauchen sichere Bindung. Und unsere Gesellschaft braucht sicher gebundene Kinder, die eben nicht wie in der Vergangenheit ihre Kränkungen und Störungen in die Welt hinaus tragen und eine Gesellschaft bilden, die sich kriegerisch zerstört.

Jeder liebevolle Artikel ist eine politische Aussage

Doch kommen wir zum Ursprungsgedanken zurück: Wir haben erfahren, dass die Last unserer Vergangenheit groß ist, dass Erziehung früher zu einer nachteiligen Entwicklung für Kinder und die Gesellschaft führte. Diese Einstellungen müssen wir hinter uns lassen, um nicht nur kindgerechter zu sein, sondern auch, um eine sichere und überhaupt zukunftsfähige Zukunft zu gestalten. Wir wünschen uns einen gesellschaftlichen Wandel und wir benötigen ihn auch. Doch an der Last der Vergangenheit tragen wir schwer und es ist viel Arbeit, von alten Erziehungsvorstellungen los zu kommen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir diese Arbeit gemeinsam angehen. Jedes Blog, das liebevoll über Kinder und Elternschaft berichtet, ist eine Hilfe auf diesem Weg. Jeder Artikel von Eltern über liebevoll zugewandte Elternschaft ist Unterstützung für eine bessere Zukunft. Deswegen sind all diese emotionsgeladenen, vor Liebe triefenden und auch oft mit sich und den selbst erlernten Erziehungsweisen hadernden Elternblogs politisch. Sie sind sogar grundlegend politisch, weil wir eine Veränderung der Gesellschaft dort beginnen müssen, wo wir die Chance dazu haben, es von Anfang an richtig zu machen: bei unseren Kindern. Weil wir selber eine bessere Zukunft heranwachsen lassen können und sich die Liebe, die wir heute geben, auf einfach alles auswirken kann: auf Frieden, auf die Umwelt, auf das Miteinander. Elternschaft ist politisch. Liebe ist politisch.

Schreibt Eure Liebe hinaus in die Welt, damit sie all die erreicht, die sie noch nicht erreicht hat.
Eure

* Das bedeutet nicht, dass schüchterne Kinder unsicher gebunden wären.

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Was ist wichtig beim Abholen von Kita oder Schule?

Wenn Eltern ihre Kinder vom Kindergarten, von Verwandten, Freunden oder von der Schule abholen, liegt hinter ihnen oft ein anstrengender Tag: vielleicht war die Arbeit anstrengend, sie hatten einen Arzttermin, waren eventuell Verwandte pflegen, mussten dringende Besorgungen erledigen oder während der Fahrt zum Kind lange in öffentlichen Verkehrsmitteln gedrängt stehen. Sie sind so manches Mal gestresst, erschöpft, in Gedanken noch woanders.

Wenn Eltern ihre Kinder vom Kindergarten, von Verwandten, Freunden oder von der Schule abholen, liegt hinter ihnen oft ein anstrengender Tag: vielleicht haben sie etwas Neues, Herausforderndes gelernt, sich an spannenden Dingen erprobt, vielleicht hatten sie Streit mit einem Freund oder einer Freundin, haben sich verletzt. Eventuell haben sie am Morgen ihr Lieblingsspielzeug vergessen und heute vermisst. Vielleicht hatten sie Sehnsucht nach ihren Eltern. Sie sind manches Mal gestresst, erschöpft, in Gedanken noch woanders.

Eltern und Kinder haben ähnliche Bedürfnisse

So sieht manchmal die Vorgeschichte aus, bevor Eltern und Kinder aufeinandertreffen. Was sie brauchen – beide – sind Entspannung, Ruhe, liebevolle Zuwendung und Verständnis. Als Eltern können wir unseren Kindern das geben. Als Kinder ist es nicht ihre Aufgabe, uns dies zu geben. Wir Erwachsene müssen selbst für uns und unser Wohlergehen sorgen, während wir lange Zeit der Kindheit dafür zuständig sind, unseren Kindern dies zu ermöglichen. Wir leiten die Anspannung ab, wir sind da, und helfen, die Gefühle zu regulieren und wieder zu einer Entspannung zu kommen.

Abholen und ganz da sein

All dies können wir Eltern aber meist erst dann, wenn es uns selbst gut geht, wenn auch wir ein wenig entspannt sind. Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns dessen bewusst werden und eine passende Abholsituation gestalten: Eine Pause vor dem Zusammentreffen ist für viele Eltern hilfreich, um sich zu zentrieren und anschließend das Kind gut abholen zu können. Und wenn wir dann bei unserem Kind sind, sollten wir in der Übergangszeit des Abholens auch wirklich ganz anwesend sein und das Kind dort abholen, wo es sich befindet. Das gelingt, indem wir uns wirklich auf das Kind einlassen und nicht ablenken. Jetzt sind wir hier, genau hier. Wir hören zu, wir sehen es an: Wir erkennen an den vielen kleinen Gesten, was für ein Tag es heute war. Wir nehmen in den Arm oder sind auch mal ganz still und einfach nur da. Diese Zeit ist ein besonderer Moment, ein inniger Moment. Ein Ankommen beim Abholen. Auch dann, wenn das Kind schlechte Laune hat und gleich all seine Anspannungen los werden möchte und muss.

Vor dem Abholen:

  • Ein kurzer Moment der Ruhe für sich selbst: einen Kaffee trinken, einen Tee trinken, auf der Parkbank sitzen und durchatmen – Kümmere dich um dich, damit du dich danach um dein Kind kümmern kannst.
  • Gönn Dir diese Pause ohne schlechtes Gewissen.
  • Den Tag kurz vor dem inneren Auge vorbeiziehen und all die negativen Dinge hinter sich lassen.
  • An die weitere Tagesplanung denken und den Nachmittag mit dem Kind kurz planen.
  • Das Telefon ausschalten/ruhig schalten oder nicht ran gehen: Die Abholsituation ist für das Kind da.

Habt Ihr noch mehr Tipps?
Eure

 

 

 

Was Eltern brauchen, ist bedingungslose Freundschaft

Manchmal werde ich gefragt, was es ist, was Eltern am meisten gebrauchen können, wenn sie Eltern werden. Natürlich gibt es eine kleine Liste an Dingen, die ich Eltern gerne empfehle und auch Geschenke, die ich selber immer wieder mache. Aber es gibt eines, was wirklich alle Eltern brauchen. Alle. Das sind Freunde und Freundinnen.

Auf der Suche nach anderen…

Als ich das erste Mal Mutter wurde, war ich überrascht von diesem neuen Leben mit Kind. Von dem neuen Tagesablauf – von allem. Die ersten Wochen begleitete mich meine wunderbare erste Hebamme, doch irgendwann war die Zeit der Wochenbettbesuche vorbei und ich wusste nicht so richtig wohin mit mir, meinen neuen Gesprächsthemen und Fragen. Der Rückbildungskurs erleichterte mich, denn ich begegnete anderen, die auch auf der Suche waren. Dort war niemand, der wirklich zu mir passte, aber schon das Gefühl, dass ich nicht alleine war, war eine Hilfe.

… und wo sie zu finden waren

Schließlich fand ich sie doch, die passenden Menschen. Meistens an Orten, an denen ich sie nicht erwartete: Eine auf dem Spielplatz, andere in der Nachbarschaft und einige im Internet, die in meinen Alltag einzogen wie ein Sache, die ich nie hatte aber ohne es zu merken schon immer vermisste. Und mit ihnen kam die Erkenntnis, dass ich mir eine Elternschaft ohne sie nicht mehr vorstellen konnte. Denn sie sind es, die so vieles erleichtern: So viel ich auch lese und weiß, ersetzt das nicht das Nicken eines anderen Menschen, der mir versichert: „Kenn ich, war bei uns auch so und ist ganz normal.“ Es tut so gut, einen anderen Menschen zu kennen, der weiß, wie sich die durchgemachten Nächte anfühlen und einen mit dem Wissen empfängt, dass erst einmal ein Kaffee gemacht werden muss. Gemeinsam auf dem Sofa sitzen und über den Wahnsinn des Alltags lachen. Sich die verrückten Geschichten des Alltags erzählen. Hören, dass auch ein anderer Mensch mit der Wäsche nicht hinterher kommt. Sich die Herzmomente des Alltags erzählen und zusammen nachzufühlen. Sich gemeinsam überlegen, wie die Kinder wohl in zwanzig Jahren sein werden und ob sich ausmalen, wie sie mit ihren Partner*innen noch immer im Elternbett schlafen. Sich stützen bei den schwierigen Aufgaben der Elternschaft. Nachts anrufen und um Hilfe bitten.

Das Grundgefühl muss stimmen

Was Eltern brauchen sind andere. Menschen, die nicht immer der gleichen Meinung sein müssen, mit denen man aber ein Grundgefühl der Verbundenheit teilt. Menschen, die vielleicht auch gerade anders sind, um liebevoll einen neuen Blickwinkel einzubringen. Manchmal auch Menschen, die gar keine eigenen Kinder haben und gerade deswegen eine so wunderbare Bereicherung sein können und ein Ort, an dem die kleinen Sorgen und Freuden des Alltags auf interessierte Ohren stoßen.

Ich liebe sie alle, meine Freunde und Freundinnen – mit und ohne Kinder. Wie wäre mein Alltag ohne sie? Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich brauche die nickenden Köpfe, das Schulterklopfen, die geteilten Fragestellungen, die geäußerten Bedenken, das gemeinsame Lachen, die geteilten Sorgen, das Zusammensitzen, den Austausch, die Hilfe im Alltag, den mitgebrachten Kuchen, die Aufräumhilfe, das Aufpassen auf das jeweils andere Kind. Es hilft mir, den Alltag zu strukturieren, zu gestalten, ihn manchmal überhaupt durchzustehen.

Wenn ihr Eltern etwas schenken wollt, schenkt ihnen bedingungslose Freundschaft. So wie wir den Kindern bedingungslose Liebe schenken. Bedingungslose Freundschaft wägt nicht ab, rechnet nicht den Nutzen aus. Sie ist einfach da, weil sie gut und richtig ist. Sie gibt auf beiden Seiten Hilfe, Liebe, Lachen und Kraft. Und mit diesen vier Zutaten meistern wir die vielen Jahre der Elternschaft problemlos.

Eure


Attachment Parenting ist ein Hilfsmittel für sichere Bindung – keine Garantie

In meinen Beratungen und auch in den Mails, die ich von Leser*innen immer wieder bekomme, geht es sehr häufig um Fragen danach, wie es sich auswirkt, wenn bestimmte Aspekte des Attachment Parenting in einer Familie nicht gemacht werden: es wird nicht gestillt, das Familienbett ist nicht erholsam für alle oder es kann nicht (viel) getragen werden. Meine Antwort lautet in diesen Fällen immer wieder recht ähnlich: „Du bist sicherlich eine wunderbares Elternteil für dein Kind und dein Kind kann eine sichere Bindung zu dir haben, auch dann, wenn du nicht alles machst, was Attachment Parenting ausmacht. Denn: Attachment Parenting gibt Hilfsmittel an die Hand, aber es ist keine Garantie für eine perfekte Eltern-Kind-Beziehung.“

Kürzlich bekam ich von Anja vom Blog bucketrides den Link zu dem Artikel „What is a Secure Attachment? And Why Doesn’t “Attachment Parenting” Get You There?“ zugeschickt und er sprach mir sehr aus der Seele. Er passte genau zu dem, worum es in meinem Buch „Geborgen wachsen“ geht:

Geborgenheit ist all das Schützende, Hegende, das liebevoll Umsorgende. Es ist das, was uns ein warmes Gefühl imHerzen gibt und Vertrauen wachsen lässt. Baustein einer sicheren Bindung. Ein Leben gänzlich ohne dieses Grundgefühl lässt sich schwer vorstellen. Und dennoch ist es nicht greifbar: Geborgenheit lässt sich nicht zwangsweise herstellen. Ist ein Kind im Tragetuch, muss es nicht unbedingt geborgen sein, auch nicht, wenn es mit Eltern undGeschwistern im Familienbett schläft. Und nur weil man sein Kind im Geburtshaus zur Welt bringt, hat man es nicht am geborgensten Ort der Welt geboren. Geborgenheit ist etwas, das wir mit unseren ganz eigenen Zutaten selbst herstellen. Es ist ein Familienrezept, das in jeder Familie ein wenig anders aussehen kann.

Es gibt ihn nicht, den einen immer richtigen Weg. Auch Nicola Schmidt hat das einmal formuliert in ihrem Artikel „Vorsicht! Attachment Parenting funktioniert nicht!“ Denn die 8 Prinzipien des Attachment Parenting sind lediglich Zutaten eines Rezeptes, das jede Familie selbst gestaltet. Attachment Parenting ist eine noch recht neue, aus dem amerikanischen kommende Einstellung, die jedoch keinen wissenschaftlichen Kriterien entspricht oder auf ihnen begründet wurde. Es sind Tipps, an denen sich viele Eltern orientieren. Die einen lassen hier etwas weg, die anderen dort. Manche fügen andere Sachen hinzu. Worauf es ankommt, sind nicht die einzelnen Zutaten, sondern das Ziel des Rezeptes: eine sichere Bindung des Kindes an die Bezugsperson(en). Sichere Bindung herzustellen, ist wichtig. Das kann über die Idee des Attachment Parenting erfolgen, muss es aber nicht. Viel wichtiger als die Einzelheiten ist unsere Grundstimmung, unsere innere Einstellung zum Kind und zur Elternschaft. Unsere innere Haltung ist es, die uns durch die Elternschaft trägt und unsere Beziehung gestaltet. Sie ist es, die uns durch die Jahre bringt. Gelassenheit, Zugewandtheit, Empathie, Liebe, Verständnis, Flexibilität, Vertrauen und Respekt sind 8 Eigenschaften, die mehr aussagen über einen Erziehungsstil und eine Haltung dem Kind gegenüber als der Umstand, ob wir tragen oder schieben oder stillen oder mit Flasche füttern. Eine sichere Bindung entsteht nicht da, wo wir bestimmtes Handwerkszeug nutzen, sondern da, wo wir emotional den richtigen Weg für und mit unseren Kindern gehen.

Attachment Parenting gibt uns Hilfsmittel an die Hand, durch die wir unser Kind besser verstehen lernen und es leichter haben, auf seine Bedürfnisse einzugehen: Wenn wir es beispielsweise viel am Körper tragen, können wir seine Bedürfnisse schnell wahrnehmen und prompt darauf reagieren. Diese Feinfühligkeit und prompte Reaktion sind Aspekte, die die Ausbildung einer sicheren Bindung unterstützen. Tragen kann deswegen hilfreich sein. Im Umkehrschluss bedeutet es jedoch nicht, dass durch andere Verhaltensweisen keine Feinfühligkeit und prompte Reaktion möglich sind. Es ist vielleicht schwerer, wenn eine Distanz überbrückt werden muss oder es entsteht eine andere Form des Austausches, aber letztlich bedeutet es nicht, dass andere Wege unmöglich sind.

Es gibt viele Zutaten für eine sichere Bindung. Einige Familien wählen ihre aus der „Gewürzfamilie“ des Attachment Parenting aus, weil sie zu ihnen passen und sie auf ihrem Weg unterstützen. Aber sie sind eben nur Zutaten in einem großen Ganzen. Kleine Hilfsmittel, die den Weg erleichtern.

Ihr alle geht euren Weg, macht euch eure Gedanken. Ihr habt eine bestimmte Haltung voll von Liebe und Respekt euren Kindern gegenüber und drückt sie vielleicht unterschiedlich aus, aber das ändert nichts daran, wie ihr fühlt und liebt und lebt. Es ist euer Leben, eure Beziehung, eure Liebe. Und solange das Grundgefühl stimmt und die Einstellung den Kindern gegenüber, ist euer persönlicher Weg der genau richtige.

Eure

Bitte berühren – Warum Hebammenarbeit unersetzbar ist

In der letzten Woche war ich beim Hebammenkongress des Hebammenverbandes und habe dort über „Neue Medien in der Geburtsvorbereitung“ gesprochen. Ich habe einen Überblick gegeben darüber, welche Medien Eltern heute nutzen, auf welche Weise sie davon beeinflusst werden und welches Potential für die Hebammenarbeit darin liegt. Es ist ein spannendes Thema, denn in der Schwangerschaft – und eigentlich schon beim Kinderwunsch – werden wir auf vielfältige Weise beeinflusst. Anders als früher suchen wir unsere Hilfen nicht mehr bei uns bekannten Personen, sondern aus Büchern, Zeitschriften, Fernsehen und Internet. Weiterlesen

Für Dich die beste Mama

Ich streichle Deine wilden Haare aus Deinem Gesicht und gebe dir noch einen leichten Kuss auf die Stirn. Deine Augen sind schon geschlossen, Du schläfst nach einem anstrengenden Tag. Anstrengend für mich, anstrengend für Dich. Wenn ich darüber nachdenke, sind die für mich anstrengenden Tage doppelt anstrengend für Dich: Für mich sind sie anstrengend, wenn Du unruhig/laut/schlecht gelaunt bist, weil Du irgendwas verarbeitest. Für Dich sind sie anstrengend, weil Du sowieso schon in Anspruch genommen bist von der Herausforderung, die Dir schlechte Laune macht und dann dazu, weil ich deswegen angestrengt bin. Heute war so ein Tag. Ein anstrengender. Weiterlesen

Tragen und/oder Kinderwagen? Ein Rückblick auf das erste Jahr

Nun ist das erste Lebensjahr meines dritten Kindes vorbei und ich blicke in dieser Woche ein wenig zurück auf dieses Jahr, auf die Entwicklung und die Dinge die ich mir vorgenommen hatte und darauf, wie sie dann tatsächlich waren. Denn natürlich gilt auch hier: Manchmal nimmt das Leben eben doch andere Wege als gedacht. Weiterlesen