Für Dich die beste Mama

Ich streichle Deine wilden Haare aus Deinem Gesicht und gebe dir noch einen leichten Kuss auf die Stirn. Deine Augen sind schon geschlossen, Du schläfst nach einem anstrengenden Tag. Anstrengend für mich, anstrengend für Dich. Wenn ich darüber nachdenke, sind die für mich anstrengenden Tage doppelt anstrengend für Dich: Für mich sind sie anstrengend, wenn Du unruhig/laut/schlecht gelaunt bist, weil Du irgendwas verarbeitest. Für Dich sind sie anstrengend, weil Du sowieso schon in Anspruch genommen bist von der Herausforderung, die Dir schlechte Laune macht und dann dazu, weil ich deswegen angestrengt bin. Heute war so ein Tag. Ein anstrengender.

Ich streichle über Dein Haar und kann mich gar nicht trennen. Denn ich habe mir doch vorgenommen, für Dich die beste Mama zu sein. Als ich Dich zum ersten Mal in meinen Armen hielt, so klein, so neu und doch so vertraut. Ich habe über Deinen Kopf gestreichelt -so wie jetzt. Ich habe in Deine Augen geblickt, die mich so groß und weise musterten, und ich habe mir geschworen: Für dich werde ich die beste Mutter, die ich sein kann. Für Dich und die Liebe in Deinem Blick. In diesem Moment war nichts zu schwer, nichts zu weit. Die Sterne vom Himmel holen, ein Einhorn zum Geburtstag schenken, niemals schimpfen, immer liebevoll.

Ich halte Deine Hand, wenn es Dir schlecht geht. Ich bin da, um Deine Geschichten zu hören. Ich klebe Pflaster auf Deinen verwundeten Finger. Ich essen die kleinen Birnenstückchen, die Du für mich geschnitten hast. Auf dem viel zu kleinen Kissen in der kleinen Höhle sitze ich und bin ein Räuber. Das verschüttete Wasser wische ich von meinen Kalender und der Kugelschreiberfleck auf meiner hellblauen Bluse ist kaum zu sehen. Ich bin da, immer.

Manchmal ist der Alltag nicht einfach. Manchmal sind meine Ansprüche an mich zu hoch für das, was ich gerade leisten kann. Und manchmal schafft es kein Lächeln über die Lippen, wenn Du einen Scherz machst. Ich mag sie nicht, diese Tage. Aber es gibt sie. Und ich erinnere mich dann an diesen Wunsch von mir an mich. Und daran, dass es normal ist, wie Du bist. Dass Du es mir nicht extra schwer machst, sondern ich meinen Weg immer wieder zu Dir finden muss. Und es ist auch normal, dass ich mich manchmal ein wenig verliere, dass ich manchmal strauchle und mich neu ausrichte. Denn es gehört zum Gutsein auch dazu, sich immer wieder zu hinterfragen, sich kritisch anzusehen. Ich gebe den Gedanken nicht auf, für Dich die beste Mama zu sein, die ich sein kann. Glücklicherweise gibt es auch so viele andere Menschen, die gut sind für Dich und es reicht auch, nicht perfekt, sondern eben nur gut genug zu sein. An manchen Tagen ist nur das Können ein wenig schwächer als an anderen. Und an anderen ist es dann wieder ein bisschen mehr – und das Einhorn in greifbarer Nähe.

Eure

11 Kommentare

  1. Nerdsfrau

    Und an manchen Tagen muss ich Kämpferin für meine Tochter sein, obwohl mir das immer so schwer fällt.
    Werde weiter nach einem neuen Kinderarzt suchen. *seufz*

  2. Sabine Župan

    Danke liebe Susanne für den schönen Text. Irgendwie passen deine worte immer zu meiner jetzigen Situation.
    Ich möchte auch jeden Tag aufs Neue die beste Mama sein,die ich sein kann.

  3. Oh ist das schön, liebe Susanne! Danke dir! So so wahr! Tränchen verdrück…❤
    Liebe Grüße von Nadja

  4. Arina Olenberg

    Vielen Dank für diesen Artikel liebe Susanne! Wir hatten genau heute auch einen furchtbar anstrengenden Tag, mit vielen Tränen auf Seiten meiner Tochter und maßlosen Erschöpfung auf meiner. Als meine Tochter geboren wurde habe ich ihr auch geschworen die beste Mama zu sein die ich sein kann, ich wollte so viel besser sein in allem als was ich damals war, für sie. Du hast mich wieder daran erinnert <3
    Liebe Grüße
    Arina

  5. Danke für diesen Text! Er hat mich tief berührt nach einer anstrengenden Woche! Ich werd ihn mir ausdrucken, damit ich ihn fürs nächste Mal habe. Ein erste Hilfe Text sozusagen…

  6. Ein wundervoller, rührender Text! Die eigenen Ansprüche sind manchmal einfach zu hoch. “Die beste Mama“ zu sein, bedeutet aus meiner Sicht nicht, ein perfekter Übermensch zu sein, der niemals Fehler macht. Ich denke, es ist ok, Fehler zu machen und auch mal einen schlechten Tag zu haben, solange man dies zugeben kann und sich reflektiert. Und solange wir unseren Kindern all die Liebe schenken, die in uns steckt. Denn das haben sie verdient.❤

  7. Tamara Götz

    Es ist ein wahnsinnig toller Text in dem so viel drin steckt was ich mitnehmen kann.

  8. Danke für diese wunderbaren Worte. Haben mich genau zur richtigen Zeit gefunden und trafen mitten ins ❤.
    Glg Tammy und Lynnie

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