Schlagwort: Gesundheit

Selbständigkeit ermöglichen – Wie mein Kind im Bad an der Pflege teilhaben kann

Babys und Kleinkinder können oft mehr als wir ihnen zutrauen. Das betrifft nicht nur das Spiel und den Umgang mit Materialien, sondern ganz besonders auch die Handlungen des Alltags. Sie sehen uns täglich als Vorbild und wollen uns nachahmen. Aber gerade in Situationen wie der Pflege im Bad oder beim Essen lassen wir das oft nicht zu. Warum? Weil wir denken, dass es anders schneller geht, weil weniger gekleckert wird, weil wir denken, es gründlicher zu machen. Doch nur durch die Nachahmung kann das Kind auch lernen, seine Fertigkeiten verbessern und somit das Ziel erreichen, das wir uns wünschen: selbständiges Essen, Waschen, Anziehen.

Schon die kleinsten Babys kann man an der Pflege teilhaben lassen, wenn man mit ruhiger Stimme zu ihnen spricht, ihnen die Handlungen ankündigt und wartet, ob und wie sie reagieren. Liebevolle und achtsame Hände können abwarten, dass das Kind in seinem Rahmen an der Körperpflege teilhaben kann. Das fängt bei der Beachtung der Kindesbewegungen an und führt bis dahin, dass dem Kind selbst der Lappen oder ein Tuch gereicht werden kann, damit es selber auch waschen darf in seinem Rahmen. Emmi Pikler und Anna Tardos beschreiben die Möglichkeiten achtsamer Pflege sehr schön in dem Buch „Miteinander vertraut werden“.

Der Sohn ist nun schon so groß, dass er nicht mehr auf dem Wickeltisch gewaschen werden muss. Er fordert durch unser Beispiel und das der großen Schwester auch vehement ein, dass er selber teilhaben kann. Damit das möglich ist, ist es gut, die Rahmenbedingungen so anzupassen, dass er selbst wirksam sein kann. Was bei Babys ein passender Wickeltisch, nach Möglichkeit mit Gitter zum Festhalten, ist nun die Möglichkeit einer kleinen Treppe, damit er selbst am Waschbecken stehen kann.

Aus zwei Stufenhockern lässt sich schnell eine Treppe bauen, die er selbst erklimmen kann. Auf der obersten Ebene stehend kann er mit 14 Monaten dann selbst am Waschbecken stehen und die Hände reichen bis zum Wasserstrahl des Hahns. Die selbst erklommene Höhe kann er gut einschätzen und steht beim Waschen sicher. Was er für die Pflege selbst benutzen möchte, wird vorher in erreichbare Nähe gestellt: Seife, Waschlappen, Bürste, Handtuch. Zur Zahnputzzeit kommen auch Zahnbürste, Zahnputzbecher und Zahnpasta dazu. So ist es möglich, dass er selbst seine Hände wäscht, sich das Gesicht reinigt. Und natürlich spielt er auch etwas mit dem Wasser. Aber Spiel ist Lernen und weiterer Kompetenzerwerb – und schließlich hängt das Handtuch gleich daneben.

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Ich kauf im Kiez: Frau Mieraus Kaffeekonsum

Ich trinke gerne Kaffee. Sogar sehr gerne. Man könnte sogar sagen, ich bin ein Kaffeehipser, wie Ada Blitzkrieg es beschreibt. Ich liebe guten Cappuccino. Und ohne einen guten Cappuccino am Morgen kann der Tag für mich nicht gut beginnen. Am Nachmittag gönne ich mir immer einen zweiten leckeren Cappuccino und das war es dann für einen Tag. Weiterlesen

9 Monate Windelfrei – eine Bilanz

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Kürzlich hat Franzi von „Einfach klein“ eine Bilanz von 18 Monaten windelfrei gezogen und zu weiteren Berichten aufgefordert. Dem möchte ich hier gerne nachkommen und über unsere bisherige „windelfrei“-Zeit berichten. An anderer Stelle hatte ich ja bereits davon berichtet, wie wir zu windelfrei kamen: Vor vielen Jahren hatte ich einmal das Buch „Es geht auch ohne Windeln!“ gelesen und mir dann, nach der Geburt der Tochter gedacht, dass es aber gut auch mit Windeln geht. Dann kam einige Jahre später der Sohn in unser Leben. Und er war so völlig anders als die Tochter mit einem ganz anderen Temperament und anderen Bedürfnissen. Es dauerte einige Monate – 5 an der Zahl – bis ich merkte, dass sein häufiges Weinen mit seinem Ausscheidungsbedürfnis zusammen hing. Er wollte einfach nicht in seinen nassen Stoffwindeln sein! Und so nahm ich den Gedanken des „windelfrei“ also doch noch einmal auf und begann, ihn abzuhalten.

Obwohl man manchmal liest, dass es schwierig ist, mit „älteren“ Kindern zu beginnen, hatten wir keine wirklichen Startschwierigkeiten. Es schien so, dass der Sohn nur darauf gewartet hätte, dass bei mir endlich der Groschen fällt: „Endlich verstehst Du mein Signal!“, schien er mir zu sagen. Er war beglückt, dass ich ihn abhielt. Die englische Bezeichnung „elimination communication“ passt meiner Meinung nach hervorragend für die natürliche Säuglingspflege. Denn bei der Bezeichnung „windelfrei“ könnte man irrtümlicherweise annehmen, auf Windeln würde ganz verzichtet werden. Natürlich klappte es nicht immer. Das lag meist daran, dass ich mit anderen Dingen beschäftigt war und sein Signal einfach nicht wahrnahm, während ich mit der Tochter (die in dieser Zeit anfangs noch nicht in den Kindergarten ging) in eine Sache vertieft war oder gerade etwas im Haushalt machte. Oder unterwegs war und ihn nicht abhalten konnte, weil es zu kalt war, wir gerade im Auto saßen oder oder…

Dann kam der Sommer und damit eine einfache windelfrei-Zeit. Draußen Abhalten war durch angenehme Temperaturen möglich (auch wenn ich trotzdem weiterhin Stoffwindeln verwendete und ihn auch dort hinein machen ließ, wenn es nicht anders ging) und auch in der Wohnung konnte er nackt herumtollen. Natürlich ging auch mal was daneben. Auch mal öfter. Besonders in Zeiten von Umbrüchen (Entwicklungsschübe, Zahnen, Krankheit) änderten sich die Signale. Da ich das Windelflies nicht mehr benötigte, weil er seinen Stuhlgang sehr genau anzeigte und das so gut wie nie in die Windel gemacht wurde, entdeckte ich, dass Windelflies ideal ist, um damit Urin aufzuwischen und sauber zu machen, weil es so schön reißfest ist und später trotzdem mit den Stoffwindeln mitgewaschen werden kann. Der Mann war weiterhin etwas skeptisch und fragte manchmal, ob es in unserer Wohnung noch Orte geben würde, an denen noch kein Kind eine Pfütze hinterlassen hätte. Doch ich machte weiter.

Als der Sohn anfing, selbständig in den freien Sitz zu kommen mit etwa 8 Monaten, kaufte ich ein Töpfchen und setzte ihn, als er gut allein sitzen konnte, für das „große Geschäft“ auf das Töpfchen. Zunächst war es ungewohnt für ihn, weil er das Abhalten gewöhnt war. Dann aber, als er uns als Vorbilder sah und verstand, benutze er das Töpfchen zunehmend, irgendwann auch für Urin. Er veränderte seine Ansagen und machte nicht mehr mit Blicken oder Geräuschen auf sein Bedürfnis aufmerksam, sondern fasste gelegentlich demonstrativ an die Windel, um mir klar zu machen, dass er musste. Natürlich gab es auch weiterhin viele Situationen, in denen auch die Windel nass wurde. Gerade  während der Eingewöhnungszeit der Tochter im Kindergarten war es nicht möglich, dort richtig auf seine Signale zu achten bzw. darauf einzugehen. Wenn ich aber merkte, dass er musste und ich ihn nicht abhalten konnte, erklärte ich ihm, dass er nun leider in die Windel machen müsse und ich sie ihm dafür schnell wechseln würde. Ich bin mir sicher, dass er mich verstand.

Allerdings war und ist er in Sachen Abhalten sehr wählerisch: Er möchte nur auf sein eigenes Töpfchen gehen und bevorzugt auch unser Waschbecken und unsere Toilette. An anderen Orten tut er sich schwer damit. Er wartet und schüttelt den Kopf. Oft nimmt er dann doch lieber den Weg, in die Windel zu machen.

Um den 10. Monat kamen die ersten Wörter und um den 13 Monaten kamen auch „pullern“ und „Kacka“ in den Sprachgebrauch. Dabei ist „Kacka“ oft für Stuhl und Urin im Gebrauch und bedeutet so viel wie „auf Toilette gehen“. Damit wird windelfrei nun noch einfacher, weil er tatsächlich oft einfach ansagt, dass er auf Toilette muss oder zumindest, wenn er gerade in die Windel gemacht hat. An Tagen, an denen ich die Möglichkeit habe, gut auf seine Signale zu achten, kann ich ihn vollständig abhalten. Stuhlgang erledigt er ausnahmslos in sein Töpfchen.

9 Monate leben wir nun „elimination communication“. Und auch, wenn der Mann anfangs und zwischendurch immer wieder ziemlich skeptisch war, findet er es gut, wie es jetzt beim Sohn funktioniert und dass auch er ihn nun problemlos abhalten kann. Die Kommunikation um die Ausscheidungsbedürfnisse hat tatsächlich auch an unserer Beziehung oder vielmehr an meinem Bild vom Kind  verändert: Babys sind unglaublich kompetente, kleine Wesen. So, wie sie ihren Hunger, ihr Bedürfnis nach Nähe oder den Wunsch nach Unterhaltung ausdrücken, zeigen sie auch, wann und ob sie auf Toilette gehen müssen. Es ist nicht notwenig, ihnen beizubringen, ihr Bedürfnis in eine Windel zu verrichten, um es ihnen später wieder abzutrainieren. Wenn wir genau hinsehen, können wir ihr Signal tatsächlich deutlich wahrnehmen. In Kombination mit Stoffwindeln kann man zusätzlich auch einen guten Beitrag für die Umwelt leisten, in dem man Wegwerfwindelberge nicht weiter ansteigen lässt. Und es hat den großen Vorteil (sowohl bei windelfrei als auch bei der Verwendung von Stoffwindeln), dass die Haut im empfindlichen Windelbereich viel besser versorgt wird. Kein einziges Mal hatte der Sohn bislang eine Windeldermatitis. Für uns war und ist es der richtige Weg, „elimination communication“ zu betreiben, auch wenn ich mir das anfangs nicht hätte denken können. Aber auch wenn ich all diese positiven Wirkungen sehe, halte ich weiter auch daran fest: Natürlich geht es auch mit Windeln, und man ist trotzdem kein schlechte Mutter und kann eine gute, tiefgehende Beziehung mit seinem Kind haben! Kein Dogma, aber einen Versuch ist es wert, oder?

 

 

Bettruhe – Was tun, wenn ein Kind im Bett bleiben sollte, aber nicht will

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Es ist Erkältungszeit und so manche Familie hat es schon erwischt. Manchmal mit Fieber, manchmal ohne. Auf jeden Fall aber sind Erkältungs- oder Kinderkrankheiten anstrengend. Besonders dann, wenn Kinder im Bett bleiben sollen. Oder, um es mit Astrid Lindgren zu sagen:

 „Jetzt halte ich es nicht mehr aus“, sagte eines Tages, kurz vor Weihnachten, die Mutter von Gunnar und Gunilla. „ich auch nicht“, sagte der Vater. Gunnar und Gunilla lagen im Kinderzimmer und hörten alles. Sie wußten ganz gut, was ihre Eltern nicht mehr aushielten. Sie hielten es nicht mehr mit Gunnar und Gunilla aus. Denn Gunnar und Gunilla waren schon seit vier Wochen krank. Nicht sehr gefährlich krank, nur gerade so viel, daß sie in ihren Betten lagen – und nach Mutter riefen.

Oft reicht es ja vollkommen aus, sie zu Hause ruhig spielen zu lassen, aber manchmal muss es eben doch die Bettruhe sein. Zum Beispiel nach einer Gehirnerschütterung, wie die Tochter sie letztens hatte. Nicht nur, dass man sich um die Kinder sorgt, oft ist man selbst auch ganz schön erschöpft von den kranken Kindern, wenn man neben allen anderen Dingen eigentlich am Krankenbett bleiben soll und vielleicht auch möchte. Aber was sollen Kinder im Bett auch machen, wenn sie krank sind, aber nicht so sehr, dass sie nur schlafen? Hier kommen unsere Lieblingsideen fürs Krankenbett:

1. Vorlesen

Natürlich. Der Klassiker beim Kranksein. Vielleicht auch eine passende Geschichte, in der auch ein Kind krank ist, wie zum Beispiel in der obigen Geschichte von Astrid Lindgren „Kuckuck Lustig“.

2. Hörspiel

Es soll eine Geschichte sein, aber Mama oder Papa müssen gerade Tee oder Suppe kochen oder etwas anderes erledigen? Dann passt vielleicht ein Hörspiel. Wie wäre es mit „Peter und der Wolf“? Mein Favorit ist ja die Version, in der Romy Schneider die Geschichte erzählt.

3. Streichelmassage

Berührung ist Balsam für die Seele. Babymassage ist wunderbar für kleine Kinder, unterstützt die Bindung, verbessert die Durchblutung etc. Gerade auch größere, kranke Kinder profitieren von einer Massage (wenn medizinisch nichts dagegen spricht). Im Bett kann das Kind gut wie ein Pizzateig geknetet und mit verschiedenen Sachen „belegt“ werden. Oder es streicht der Wind über den Rücken, es fallen ein paar Regentropfen hinauf… Mit etwas Phantasie lassen sich schöne Geschichten auf dem Rücken erzählen.

4. Spieleklassiker

Was lässt sich einfach ohne Brett im Bett spielen? Spiele wie „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ oder „Grün, grün, grün sind alle meine Dinge. Wer sieht mehr? Es ist gar nicht schwer?“ Und dann alles aufzählen, was man an grünen Sachen sehen kann.

5. Ruhig Kreativ

Nachdem einmal die Wand mit Filzstiften angemalt wurde und auch das Bettzeug in einem unbeobachteten Moment nicht verschont blieb („Das sieht jetzt so schön aus!“), sind Filzstifte im Bett bei uns verboten. Lieber schöne Wachsmalblöcke nutzen oder Buntstifte. Und weil es im Bett mit dem Malen nicht so einfach ist, haben wir ein extra Maltablett, das als Unterlage dient.
Wer es möchte oder wenn die Kinder mal länger krank sind, kann etwas Variation hinein gebracht werden: Stempelbilder oder Glitzerstiftbilder (Achtung: dabei bleiben!), Bleistiftrubbelbilder (bei denen man z.B. eine Münze oder ein Blatt unter das Papier legt und dann mit dem Stift darüber rubbelt). Und unsere absolute Lieblingsentdeckung für Momente, in denen einfaches Papier und Stifte nicht mehr reichen: Die Krikel-Krakel-Reihe von Oetinger. Hier gibt es Aufkleber zum Anmalen, Postkarten zum Weintermalen und sogar ein Quartett zum Selberbemalen, das man danach dann zusammen spielen kann.
Für das Malen müssen die Kinder allerdings schon in einer besseren Verfassung sein als beim Zuhören von Geschichten.

Großes Haus und Eltern auf anderer Etage?

So sehr wir auch am Krankenbett unserer Kinder sitzen wollen, müssen wir uns auch manchmal losreißen, um anderes zu erledigen. Wer in einem großen Haus wohnt, kann ein Walkie-Talkie benutzen, um mit dem Kind in Verbindung zu bleiben. Ich hatte als Kind ein kleines Glöckchen an meinem Bett stehen, mit dem ich meine Mutter rufen konnte, wenn ich heiser war.

 

Und was sind Eure Tipps an Bettruhtagen?

Natur, Natur und einfach spielen lassen – Wie Kinder heute wachsen sollten

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Schon lange liegt das neue Buch von Herbert Renz-Polster und Gerald Hüther auf meinem Schreibtisch. Ich bin lange nicht dazu gekommen, es gründlich zu lesen, denn ich habe meine Tochter im Kindergarten eingewöhnt. Nach wirklich langer Suche (und nachdem wir sie aus einem schlechten Kindergarten hinaus genommen haben), haben wir einen wunderbaren Platz für sie gefunden. Einen Kindergarten, in dem täglich hinaus gegangen wird bei jedem Wetter, bei dem einmal in der Woche ein Waldbesuch ansteht und einmal wöchentlich der Bauernhof aufgesucht wird. Dort wird mit Pflanzen Stoff gefärbt, Kinder klettern auf Bäume und bauen sich kleine Hütten im Wald. Noch nie zuvor kam meine Tochter mit so vielen Schürfwunden oder blauen Flecken nach Hause. Aber sie ist auch sehr glücklich dort. Und das mitten in Berlin.

In meinem Umfeld höre ich oft, dass Familien aufs Land oder zumindest an den Stadtrand ziehen wollen, weil die Kinder in der Stadt keine Natur erleben könnten und die Kindheit hier so eingeschränkt sei. Und nun kommen wir zum Buch von Renz-Polster/Hüther. Stimmt nicht, sagen die nämlich. Es kommt nämlich nicht nur auf den Raum an, sondern eben auch auf unsere Einstellung, unsere innere Haltung zu dem, was uns wichtig ist und zu dem, was wir denken, dass unsere Kinder „lernen“ müssen. Im Frühförderwahn denken wir zu oft, dass Lernspiele, Apps und Wissensbücher den Kindern alles Wichtige vermitteln. Doch Kinder lernen nicht auf diese Weise. Sie lernen durch das Tun. Renz-Polster und Hüther beschreiben das so wunderbar mit dem folgenden Bild:

Bäume brauchen Wurzeln, das weiß jedes Kind. Und ein kleiner Baum kann umso besser wachsen und gedeihen, je kräftiger seine Wurzeln sind, mit denen er sich im Erdreich verankert und seine Nährstoffe aufnimmt. Nur wenn es einem kleinen Baum gelingt, tief reichende und weitverzweigte Wurzeln auszubilden, wird er später auch Wind und Wetter, ja sogar Stürme aushalten.

Auch Kinder brauchen feste Wurzeln. Offenbar wissen das nicht alle Eltern, auch nicht alle Erzieher oder gar alle Bildungspolitiker. Sie halten das, was man an jedem Baum sehen, messen und zählen kann, also die Äste oder die Blätter oder auch nur die Früchte, für wichtiger als die verborgenen Wurzeln.

Kinder können im freien Spiel in der Natur Grundkompetenzen erwerben, die die Basis für alles andere sind. Diese Grundkompetenzen wie Selbstwirksamkeit, Hingabe, Mitgefühl, Geduld und Verbundenheit sind nichts, was man ihnen in einem Lehrplan beibringen könnte. Sie lernen durch sich und dem Zusammensein mit anderen. Sie erproben, machen Fehler, korrigieren, lernen. Und sie lernen dort auch ein Gut kennen, das wir in unserer hektischen Zeit kaum noch vermitteln können: Langsamkeit.

Renz-Polster und Hüther gehen sehr anschaulich vor und zeigen sanft auf, was es ist, was Kinder wirklich benötigen. Dabei werden diese Bedürfnisse auch noch durch wissenschaftiche Fakten aus der Hirnforschung untermalt. Auf diese Weise entsteht ein neues Bild vom Kind. Ein realistisches Bild, dem wir uns wieder annähern sollten. Sie nehmen Eltern die Angst, Zeitfenster der Entwicklung zu verpassen und Kinder möglichst früh möglichst optimal zu fördern. Und sie machen auch klar: Ja, Kinder können sich im freien Spiel verletzen und es ist auch immer ein wenig gefährlich in der Natur. Aber nur ein wenig. Und Kinder lernen durch die Auseinandersetzung mit der Natur auch einen besseren Umgang mit ihr. Dabei wird nicht aus dem Blick gelassen, dass heute nunmal heute ist und es auch Fernseher und Computer gibt. Wie sie selber schreiben ist „Medienbashing“ zu einfach. Computer und Co. sind nicht per se schlecht. – Auch das lässt Eltern wieder aufatmen, denn hört man heute zur Genüge, wie schädlich der Einfluss der Medien sein soll. Auf die Dosis und die Art kommt es an.

Es geht also gar nicht so sehr nur um die Natur und darum, dass Kinder mit Stöckchen und Eicheln spielen sollten. Es geht darum, dass Kinder Kinder sein sollen. Dass sie im freien Spiel in der Natur Dinge erlernen, die wir ihnen nicht beibringen können, die sie aber benötigen. Um Mitgefühl und Einfühlungsvermögen zu entwickeln, gibt es keine Apps oder Computerspiele. Das ist etwas, was man nur im Zusammensein mit anderen lernen kann und in der Auseinandersetzung mit dem Leben. Gerade diese beiden Eigenschaften sind es jedoch, die nach und nach verloren gehen in unserer Welt, die so sehr auf den Einzelnen fokussiert. In der wir uns mit Ellenbogen nach vorn bewegen wollen – oder zumindest unsere Kinder dies tun sollen. Wir wollen ja schließlich nur ihr Bestes.

Doch wenn wir dies wirklich wollen, müssen wir unsere Einstellung überdenken. Wir als Eltern, aber auch alle Erzieher und Lehrer. Wir müssen hinterfragen, wohin wir mit unseren Lehrplänen eigentlich wollen und wie die Zukunft gestaltet werden soll. Es ist ein Umdenken notwenig in unserer Gesellschaft, wenn wir uns eine schöne und gesunde Zukunft für unsere Kinder wünschen. Ein Umdenken, das viele Ebenen anspricht und viele Menschen. Das Buch von Herbert Renz-Polster und Gerald Hüther kann ein erster Anstoß sein für Eltern. Und nach der Lektüre fühlt man sich geradezu verpflichtet, mehr in die Wege zu leiten.

Daher: Wer es noch nicht gelesen haben sollte, sollte es sich vom Nikolaus in den Schuh stecken lassen. Es gibt viele Dinge, über die man an langen Winterabenden nachdenken kann.

 

Der Herbst ist da: Die besten Hausmittel für Kinder in der Erkältungszeit

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Der Herbst ist da. Tage und Nächte werden kühler. Wind weht eisig. Das Sitzen im Sandkasten auf kaltem Stein ist längst keine Freude mehr. Und natürlich sind sie schon unter uns: die ersten Schniefnasen. Rote Kindernasen, laufende Babynäschen, mit gelbem Rotz verschmiert. Wir sind froh, wenn es uns (noch) nicht erwischt hat und denken voll Sehnsucht an die herrlichen Sommertage zurück, die frei von verstopften Nasen und nächtlichen Hustenattacken waren. Und auch wenn man sich nicht ganz davor bewahren kann, gibt es doch ein paar Hausmittel und Tricks, die den Herbst und Winter besser überstehen lassen.

Auf die Kleidung kommt es an

Natürlich ist an Muttis Rat was dran, im Winter die guten Wollunterhosen anzuziehen. Es muss nicht kratzig sein und auch nicht hässlich, aber passende Kleidung ist das A und O in der kalten Jahreszeit. Dünne Baumwollhemdchen gehören in den Sommer. Im Winter werden die kleinen Kinderkörper am Besten von Wolle und Wolle/Seide gewärmt. Wolle hat nämlich verschiedene Eigenschaften, die für Bekleidung im Herbst und Winter sehr praktisch sind: Sie kann die Temperatur angemessen regulieren, indem sie die Körperwärme speichert. Auch Wasserdampf wird von ihr aufgenommen und dies zu großen Mengen ohne dass sich die Wolle feucht anfühlt. Das sind ideale Eigenschaften vor allem für Socken, damit die Füße warm bleiben. Wollsocken sind deswegen wirklich die beste Fußbekleidung in den kalten Jahreszeiten. Doch nicht nur der Fuß profitiert von diesen Eigenschaften: Wenn Kinder draußen toben und schwitzen, brauchen sie genau diese Fähigkeiten der Wolle. Bleiben sie nämlich nass, kühlt der Körper aus. Darüber hinaus nimmt das Naturprodukt auch Schmutz und Gerüche wenig an – ein weiterer großer Pluspunkt, um als Kinderkleidung in Betracht zu kommen. Um Erkältungen also vorzubeugen, sollte man durchaus ein paar Wollteile mit in den Kleiderschrank aufnehmen. Da sie Schweiß bindet und unangenehme Gerüche wieder an die Luft abgegeben werden, müssen die Wollteile auch nicht ständig gewaschen werden. Man braucht also nicht so viele verschiedene Teilchen, aber ein paar sollten es schon sein. Sind Füße und Körper gut eingepackt, sollte es auch am Kopf nicht mangeln. Das Kindchenschema, durch das wir Babys und Kinder so niedlich finden, basiert u.a. auf einem relativ großen Kopf im Vergleich zum restlichen Körper. Körperwärme wird daher über diesen großen Körperteil nach außen abgegeben. Eine Kopfbedeckung sollte deswegen in der kühleren Zeit nicht fehlen.

Die richtige Nahrung

Unserem Körper kann es nur gut gehen, wenn er alle Nährstoffe bekommt, die er benötigt. Bei Kindern, die noch wachsen, ist das besonders wichtig. Ebenso auch in Zeiten, die sehr zehrend sind, wie lange, kalte Winter. Mit der richtigen Nahrung können wir gezielt das Immunsystem unterstützen. Das fängt schon bei den Babys an: Der nahende Winter ist für das Abstillen keine gute Zeit. Gerade jetzt brauchen Babys und Kinder jede Unterstützung des Immunsystems, die sie bekommen können. Wer stillt, kann seinem Kind über die Muttermilch Immunglobuline geben, die bei der spezifischen Abwehr von Krankheitserregern helfen. Wenn möglich, sollte das Abstillen deswegen auf eine weniger krankheitsintensive Jahreszeit verlegt werden. Doch auch unabhängig vom Stillen kann mit Nahrung gut unterstützt werden. Dazu ist ausgewogene und vielfältige Nahrung wichtig: Getreideprodukte mit hohem Anteil von Vollkornprodukten, täglich frisches Obst und Gemüse. Und wenn Kinder Obst gerade nicht pur essen wollen, ist ein selbstgemachter Smoothie vielleicht eine gute Alternative. Wer sich und seine Kinder vegetarisch oder vegan ernährt, sollte besonders auf eine ausgewogene Ernährung achten und darauf, dass alle wichtigen Nahrungsinhaltsstoffe tatsächlich dem Körper zugeführt werden. Kraftsuppen können in der kalten Jahreszeit gut unterstützen und gleichzeitig viel gesundes Gemüse enthalten – aufgehübscht mit lustigen Buchstaben- oder Figurennudeln. Süßigkeiten sind natürlich möglich, aber in Maßen. Auch die Trinkgewohnheiten sind in Sachen Ernährung wichtig: Kinder sollten laut DGE fast 1l Flüssigkeit zu sich nehmen – bevorzugt Wasser oder ungesüßten Tee.

Bewegung trägt zur Gesunderhaltung bei

Kinder brauchen Bewegung. Oder besser gesagt: sie brauchen ein ausgeglichenes Verhältnis von Ruhe und Bewegung. Natürlich sind auch Ruhephasen wichtig und das entspannte Zuhause sein bei Tee und Vorlesegeschichte. Doch gerade im Herbst und Winter neigen wir dazu, unseren Kindern zu wenig Bewegung zu ermöglichen. Durch die Bewegung wird die Durchblutung gefördert und somit die Sauerstoffversorgung. Ganz besonders gut ist die Bewegung draußen auch im Winter. Kinder benötigen Sonnenlicht: Es regt den Stoffwechsel an und dient der Bildung von Vitamin D. Auch im Winter sollten Kinder deswegen täglich die Möglichkeit haben, mindestens eine Stunde draußen zu spielen und sich dabei ausgiebig bewegen zu können. Manche Kindergärten gehen täglich mit den Kindern raus. Ist dies nicht der Fall, sollten Eltern das auf jeden Fall am Nachmittag nachholen. Auch wenn es draußen nass und kalt. Die richtige Kleidung schützt das Kind vor Kälte und Nässe und im Anschluss kann ein warmes Fußbad und ein warmer Tee wieder Wärme geben und zum Ausruhen einladen.

Wenn sich die Erkältung doch eingeschlichen hat

Und wenn all das nicht geholfen hat? Kinder müssen ihr Immunsystem erst aufbauen und ein Infekt pro Monat wird durchaus als normal betrachtet. Erst im Grundschulalter wird die Infektanfälligkeit meist geringer. Wenn also die Erkältung da ist, wird schnell auf bewährte Hausmittel zurück gegriffen. Die Klassiker aus der Familie Mierau sind: Brustwickel bei Husten, selbstgemachter Hustensaft aus Zwiebeln oder schwarzem Rettich, Dampfbäder bei Erkältung, Zwiebelsäckchen bei Ohrenschmerzen, Zwiebelsocken bei Erkältungen, Gurgeln mit Salbeitee oder anderen guten Dingen bei Halssschmerzen.

Brustwickel bei Husten

Seit vielen Jahren haben wir nun immer Bienenwachswickel für den Notfall zu Hause. Die Kinder mögen sie gerne und sie helfen wirklich. Angewärmt werden kann das Bienenwachs mit einem Fön. Wir zu Hause haben aber unsere ganz spezielle Art: Mama oder Papa wärmen die Kompresse erst einmal an der eigenen Haut an unter dem Pullover. Mit „Mamawärme“ oder „Papawärme“ aufgeladen, hilft der Bienenwachswickel nämlich gleich noch besser. Mit einem Wickelset oder einem warmen Tuch umhüllt, bleibt das Bienenwachs lange warm und weich auf der Brust des Kindes und kann auch eine ganze Nacht lang wirken. Geht auch schon bei den ganz Kleinen!

Hustensaft aus Zwiebeln oder schwarzem Rettich

Auch schon beliebt bi der großen Tochter ist der selbst gemachte Hustensaft mit Honig. Entweder wird ein schwarzer Rettich ausgehöhlt und darin wird Honig eingefüllt, der über Nacht ziehen gelassen wird. Am Morgen wird der Saft in ein Glas umgeggossen  und es gibt 3x täglich einen Esslöffel davon. Alternativ – wenn kein Rettich zur Hand – nehmen wir auch Zwiebeln und lassen sie mit Honig ziehen. Aber Achtung: Honig ist natürlich nicht für Babys geeignet wegen der Botulismusgefahr.

Dampfbäder

Eingeatmet kann heißer Dampf die erkrankten Schleimhäute befeuchten, abschwellend wirken und die Entzündung hemmen. Mit einem Inhaliergerät aus der Apotheke ist das gut möglich, aber auch ein Dampfbad über einer dampfenden Wasserschüssel mit Handtuch über dem Kopf kann reichen. Achtung aber vor Verbrühungen! Kinder dürfen niemals allein gelassen werden mit heißem Wasser. Sind die Kinder noch klein, kann das Dampfbad auch gemeinsam unter einem mit einer Decke verhangenen Tisch eingenommen werden – einer dampfenden Räuberhöhle! Zum Wasser kann entweder Salz oder Kamille gegeben werden oder auch Thymian.

Zwiebelsäckchen bei Ohrenschmerzen

Es ist DAS Hausmittel bei Ohrenschmerzen: Zwiebel klein schneiden, auf einem umgedrehten Kochtopfdeckel über  heißem Wasser erwärmen, in eine Socke oder eine Ohrkompresse geben und auf das schmerzende Ohr legen.

Zwiebelsocken bei Erkältungen

Und auch generell bei Erkältungen etwas größerer Kinder sind Zwiebeln eine gute Idee. Ebenso erwärmt wie bei den Ohrkompressen kann die Zwiebel auch in einem Beutelchen auf die Füße gegeben werden und dann ab damit ins warme Bett!

Gurgeln

Größeren Kindern ab etwa 3 Jahren kann gurgeln wirklich Spaß machen. Wenn Salbeitee noch vom Geschmack zu intensiv ist, kann das Gurgeln auch mit Aloevera probiert werden.

Die Zwiebel ist also erst einmal oft das Hausmittel Nummer 1 bei uns und kann bei vielen Dingen eingesetzt werden. Ab Herbst haben wir daher immer einen gefüllten Zwiebeltopf zu Hause. Natürlich gibt es daneben noch allerhand andere Dinge, die wir machen. Viele Tees und verschiedene Teemischungen kommen oft zum Einsatz oder auch das ein oder andere Fußbad mit Senfmehl oder anderen guten Zusätzen. Oft können diese einfachen „Hausmittel“ schon große Linderung verschaffen. Aber natürlich gilt immer: Wenn man sich unsicher ist, das Kind sehr schlapp ist, man ein ungutes Gefühl hat oder auch Fieber lange andauert oder sehr hoch ist, sollte man unbedingt den Arzt kontaktieren. Übrigens gibt es mittlerweile einen Antibiotika-Pass, den man für sich und das Kind auf jeden Fall besorgen sollte, um im Blick zu behalten, wann welche Medikamente gegeben wurden.