Wir sind nicht perfekt. Als Menschen und auch nicht als Eltern. Wir machen Fehler, entscheiden „falsch“ oder zumindest anders als wir es vielleicht später tun würden. Wir treffen Entscheidungen, weil wir sie treffen müssen und stellen vielleicht später fest, dass sie nicht gut waren. Wir haben schlechte Tage, zu viel Stress und sind vielleicht deswegen unfreundlich und unfair. Wir sind an solchen Tagen weniger zugewandt als wir es vielleicht sonst sind (und wissen es und ärgern uns gleichzeitig darüber, dass wir es nicht ändern können).
Eure Beziehung hält das aus
Niemand ist perfekt. Ich nicht, du nicht und auch nicht die anderen Eltern in der Kita oder Schule oder Nachbarschaft. Es ist leicht, all das Tolle an den anderen zu sehen, wenn die anderen Seiten nicht sichtbar sind. Und schnell kommen wir dann in die Versuchung zu denken, bei anderen würde es sie gar nicht geben. Nur bei uns. Die Wahrheit aber ist, es gibt sie eben, die negativen Seiten. „Denn es gibt keine perfekten Eltern und keine perfekten Kindheiten.“ wie die Psychologin Stefanie Stahl schreibt. Und als Eltern müssen wir auch nicht perfekt sein, sondern „nur“ gut genug. Glücklicherweise sind unsere Kinder bei aller Zartheit auch recht robust und wenn es mal zwischendurch ein wenig schief läuft und wir eine schlechte Zeit haben, dann ist das meist nicht nachhaltig negativ für ihre Entwicklung.
Wir machen Dinge falsch. Wenn wir dies bemerken, müssen wir uns nicht grämen und auch nicht versuchen, unsere Fehler zu vertuschen. Wir können authentisch sein – und um Entschuldigung bitten.
S. Mierau „Geborgene Kindheit. Kinder vertrauensvoll und entspannt begleiten“
Sich entschuldigen beim Kind – So geht es
Was wir aber immer tun können, wenn wir feststellen, dass wir an der ein oder anderen Stelle falsch gehandelt haben, ist, eine Entschuldigung vorzubringen. „Es tut mir leid, dass ich vorhin keine Lust hatte.“, „Es tut mir leid, dass ich zu laut war.“, „Es tut mir leid, dass ich keine Zeit hatte, um in Ruhe mit Dir noch auf den Spielplatz zu gehen.“
Sich zu entschuldigen erfordert Kraft, denn wir müssen uns selbst eingestehen: Das, was ich da gemacht habe, war nicht richtig. Das ist nicht immer einfach. Aber es gibt unseren Kindern die Möglichkeit, unser Verhalten besser einordnen zu können und schafft Entlastung. Zudem sind wir unseren Kindern ein gutes Vorbild: Wie oft erwarten wir in Konfliktsituationen von unseren Kindern, dass sie sich bei anderen entschuldigen oder Mitgefühl zeigen, wenn sie einem anderen Kind oder Erwachsenen unrecht getan haben. Dabei geht es uns nicht darum, dass Kinder „nur“ eine Floskel aufsagen, sondern eigentlich wünschen wir uns, dass sie empathisch verstehen, dass ein anderer Mensch in Mitleidenschaft gezogen wurde. Um unseren Kindern das Verständnis hier zu vermitteln, ist es aber wichtig, sie ebenso zu behandeln.
Deswegen: Gehen wir auf Augenhöhe mit dem Kind, sehen wir es direkt an und entschuldigen uns, wenn wir falsch gehandelt haben. Erklären wir, wie wir uns fühlen und warum und bleiben wir dabei bei uns und unseren Gefühlen. Wichtig ist, dass wir nun in dieser Entschuldigung die Schuld nicht wieder an das Kind verweisen, sondern bei uns bleiben. Sagen wir „Es tut mir leid, dass ich dich so gehetzt habe, weil ich einen wichtigen Termin hatte“ und nicht „Es tut mir leid, dass ich dich so hetzen musste, weil du zu langsam warst.“
Um Entschuldigung BITTEN
Wir können von unserem Kind erbeten, dass es unser Verhalten entschuldigt, wir können es nicht verlangen. Das Kind hat ein Recht darauf, unser Verhalten blöd zu finden – auch nach einer Entschuldigung. Genau so, wie auch Kinder nach der Entschuldigung eines anderen Kindes vielleicht dennoch nicht sofort wieder mit dem Kind spielen wollen. Es ist in Ordnung, Gefühle zu verarbeiten, nachzudenken oder vielleicht auch erst einmal zur Seite zu legen und etwas anderes zu tun. So ist es bei uns Erwachsenen ja auch.
Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik)Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.