Kategorie: Allgemein

Ich weiß auch nicht, was ich will – und ich will nicht, was Du willst

Wochenende_37_14

Kürzlich war ich einkaufen mit meinem Sohn. Einkaufen, das bedeutet oftmals, dass ich sehr genau acht geben muss dass nicht irgendwelche Dinge auf dem Boden landen und zerbrechen ODER Dinge im Einkaufswagen landen, die ich nicht kaufen möchte ODER Dinge aus dem Einkaufswagen wieder heimlich ins Regal gestellt werden, die ich kaufen möchte. Nachdem wir jedoch diesen Teil des Einkaufes gemeistert hatten, ging es an den Nachhauseweg. „Willst Du laufen oder getragen werden?“ war die einfache Frage, auf die das Chaos folgte.

Das Chaos bestand nämlich darin, dass der Sohn nicht laufen wollte. Er wollte aber auch nicht getragen werden. Tja. Also versuchte ich meine ziemlich schlauen Argumente, dass wir aber nach Hause müssen, um die Einkäufe in den Kühlschrank zu bringen/die Tochter vom Kindergarten abholen müssen/mal auf Toilette gehen wollen. Nein, es blieb bei weder tragen noch laufen. Zeit verging, der Sohn wurde ärgerlich und ich ratlos. Also nahm ich ihn hoch – gegen Protest und trug ihn schreiend und steif mit mir Richtung Heim. Auf dem Weg dorthin – und es war kein einfacher Weg – hielt eine Mutter neben mir und fragte, ob sie mir für ein Stück des Weges meine Einkaufstüte tragen solle. Liebe fremde Mutter, vielen lieben Dank dafür und Deinen verstehenden Blick! Ich habe Deine Hilfe nicht angenommen, aber allein Deine Frage hat die Situation für mich unheimlich entspannt. Nach etwa 600m des Aufbäumens und Schreiens erklärte ich dem Sohn einfach: „Kannst Du damit jetzt bitte aufhören? Ich kann nicht mehr.“ „Ja.“ sagte er und war ruhig.

Dass ich kein Freund des Wortes „trotzen“ bin, habe ich ja bereits einmal ausgeführt. Kinder kommen in eine Phase, in der sie zunehmend eigene Entscheidungen treffen möchten: Welche Kleidung am Morgen angezogen wird, ob Windel oder Unterhose, was zum Frühstück gegessen wird und welches Kuscheltier es heute begleitet auf seinen Abenteuern. Eigene Entscheidungen. Diese Entscheidungen stehen nur manchmal in Konflikt mit den Entscheidungen anderer Menschen, die vielleicht die gewünschte Hose gerade waschen wollen oder ein anderes Mittagessen geplant haben. Und dann stehen diese Entscheidungen manchmal auch noch im Konflikt mit sich selbst. Es ist Kindern manchmal nahezu anzusehen, welcher enorme Sturm in ihrem Kopf stattfindet, wie sie hin und her gerissen sind und selbst nicht wissen, was sie wollen und in einem Moment eine Sache unbedingt wollen und im nächsten Moment schon wütend auf Abstand davon gehen als hätten sie niemals damit in Kontakt kommen wollen.

Es ist nicht einfach. Nicht für uns und auch nicht für die Kinder in diesem Alter. Was hilft uns allen in diesem Situationen? Nehmen wir es einfach, wie es ist: Wir können nichts an der Situation ändern. Wenn das Kind einen Wunsch hat, dem wir nachkommen können, können wir das tun. Warum sollte es heute nicht im Faschingskostüm auf die Straße gehen dürfen? Oder verschiedene Socken tragen? Oder eben versuchen, selber die Jacke zu zu machen? Geben wir ihm ein wenig Zeit, um seinem Wunsch nachzukommen. Und wenn es nicht geht, wenn es etwas Gefährliches ist, erklären wir, warum es nicht geht und verstehen das Kind in seinem Wunsch und seiner Traurigkeit. Und wenn das Kind selbst nicht weiß was es eigentlich will, dann sind wir da. So wie wir immer da sind. Es ist ein Lernen. Für das Kind und auch für uns. Für uns, dass das Leben mit Kindern Unplanbares bereit hält, dass wir einen Menschen geboren haben mit einem eigenen Willen – von Anfang an.

Vielleicht ist gerade das das Schwierigste an dieser Situation: Zum ersten Mal sehen, dass wir nicht über unsere Kinder bestimmen können. Dass nicht wir es nur sind, die sie in eine Richtung lenken, sondern dass ihre Entwicklung aus ihnen selbst kommt, aus ihrem Inneren und wir sie nur auf ihrem Weg begleiten können. Wir bestimmen nicht über sie und können nur in geringem Maße den Weg vorgeben, den sie gehen wollen. Sie haben ihren eigenen Weg, ihren inneren Bauplan, ihre Ideen. Wir nehmen sie an ihre kleinen, noch unsicheren Hände und begleiten sie. In anderen Worten:

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.

Khalil Gibran, arabischer Dichter, 1883-1931

Wie geht Ihr damit um, wenn Eure Kinder nicht wollen, was Ihr wollt oder selber uneins sind, was sie wollen?
Ich bin gespannt auf Eure Ideen.
Alles Liebe,

Susanne_smooth Kopie

Spätsommertage

Ich liebe den Herbst und den Spätsommer. Frühling und Herbst – das sind meine Jahreszeiten. Und während sich jetzt gerade viele beschweren, dass der Sommer viel zu schnell gegangen ist, freue ich mich still und heimlich über das sich färbende Laub und all die schönen Dinge, die man im Spätsommer und Herbst machen kann. Bei uns bedeutet das:

1. Ernten

Die Trauben im Garten werden reif und wollen bald gepflückt werden. Was wir daraus machen werden? Ich weiß es noch nicht genau. Vielleicht besorgen wir uns einen Weinballon und machen eigenen Wein? Die Kinder werden wahrscheinlich weiterhin viel davon naschen.

Aus den Nachbargärten kommen Äpfel, Birnen und Pflaumen und werden verkocht und gebacken.

 

2. Backen

Spätsommer und Herbst sind die Jahreszeiten der warmen Früchtekuchen, die nachmittags mit Kakao gegessen werden. Dafür gibt es das immer gleiche Grundrezept, das mit den verschiedenen Früchten variiert wird: 250g Mehl, 120g Rohrohrzucker, 125g Butter, 1 Ei, 1/2 Päckchen Backpulver gut verkneten. Davon eine Hälfte für den Boden, eine Hälfte für das Gitter oben drauf verwenden. Schmeckt wunderbar mit Äpfeln, Pflaumen, Beeren,…

3. Pflanzen pflücken

Die Minze blüht und ich habe Minzblütenzucker gemacht, mit dem wir später in der kalten Jahreszeit unser Gebäck bestreuen können. Lavendelzucker haben wir im letzten Jahr gemacht und ihn später auf Kekse gestreut. Überall auf den Wiesen und Felder blüht es und die vielen Blumen wollen gepflückt, getrocknet oder auch zu Pflanzenfarbe gekocht werden. Ein bisschen Spätsommer aufbewahren für die kalten Tage.

4. Jahreszeitentisch umgestalten

Auch auf dem Jahreszeitentisch auf dem Fensterbrett in unserer Küche zieht nun der Spätsommer ein. Was wir in der Natur finden, wird hier hübsch dekoriert, z.B. Hagebutten und Weizen.

5. Pilze sammeln

Für mich ist das Pilzesammeln zu aufregend und ich esse keinen einzigen gesammelten Pilz, aber die Kinder lieben es, mit dem Mann im Wald nach Pilzen zu suchen, sie im Körbchen zu tragen und dann zu Hause zuzubereiten. ich begleite sie auf ihren Wanderungen, schaue nach Hagebuttensträuchen oder anderen Dingen, die ich für mich sammeln kann und freue mich an ihrer Freude.

6. Das neue Jahr vorbereiten

Der Garten wartet nicht und nun müssen wir bereits an das neue Jahr denken, müssen neue Büsche pflanzen und Zwiebeln in den Boden stecken.

7. Lagerfeuer, viele Lagerfeuer

Im Kinderofen und in der Feuerschale werden Feuer gemacht und Stockbrot gebacken. Leuchtende Kinderaugen, auch immer etwas ängstlich und bedacht, dem Feuer nicht zu nah zu kommen.

Und was habt Ihr Euch für den Spätsommer vorgenommen?

Ich bin gespannt auf Eure Ideen,
Eure

Susanne_clear Kopie

An manchen Tagen fühle ich mich nicht als gute Mutter

An manchen Tagen, da möchte ich nichts mehr hören. Da wünsche ich mir, dass ich mit einer Fernbedienung einfach einmal die Lautstärke der Kinder zurück drehen könnte – so ziemlich gegen 0. Da möchte ich nicht zum zwanzigsten Mal hören, dass der Sohn aber morgens einen Löffel mehr Müsli bekommen hat als die Tochter und das ungerecht sei. Oder dass die Tochter ihrem Bruder immer wieder seinen Kinderakkuschrauber weg nimmt und er deswegen zehnmal hintereinander zu mir gerannt kommt. An solchen Tagen, da habe ich einfach die Nase voll.

An manchen Tagen, da zweifle ich an meiner Kompetenz. Da schlage ich den Kindern etwas vor und es geht schief. Das gekochte Essen brennt an oder schmeckt einfach nicht. Beim Brot habe ich die Hefe vergessen und es geht nicht auf. Ich bügle einen großen Flicken auf die kaputte Hose der Tochter und vergesse, das Plastikspielzeug darunter wegzulegen. An diesen Tagen, da bin ich auch nicht diplomatisch und meine Erziehungskompetenz ist nicht vorhanden. Statt liebevoll Alternativen anzubieten, ertappe ich mich bei „wenn… dann“-Sätzen. An solchen Tagen, da würde ich gerne ganz allein im Bett bleiben.

An manchen Tagen, da würde ich mich als Mutter nicht lieben. Da höre ich nicht gut zu, da bin ich ungeduldig. Ich habe keine Zeit und keine Laune dafür, dass wir 15 Minuten Zeit brauchen, um in den dritten Stock zu kommen, weil der Sohn unbedingt ganz langsam allein laufen möchte und die Tochter zwischendrin eine Pause braucht, weil angeblich ihr Fuß schmerzt. Da sage ich meinen Kindern, dass ich jetzt wirklich eine Lust mehr habe und einfach mal ein paar Minuten nichts hören möchte. Da denke ich mir, dass es meine Kinder bei jeder anderen Mutter der Welt besser hätten und ich ganz furchtbar bin. An solchen Tagen entschuldige ich mich bei meinen Kindern und kann doch nichts dran ändern.

Es gibt diese Tage. An solchen Tagen, wenn sie kommen, sitze ich am Abend am Bett neben meinen Kindern. Ich streichle über ihre Haare, nehme ihre kleinen Hände in meine. Manchmal huscht ein kleines Lächeln über ihre Mundwinkel im Schlaf. Oder sie greifen nach meiner Hand, ziehen sie näher zu sich heran und kuscheln sich an. Sie sind da, ganz nah. Ich spüre die Wärme ihrer kleinen Körper, ihre kleinen, unbeholfenen Hände. Und ich weiß, dass sie all das nicht tun, um mich zu ärgern. Sie sind, wie sie sind, weil sie einfach Kinder sind. Weil das Leben manchmal laut ist und manchmal leise. Weil sie manchmal an Grenzen stoßen und manchmal ins Weite rennen wollen. Und manchmal haben wir das Pech, dass ihre und meine Bewegungen nicht zusammen passen, dass es für mich leise sein soll und für sie laut. Tage, an denen wir nicht auf einer Wellenlänge sind, nicht harmonieren. Doch über Nacht gleichen sich unsere Muster wieder an. „Es tut mir leid“, flüstere ich in ihr Ohr. „Morgen wird es besser.“ Und das wird es. Jeder Tag ist wieder ein neuer Anfang. Ein neuer Anfang, um es sich schön zu machen.

 

Exklusive Mamazeit

Mamazeit

Der Sohn wird nun bald 2 Jahre alt. 2 Jahre, in denen sich die Tochter uns als Eltern mit dem kleinen Bruder teilen muss. Manchmal sagt sie „Aber früher, da ward Ihr nur MEINE Eltern!“ und ich erinnere mich auch sehr gut noch daran, wie sie wenige Stunden nach der Geburt des kleinen Bruders – das Finger-in-den-Babymund-Stecken hatte seinen Reiz verloren – sagte „So, und nun stecke ich Dich in einen Briefumschlag und schick Dich wieder zurück!“

Geschwister sein und haben ist nicht immer einfach. Und der Sohn stillt noch immer, wird getragen und geht nicht in den Kindergarten – er ist viel an Mama dran. Deswegen sind sie besonders wichtig: Die Momente, in denen die Tochter auch mal nur einen Elternteil für sich ganz alleine hat. In denen sie keine Rücksicht nehmen muss auf ein kleineres Geschwisterkind, sondern selber einfach das einzige und deswegen kleine Kind sein kann. Momente, in denen sie ganz allein Kuscheleinheiten bekommt ohne dass sich plötzlich eine kleine Hand oder ein Fuß dazwischen schiebt. Ja, sie liebt ihren Bruder, aber manchmal, da möchte sie eben auch allein sein.

Heute teile ich deswegen einmal die Liste unserer liebsten „Exklusive Mamazeit“-Momente:

1. Zusammen kuscheln und auf dem Sofa Bücher ansehen

Mit einem kleinen Bruder ist das Vorlesen manchmal nicht so einfach, denn die Geschichten, die ihm gefallen, sind weniger komplex und die Aufmerksamkeitsspanne geringer. Deswegen genießt es die Tochter, wenn wir Zeit zu zweit haben zum Vorlesen. Wann das besonders gut geht? Wenn der Sohn gerade Mittagsschlaf hält.

2. Zusammen etwas „herstellen“

Und wo wir gerade bei der Aufmerksamkeitsspanne sind: das gilt natürlich auch für Bastelarbeiten. Beim gemeinsamen Basteln fliegt nämlich schnell mal etwas durch die Gegend, ein Glas Wasser kippt um oder die Farbe wird verschüttet. Deswegen sind auch Bastelaktionen ganz besonders beliebte Zuzweit-Aktionen: gemeinsam Töpfern gehen, zusammen ein großes Bild mit Aquarellmalfarben malen oder auch bei gutem Wetter Bodypainting mit hautverträglichen Farben. Vieles davon geht auch gut, wenn der Sohn gerade schläft oder am Wochenende mit Papa zusammen ist.

3. Kino

Fernsehen ist für die Tochter etwas ganz Besonderes, denn das gibt es nur am Wochenende und nur sehr ausgewählt. Kurz vor der Geburt des Sohns haben wir einmal einen Kinobesuch mit der Tochter probiert: Ich war erschöpft von der Schwangerschaft und hatte keine Energie an dem Tag für irgendeine andere Sache. Wir wollten „Kleiner Rabe Socke“ sehen und kauften Popcorn und setzen uns in die Vorstellung. Die ging allerdings nicht lange für uns, denn innerhalb der ersten fünf Minuten begann die Tochter mit lautem Protest, dass der Rabe ja total unfreundlich sei und sie auf keinen Fall das weiter sehen wolle und überhaupt nie wieder ins Kino wolle – nur Popcorn sei gut.
Etwa eineinhalb Jahre später habe ich noch einmal einen Versuch gestartet, mit der Tochter ins Kino zu gehen. Allein. Nicht, weil ich es wollte und keine andere Idee für den Tag hatte, sondern weil sie es gern wollte. Wir sahen „Karlsson vom Dach“ und die Tochter fand es großartig. Popcorn gab es diesmal nicht, dafür aber Hand in Hand sitzen und zusammen Limo schlürfen.

4. Mama-Tochter-Wellness

Ganz besondere Freude macht natürlich auch ein gemeinsames Wellness-Erlebnis. Die Tochter liebt Hamam-Besuche und gemeinsame Ausflüge in die Therme. Denn dabei gibt es viel Lachen, Hautkontakt und Kuscheln – also alles, was einen schönen Mama-Tochter-Tag ausmacht. Und wenn das nicht klappt, dann doch zumindest ein gemeinsames Bad in der Badewanne mit viel Schaum.

Und manchmal, wenn wenig Zeit ist, um ganz allein zusammen zu sein, dann reicht es auch schon, wenn die Tochter mal wieder ganz klein sein darf. Wenn ich sie aus Spaß im Tragetuch trage oder mit der Bettdecke pucke wie ein Baby und im Arm halte. Wenn ich sie auf meinen Schoß setze und wiege. Es können auch die ganz kleinen Momente sein, die eine große Wirkung zeigen. Wichtig ist, dass wir sie erkennen, dass wir die Bedürfnisse unserer Kinder wahrnehmen und nach unseren Möglichkeiten darauf eingehen. Exclusive Zeit mit einem Menschen, den wir lieben, das tut uns immer gut. Ob groß oder klein.

Als der Sohn Sternschnuppen blies

Foto

Heute berichte ich einmal von einem ganz normalen Samstagsfrühstück. Oft werde ich gefragt, ob es bei uns immer so schön und harmonisch ist, wie es manchmal wirkt. Und oft sage ich nein – und schreibe sogar, dass es nicht so ist. Heute gibt es daher auch mal wieder einen kleinen Einblick in unseren Familienalltag.

Da wir gerade unser Haus auf dem Land renovieren, schlafen wir mit den Kindern auf zwei großen Matratzen im Kinderzimmer, welches der einzige Ort ist, an dem die Renovierungen bislang vorbei gegangen sind. Die Geschichte beginnt also heute morgen irgendwo auf dem Land in einem Kinderzimmer, in dem 4 Personen auf 2 Matratzen auf dem Fußboden schlafen. Es ist ungewöhnlich spät für das Aufstehen, schon kurz vor 8 Uhr, als mir im Bett unbehaglich wird. Ein müdes Auge öffnend begreife ich auch recht schnell den Grund dafür: Eine Wollüberhose mitsamt Sohn befindet sich auf Gesichtshöhe neben mir. Auf der anderen Seite, zwischen den Mann und mich gelegt, hat sich die Tochter wieder ins Bett geschlichen, nachdem sie wohl schon im Bad war, sich gewaschen hat und nun ihre kalten Füße wieder wärmen möchte. „Mama, ich habe Hunger!“ ertönt ihre vorwurfsvolle Stimme. Sie ist der Auslöser dafür, dass sich der Sohn blitzschnell umdreht und in mein Gesicht schreit „Mama, Hunger!“, denn Geschwister halten in diesen Situationen immer zusammen und der Sohn hat zudem die Eigenart, besonders wichtige Dinge immer ganz nah vor meinem Gesicht vorzutragen. Gerne nimmt er mein Gesicht dazu auch in seine zwei weichen (und meist schmutzigen) Kinderhände und schreit dann ziemlich laut seinen jeweiligen Wunsch hinein.

Ich blicke den Mann an, denn es ist seine Aufgabe, am Wochenende für die Brötchen zu sorgen und das Einkaufen selbiger zu koordinieren. denn dies ist keine leichte Aufgabe: Die Tochter möchte seit einigen Wochen allein Brötchen beim Bäcker einkaufen gehen. Der erste Einkaufsversuch ist damals etwas… misslungen.

Mittlerweile funktioniert das wesentlich besser mit einer Einkaufsliste und dem Umstand, dass der Mann in einiger Entfernung hinter her geht. Der Sohn allerdings hat den dringenden Wunsch, auch einkaufen zu gehen. „Brötchi holen, ich!!!“ wird wieder in mein Gesicht geschrien, als Tochter und Mann sich bereit machen. ich erkläre dem verstimmten Sohn, dass das heute leider nicht ginge, er mir aber sehr gerne beim Tischdecken helfen kann. damit kann ich ihn etwas beruhigen. Tochter und Mann gehen samt Einkaufsbeutel, Liste und Geldbeutel los. Gestern lief das Tischdecken nicht ganz so gut und schon bevor ich am Tisch saß, gab es erste Unfälle:  

Heute allerdings geht es schon wieder besser und wir sitzen alle gemeinsam am wohl gedeckten Frühstückstisch. Bis zu dem Moment, als das Thema wieder auf die Sternschnuppen zu sprechen kommt. Denn in dieser Woche war der Tag, an dem die meisten Sternschnuppen erwartet wurden. Leider sind die Kinder aber eingeschlafen, bevor welche am Himmel zu sehen waren und unser Sternschnuppenfest ist daher recht kurz geworden. Natürlich haben die Kinder diese große Attraktion aber nicht vergessen. Der Sohn jedenfalls nahm sich eine der kleinen Snacktomaten, biss sie an, blies kräftig hinein und verteilte den Tomateninhalt sorgsam über den Frühstückstisch. „Sternschnuppen blasen hab ich!“ schreit er mich vom Stuhl rechts neben mir an und strahlt.

Und so, Ihr Lieben, hat mein Wochenende angefangen. Und Eures?

Alles Liebe,

Susanne_smooth Kopie

Aus den Sommerferien – Idee 8: Besuch in El Dorado

image 4

Unsere Sommerferien gehen langsam ihrem Ende entgegen. Heute haben wir etwas Besonderes unternommen: einen richtigen Ausflug. Es ging ins El Dorado in Templin. Die Westernstadt ist ein Erlebnispark und lockt vielen verschiedenen Attraktionen. Ob da auch etwas für meine Kinder mit dabei ist?

Der erste Gang ging hier in die Bank: Dort werden Euro gegen El Dorado-Dollar eingetauscht, mit denen man hier die zusätzlichen Spielangebote wie Goldwaschen etc. bezahlen kann. Schade, dass das nicht im Eintrittspreis enthalten ist, aber immerhin ist der Eintritt für Kinder bis 1,20cm kostenfrei – und beide Kinder sind glücklicherweise noch so klein.

Nach der Umtausch ging es zu einer Show, in der die Arbeit von Stuntmen gezeigt wurde: Hier wurde erklärt, wie Stunts entstehen, dass sich die Menschen dabei nicht wirklich schlagen und was in der Westernstadt alles so zu sehen ist. Für die Tochter im Alter von 5 Jahren interessant, für den Sohn mit fast 2 allerdings zu lang.

Schon ist die Mittagszeit gekommen. Im Saloon gibt es eine Speisekarte mit verschiedenen Gerichten. Von Burger über Spareribs bis zu Pasta. Sogar ein paar vegetarische Gerichte sind darauf zu finden. Eine ganz typische Karte, wie es sie in Erlebnisparks gibt und ich fühle mich auch an Disneyland erinnert. Etwas befremdlich, dass es beim Kindermenü eine Überraschung gibt, wenn die Kinder aufgegessen haben. Solchem Umgang mit Essen verweigere ich mich eigentlich lieber.

Das erste große Highlight ist dann die Goldwäsche. Zwei große Teiche, die an der tiefsten Stelle etwa bis zu meinen Knien gehen, sind mit Sand und Wasser gefüllt. Im Sand sind kleine Goldstückchen versteckt und die Kinder können hier mit Metallschalen nach Gold suchen. Eine ganz wunderbare Planscherei für beide Kinder! Schon nach kürzester Zeit waren beide nass und bis auf die Unterhosen nackt im Wasser. Tatsächlich hat die Tochter auch einige Krumen Gold gefunden, die sie stolz in einem kleinen Schraubglas mit nach Hause nehmen konnte.

Später ging es vorbei an großen Heuhafen zum Spielen in ein Fort, in dem die Kinder klettern konnten. Auch die ansässigen Tiere wurden besucht: Schweine, Ziegen, Hühner laufen hier herum und können gestreichelt werden. Schließlich landeten wir beim Ponyreiten: Gegen einen weiteren Dollar konnte die Tochter eine Runde auf einem der Reittiere drehen. Das Pony „Hans“ und seine Kollegen war so friedfertig, dass es nicht einmal von den Angestellten geführt wird, sondern Eltern den Weg erklärt bekommen und das Pony ihrer Kinder selbst führen sollen. Die Postkutsche, mit der auch gegen gebühr gefahren werden kann, wurde jedoch erst einmal umgangen, denn diese wird bei jeder Runde überfallen und die lauten Pistolenschüsse waren weder für die Tochter noch den Sohn ansprechend.

Zum Abschluss nahmen wir uns noch Fotos aus dem Fotoatelier mit nach Hause: Hier kann man sich nämlich ortsgerecht kleiden und dann ablichten lassen: Die Tochter im Rüschenkleid mit Hütchen, der Sohn mit Weste und Cowboyhut und ich selber im Bardamenkleid.

Danach gefragt, was den Kindern am meisten Spaß gemacht hat, hat die Tochter mitgeteilt, dass es das Ponyreiten gewesen sei. Der Sohn hingegen fand das Spielen im Wasser wunderbar. Mir selber hat das Goldwaschen auch die größte Freude bereitet, obwohl ich beim nächsten Besuch wohl auf Wechselwäsche und Badekleidung achten würde. Nicht gefallen hat der Tochter „das laute Geknalle“, was natürlich bei einer Westernstadt irgendwie schwer zu vermeiden ist.

 

Susanne_smooth Kopie

Über Mutterliebe

Foto

Heute ist mein Sohn vor meinen Augen vom Sofa gefallen, Kopf voran, ohne sich abzustützen. Er fiel auf den Kopf, der sich in meinen Augen gefährlich zur Seite knickte. Mein Herz blieb einen Moment stehen. Kennt Ihr diese Momente, in denen ihr seht, dass sich Eure Kinder verletzten und man nicht schnell genug eingreifen kann? Und doch scheint in diesen Situationen die Zeit langsamer zu verlaufen. Es schießen blitzschnelle Gedanken durch den Kopf: Nein, das darf nicht sein! Nein, wie weit ist es zur Klinik? Muss ich einen Krankenwagen rufen? Oh Gott, hoffentlich ist es nichts Schlimmes. Lebt er noch? All diese Gedanken innerhalb weniger Sekunden.

Der Sohn lag auf dem Boden und schrie. „Gott sei Dank, er schreit.“ Der erste Gedanke. Und schon nehme ich ihn vorsichtig hoch in meinen Arm. „Und wenn er jetzt eine komplizierte Fraktur hat und ich ihn nicht hätte bewegen sollen?“ geht es durch meinen Kopf. Aber mein Gefühl ist stärker und ich wiege das schreiende Kind in meinem Arm. Er schreit, das ist gut. „Sofort ins Krankenhaus!“ rufe ich meiner Tochter und meinem Mann zu. Der Sohn schreit noch immer, die Tochter zieht sich ganz allein in Windeseile die Schuhe an und holt Kuscheltiere. Wir alle haben ihn fallen sehen und haben Angst. Mit einem leisen Aufschluchzen verlangt der Sohn die Brust und fängt an zu stillen. Da sind wir schon am Auto. Er liegt so klein in meinen Armen und zittert. Oder zittere ich? Dann blickt er mich an und sagt „Andere Seite, bitte.“

Es ist alles in Ordnung, denke ich. Ich gehe wieder ins Haus, lege den Sohn aufs Sofa und untersuche ihn. Alle Gliedmaßen sind beweglich, es tut nicht besonders weh. Nur die Stirn ist ganz rot. Tochter und Mann kommen hinterher. Ich erinnere mich, wie er seinen ersten Fieberkrampf hatte und welche Sorgen ich hatte, dass er nicht mehr atmet.

In manchen Momenten bleibt das Herz kurz stehen. Und in diesen Momenten ist es egal, wie anstrengend der Morgen war. Es ist egal, dass ich wenig geschlafen habe, weil ich nachts oft stillen musste. Es ist egal, der Sohn beim Frühstück zweimal das Glas umgestoßen hat (einmal davon mit Absicht), dass er gestern die Wand mit Kugelschreiber bemalt hat oder heimlich die Geburtstagskekse des Mannes aufgegessen hat. Und auch seiner großen Schwester ist es egal, dass sie vor wenigen Minuten noch mit ihm Stritt und ihn den „König von Blödihausen“ nannte. Alles das ist egal. Und wir wünschen uns, dass wir etwas geduldiger gewesen wären, etwas mehr Humor gehabt hätten oder mehr Gelassenheit hätten zeigen können. In den Momenten, in denen man fürchtet, einen der wichtigsten Menschen zu verlieren, ist alles andere so egal.

Diese Momente, sie lehren uns so viel: Wie schnell wir reagieren, wie schnell so ein Notfallplan abläuft, aber auch, wie sehr wir im Alltag manchmal zu sehr auf das Unwichtige schauen. Was ist ein umgeworfenes Glas gegen ein Kinderlachen? Genießt die Zeit mit Euren Kindern, genießt jeden Augenblick. Das ist es, was wirklich zählt.

Aus dem Kräutergarten – Leckere Kräuterrezepte

Foto 9

Unsere wunderbare Kräuterspirale hat in diesem Jahr ganze Arbeit geleistet und die Ernte fällt sehr gut aus. Nicht nur für unsere Samstäglichen Grillrunden haben wir jedes Mal frische Zutaten: Die Kräuter wachsen so üppig, dass auch für viele andere Gelegenheiten etwas da ist. Heute möchte ich Euch zwei leckere Ideen vorstellen aus meiner Kräuterküche: Neben Tee aus frischen und getrockneten Kräutern mache ich gerne Kräutersalz oder Kräuterpesto. Beides lässt sich auch ganz wunderbar verschenken und Kinder haben Freude beim Pflücken der Kräuter und dem Zerreiben der Zutaten – bei dem man natürlich dennoch unterstützen muss.

Kräutersalz

Das Kräutersalz lässt sich sehr einfach herstellen: Kräuter nach Wahl trocknen. Ich nehme für das Kräutersalz gerne Rosmarin, Oregano, Salbei, Majoran, Bohnenkraut. Gerade der Salbei muss ausreichend getrocknet sein (dauert meist etwas länger als die anderen Kräuter). Dann werden die Kräuter einfach etwas zerbröselt in den Mörser gegeben. Ich nehme eine handvoll getrockneter Kräuter. Dort ein wenig mit dem Stößel zerreiben. Dann etwas Salz hinzu fügen, etwa einen halben Teelöffel. Durch das Salz können die Kräuter besser zerrieben werden. Dann nach Bedarf Kräuter und Salz hinzu fügen und alles zu einer sehr feinen Mischung mit Kraft verreiben. Abschließend in kleine Salzfässer abfüllen. Das Kräutersalz schmeckt sehr gut zu gekochten Kartoffeln oder Tomate mit Mozzarella.

Kräuterpesto

Ein anderes Lieblingsrezept ist das Kräuterpesto aus Salbei, Basilikum und Minze. Dazu etwa eine handvoll Salbeiblätter pflücken, 2 handvoll Basilikumblätter und einige Minzblätter (5-7). Die frischen Kräuter waschen und in kleinschneiden. Dann 2 EL Pinienkerne in der Pfanne rösten, abkühlen lassen, im Mörser zerstoßen. Dazu 1 EL Olivenöl geben und 1 EL süßen Senf. Zu einem feinen Brei zerstoßen. Eine Knoblauchzehe dazu geben und ebenfalls zerreiben, dann die kleingeschnittenen Kräuter zugeben und weiteres Olivenöl zugeben, so dass es eine breiige Masse wird. Abschließend noch 3 EL geriebenen Parmesan zugeben und ggf. salzen (zum Beispiel mit dem Kräutersalz). In ein Einmachglas abfüllen, ggf. noch etwas Öl zugeben. Schmeckt wunderbar zu Stockbrot am Lagerfeuer.

 

 

Aus den Sommerferien – Idee 6: Ein Besuch auf dem Bauernhof

Besuche auf dem Bauernhof sind toll. Früher haben wir meistens unseren ganzen Urlaub auf unserem Lieblingsbauernhof in der Uckermark verbracht. Nun, wo wir selber ein Haus auf dem Land haben mit Schafen, Pferden, Kühen und Hühnern in der Nähe, ist der Bauernhofurlaub nicht mehr so dringend notwendig. In diesem Urlaub wollten wir uns dann aber doch einen ganz bestimmten Bauernhof einmal näher ansehen: Das Ökodorf Brodowin.

Aus Brodowin kommt unsere Milch. Und jeder gute Coffeehipsterladen in Berlin verwendet Milch von dort. Also wollten wir uns unbedingt einmal ansehen, woher diese Milch kommt, die alle für die beste Milch halten. Was viele beim Griff ins Kühlregal nicht wissen: Brodowin ist gar nicht weit entfernt von Berlin, mit dem Auto etwa eine Stunde liegt es bei Chorin.

Immer Samstags gibt es dort eine Hofführung für Erwachsene und Kinder. Dabei erfährt man alles über den Hof und seine Produkte: Von der Anzahl der Kühe über den Umgang mit Kälbern und einem Einblick in die gläserne Molkerei bis hin zu Hühner- und Ziegenhaltung. Und man kann alles vor Ort ansehen, Tiere anfassen, Fragen stellen. Wirklich ehrlich wird dort über Tierhaltung und Wirtschaftlichkeit gesprochen.

Erste Station der Führung war einer der mobilen Hühnerwagen, die auf der Streuobstwiese stehen und in regelmäßigen Abständen umher gefahren werden. So haben die Hühner immer wieder frisches Gras, denn wie wir hier erfahren: Hühner brauchen nicht sandigen Boden, in dem sie scharren, sondern Gras. Da aber recht schnell bis auf die Wurzeln alles ausgescharrt ist, müssen Hühner bewegt werden. Dies hat auch den Vorteil, dass sich so Krankheiten nicht gut verbreiten können, denn die Hühner werden zu einem neuen Platz gebracht und der Hühnerkot wird von der Sonne auf dem alten Feld „desinfiziert“.
Nachdenklich stimmt einen die Information, dass bewusst eine Hühnerrasse ausgewählt wurde, die sowohl gut Eier legt als auch Fleisch ansetzt, damit männliche Nachkommen nicht wie in anderen Betrieben sofort getötet werden. Aber auf eine reine Legerasse zu setzen, würde sich finanziell nicht lohnen, weil Menschen den Preis für ein Ei eines gut gehaltenen Legehuhns nicht zahlen würden, der sich dann auf 1 Euro/Stück belaufen würde. Und wie wir erfahren ist es auch hier so, dass die Tiere, die keinen Nutzen mehr bringen, geschreddert werden.

Diese Informationen erinnern mich an das Buch „Landleben: Von einer, die raus zog“ von Hilal Sezgin, das ich kürzlich gelesen habe und in dem sie über Hühner u.a. schreibt:

Weil heutige Hühner so stark auf eine bestimmte Leistung – die Produktion von Eiern oder Fleisch – gezüchtet sind, sind die männlichen Küken überflüssig und werden noch am Tag des Schlüpfens aussortiert, begast und durch einen Schreder gedreht.

Weiter geht es im Anschluss zu den Kühen. Hier wird vorgewarnt: Die tragenden Kühe bitte nicht anfassen, sie sind sehr zickig. Die Kälber hingegen auf der anderen Seite des Stalls lassen sich gern streicheln und lecken mit ihren rauhen Zungen die Hände der Besucher ab. Die Kinder sind zuerst etwas zurückhaltend, müssen sich auch erst an den Geruch im Kuhstall gewöhnen. Dann aber wollen auch sie die Tiere streicheln. Die Kälber erhalten hier 100 Tage Vollmilch, davon in der ersten Woche die Milch ihrer eigenen Mutter, später gemischte Milch. Ich blicke auf mein fast zweijähriges Stillkind im Tragetuch und wieder stellen sich mir viele ethische Fragen. Wir erfahren außerdem, dass den Tieren hier nicht die Hörner geschnitten werden und darauf geachtet wird, dass sie erst ausgewachsen sind, bevor sie gedeckt werden. Die Mitarbeiterin erklärt, dass man anhand der Hörner erkennen könne, ob eien Kuh schon einmal getragen hat, denn dann gibt es Einschnürungen an den Hörnern. Werden Kühe zu früh trächtig, wachsen sie nicht mehr weiter, weil alle Energie in das Junge geht. „Wie bei uns Menschen“, erklärt die Mitarbeiterin, „wenn Kinder Kinder bekommen, wachsen sie auch nicht mehr.“ Das wusste ich noch nicht und nehme mir vor, es zu recherchieren. Kalbfleisch wird hier nicht produziert und es gibt Kühe, die auch 12 oder 14 Jahre alt hier werden. Aber es wird immer darauf geachtet, ob die Kuh in die Gruppe passt oder es andere Probleme gibt, die auch schon früher zum Schlachter führen. Mir wird klar, dass auch ein Ökobetrieb wirtschaften muss und es nicht alles rosarot ist, wenn man Tiere hält.

Nachdem wir einen Blick in die Gläserne Molkerei geworfen haben, geht es im Fußmarsch zu den Ziegen. Die Kinder dürfen die Ziegen mit Ölkuchen füttern: Einem Abfallprodukt, das bei der Herstellung des Sonnenblumenöls entsteht. Denn der Betrieb versucht wirtschaftlich zu sein und es wird geschaut, welche vermeintlichen Abfallprodukte doch noch irgendwo genutzt werden können. Da im Betriebsalltag wenig Zeit für Forschung bleibt, wie die Mitarbeiterin erklärt, wird mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde zusammen gearbeitet und Studenten von dort erproben an einigen Stellen Ideen auf dem Hof. So zum Beispiel auch mit dem Ölkuchen, bei dem die Studentin in vielen Experimenten probiert haben, ob und wie dieser an die Tiere verfüttert werden kann.

Danach geht es zurück zum Hof. Wir naschen auf dem Weg noch einige Brombeeren vom Strauch und nehmen im Hofladen unser Mittagessen ein.

Was zurück bliebt? Die Kinder fanden die Führung und den Besuch toll. Für mich haben sich viele Fragen ergeben in Bezug auf das Essverhalten unserer Gesellschaft, unserer Einstellung zu Preis und Warenwert und generell zum Konsum tierischer Lebensmittel. Deswegen war es nicht nur für das Wohlbefinden ein guter Ausflug, sondern auch, um neue Gedanken anzustoßen.

 

 

 

Kinder zum Frieden erziehen

Frieden

Wir alle wollen für unsere Kinder und Enkelkinder das Beste. Wir wünschen ihnen eine gute Zukunft, Glück, Arbeit, die sie gern verrichten und wir wünschen ihnen ein friedliches Leben. Gerade diejenigen von uns, die selbst den Krieg erlebt haben oder auch die, deren Eltern im Krieg waren und von ihnen wissen, was es bedeutet. Krieg ist grausam und keinem Kind – oder Erwachsenen – wünscht man, dies erleben zu müssen.

Kinder zum Frieden erziehen, das beginnt nicht erst im Schulalter, auch nicht im Kindergartenalter. Wir erziehen Kinder zum Frieden von Anfang an. Wir tun dies, indem wir ihnen Werte mit auf ihren Weg geben, die sie begleiten, ihnen Kraft geben und ihnen die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden und überlegte Urteile zu treffen. Jede Generation hat ihre Kinder für das erzogen, was gerade notwendig war: Es wurde auf Gehorsam und Unterwerfung gesetzt, um willige Soldaten zu erziehen. Doch heute wünschen wir keine Jugend „zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“. Wir wünschen uns Kinder und Jugendliche, die Fragen stellen, die reflektieren, die die Zukunft zum Guten wenden wollen.

Deswegen gehen wir von Anfang an mit Kindern  anders um. Es gibt das berühmte Buch „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ von Johanna Haarer, Ärztin und Autorin von Erziehungsratgebern, die der Ideologie des Nationalsozialismus entsprachen, geboren 1900. 1934 wurde der nationalsozialistische Ratgeber von ihr veröffentlicht. Das Buch wurde dann, leicht verändert, aber immer gegen die „Verzärtlichung“ gerichtet, bis März 1996 aufgelegt und viele der dort vertretenen Vorstellungen zur Kindererziehung sind noch lange nach ihrer Zeit in den Köpfen der Eltern verankert: Wenn wir vom Verwöhnen sprechen, vom Lob der Disziplin, von Gehorsam und Abhärtung, dann sind das alles Begriffe, die noch immer die nationalsozialistische Erziehung durchblicken lassen und die der Zeit davor, die ihr den Weg ebnete. Hier wird beschrieben, welch ein “Schlachtfeld” die Geburt sei, dass “Machtkämpfe” um das Stillen und Sauberwerden stattfinden, dass mit Härte gegen das Schreien vorgegangen werden müsse:

»Dann, liebe Mutter, werde hart! Fange nur ja nicht an, das Kind aus dem Bett herauszunehmen, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten, es gar zu stillen. Das Kind begreift unglaublich rasch (…). Nach kurzer Zeit fordert es diese Beschäftigung mit ihm als ein Recht, gibt keine Ruhe mehr, bis es wieder getragen, gewiegt oder gefahren wird – und der kleine, aber unerbittliche Haustyrann ist fertig.«

Doch genau das ist es, was wir NICHT mit Kindern tun sollten, wenn wir sie heute für eine friedliche Zukunft erziehen wollen. Aus der Forschung ist bekannt, welche Wirkungen langes Schreien lassen auf die Gehirnentwicklung und die Hormonausschüttung hat. Kinder, die dies erfahren müssen, haben eine geringere Frustrationstoleranz, sind angespannter und weniger konfliktfähig. Auch wissen wir heute, welche wichtige Bedeutung der Körperkontakt für Kinder hat und dass die durch positiven Körperkontakt ausgeschütteten Liebeshormone sich ebenfalls förderlich auf die Entwicklung auswirken.

Was bedeutet dies nun in Hinblick auf Erziehung zum Frieden? Es bedeutet, dass wir unsere Kinder ganz einfach lieben müssen, ihnen nahe sein müssen und mit ihnen respektvoll umgehen sollen, damit auch sie ihrerseits Menschen werden, die die Werte vertreten, die wir uns alle für die Zukunft wünschen: Liebe, respektvollen Umgang, Gerechtigkeitssinn, friedvolles Miteinander. Es sind manchmal die kleinen und einfachen Dinge, die die große und durchschlagende Wirkung erzielen.