Alle Artikel von Susanne Mierau

Aus den Sommerferien – Idee 7: Gemeinsam plastizieren

Wir malen und basteln gerne. Mit Farben haben wir schon in den verschiedensten Richtungen experimentiert: Fingerfarben, Tusche, Acrylfarbe, Aquarell, Buntstifte, Filzstifte und Wachsmaler sowieso… Plastizieren ist allerdings noch recht neu in der Sammlung der Bastelarbeiten. Zwar hat Knete uns schon oft viele regnerische Tage erträglich gemacht und wann immer ich ein paar Minuten Zeit für andere Dinge brauche, hole ich gerne die Knetmasse heraus und lasse die Kinder damit nach Herzenslust matschen und formen. Doch etwas, das bestehen bleibt, haben wir bislang nur selten gemacht.

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Für die Sommerferien hatte ich mir daher vorgenommen, mit den Kindern gemeinsam zu plastizieren. Gerade im Sommer lässt sich das gut machen mit einem kleinen Tisch im Garten und einer Schüssel Wasser, um sich darin die Hände zu befeuchten oder kurz zu waschen.

Mit der Tochter gemeinsam als Mama-Tochter-Zeit habe ich einen Töpfernachmittag besucht. Der Sohn war darüber ziemlich empört und hat immer wieder gesagt, dass er sowas auch gerne machen möchte. Für einen ganzen Nachmittag ist er mit seinen 2 Jahren dafür noch zu klein, aber für unsere Ferienbastelzeit am Vormittag ist das eine gute Idee. Daher habe ich selbsthärtende Modelliermasse gekauft (muss nicht gebrannt werden) und dazu ein paar Modellierhölzer. Daneben noch allerlei Dinge gesammelt, die man zum Abformen nutzen kann: Muscheln, Steine, kleine Hölzer, Schüsseln und Tassen aus der Puppenküche. Im Vordergrund des Gestaltens liegt bei den Kindern nicht das Produkt. Es muss keine schöne Schale oder Tasse heraus kommen. Es soll Spaß machen, der Umgang mit dem Material soll erfreuen und das Lernen, was man damit machen kann. Und so wurde die Modelliermasse geknetet, geworfen, zerbröselt und wieder zusammen gesetzt. Sie wurde platt gedrückt, gegen Muscheln gepresst und mit den vielen kleinen Stäbchen unterschiedlich bearbeitet. Ein Vormittag voller Kreativität, voller Spaß – für etwa 10 Euro Materialkosten. Und auch ich habe ein wenig gebastelt und geformt und werde mit meinen kleinen Schälchen die Puppenküche bereichern.

Warum ich noch immer stille – geht eigentlich niemanden was an

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Mein Sohn wird in einigen Monaten 2 Jahre alt und ich stille ihn noch. Ich stille ihn nicht nur abends zum Einschlafen oder morgens nach dem Aufstehen. Ich stille ihn noch immer nach Bedarf. Dieser Bedarf kann täglich anders sein: An manchen Tagen habe ich das Gefühl, dass er mehr stillt als andere Nahrung zu sich nimmt. Das sind besondere Tage. Tage, an denen ich um so mehr spüre, wie wichtig das Stillen für ihn ist und dass er es gerade an diesem Tag benötigt.

Wer sein Kind so lange stillt, wird in unserer Kultur zwangsläufig früher oder später einen komischen Seitenblick bekommen. Wenn nicht in der eigenen Familie, dann vielleicht im Freundeskreis oder auf der Straße. Ich stille bereits mein zweites Kind so lange und kenne die Blicke und Kommentare der anderen. Durch mein erstes Kind und meine dabei gewachsene starke Befürwortung des langen Stillens haben sich die Menschen in meiner Familie an das Stillen gewöhnt und auch meine Freunde wissen, dass dieses Stillen zu mir gehört und zu der Art, wie ich Mutterschaft lebe. Was noch in der ersten Stillzeit ein langer Kampf war mit immer wieder kehrenden Diskussionen über das Verwöhnen, über den angeblichen Nährstoffbedarf des Kleinkindes und mögliche psychische Folgen, hat sich abgeflacht. Es wird vielleicht noch belächelt oder es kommt auch mal ein flapsiger Kommentar. Aber sie wissen es und kennen mich.

Überrascht hat mich dann doch eines Tages die Frage nach der Stilldauer von einer Person, von der ich es nicht erwartet hätte: “Mama, wie lange willst Du meinen Bruder noch stillen?” Ob ich ihn länger stillen würde als ich sie gestillt habe? Meine Tochter habe ich im Alter von 2 Jahren abgestillt. Sie hatte nicht mehr viel gestillt zu diesem Zeitpunkt und für mich war der Punkt gekommen, an dem ich nicht mehr stillen wollte. Ich hatte mit ihr gesprochen damals, hatte es ihr erklärt und ganz langsam unsere Stillbeziehung gelöst. Es tat sich eine neue Zeit auf, eine andere Art der Beziehung hat sich damals ergeben. Die Zeit nach dem Stillen. Eine Zeit, in der man auf andere Art beruhigt, als das Kind an der Brust zur Ruhe kommen zu lassen. Eine Zeit, in der das Kind anders einschläft als an der Brust. Eine neue Zeit mit neuen Räumen für Gemeinsamkeit aber auch der Loslösung einer engen Verbindung. Wir sind diesen Weg gut und richtig zusammen gegangen und haben für uns neue Rituale und neue Gemeinsamkeiten gefunden. Denn das bedeutet das Abstillen auch: Zusammen neues erfahren.

Nun rückt der zweite Geburtstag des Sohns heran. Die Tochter beäugt kritisch die Stilldauer. Vielleicht ein natürlicher Instinkt eines Kindes, das fürchtet, dass in das Geschwisterkind mehr investiert werden könnte, es mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommt – wenn man es evolutionsbiologisch betrachten möchte. Vielleicht ist es auch die Frage eines Mädchens, das auch später einmal Kinder haben wird – wenn ich es sozial betrachte. Welche Gründe auch hinter ihrer Frage stehen, kann ich ihr nur erklären, dass die Stilldauer bei jedem Kind anders ist und ich ihren Bruder wahrscheinlich auch noch nach dem zweiten Geburtstag stillen werde.

Jedes Kind ist anders. Jedes Kind hat seine Persönlichkeit, seinen eigenen Entwicklungsverlauf, sein Temperament, sein Beruhigungsstrategien. Und so kann auch die Stilldauer bei jedem Kind ganz anders aussehen. Einige Kinder stillen sich früh ab oder werden abgestillt, weil Mütter nicht stillen können oder wollen. Andere Kinder werden über das erste Jahr hinaus gestillt, manche auch über das zweite oder noch länger. Die Entscheidungen, die dahinter stehen, können so vielfältig sein. Von Außen ist es kaum möglich, die persönlichen Gründe für eine Stillbeziehung zu erfahren. Vielleicht ist es die ruhige Zeit für Mutter und Kind im hektischen Alltag zwischen Job und Familie, die das Stillen mit sich bringt. Oder es ist die gute Beruhigung für ein Kind, das sonst Schwierigkeiten hat, sich selbst zu regulieren? Oder es ist das Nachholen von Nähe, die am Anfang des Lebens nicht möglich war? Wir kennen die Gründe nicht für das Stillen der anderen nicht.

Und so, wie wir sie nicht erfahren werden und nicht uns nicht vollständig in sie hinein versetzen können, um zu verstehen, sollten wir es auch einfach lassen. Es gibt Frauen, die ihre Kinder stillen und es gibt Kinder, die gestillt werden. Manche kürzer, manche länger. Aus welchen Gründen auch immer. Natürlich gibt es auch rein logische Gründe in Zusammenhang mit den Inhaltsstoffen der Muttermilch. Doch bei lange Stillenden stehen diese meist nicht im Vordergrund. Es sind Gründe, die mit der Familie zu tun haben, mit dem Wesen der Beteiligten. Es sind nicht unsere Gründe und es ist nicht unsere Aufgabe, darüber zu urteilen. So, wie ich nicht darüber urteile, warum manche Menschen ausschließlich rosa tragen oder sich die Fußnägel täglich neu lackieren. Es ist eine Entscheidung, die man trifft. Für sich und sein Kind. Und so muss es sein.

Aus den Sommerferien – Idee 6: Ein Besuch auf dem Bauernhof

Besuche auf dem Bauernhof sind toll. Früher haben wir meistens unseren ganzen Urlaub auf unserem Lieblingsbauernhof in der Uckermark verbracht. Nun, wo wir selber ein Haus auf dem Land haben mit Schafen, Pferden, Kühen und Hühnern in der Nähe, ist der Bauernhofurlaub nicht mehr so dringend notwendig. In diesem Urlaub wollten wir uns dann aber doch einen ganz bestimmten Bauernhof einmal näher ansehen: Das Ökodorf Brodowin.

Aus Brodowin kommt unsere Milch. Und jeder gute Coffeehipsterladen in Berlin verwendet Milch von dort. Also wollten wir uns unbedingt einmal ansehen, woher diese Milch kommt, die alle für die beste Milch halten. Was viele beim Griff ins Kühlregal nicht wissen: Brodowin ist gar nicht weit entfernt von Berlin, mit dem Auto etwa eine Stunde liegt es bei Chorin.

Immer Samstags gibt es dort eine Hofführung für Erwachsene und Kinder. Dabei erfährt man alles über den Hof und seine Produkte: Von der Anzahl der Kühe über den Umgang mit Kälbern und einem Einblick in die gläserne Molkerei bis hin zu Hühner- und Ziegenhaltung. Und man kann alles vor Ort ansehen, Tiere anfassen, Fragen stellen. Wirklich ehrlich wird dort über Tierhaltung und Wirtschaftlichkeit gesprochen.

Erste Station der Führung war einer der mobilen Hühnerwagen, die auf der Streuobstwiese stehen und in regelmäßigen Abständen umher gefahren werden. So haben die Hühner immer wieder frisches Gras, denn wie wir hier erfahren: Hühner brauchen nicht sandigen Boden, in dem sie scharren, sondern Gras. Da aber recht schnell bis auf die Wurzeln alles ausgescharrt ist, müssen Hühner bewegt werden. Dies hat auch den Vorteil, dass sich so Krankheiten nicht gut verbreiten können, denn die Hühner werden zu einem neuen Platz gebracht und der Hühnerkot wird von der Sonne auf dem alten Feld “desinfiziert”.
Nachdenklich stimmt einen die Information, dass bewusst eine Hühnerrasse ausgewählt wurde, die sowohl gut Eier legt als auch Fleisch ansetzt, damit männliche Nachkommen nicht wie in anderen Betrieben sofort getötet werden. Aber auf eine reine Legerasse zu setzen, würde sich finanziell nicht lohnen, weil Menschen den Preis für ein Ei eines gut gehaltenen Legehuhns nicht zahlen würden, der sich dann auf 1 Euro/Stück belaufen würde. Und wie wir erfahren ist es auch hier so, dass die Tiere, die keinen Nutzen mehr bringen, geschreddert werden.

Diese Informationen erinnern mich an das Buch “Landleben: Von einer, die raus zog” von Hilal Sezgin, das ich kürzlich gelesen habe und in dem sie über Hühner u.a. schreibt:

Weil heutige Hühner so stark auf eine bestimmte Leistung – die Produktion von Eiern oder Fleisch – gezüchtet sind, sind die männlichen Küken überflüssig und werden noch am Tag des Schlüpfens aussortiert, begast und durch einen Schreder gedreht.

Weiter geht es im Anschluss zu den Kühen. Hier wird vorgewarnt: Die tragenden Kühe bitte nicht anfassen, sie sind sehr zickig. Die Kälber hingegen auf der anderen Seite des Stalls lassen sich gern streicheln und lecken mit ihren rauhen Zungen die Hände der Besucher ab. Die Kinder sind zuerst etwas zurückhaltend, müssen sich auch erst an den Geruch im Kuhstall gewöhnen. Dann aber wollen auch sie die Tiere streicheln. Die Kälber erhalten hier 100 Tage Vollmilch, davon in der ersten Woche die Milch ihrer eigenen Mutter, später gemischte Milch. Ich blicke auf mein fast zweijähriges Stillkind im Tragetuch und wieder stellen sich mir viele ethische Fragen. Wir erfahren außerdem, dass den Tieren hier nicht die Hörner geschnitten werden und darauf geachtet wird, dass sie erst ausgewachsen sind, bevor sie gedeckt werden. Die Mitarbeiterin erklärt, dass man anhand der Hörner erkennen könne, ob eien Kuh schon einmal getragen hat, denn dann gibt es Einschnürungen an den Hörnern. Werden Kühe zu früh trächtig, wachsen sie nicht mehr weiter, weil alle Energie in das Junge geht. “Wie bei uns Menschen”, erklärt die Mitarbeiterin, “wenn Kinder Kinder bekommen, wachsen sie auch nicht mehr.” Das wusste ich noch nicht und nehme mir vor, es zu recherchieren. Kalbfleisch wird hier nicht produziert und es gibt Kühe, die auch 12 oder 14 Jahre alt hier werden. Aber es wird immer darauf geachtet, ob die Kuh in die Gruppe passt oder es andere Probleme gibt, die auch schon früher zum Schlachter führen. Mir wird klar, dass auch ein Ökobetrieb wirtschaften muss und es nicht alles rosarot ist, wenn man Tiere hält.

Nachdem wir einen Blick in die Gläserne Molkerei geworfen haben, geht es im Fußmarsch zu den Ziegen. Die Kinder dürfen die Ziegen mit Ölkuchen füttern: Einem Abfallprodukt, das bei der Herstellung des Sonnenblumenöls entsteht. Denn der Betrieb versucht wirtschaftlich zu sein und es wird geschaut, welche vermeintlichen Abfallprodukte doch noch irgendwo genutzt werden können. Da im Betriebsalltag wenig Zeit für Forschung bleibt, wie die Mitarbeiterin erklärt, wird mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde zusammen gearbeitet und Studenten von dort erproben an einigen Stellen Ideen auf dem Hof. So zum Beispiel auch mit dem Ölkuchen, bei dem die Studentin in vielen Experimenten probiert haben, ob und wie dieser an die Tiere verfüttert werden kann.

Danach geht es zurück zum Hof. Wir naschen auf dem Weg noch einige Brombeeren vom Strauch und nehmen im Hofladen unser Mittagessen ein.

Was zurück bliebt? Die Kinder fanden die Führung und den Besuch toll. Für mich haben sich viele Fragen ergeben in Bezug auf das Essverhalten unserer Gesellschaft, unserer Einstellung zu Preis und Warenwert und generell zum Konsum tierischer Lebensmittel. Deswegen war es nicht nur für das Wohlbefinden ein guter Ausflug, sondern auch, um neue Gedanken anzustoßen.

 

 

 

Kinder zum Frieden erziehen

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Wir alle wollen für unsere Kinder und Enkelkinder das Beste. Wir wünschen ihnen eine gute Zukunft, Glück, Arbeit, die sie gern verrichten und wir wünschen ihnen ein friedliches Leben. Gerade diejenigen von uns, die selbst den Krieg erlebt haben oder auch die, deren Eltern im Krieg waren und von ihnen wissen, was es bedeutet. Krieg ist grausam und keinem Kind – oder Erwachsenen – wünscht man, dies erleben zu müssen.

Kinder zum Frieden erziehen, das beginnt nicht erst im Schulalter, auch nicht im Kindergartenalter. Wir erziehen Kinder zum Frieden von Anfang an. Wir tun dies, indem wir ihnen Werte mit auf ihren Weg geben, die sie begleiten, ihnen Kraft geben und ihnen die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden und überlegte Urteile zu treffen. Jede Generation hat ihre Kinder für das erzogen, was gerade notwendig war: Es wurde auf Gehorsam und Unterwerfung gesetzt, um willige Soldaten zu erziehen. Doch heute wünschen wir keine Jugend “zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl”. Wir wünschen uns Kinder und Jugendliche, die Fragen stellen, die reflektieren, die die Zukunft zum Guten wenden wollen.

Deswegen gehen wir von Anfang an mit Kindern  anders um. Es gibt das berühmte Buch “Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind” von Johanna Haarer, Ärztin und Autorin von Erziehungsratgebern, die der Ideologie des Nationalsozialismus entsprachen, geboren 1900. 1934 wurde der nationalsozialistische Ratgeber von ihr veröffentlicht. Das Buch wurde dann, leicht verändert, aber immer gegen die “Verzärtlichung” gerichtet, bis März 1996 aufgelegt und viele der dort vertretenen Vorstellungen zur Kindererziehung sind noch lange nach ihrer Zeit in den Köpfen der Eltern verankert: Wenn wir vom Verwöhnen sprechen, vom Lob der Disziplin, von Gehorsam und Abhärtung, dann sind das alles Begriffe, die noch immer die nationalsozialistische Erziehung durchblicken lassen und die der Zeit davor, die ihr den Weg ebnete. Hier wird beschrieben, welch ein “Schlachtfeld” die Geburt sei, dass “Machtkämpfe” um das Stillen und Sauberwerden stattfinden, dass mit Härte gegen das Schreien vorgegangen werden müsse:

»Dann, liebe Mutter, werde hart! Fange nur ja nicht an, das Kind aus dem Bett herauszunehmen, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten, es gar zu stillen. Das Kind begreift unglaublich rasch (…). Nach kurzer Zeit fordert es diese Beschäftigung mit ihm als ein Recht, gibt keine Ruhe mehr, bis es wieder getragen, gewiegt oder gefahren wird – und der kleine, aber unerbittliche Haustyrann ist fertig.«

Doch genau das ist es, was wir NICHT mit Kindern tun sollten, wenn wir sie heute für eine friedliche Zukunft erziehen wollen. Aus der Forschung ist bekannt, welche Wirkungen langes Schreien lassen auf die Gehirnentwicklung und die Hormonausschüttung hat. Kinder, die dies erfahren müssen, haben eine geringere Frustrationstoleranz, sind angespannter und weniger konfliktfähig. Auch wissen wir heute, welche wichtige Bedeutung der Körperkontakt für Kinder hat und dass die durch positiven Körperkontakt ausgeschütteten Liebeshormone sich ebenfalls förderlich auf die Entwicklung auswirken.

Was bedeutet dies nun in Hinblick auf Erziehung zum Frieden? Es bedeutet, dass wir unsere Kinder ganz einfach lieben müssen, ihnen nahe sein müssen und mit ihnen respektvoll umgehen sollen, damit auch sie ihrerseits Menschen werden, die die Werte vertreten, die wir uns alle für die Zukunft wünschen: Liebe, respektvollen Umgang, Gerechtigkeitssinn, friedvolles Miteinander. Es sind manchmal die kleinen und einfachen Dinge, die die große und durchschlagende Wirkung erzielen.

Wie ich mit meiner Tochter über den Krieg sprach

“Mama, ich mag nicht zu Oma fahren!”

“Warum, Tochter?”

“Bei Oma ist Krieg!”

“Was??? Nein, bei Oma ist kein Krieg!” – Meine Mutter wohnt im Süden von Berlin an einem Ort, an dem es alles andere als kriegerisch zugeht.

“Oma hat gesagt, ganz weit weg ist Krieg. Und Oma wohnt ganz weit weg!”

Das war der Zeitpunkt, an dem ich mich mit dem Thema “Krieg – und wie erkläre ich das meiner Tochter” auseinander setzen musste. Das ist für mich nicht einfach. Mein Vater wurde 1938 geboren. Er ist ein Kriegskind und ich habe schon früh als Kind die Grauen meines Vaters vor dem Krieg gehört: Von seinem Vater, der gestorben war, vom Onkel in Kriegsgefangenschaft, von Nächten im Bunker, vom Mangel an Nahrung und Pferdefleisch. Krieg, das ist für mich seit meiner jüngsten Kindheit Teil einer furchtbaren Familiengeschichte.

Krieg ist furchtbar. Es gibt nichts zu beschönigen und es gibt keine Sieger – wie auch immer er ausgeht. Es war klar, dass ich mich diesem Thema als Mutter irgendwann stellen musste. Die Kinder sehen keine Nachrichten bei uns zu Hause und wir hören sie auch nicht im Radio, aber an anderen Orten lassen sich nicht Ohren oder Augen verschließen. An anderen Orten erfahren Kinder etwas von der Welt, auch wenn wir das zu diesem Zeitpunkt gar nicht an sie heran kommen lassen wollten.

Was Krieg ist, fragte ich meine Tochter. Bei vielen Themen ist er erst einmal gut, die Gedanken des Kindes zu dem Thema ganz zu erfassen. “Da kämpfen Menschen mit Schwertern und Raketen und machen sich tot.” Erstaunlich, wie präzise ein fünfjähriges Kind sich vorstellen kann, was Krieg bedeutet. Krieg, das wissen auch schon die Kleinen, ist etwas furchtbares, bei dem Menschen sterben. Nicht nur Erwachsene, auch Kinder. “Und deren Eltern sind dann bestimmt sehr traurig.” Ja, der Krieg macht Menschen unglücklich: Mütter und Väter verlieren ihre Kinder, Kinder ihre Eltern, Großeltern Kinder und Enkelkinder, Brüder verlieren Schwestern und andersrum. Krieg bedeutet Verlust, Trauer, Angst. All das können Kinder schon in etwa begreifen, denn sie wissen, dass es schlimm ist, andere Menschen zu verlieren. Auch in diesem Krieg gibt es Menschen, die andere verlieren.

Doch kehren wir zurück zum Anfang. “Der Krieg ist in einem anderen Land, nicht in unserem. Dieses Land ist ganz weit weg, noch viel weiter weg, als Oma weg wohnt!” “Und wenn er auch hierher kommt?” Gerade haben wir Glück, erkläre ich, dass wir hier keinen Krieg haben. Das ist schon viele Jahre so, länger als ich selber lebe. Aber als Opa klein war, da gab es auch hier Krieg. Wir können glücklich sein, dass es hier keinen Krieg gibt. Aber wir dürfen uns nicht darauf ausruhen. Es ist auch unsere Aufgabe, uns darum zu kümmern, dass es auch in Zukunft keinen geben wird. Wie wir das machen? Wir bestimmen mit, was passiert, wenn wir wählen gehen. Wir wertschätzen alle Menschen, woher sie auch kommen, was sie auch glauben und glauben an das Recht, dass jeder Mensch gleich behandelt werden muss. Wir versuchen, richtige Entscheidungen zu treffen. Wir sind in der Mannschaft der lieben Menschen, wie Buddenbohms Sohn sagt.

Das alles macht nicht, dass es jetzt gerade keinen Krieg gibt. Er ist da und wir können nicht die Augen davor verschließen. Auch nicht die Augen unserer Kinder. Aber wir können unseren Beitrag leisten, nicht weg zu sehen und unsere Kinder dazu anleiten, einer friedvolleren Zukunft entgegen zu sehen.

Zeit für die kleinen Dinge

Schnecken

Wann hast Du zuletzt einen Regenwurm betrachtet, der sich seinen Weg in die Erde bahnt? Oder eine Schneckenfamilie, die langsam über den Bordstein kriecht? Wann hast Du einer im Wind tanzenden Einkaufstüte nachgeblickt?

Familie zu sein ist anstrengend, das ist keine Frage. Es gibt die durchwachten Nächte, die Entwicklungsschübe, die Streiterein mit den größeren Kindern. Es ist nicht alles rosarot immer. Und es gibt die schönen Momente: das Halten einer kleinen Hand, der zarte, nasse Kinderkuss, die gemeinsame Ruhe. Und dann gibt es noch die Erkenntnis, durch ein Kind neu sehen zu können.

Als ich noch keine Kinder hatte, verfügte ich – aus meiner heutigen Sicht – über so viel mehr Zeit. Kein Gehetze zum oder vom Kindergarten, keine ganz dringenden Besorgungen, keine schlecht gelaunten Kinder im Gepäck. Zeit für mich ganz allein. Um den Dingen nachzugehen, die für mich da waren. Abends noch spät und in Ruhe einkaufen, sich Zeit lassen, irgendwo essen gehen einfach nach Gefühl und Laune. So viel Zeit. Und doch weiß ich nicht, ob ich als Erwachsene ohne Kinder die Wolken betrachtet habe am Himmel mit ihren immer wieder neuen Figuren. Oder zugesehen habe, wie eine Biene aus einer Blüte den Blütenstaub sammelt.

So oft sagen wir, dass wir mit Kindern keine Zeit mehr haben. Doch wenn wir genau hinsehen, dann haben wir nicht nur genauso viel Zeit, sondern wir nehmen uns für manche Dinge mehr Zeit. Die kleinen Dinge. Wir schauen hin und entdecken neu, sehen die Welt neu. Schauen zu, wie das Kind immer und immer wieder auf die Schnecke tippt, damit sie sich in ihr Schneckenhaus zurück zieht. Oder schauen den Ameisen bei ihrer Arbeit auf der Ameisenstraße zu.

Wir haben Zeit. Zeit für die anderen Dinge. Die kleinen. Für die Dinge, die wir vielleicht sonst nie gesehen hätten, die uns nicht aufgefallen wären. Wir sehen sie in einem anderen Blick. Zeit ist Konstrukt, dass sich bei Eltern wandelt, das fast jeden Tag anders ist. Aber wir haben nicht weniger Zeit, wir nutzen sie nur anders. Und wir sollten froh sein darüber, dass wir die Welt einmal wieder mit anderen Augen sehen können und uns Zeit nehmen für die kleinen Dinge, die dem erwachsenen Auge sonst verborgen bleiben. Wir werden noch viel Zeit haben für all die großen und wichtigen Dinge im Leben. Aber für die kleinen, zarten, fast unsichtbaren, da haben wir nur die paar Jahre, in denen auch die Kinder sie noch erblicken und uns darauf hinweisen.

Aus den Sommerferien – Idee 5: Der Tag ohne Spielzeug

Spielzeugfrei

Immer wieder ließt man ja davon: Spielzeugfreie Tage in Kindergärten oder auch mal zu Hause. Wie ja schon oft beschrieben, ist das schönste Spielzeug sowieso das, was aus dem Alltag stammt: Kinder wollen mit den Dingen hantieren, die auch die Eltern haben. Sie wollen echte Küchenutensilien ausprobieren und mal den richtigen Besen benutzen. Und obwohl die Kinder sehr viele Spielsachen haben, die nicht in die Kategorie der klassischen Spielwaren fallen, habe ich bisher noch nie “Spielzeugfrei” praktiziert. Wohl werden immer mal wieder einige Spielsachen entfernt, in Kisten verstaut und später wieder gegen andere ausgetauscht. Aber ganz ohne Spielsachen?

Zu unserem spielzeugfreien Tag kamen wir also ganz durch Zufall: Wir haben ja Familienzuwachs in Form eines Hundes bekommen. Und damit sich der kleine Hund erst einmal nach und nach umsehen kann in seinem neuen Zuhause und nicht gleich von zu vielen Eindrücken überfordert wird (oha: Woran erinnert uns das? Babyhunde werden nämlich sehr ähnlich behandelt wie Menschenbabys), wurden einige Räume mit Hindernissen abgesperrt. So auch das Kinderzimmer. Dies hatte aber nicht nur zur Folge, dass der Hund nicht in das Kinderzimmer konnte, sondern auch, dass die Kinder gar nicht mehr hinein gingen. Es schien, als sei das Zimmer wie bei Harry Potter Bahngleis 9 3/4 für die Kinderaugen verschwunden. Und so kamen die Kinder zu einem Tag ohne Spielzeug auf ihren Kinderzimmer. Sie waren ganz einfach beisammen, spielten miteinander und mit dem Hund und sammelten draußen allerlei Dinge für das Spiel zusammen: Federn, Steine, Stöcke, Schneckenhäuser, Blumen und benutzten dazu Dinge, die wir in den anderen Räumen hatten wie Blumentöpfe, Untersetzer, Obstkorb, Einweggläser, Löffel… Nur die Lieblingspuppen mussten als einziges ehemals gekauftes Spielzeug mit dabei sein.

Ein spielzeugfreier Tag öffnet die Augen für all das Schöne, was uns umgibt und die vielen Möglichkeiten, die Kinder haben, damit umzugehen. Eine Baumscheibe kann ein Tisch sein oder ein Teller oder ein Rad oder oder oder. Und die Feder fächert frische Luft zu, oder ist ein Haarschmuck oder ein Messer oder ganz einfach eine Feder.

Probiert es aus: genießt einen Tag ohne Schnickschnack, ohne Spielzeug, das schon alle Spielmöglichkeiten vorgibt und lasst der Phantasie freien Lauf. Und danach geht ihr mit neuen Augen in das Kinderzimmer und vielleicht räumt ihr ja viele Dinge weg, die gar nicht sein müssen und schafft Platz für mehr Entfaltungsraum – aber das ist dann eine Idee für einen anderen Tag.

 

Natur für Stadtkinder – Wie Stadtkinder elementare Erfahrungen machen können

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Auf einen Heuballen springen, durch den Wald rennen und Pilze sammeln, Lämmer streicheln oder mit einem kleinen Boot über den Fluss fahren – wir alle wünschen uns ein Stückchen Bullerbü für unsere Kinder. Dies umso mehr, wenn wir lesen, wie gut es für Kinder ist, Natur zu erfahren, dass sie dort elementare Erfahrungen machen können, dass Bauernhofbesuche vor Allergien schützen sollen und so weiter. Das Leben in der Natur – es kann Kindern so viel bieten.

Und dennoch ist es so, dass viele Eltern nun einmal mit ihren Kindern in der Stadt wohnen und bestensfalls in den Ferien die Möglichkeit haben, die Natur uneingeschrenkt zu genießen. Bedeutet dies, dass Stadtkindern all diese wichtigen Erfahrungen verwehrt bleiben? Wohl kaum, wenn wir darauf achten, dass sie auch in der Stadt Erfahrungen sammeln können, sich erproben und losgelöst mit allen Sinnen begreifen dürfen. Doch wie geht das?

Der wesentliche Unterschied zwischen Kindern in der Stadt und auf dem Land ist, dass Stadtkinder viel mehr unter beobachtenden Augen stehen als ihre Altersgenossen auf dem Land. Auf Spielplätzen finden sich Gruppen von Eltern, gut meinende Nachbarn sind allseits zugegen: Stadtkinder sind nur selten unbeobachtet. Und dieser Umstand wirkt sich auch auf das Spielverhalten aus: Denn Eltern greifen oft in das Spielverhalten der Kinder ein. Unbeobachtet klettern Kinder auf den Baum, erproben sich, wie weit sie kommen, wie gut sie sich hochziehen können. Auf Spielplätzen sind mittlerweile nur noch selten wirkliche Kletterbäume zu finden. Wenn Kinder phantasievollen Ersatz für den fehlenden Kletterbaum finden und die Rutsche mit nackten Füßen hochlaufen wollen, wird ihnen unter dem strengen Blick so mancher Eltern dieses Vorhaben untersagt. Und dies trifft auch auf die “falsche” Nutzung der Schaukel zu, da bei unsachgemäßem Gebrauch eigene und Verletzungen fremder Kinder in Betracht zu ziehen sind. Spielplatzgeräte geben eine Nutzung meist vor – in den Augen der Erwachsenen und die Missachtung dieses gewünschten Umgangs wird oft von den Eltern ermahnend geahndet.

Doch nicht nur das: Eltern greifen nicht nur im Umgang mit dem Spielmaterial viel ein, sondern auch in den Umgang der Kinder untereinander. An der Schaukel wartend mit ihrem Kind wird so manches Mal das lange schaukelnde Kind ermahnt, es möge doch auch die anderen mal ran lassen oder das eigene schaukelnde Kind wird gebeten, nach einer gewissen Zeit Platz zu machen für den nächsten Schaukler. Kinder stehen Schlange an Spielplatzgeräten, anstatt sich anderweitig zu beschäftigen, weil ihnen die Regeln der Erwachsenen für den Spielplatz beigebracht werden. Doch was passiert ohne eingreifende Eltern? Ist es nicht möglich, dass Kinder unter sich um Spielmaterial verhandeln? Müssen wir ständig in die Sozialkompetenz des Kindes einschreiten?

Doch auch neben Spielplätzen ist es Stadtkindern möglich, sich selbst zu erproben, wenn wir ihnen den Raum dafür bieten: Auf kleinen Mauern kann balanciert werden, ausrangierte Matratzen auf dem Bürgersteig laden zum Hüpfen ein, im Slalom lässt es sich um Poller rennen oder Bänke dürfen erklommen werden. Wenn wir genau hinsehen, sehen wir so viele tolle Möglichkeiten in der Stadt. Oder – noch besser – lassen die Kinder sie einfach entdecken. Wir müssen nicht immer sofort eingreifen und etwas verbieten. Denn ist es wirklich schlimm, wenn ein Kind über eine Bank balanciert? Oder wenn es an irgendeiner Metallstange hochklettern will?

Nur weil wir selbst den Blick dafür verloren haben und es uns vielleicht vor anderen Erwachsenen peinlich ist, müssen wir unsere Kinder nicht um die Möglichkeit bringen, sich selbst auszuprobieren. Es ist nicht schlimm, wenn ihre kleinen Schuhe vielleicht ein wenig Straßendreck an eine Sitzbank bringen oder sie immer und immer wieder die Rollstuhlrampe hinunter rennen. Sie machen dies aus einem inneren Antrieb, weil sie sich und ihre Fähigkeiten ausprobieren wollen. Dazu brauchen sie kein Bullerbü, wenn wir sie einfach lassen und begleiten auf ihrem holprigen Weg.

Spielzeug selbstgebaut: Ein Laptop für mein Kind

Da die Tochter gerade ein Tablet erhalten hat, an dem sie am Wochenende ein ausgewähltes Spiel spielen darf, ist das Thema “Computer” gerade näher gerückt in unser Spielzimmer. Natürlich sehen die Kinder, dass wir beide am Computer arbeiten und daher hat dies eine wichtige Bedeutung für sie. Im Rollenspiel wird nachempfunden, was die Kinder erleben: Es wird gefegt, gekocht, Wäsche gefaltet, Puppenkinder werden versorgt und bespielt. Holz wird mit Spielzeughammer beklopft oder mit dem Schraubendreher bearbeitet. Und so sollte nun auch ein Computer in die Spielmöglichkeiten mit einziehen. Weiterlesen

Aus den Sommerferien – Idee 4: Puppengeburtstag

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Heute wollten wir einen ruhigen Vormittag machen, denn der Nachmittag war mit vielen Besorgungen verplant. Zu Hause musste also eine schöne Beschäftigung gefunden werden. Die Tochter entschied kurzerhand, dass die Lieblingspuppe heute Geburtstag hätte und wir wirklich dringend eine Geburtstagsfeier ausrichten müssten. Wunderbar! Geburtstagsfeiern sind nämlich ziemlich lange Spielabenteuer: Zuerst muss der Raum schön gemacht werden (und plötzlich räumen Kinder gerne auf), dann wird der Geburtstagstisch gedeckt. Ein Geschenk für das Puppenkind muss auch noch her! Also wird schnell eine Kleinigkeit gebastelt. Und dann bringt Mama aus der Küche noch etwas für die Geburtstagskaffeetafel: Kekse, Datteln und ein wenig Milchschaum für die größeren Gäste. Noch schnell zwei Ballons aufgeblasen und die Puppenkerze angezündet und schon herrscht Geburtstagsstimmung. Es wird gesungen und anschließend noch zu Musik vom Band getanzt.