Alle Artikel von Susanne Mierau

Dann schau doch weg! – Über das Stillen in der Öffentlichkeit

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Immer wieder ist es ein groß in den Medien diskutiertes Thema: Stillen in der Öffentlichkeit. 2011 gab “Big Bang Theory”-Star Mayim Bialik Anlass zur Diskussion darum, ob Stillen in der Öffentlichkeit in Ordnung sei oder nicht und – in ihrem Fall – bis zu welchem Alter des Kindes das nun überhaupt noch richtig sei. Sie hatte ihren dreijährigen Sohn in der U-Bahn gestillt. Als Mutter von zwei Kindern und Familienbegleiterin kenne ich diese Diskussion um das öffentliche Stillen nur zu gut. Meine Tochter habe ich bis zum Alter von 2 Jahren gestillt – durchaus auch in der Öffentlichkeit – und meinen 16 Monate alten Sohn stille ich auch noch nach Bedarf. Doch oft ist es gar keine Frage des Alters, sondern generell des Umstandes: Kann und soll man in der Öffentlichkeit stillen? Denn ganz ehrlich gesagt wurde ich mit beiden Kindern nicht erst schief angeschaut beim Stillen als sie ein bestimmtes Alter erreicht hatten, sondern auch schon, als sie noch ganz klein waren. Stillen in der Öffentlichkeit erregt immer wieder die Gemüter – aber warum eigentlich?

Stillen ist Nahrungsaufnahme

Ich fahre in der Berliner S-Bahn. Ein Mann steigt ein und verzehrt einen Döner mit nicht geringer Geruchsbelästigung der umstehenden Fahrgäste. Eine Frau gegenüber trinkt einen Kaffee aus einem Pappbecher. Ein Kind sitzt in der Ecke und isst aus einer Tupperdose ein Schulbrot. Auf dem Boden liegen Papierreste, die deutlich erkennen lassen, dass ein früherer Fahrgast Nahrungsmittel einer großen Fastfood-Kette hier zu sich genommen hat. Auf der Straße ist es nicht anders: Menschen laufen mit Käsebrötchen, Nougatcroissants und Brezeln durch die Straßen, trinken Softdrinks auf Glasfalschen. Niemand beschwert sich, schaut mit hochgezogener Augenbraue einen anderen an oder tuschelt hinter vorgehaltener Hand laut. Es ist ein normaler Anblick, dass Menschen in der Öffentlichkeit Nahrungsmittel zu sich nehmen. Wenn ein Baby in einem Einkaufszentrum eine Flasche bekommt, schüttelt niemand den Kopf.

Muttermilch ist die normale Nahrung des Babys und Kleinkindes. Stillverbände fordern heute, dass nicht mehr davon gesprochen wird, dass Stillen Vorteile hätte, denn es geht nicht um Vorteile, sondern darum, dass dies nun einmal die richtige und normale Ernährungsform ist. Wie auch immer versucht wird, Muttermilch künstlich herzustellen, ist es nicht machbar, sie so gesund herzustellen, wie nun einmal Muttermilch ist. Und Muttermilch kommt natürlich in ihrer naturgegebenen Verpackung: der weiblichen Brust. In diesem Sinne hat die Entblößung der weiblichen Brust beim Stillen den einfachen Grund, dem Kind seine normale Nahrung zukommen zu lassen. Stillen ist Nahrungsaufnahme. So wie andere Babys ihre Milch aus der Flasche trinken oder Erwachsene ihr Mettbrötchen in den Mund schieben, ernährt sich das Kind über die Brust. Wer das Stillen sexuell konnotiert, hat einfach nicht verstanden, worum es dabei geht. Zudem wird dieser sexuelle Aspekt allein durch den Betrachter in die Stillsituation eingebracht: Weder Mutter noch Kind vollziehen eine sexuelle Handlung wenn sie stillen.

Nahrungsaufnahme verdient angemessene Rahmenbedingungen = kein Stillen auf Toiletten

Gegner des öffentlichen Stillens führen gerne an, dass ja nicht in der Öffentlichkeit gestillt werden müsste, weil es ja Stillräume geben würde oder sich stillende Mütter an einen “diskreten Ort” zurück ziehen könnten wie eine Toilette. Ja, mancherorts gibt es Stillräume und das kann auch eine gute Alternative sein, wenn Frauen dies wünschen. Häufig allerdings sind diese Stillräume mit Toiletten zusammen gelegt. Und ehrlich: Wer möchte gerne seinem Kind eine Mahlzeit auf einer öffentlichen Toilette anbieten? Wer möchte gerne eine Mahlzeit auf einer öffentlichen Toilette einnehmen? Unabhängig von hygienischen Bedenken und der Geruchsbelästigung und häufig auch einem Mangel an bequemer Sitzposition kann doch niemand ernsthaft einer Mutter mit Kind vorschlagen wollen, sich auf eine Toilette zum Stillen zurück zu ziehen?

Stillen ist eine Nahrungsaufnahme wie jede andere auch und verdient daher den selben respektablen Umgang wie andere Mahlzeiten größerer Menschen auch. Die Personen sollten sich in einer angemessenen Körperhaltung befinden können – gerade beim Stillen ist dies wichtig, um Haltungsproblemen und Verspannungen vorzubeugen -, sie sollten nicht durch Geruch, Lautstärke oder Temperatur beeinträchtigt werden. Das betrifft sowohl die Mutter als auch das Kind.

Um  auch in der Öffentlichkeit stillen zu können, werden zum Schutz vor fremden Augen heute oft Stilltücher oder Stillschals angeboten. Wenn Frauen sich vor den Blicken anderer schützen möchten, finde ich die Verwendung von diesen Stoffbarrieren sinnvoll (allerdings nicht anders herum, wenn man auf Fürsorge andere Menschen vor dem Anblick schonen möchte, siehe oben). Gerade am Anfang einer Stillbeziehung, wenn es vielleicht auf Anhieb noch nicht so gut klappt mit dem Anlegen, können Frauen schnell verunsichert sein und wünschen sich keine ungewollten Zuschauer. Später dann, um den dritten Lebensmonat des Kindes, kann ein solches Tuch auch für das Kind sinnvoll sein, denn in dieser Zeit kommt es zu einem Entwicklungsschub, bei dem sich das Sehen stark verändert und Babys sind nun viel leichter ablenkbar als zuvor, was sich gerade beim Stillen darin zeigt, dass sie immer wieder die Brust loslassen, wieder ran gehen oder gar den Kopf wenden, während die Brust noch im Mund ist. Darüber hinaus sind Stilltücher aber nicht unbedingt vorteilhaft: Manche verhindern auch den Einblick der Mutter. Doch gerade auch darum geht es ja beim Stillen, denn wie Untersuchungen belegt haben, sehen Säuglinge gerade in dem Abstand gut und scharf, den sie einnehmen, wenn sie an der Brust der Mutter liegen und in ihr Gesicht blicken. Der Anblick der Mutter beim Stillen hat also eine Bedeutung für das Kind und sollte deswegen nicht aus irgendwelchen gesellschaftlichen Einflüssen unterbunden werden.

Leider ist es in Deutschland so, dass Besitzer von Cafés und Läden ein Hausrecht geltend machen können und das Stillen in ihren Räumlichkeiten untersagen dürfen – was immer wieder in den Medien zu lesen ist. In Schottland hingegen gibt es ein Gesetz zum Schutz des Stillens, nach welchem es strafbar ist, eine Mutter vom Stillen abzuhalten. Eine bei uns hierzu eingereichte Petition war bislang nicht erfolgreich.

Natürlich bedeutet dies nicht, dass stillende Mütter mit zwei entblößten Brüsten an einem Cafétisch sitzen müssen. Natürlich ist eine gewisse Diskretion möglich und auch angebracht, aber nicht in der Weise, in der sie oft eingefordert wird und besonders nicht, wenn sie die Rechte des Kindes auf Erfüllung seiner Grundbedürfnisse einschränkt.

Lieber Geschrei oder ein gestilltes Kind?

Das Stillen in der Öffentlichkeit hat zudem auch noch ganz handfeste Vorteile für alle Personen, die zugegen sind: Wenn Babys und Kleinkinder hungrig sind, machen sie auf sich aufmerksam. Können Sie es noch nicht mit Worten, tun sie es durch laute Äußerungen, durch Schreien und Weinen. Nahrung ist lebensnotwendig und Babys machen darauf sehr eindrücklich aufmerksam. Wer also schnell und beherzt das Stillen ermöglicht, verringert so auch die Zeit, in der das Kind auf sein Bedürfnis aufmerksam machen muss. Das ist vorteilhaft für das Kind, aber auch für alle anderen Anwesenden.

Woher sollen wir es lernen, wenn wir es nicht sehen?

Muttermilch ist die gesündeste Nahrung für das Kind und für lange Zeit die artgerechte Nahrung. Die verschiedenen Inhaltsstoffe der Muttermilch sind auf unterschiedlichen Ebenen wichtig für die kindliche Entwicklung. Dass Stillen also die beste Form ist, ein Kind zu ernähren, ist gewiss. Dennoch ist es so, dass das Stillen für viele Frauen nicht einfach ist. Stillhindernisse beginnen oft schon kurz nach der Geburt, besonders häufig bei Klinikgeburten. Oft müssen Kinder nicht abgestillt werden, weil die Mütter nicht stillen wollen, sondern weil sie nicht genügend oder richtige Unterstützung erhalten. Denn: Stillen ist nicht etwas, was wir instinktiv richtig machen. Stillen hat viel mit Vorbildern und Lernen zu tun. Wenn uns aber Vorbilder fehlen, fällt es uns schwer, dieses Verhalten auszuführen. Gerade deswegen ist das Stillen in der Öffentlichkeit auch für nachfolgende Generationen so wichtig: Kinder sollen auch in Zukunft mit der für sie richtigen und natürlichen Nahrung versorgt werden, Mütter sollen es einfach haben, stillen zu können. Dafür müssen Kinder sehen können, dass Babys gestillt werden. Sie müssen zusehen können, wie Kinder an die Brust gehalten werden. Beschränken wir diese Art der Nahrungsaufnahme immer mehr, nehmen wir auch zukünftigen Generationen die Chance, stillen zu können und es als natürlichen Vorgang zu betrachten.

Auf einmal zu groß fürs Stillen?

Besondere Irritation ruft in der Öffentlichkeit das Stillen von “größeren” Kindern hervor. Dabei sind “größere” Kinder nicht etwa Vorschulkinder, sondern bereits Kinder im Alter von 1 oder 2 Jahren werden beim Stillen kritisch betrachtet – und ihre Mütter ebenso. Es scheint fast, also würde auf einmal ab einer bestimmten Körpergröße das Stillen doch noch etwas Anrüchiges oder Verbotenes werden. Warum eigentlich? Auch nach dem ersten Geburtstag hat Muttermilch für die kindliche Entwicklung und besonders das Immunsystem besondere Inhaltsstoffe zu bieten. Das für Menschen sinnvolle Abstillalter liegt weit über dem, was wir hier als Durchschnitt betrachten. Stillen ist, wie oben aufgeführt wurde, keine sexuelle Handlung und wird es auch dann nicht, wenn das Kind aus Kleidergröße 80 hinaus gewachsen ist. Es obliegt jeder Mutter und jeder Familie selbst, zu entscheiden, wie lange ihre Stillbeziehung andauert und ob überhaupt gestillt werden soll oder nicht. Doch die gesunden Aspekte der Muttermilch sind nun einmal nicht von der Hand zu weisen. Dies gilt sowohl für Babys als auch ältere Kinder. Und daher sollte auch das Stillen älterer Kinder in der Öffentlichkeit nicht verpönt oder verlacht werden, sondern die selbe Berechtigung haben wie jede andere Nahrungsaufnahme auch. Denn – um es noch einmal zu wiederholen -: Stillen ist Nahrungsaufnahme – und manchmal auch noch Zuwendung, Kuscheleinheit, Beruhigung. Ganz einfach.

 

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Warum Kinder in ihr Spiel versunken sein sollen – Ein bisschen Flow für den Alltag

Wasserspiel

Gestern haben wir zauberhafte neue Badepralinen für die Kinder hergestellt aus Kakaobutter, Natron, Zitronensäure, Stärke und Glitzersternchen. Diese wurden heute sogleich ausprobiert in der Badewanne und dabei konnte ich den Sohn in seinem Spiel mit Wasser beobachten. Der Wasserhahn lief und immer und  immer wieder versuchte er, den Strahl ergreifen zu können. Seine kleine Hand versuchte, den Strahl zu packen wie ein Seil – und schloss sich dann doch immer wieder nur in sich selbst. Ganz verzückt ließ er das Wasser durch seine Finger rinnen und beobachtete seinen Lauf. Es erschien mir fast, als würde er es zum ersten Mal so bewusst wahrnehmen. Seine Hand drehte sich unter dem Wasserstrahl und er beobachtete, wie das Wasser in alle Richtungen spritzte. Minutenlang saß er so da und beobachtete und probierte.

Wie Erwachsenen würden es als “Flow” bezeichnen: das völlige Aufgehen in einer Tätigkeit. Kinder haben sie noch problemlos, diese Momente des “Flow”, in denen ihr Handeln einfach dahin fließt, in denen sie sich ganz einer Sache hingeben und ihr Bewusstsein gar nicht mehr zu trennen ist von der Handlung. Ein Moment, in dem sie ganz und gar ihre Aufmerksamkeit auf eine Sache richten, auf eine Handlung, eine Beobachtung. Alles andere in der Umgebung wird vergessen. In diesem Moment sind sie die Handlung selbst. Ablenkung ist kaum möglich. Eine Ermahnung, eine Stimme von Außen wird tatsächlich nicht wahrgenommen, so sehr sind sie konzentriert. Die Zeit fliegt geradezu dahin und wird nicht wahrgenommen.

Der Antrieb für dieses Handeln liegt in ihnen selbst. Ihr Forscherdrang verleitet sie dazu, sich dieser Neugierde hinzugeben. Es beobachtet, erprobt, nimmt Grenzen wahr und testet sie aus. Was kann ich? Was kann ich nicht? Kann ich den Wasserstrahl anfassen? Immer wieder werden neue Erkenntnisse ausprobiert, auf die Probe gestellt und so immer weiter erkannt, was man mit einem Gegenstand tun kann, wofür er da ist. Das Kind nähert sich durch Experimente einer Sache an, um sie ganz und gar zu verstehen.

So ist es nicht nur mit dem Wasserstrahl, sondern mit so vielen neuen Dingen, die das Kind kennen lernt. Es probiert sich und den Gegenstand aus und erfährt auf diese Weise, wofür es ihn nutzen kann. Und je älter es ist und je mehr Fähigkeiten es hat, umso intensiver wird es sich mit dem Gegenstand auseinander setzen, neue Fähigkeiten daran ausprobieren und immer mehr Wissen sammeln darüber, wie es damit umgehen kann. Der Schweizer Entwicklungspsychologe Jean Piaget hat dies seinerzeit als das Wechselspiel von Assimilation und Akkomodation bezeichnet, wodurch das Kind sich letztlich sein Wissen von der Welt aneignet.

Für uns bedeutet dies: Lassen wir das Kind spielen. Zeigen wir ihnen nicht sofort, wofür wir denken, dass ein Gegenstand benutzt wird. Lassen wir das Kind selbst probieren, wozu er da ist. Zeigen wir nicht gleich, wie ein Spielzeugauto aufgezogen, ein Ball gerollt oder ein Musikinstrument benutzt wird. Geben wir Zeit, nehmen wir uns und unsere Erwartungen zurück. Genießen wir es, wenn es sich in einem Zustand des Versunkenseins befindet und immer Neues ausprobiert, sich erprobt und so seine Welt verstehen lernt. Greifen wir nicht zu schnell ein in das Spiel, sondern lassen wir das Kind experimentieren. Ermahnen wir nicht und sind nicht verärgert, weil das Kind unsere Stimme nicht hört. Versuchen wir einfach, uns auch hinein zu versetzen: zu verstehen, warum und was das Kind versucht. Nehmen wir einen kleinen Teil dieses kindlichen Denkens und Handelns in uns auf für unseren Alltag und lassen uns auch davon inspirieren und den “flow” in unseren Alltag kommen. Denn manchmal würde es uns auch sehr gut tun.

 

 

Ein Klick reicht nicht – Zur ErMahnwache in Berlin

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Heute gab es Proteste in verschiedenen Städten Deutschlands zur Situation der Hebammen. Natürlich gab es auch in Berlin eine der ErMahnwachen. Etwa 500 Leute sollen dort gewesen sein und auch in der Abendschau (ab 0:29) wurde darüber berichtet. 500 Leute sind gut, aber natürlich braucht es noch mehr Leute, um aufmerksam zu machen, um Protest zu zeigen und etwas zu bewegen. Wie wichtig es ist, dass wir aktiv werden, zeigt dieses Gespräch:

Mann: “Ach, was haben Sie denn da für Sachen auf Ihren Pullovern?”

Ich: “Die Geburtsjahren und Umstände, unter denen wir geboren wurden. Heute war eine Demonstration in Berlin für den Erhalt der Hebammen.”

Mann: “Ach, war das heute? Ja, ich hab darüber gelesen.”

Ich: “Es ist wichtig, dass sich Menschen dafür einsetzen, dass die Hebammen auch weiterhin frei arbeiten können und Frauen eine Wahl haben, wo und wie sie gebären können.”

Mann: “Ja, ja, ich unterstütze das auch. Ich hab die Petition unterzeichnet.”

Ich: “Toll, danke.”

Es ist super, dass schon so viele Menschen die Petition zur Rettung der Hebammen unterzeichnet haben. Aber: Wir dürfen nicht denken, dass ein Klick im Internet eine politische Aussage ist und es damit reicht. Es ist so verführerisch zu denken, dass man sich ja engagiert, wenn man Petitionen unterzeichnet. Und natürlich ist das auch toll, aber um etwas zu bewegen, benötigt man mehr als nur einen kleinen Klick. Deswegen: Geht auf die Straßen! Zeigt Eure Flaggen! Versendet Eure Postkarten! Wir sind mehr Berliner als 500, die sich für Hebammen und freie Geburtskultur einsetzen!

Ein paar Eindrücke von heute aus Berlin:

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Besonders gefreut habe ich mich auch über bekannte Gesichter: GfG-Kolleginnen von mir, Christina Baris von artgerecht, Franzi Karagür von Einfach Klein und viele Leute, die ich über Twitter und Facebook kennen gelernt habe oder die mich daher “erkannt” haben.

Noch mehr Bilder findet Ihr hier und hier.

Was wir längerfristig tun können, um das Vertrauen in die Gebärfähigkeit zu stärken

geburtskultur

Das Gebären ist in einer Krise: Die freiberuflichen Hebammen sind in Gefahr und damit die freie und selbstbestimmte Wahl des Geburtsortes. An anderer Stelle habe ich bereits ausgeführt, wie wichtig es ist, dass nun nicht nur schnell eine Lösung für die akute Lage gefunden wird, sondern es um ein gesamtgesellschaftliches Problem handelt, das auch gesamtgesellschaftlich angegangen werden muss. Frauen haben das Vertrauen in ihre Gebärfähigkeit verloren. Selbst innerhalb des Protestes für die Hebammen hört man immer wieder: Ohne Hebammen können wir nicht gebären! Natürlich sind Hebammen in der Schwangerschaft, bei der Geburt und in der Zeit danach von unschätzbarem Wert und unterstützen die Phase des Übergangs, begleiten und nehmen an die Hand, wo es notwendig ist. Doch in erster Linie sind es die Frauen, die gebären und die Vertrauen in ihre Gebärfähigkeit haben müssen, damit natürliche und selbstbestimmte Geburten möglich sind.

Wenn nachhaltig eine Lösung gefunden werden soll für das Problem, in dem sich die Geburtshilfe und die Gebährfähigkeit momentan befinden, muss – durchaus neben dem akuten Handlungsbedarf – eine gesamtgesellschaftliche Wende vollführt werden. In den letzten Tagen wurde ich aufgrund des vorangegangenen Artikels oft gefragt, wie das denn bewerkstelligt werden soll. Was kann man tun, um Frauen wieder an ihre Gebärfähigkeit zu erinnern und ihnen Vertrauen zu schenken?

Punkt 1: Geburtsvorbereitung ist kein medizinischer Hechelkurs, sondern Stärkung des Vertrauens in sich

Zunächst ist es natürlich wichtig, Schwangere richtig zu betreuen. Geburtsvorbereitungskurse sollten kein Ort sein, an dem nur medizinisches Faktenwissen vermittelt wird. Natürlich ist es richtig und wichtig, dass Paare über den Verlauf der Geburt Bescheid wissen und auch erfahren, dass die erste Phase der Geburt, die so genannte Eröffnungsphase, eine lange Zeit andauern kann oder wie weit der Muttermund geöffnet sein muss, damit das Baby geboren wird. Diese Rahmenbedingungen sind insbesondere für Paare wichtig, die in Krankenhäusern gebären, damit sie dort die Situation einschätzen und die Sprache des Personals verstehen können.

Der Schwerpunkt einer Geburtsvorbereitung sollte jedoch immer anders gelagert sein: in der Unterstützung des Selbstvertrauens. Es ist von großer Bedeutung, zu vermitteln, welche enormen Fähigkeiten der Körper hat, um eine Geburt normal und spontan zu ermöglichen. Paare können lernen, welche Hormone unter der Geburt wichtig sind und was man tun kann, um ihre Wirkung günstig zu beeinflussen. Es sollte erklärt werden, wie unglaublich flexibel das Becken ist und wie durch bestimmte Positionen die Geburt positiv beeinflusst werden kann. Von großem Nutze ist es, Rahmenbedingungen zu verdeutlichen, die sich direkt auf den Geburtsverlauf auswirken, wie zum Beispiel Ruhe und Intimsphäre bewirken, dass sich die Schließmuskeln lockern und erst so Geburt entspannt möglich ist. Erst wenn diese wichtigen Zusammenhänge erklärt sind Frauen auf dieser Basis wissen, dass sie selbst und ihr Körper fähig sind, ein Kind auf natürliche Weise zu gebären, können dann noch Methoden zum Umgang mit Schmerz wie Meditation, Atmung, Bewegung etc. erlernt werden.

Qualität in der Geburtsvorbereitung ist also ein wichtiger Aspekt, um Frauen in ihrer Gebärfähigkeit zu unterstützen.

Punkt 2: Positive Geburtsgeschichten stärken Vertrauen

Direkt mit dem Geburtsvorbereitungskurs zusammen stehen positive Geburtsgeschichten. Verheerend für einen Kurs kann es sein, wenn Frauen mit schlechten Geburtserfahrungen in dem Kurs zu viel Raum einnehmen und Erstgebärende mit Geschichten verängstigen. Für Frauen mit traumatischen Geburtserfahrungen ist es wichtig, einen Raum zu haben, um sich darüber auszutauschen und diese schlechten Erfahrungen zu verarbeiten. Dieser Raum ist jedoch nicht in einem normalen Geburtsvorbereitungskurs, sondern in einer Einzelberatung mit einer Hebamme oder Traumatherapeutin.

Positive Geburtsberichte hingegen sind wunderbare Möglichkeiten, um Frauen in ihrer Gebärfähigkeit zu unterstützen. Auch Ina May Gaskin hebt in ihrem neuen Buch “Birth Matters – Die Kraft der Geburt” die Bedeutung von Geburtsgeschichten hervor. Da Geburt in der heutigen Zeit hinter wohl geschlossenen Türen geschieht und wir kaum positive Geburtsgeschichten kennen und auch nicht die Möglichkeit haben – wie es in anderen Kulturen der Fall  ist – bei normalen Geburten dabei zu sein, ist es von großer Bedeutung, sie zu lesen und von anderen Frauen zu hören, dass normale Geburten möglich sind und wie sie ablaufen.

Es wäre wünschenswert, wenn es noch mehr Raum und Möglichkeiten gäbe, solch positive Geburtsgeschichten von spontanen Geburten ohne Eingriffe zu lesen.

Punkt 3: Geburten in den Medien – Zeichen setzen

Insbesondere in Film und Fernsehen werden Geburten problematisiert. Wir sehen schreiende Frauen, die auf dem Rücken in Betten liegen. Wir hören davon, wie Herztöne zurück gehen. Und in vielen Fällen enden Geburten in Serien und Filmen mit Kaiserschnitten. Die Medien beeinflussen uns in unserer Wahrnehmung und auch in dem, wie wir selbst über uns denken. Mit solch negativen Beispielen gehen wir auch negativer an die eigene Geburt heran. Darum ist es wichtig, solche Geburtsszenen kritisch zu betrachten und auch ein Zeichen zu setzen: Wir wollen nicht nur solche Geburten sehen! Wenn neue Filme und Serien mit dieser Art von Geburtsberichten gezeigt werden, müssen sich Menschen beschweren. Fernsehsender und Filmproduktionsfirmen müssen ein Feedback erhalten, das lautet: Zeigt normale Geburten!

Punkt 4: Lobbyarbeit

Die Probleme in Bezug auf die Haftpflichtversicherung der Hebammen sind nicht neu und auch generell ist zu bemerken, dass das Vertrauen der Frauen in die Gebärfähigkeit seit Jahren schwindet. Problematisch ist, dass es nur eine kleine Lobby gibt, die sich für die natürliche und selbstbestimmte Geburt einsetzt. Wollen wir in Zukunft wieder einen Schritt nach vorn gehen in Hinblick auf Stärkung der Gebärfähigkeit, ist es wichtig, diese Lobby zu unterstützen. Es gibt einige Vereine in Deutschland, die sich aktiv für die selbstbestimmte Geburt einsetzen. Ich persönlich engagiere mich in der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung – Familienbildung und Frauengesundheit – e.V. seit vielen Jahren. Dieser Verein setzt sich schon seit 1980 für Frauen, Eltern und Familien in Umbruchsituationen wie Schwangerschaft, Familienanfang und Wechseljahre ein. Darüber hinaus sind jedoch auch Vereine wie Greenbirth e.V., Mamaprotest oder Hebammen für Deutschland e.V., die sich für selbstbestimmte Geburten einsetzen. Diese Vereine benötigen Unterstützung in Form von Engagement und Spenden, um sich für ihre Ziele einzusetzen.

Punkt 5: Am Anfang beginnen – Kinder positiv an Geburten heran führen

Möchten wir wirklich tiefgreifende Veränderungen in der Geburtskultur erreichen, müssen wir – wie immer – am Anfang anfangen: bei den Kindern. Schon Kinder erfahren heute Geburt negativ. Sie hören, wie negativ von Geburten berichtet wird, sie sehen in Film und Fernsehen negative oder zumindest nicht selbstbestimmte Geburten, sie haben kaum positive Geburtsvorstellungen. All diese Geschichten und Erfahrungen setzen sich jedoch fest und formen ein Bild davon, wie Geburt eingeschätzt und erwartet wird. Deswegen ist es wichtig, dass wir unsere Kinder von Anfang mit positiven Geburten konfrontieren. Wenn wir mit ihnen über ihre Geburten sprechen, müssen wir nicht das Negative hervorheben, sondern die positiven Aspekte fokussieren. Wir können Bücher auswählen, die gut mit dem Thema umgehen und in denen die Mütter nicht nur mal schnell ins Krankenhaus geschickt werden wie bei “Conni und das neue Baby”. Hier wären Kinderbücher wie “Runas Geburt” oder “Unser Baby kommt zu Hause” zu nennen. Viele Geburtsvorbereiterinnen bieten zudem spezielle Kurse für Kinder und Schulen an: Hier erfahren Kinder je nach Alter unterschiedlich gewichtet alles Wissenswerte über Schwangerschaft und Geburt, können Fragen stellen und in praktischen Übungen erfahren, was in einer Schwangerschaft passiert und wie wohltuend unterstützende Maßnahmen wie Massagen sein können oder dass Babys nicht sofort nach der Geburt gebadet werden müssen und warum das so ist. Solche Unterrichtseinheiten lassen bei Kindern positive Gedanken zur Geburt entstehen und können daher langfristig die Einstellung zu Schwangerschaft und Geburt verändern.

Meine Tochter ist nun fast 5 Jahre alt. Sie weiß schon viel über Geburten, was auch durch meine Arbeit kommt, aber auch, weil wir viel darüber sprechen. Gerade ist es wieder ein aktuelles Thema und sie fragt immer wieder nach ihrer Geburtsgeschichte.Für ihren Geburtstag schreibe und illustriere ich ihr nun ein Buch über ihre Geburt. Ich hoffe, Ihr damit auch ein Stück Vertrauen in die Gebärfähigkeit mitzugeben. Wie es sich entwickelt, das Buch, werde ich von Zeit zu Zeit hier im Blog zeigen.

 Was könnt oder wollt Ihr tun für Euch und Eure Kinder?

Warum ich mich nicht nur für meine Hebamme einsetze. – Sondern für mich.

Geburt

Es geht ein Aufruhr durch Facebook, Twitter und Co., Zeitungen und Fernsehsendungen berichten davon: Am 13.02.2014 ließ der Deutsche Hebammen Verband e.V. verlauten, dass der Berufsstand der Hebammen durch den Einbruch des Versicherungsmarktes bedroht ist.  Ab Sommer 2015 gibt es keine Haftpflichtversicherungsmöglichkeiten mehr für freiberufliche Hebammen. Ohne diese kann freiberufliche Hebammenarbeit nicht mehr durchgeführt werden, da ohne Haftpflichtversicherung keine Geburten zu Hause, im Geburtshaus oder als Beleggeburten in Krankenhäusern möglich sind. Zahlreiche Initiativen haben sich gebildet, um Politikern und Gesellschaft zu zeigen: Wir benötigen freie Hebammen. Immer wieder ließt man: Setzt Euch ein für Eure Hebamme! Doch dieser Aufruf ist falsch. Es geht nicht darum, sich für einen Berufsstand einzusetzen, sondern es sollte heißen: Frauen, setzt Euch ein für Euer Recht auf eine freie und selbstbestimmte Geburt. Es ist kein Hebammenprotest, sondern ein Frauenprotest!

Zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen

Hebammen müssen bei Geburten dabei sein. Sie sind die Fachfrauen für die Geburtsarbeit, nicht die Ärzte. So regelt es dasHebammengesetz, in dem es heißt:

§ 4
(1) Zur Leistung von Geburtshilfe sind, abgesehen von Notfällen, außer Ärztinnen und Ärzten nur Personen mit einer Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Hebamme” oder „Entbindungspfleger” sowie Dienstleistungserbringer im Sinne des § 1 Abs. 2 berechtigt. Die Ärztin und der Arzt sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß bei einer Entbindung eine Hebamme oder ein Entbindungspfleger zugezogen wird.
(2) Geburtshilfe im Sinne des Absatzes 1 umfaßt Überwachung des Geburtsvorgangs von Beginn der Wehen an, Hilfe bei der Geburt und Überwachung des Wochenbettverlaufs.

Nach diesem Gesetz darf sogar ein Arzt nur im Notfall eine Geburt ohne Hebamme durchführen. Bei Geburten in Krankenhäusern muss zwar ein Arzt zur Geburt anwesend sein, aber begleitet und geleitet wird sie durch die Hebamme.
Durch die steigenden Haftpflichtversicherungen sind nun aber die Arbeit der Hebammen in Gefahr, d.h. derjenigen, die Hausgeburten, Geburtshausgeburten und Beleggeburten begleiten. Auch die Vor- und Nachsorgetätigkeit ist betroffen, auch wenn hierfür die Versicherungskosten bislang nicht so stark angestiegen sind, wie es bei der außerklinischen Geburtshilfe der Fall war. Nun könnte man sagen, dass Hebammen ja weiterhin durch das gesetzliche Recht dabei sein müssen – nur eben im Krankenhaus und dass Geburten dann eben im Krankenhaus stattfinden müssen. Doch was bedeutet das für Geburten?

Die pathologisierte Geburt

Geburt ist ein normaler Vorgang, an dem es zunächst nichts Pathologisches gibt. Gibt es keine schwerwiegenden Vorerkrankungen, steht einer normalen Geburt nichts im Wege. So kommt es auch, dass Geburten traditionell von Hebammen begleitet werden und eben auch nicht unbedingt in Krankenhäusern stattfanden. Dass Geburten zunehmend jedoch in Krankenhäuser verlegt wurden, ist eine gesellschaftliche Entwicklung durch Einwirken der Pharma-, Medizinprodukte- und Ärztelobby. Geburt wurde in den vergangenen Jahrhunderten zunehmend pathologisiert. Es wurden Ängste geschürt, um Frauen dazu zu bewegen, Geburten in Krankenhäuser zu verlegen. Begründet wurde dies oft mit mehr Sicherheit für Frau und Kind. Betrachtet man allerdings die Datenlage, stimmt dies nicht. Die Einführung von Medizinprodukten führte in vielen Fällen zu einer Verschlechterung der Gebärsituationen: Das neu eingeführte CTG führte zu einer vermehrten Anzahl von Kaiserschnittgeburten, da dessen Angaben falsch interpretiert wurden: Naturgemäß sinken die Herztöne unter der Geburt durch die Wehen, was allein noch keine Indikation für einen Kaiserschnitt ist. Da aber für das CTG oft das Liegen im Bett erforderlich ist (und das CTG auch lange läuft, wenn Daten falsch interpretiert werden), kann sich das Kind aber womöglich nicht richtig im Becken einstellen. Auch sind die Wehen schmerzhafter. Um den Schmerz zu mindern, gibt es die PDA, die wiederum zahlreiche Nebenwirkungen haben kann und den Geburtsverlauf negativ beeinflusst. Da die Geburt hierdurch in die Länge gezogen wird, werden wiederum Wehenmittel zur Anregung verabreicht, die stärkere Kontraktionen hervor rufen und den Blutzufluss zum Kind stärker beeinträchtigen können. Auf diese Weise erhöht sich die Kaiserschnittrate, die in den letzten 10 Jahren um 10 Prozent auf derzeit ca. 30 Prozent angestiegen ist.

Es ist ein pathologisierter Kreislauf, der aus Kostengründen aufrechterhalten wird: Ein CTG wird angeschlossen und zeichnet Daten auf. Die Anwesenheit der Hebamme bzw. das Abhören mit einem Hörrohr ist nicht notwendig, die Hebamme kann mehrere Personen gleichzeitig betreuen. In Bezug auf die Haftpflichtversicherungen gibt es zudem einen wichtigen anderen Aspekt zu betrachten: Die Müttersterblichkeit ist durch die Kaiserschnittraten gestiegen. Doch kostenintensiver in Hinblick auf die Versicherung ist ein Kind, das durch die Geburt beeinträchtigt wurde, weshalb für Krankenhäuser der Kaiserschnitt “die sicherere” Wahl ist. Geburten in Krankenhäusern sind statisch nachweisbar häufiger mit Eingriffen begleitet: Vom Wehenmittel über Dammschnitt bis zum Kaiserschnitt. Selbstbestimmte Geburt ist im Krankenhaus schwer möglich.

Das Recht auf eine freie Geburt

Führt man sich all dies vor Augen, wird klar: Hier stehen andere Interessen als die der Gebärenden im Vordergrund. Die freie Hebamme, die nicht den Klinikinteressen unterliegt, kann im Sinne und zum Wohl der Frau arbeiten. Natürlich wollen das auch Klinikhebammen, doch sind die Rahmenbedingungen für sie erschwerend und in gewissem Umfang müssen sie sich den Klinikregeln unterwerfen. Freie Hebammenarbeit ist deswegen wichtig, damit Frauen nicht diesem System unterworfen werden.

Dennoch ist es nicht der Kampf um die freien Hebammen, den wir austragen müssen. Sie sind Begleiterinnen auf dem Weg. Sie stehen uns mit ihrem Wissen und ihrer Kompetenz zur Seiten und helfen durch die Wehen. Gebären aber tun wir alleine unsere Kinder. Wenn wir sagen, dass wir ohne Hebammen nicht gebären können (Slogan: “Ohne Hebis keine Babys!”) ist das schlichtweg falsch. Und idealerweise ist das erste Gesicht nicht das der Hebamme, sondern das der Gebärenden. Wenn wir sagen, dass wir Geburten nur durch Hebammen bewerkstelligen, geben wir das Vertrauen in unsere Gebärfähigkeit ab. Aber genau das ist es, was wir brauchen für Geburten – ob im Krankenhaus oder anderswo. Wir müssen wieder dorthin gelangen, dass Geburt als normaler, nicht pathologisierter Vorgang betrachtet wird. Dass wir selber davon überzeugt sind! Wir müssen für unser eigenes Recht kämpfen, nicht für das eines Berufsstandes. Wir müssen in der Gesellschaft für ein Umdenken sorgen, dass sich nicht nur auf das Vorhandensein von helfenden Händen stützt. Natürlich sind diese Hände wichtig und wir müssen sie jetzt unterstützen, aber insgesamt ist es unser eigener Protest.

Jetzt ist der Moment, gesamtgesellschaftlich aktiv zu werden und eine Kehrtwende in Hinblick auf Frausein und Geburt zu vollziehen. Für uns, für unsere Kinder und für alle Gebärenden nach uns – und dabei auch für die Hebammen.

 

 

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Valentinssüß: Schokoladen-Karamell-Torte – ganz einfach und doch wie vom Profi

Valentinssüß

Zum Valentinstag schenke ich Euch heute ein Rezept für eine wirklich wunderbare Torte. Und das Beste ist: Sie ist ganz ganz einfach zu machen und schmeckt, als ob sie von einem Profi in der Konditorei gemacht worden wäre. Unglaublich lecker!

Mama Miez hat kürzlich ein Rezept für den Bananen-Toffee-Orgasmus (Banoffee Pie) gepostet. Da Bananen und Sahne im Kuchen nicht so unser Ding sind, habe ich das Rezept etwas verändert und daraus eine Schokoladen-Karamell-Torte gezaubert. Die Grundzutaten und die Zubereitung sind aber sehr ähnlich. Man braucht nur wenige Zutaten und es ist alles super einfach zubereitet.

Man nehme also:

1 Dose gezuckerte Kondensmilch, die geschlossen in einem mit Wasser gefüllten Topf 2 Stunden lang gekocht wird. Die Dose muss in dieser Zeit immer mit Wasser bedeckt sein. Nach 2 Stunden hat man in der Dose wunderbares Toffee.

In der Zwischenzeit wird der Tortenboden hergestellt:

1 Packung Kekse (ich habe auch die 250g Packung Hobbits von Brandt genommen) wird mit einem Fleischklopfer zu kleinen Bröseln verarbeitet. Dazu werden

60g zerlassene Butter gegeben. Alles vermischen und leicht andrücken und im Backofen 15 Minuten bei 200°C backen. Herausnehmen, etwas abkühlen lassen und dann das Toffee aus der Dose auf dem Boden verteilen. Das Ganze kommt noch einmal für 15 Minuten bei 200°C in den Backofen. Dann abkühlen lassen, so dass es etwas hart-karamellisiert ist.

In der Zwischenzeit wird die Schokoschicht vorbereitet:

200ml Sahne in einem Topf erhitzen, vom Feuer nehmen und

1 Tafel zerkleinerte Halbbitterschokolade unterrühren, bis sie geschmolzen ist. Abkühlen lassen und dann mit dem Schneebesen zu Schokoladensahne schlagen. Wer es etwas fester mag, kann noch etwas kalte Butter hinzufügen. Die Schokoladencreme dann auf dem karamelisierten Boden verteilen und alles über Nacht in den Kühlschrank stellen.

Vor dem Servieren mit

Kakaopulver bestäuben. Schmeckt gekühlt am Besten!

 

Der Partner während der Geburt – Warum “Es gibt für Dich nichts zu tun.” nicht stimmt

Hand_halten

Momentan gibt es in der aktuellen ELTERN-Zeitschrift eine Reihe unter dem Titel “Väter 2014”. Diesmal geht es darum, wie Männer heute Schwangerschaft und Geburt erleben. An einigen Stellen konnte ich diesmal nur den Kopf schütteln: Darin findet sich ein Interview mit Dr. Wolf Lütje, Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe im Hamburger Amalie-Sieverking-Krankenhaus. Dr. Lütje erzählt darin, dass er einen Geburtsvorbereitungskurs für Männer gibt, in dem er ihnen wichtige Botschaften für die Geburt vermittelt. Die erste davon lautet:

Du hast es während der Geburt mit einer Frau zu tun, die du nicht kennst.

Botschaft Nummer zwei ist:

Es gibt für dich nichts zu tun. Man muss den Männern die Erwartungen nehmen. Dann gehen sie entspannter in den Kreißsaal. Es kann nämlich sein, dass alles, was ein Mann im Geburtsvorbereitungskurs gelernt hat, auf einmal bedeutungslos wird – weil die Frau gar nicht berührt werden will, weil sie ihm den Waschlappen aus der Hand schlägt, mit dem er ihr die Stirn kühlen möchte, oder weil sie den Becher Wasser in die Ecke pfeffert.

Mit Botschaft Nummer drei und vier finde ich wichtig, würde sie jedoch noch etwas weiter ausführen. Dr. Lütjes Nachrichten sind:

Der Mann soll sich vor den Bildern schützen. […] Es ist gut, wenn du dich um deine Frau kümmerst, aber noch besser ist es, wenn du dich um dich selbst kümmerst.

Zum Begriff  “Partner während der Geburt”

Seit 2009 bin ich selber Geburtsvorbereiterin. Ich habe im Geburtshaus Kurse für Paare gegeben und Paare in Einzelgesprächen auf die Geburt vorbereitet. Ich spreche an dieser Stelle bewusst von “Paaren”, denn ich habe bereits Regenbogenfamilien betreut oder auch Frauen, die als Partner nicht ihren Lebenspartner, sondern eine Freundin mitnahmen. Für sie alle gelten die Empfehlungen, die ich Partnern in meiner Arbeit mit auf dem Weg gebe. Unabhängig davon, ob nun der Begleiter bei der Geburt ein Mann, eine Frau, eine Freundin oder irgendjemand anderes Nahestehendes ist.

Partnerschaft unter der Geburt

Nun also zum Kern dieses Artikels: Gedanken zu den “wichtigen” Botschaften von Dr. Lütje. Haben wir es unter der Geburt mit einem anderen Menschen zu tun? Die Geburt ist ein einschneidendes Ereignis im Leben – und zwar für alle Beteiligten. Ein Mensch wird geboren, Eltern werden geboren, ein Paar wird zu einem Elternpaar. Durch und während der Geburt verändern sich Dinge. Und gebärende Frauen begeben sich in einen Zustand, den sie – zumindest beim ersten Kind – noch nicht erlebt haben. Viele Frauen berichten nach einer Geburt davon, welch unglaubliche Kräfte sie in sich mobilisieren konnten, dass sie eine bisher ungeahnte Kraft verspürten, dass sie über ihre Grenzen hinaus gegangen sind. Ja, gebärende Frauen lernen sich unter der Geburt neu kennen. Und natürlich lernt auch der Partner die Frau dadurch auf eine neue Weise kennen.

Was jedoch eher dem Klischee aus dem Film nahe kommt sind Frauen, die immer lieb und freundlich sind und unter der Geburt auf einmal mit Gegenständen um sich werfen, schmutzige Schimpfwörter benutzen und den Partner verfluchen. Ja, es kommt vor, dass Schimpfwörter benutzt werden, es gibt negative Gedanken und auch ruppige Bewegungen, aber unter der Geburt gibt es normalerweise keinen Persönlichkeitswechsel.

Es ist falsch, Partner in den Glauben zu versetzen, die Frau würde unter der Geburt vielleicht eine ungehaltene Fremde werden. Es ist falsch, weil es schlichtweg nicht stimmt, aber auch, weil natürlich auch negative Emotionen zum Ausdruck kommen können, aber sie nicht einer vollkommen anderen Person entspringen. Frauen können unter der Geburt emotional kräftiger sein als sonst, aber in ihrem persönlichen Temperamentsrahmen. Und Kraft wird unter der Geburt benötigt. Die Energien, die frei werden, sollten eher als unterstützend und bestärkend wahrgenommen werden.

Wir sind und bleiben die Menschen, die wir sind. Auch unter der Geburt. Vielleicht kommt eine Seite zum Ausdruck, die wir sonst weniger in uns tragen. Oder wir erkennen auch Neues in uns. Aber wir werden keine Fremden. Und unter der Geburt wird der Partner auch deswegen nicht fremd, weil man sich auf ihn einstellt, weil man bei ihm ist. Man stellt sich aufeinander ein. Man durchlebt gemeinsam diese Geburt, die auch beide auf ihre Weise verändern wird.

Was Partner unter der Geburt leisten

Machen wir uns nichts vor: Gebären muss nun einmal die Frau. Da führt kein Weg dran vorbei. Aber sie ist nicht allein und es stimmt nicht, dass ein Partner nichts für sie tun kann. Gerade bei einer Geburt im Krankenhaus kann der Partner nämlich von besonders großer Hilfe sein.

Was viele Paare nicht ahnen ist der Umstand, dass sie in der Eröffnungsphase lange Strecken auf sich gestellt sind. In dieser Zeit kommt in vielen Krankenhäusern ab und zu eine Hebamme vorbei, um nach dem Voranschreiten der Geburt zu sehen, aber sie sitzt nicht im gleichen Zimmer. Das ist in den meisten Fällen auch gut so, denn hierdurch kann die Frau zu sich kommen, wird nicht abgelenkt. Das Großhirn wird nicht aktiviert, was besonders Michel Odent immer hervor hebt. Sie kann ganz bei sich sein und auf ihren Körper hören. Doch hier ist es auch gut, jemanden an der Seite zu haben. Klassischerweise lernen Partner im Geburtsvorbereitungskurs wie sie den Rücken der Gebärenden massieren können oder ihr Becken bewegen. Und während die Gebärende unter der Geburt vollkommen richtig ihr Großhirn ausschaltet und damit auch nicht an all die Ratschläge aus dem Kurs denkt, ist da der Partner dabei, der daran denken kann. Der ohne große Gespräche oder Erinnerungen an die soundsovielte Geburtsvorbereitungssitzung ihr den gesüßten Tee reicht, der den Rücken massiert, die Hand hält oder das Becken bewegt. Der sie unterstützt im Atmen, mitatmet und auch einfach darauf achtet, was sie gerade möchte, was ihr Körper ihr sagt und darauf eingeht. Der auf sie und ihre innere Stimme vertraut.

Gebärende brauchen unter der Geburt Ruhe und Zurückgezogenheit. Sie müssen Intimsphäre haben, damit sich die Schließmuskeln entspannen, sich der Muttermund öffnen kann. Und gerade hierfür ist der Partner im Krankenhaus von unschätzbarem Wert: Weiß er um die Bedeutung von Ruhe und Intimsphäre, kann er sich um diese Rahmenbedingungen kümmern, während sich die Gebärende auf die Geburt konzentriert. Er kann Klinikpersonal darum bitten für mehr Ruhe zu sorgen, kann Routinen ablehnen, kann sich auch gegen bestimmte Eingriffe zur Wehr setzen, die vorher gemeinsam als ungewünscht besprochen wurden. Während der Geburt fällt es Frauen nämlich oftmals schwer, solche Entscheidungen zu fällen. Es soll schon einmal – nur vorsichtshalber – ein Zugang an der Hand gelegt werden? Solche (wenn auch nur kurz schmerzhaften) Eingriffe können Frauen aus der Geburtsarbeit wieder heraus holen. Sie sind oft auch schlichtweg nicht notwendig, wenn ein Paar zu einer normalen, spontanen Geburt in die Klinik kommt. Ebenso verhält es sich mit einem Einlauf zur Darmentleerung. In einem guten Fall werden diese Routinen im Geburtsvorbereitungskurs angesprochen und das Paar kann auf dieser Basis gemeinsam besprechen, was sie sich wünschen und was nicht – und für was der Partner unbedingt einstehen soll.

Natürlich können Geburtsbegleiter und Partner nicht die Geburtsarbeit abnehmen. Sie können auch die Schmerzen nicht wegnehmen. Aber sehr wohl können sie Schmerzen vermindern. Studien belegen, wie sich positiver Körperkontakt auf das Schmerzempfinden auswirkt. Und ja, es gibt Frauen, die unter der Geburt nicht berührt werden möchten. Ina May Gaskin betont, wie sehr das Lachen während der Geburt Erleichterung bringen kann, weil der Betaendorphinspiegel gehoben wird, was Schmerzen betäubt. In ihrem Buch “Birth Matters – Die Kraft der Geburt” schreibt sie auch, wie das Küssen während der Geburt hilfreich sein kann, um den Schmerz beim Durchtritt des Kindes durch den Geburtskanal zu mindern. Begleiter unter der Geburt können also entscheidend positiv auf die Geburt einwirken, obwohl sie vielleicht in mancher Augen nicht viel tun. Doch wie so oft im Leben gilt auch hier: Qualität ist wichtiger als Quantität. Es kommt nicht darauf an, wie viel ein Partner unter der Geburt macht, sondern dass das, was er tut, das ist, was gerade gebraucht wird.

In einem guten Geburtsvorbereitungskurs sollten die Menschen, die eine Gebärende zur Geburt begleiten, also lernen, wie wichtig die Rahmenbedingungen für eine Geburt sind: Ruhe, Abgeschiedenheit, angenehme Atmosphäre und verständiges Personal. Sie können Handgriffe lernen, die Erleichterung bringen unter den Wehen, wie Rücken- oder Fußmassagen. Und sie können erklärt bekommen, wie sonst positiv auf Schmerzen eingegangen werden kann durch Körperkontakt, Berührungen, durch Küsse, durch gemeinsames Lachen, durch gemeinsames Tönen und positive Gedanken. Und natürlich sollten sie auch wissen, dass die Gebärende unter der Geburt im Vordergrund steht und man weder erwarten kann noch sollte, dass sie sich um die Begleitung kümmern kann.

Begleitung zur Geburt – eine wohl überdachte Wahl

Was vorher auf jeden Fall – und darin stimme ich mit Dr. Lütje überein – geklärt werden muss, ist der Umstand, ob der Lebenspartner wirklich die Geburt begleiten möchte. Heutzutage wird das oft angenommen oder gar voraus gesetzt. Doch ist es wichtig, das vorher zu besprechen. Manche Partner haben Schwierigkeiten, die Frau unter der Geburt zu sehen. Die Gründe dafür können sehr individuell sein und sollten auf jeden Fall immer beachtet werden.

Ist vorher bekannt, dass der Lebenspartner nicht bei der Geburt dabei sein kann oder möchte, kann eine Alternative gesucht werden. Auch eine gute Freundin oder Doula kann zur Geburt hinzu gezogen werden. Von unschätzbarem Wert ist eine Beleghebamme. Wichtig ist, dass der Begleiter oder die Begleiterin auf das Ereignis vorbereitet ist und die Abläufe kennt. Es muss in der Geburtsvorbereitung beispielsweise erwähnt werden, dass unter der Geburt auch Stuhl bei der Frau abgehen kann, wenn das Kind durch den Geburtskanal tritt. Sind solche Fakten bekannt, muss sich weder die Frau dafür schämen (oder gar verhalten, was sich auf den Fortgang der Geburt negativ auswirken kann), noch werden Partner davon überrascht. Hier ist, was Dr. Lütje ebenfalls hervorhebt, die Position des Partners so wichtig: Die begleitende Person muss ja nicht direkt das Durchtreten des Kopfes sehen. Ein Platz im Rücken der Gebärenden, um sie zu halten und zu stützen, zum Beispiel bei einer Geburt auf dem Gebärhocker oder im Stand, ist für viele Begleiter eine sehr gute Position.

Fazit: Es gibt viel zu tun für Menschen, die Gebärende begleiten

Wer eine Gebärende begleitet, kann viel für sie tun. Es muss nicht der Lebenspartner sein, der sie zur Geburt begleitet, aber eine vertraute Person ist eine wunderbare Unterstützung, wenn eine Frau im Krankenhaus ihr Kind gebären möchte. Geburtspartner können zwar keine Schmerzen abnehmen und auch nicht das Kind gebären, aber es gibt zahlreiche hilfreiche Dinge, die sie tun können. Wie und was möglich ist, können sie vorher in einem Geburtsvorbereitungskurs erklärt bekommen. Hebammen und Geburtsvorbereiterinnen sind speziell dafür ausgebildet, Kurse anzubieten, in denen es nicht nur um die medizinischen Fakten zur Geburt geht, sondern um das eigentlich wichtige: Wie eine gute Geburtsatmosphäre geschaffen werden kann und wie die Gebärende auf natürliche Weise unterstützt werden kann. Ich persönlich würde daher immer zu einem Besuch bei einer Geburtsvorbereiterin oder Hebamme raten und nicht zu einem Kurs, der von Ärzten in der Klinik geleitet wird, da deren eigentliches Berufsfeld ein anderes ist.

 

Kaufmannsladen selbst gestalten – Wie man mit einfachen Mitteln einen tollen Kaufmannsladen macht

Irgendwann ist es soweit: Kinder wollen im Alltag mitmachen bei der Hausarbeit und die Handlungen des Alltags nachspielen. Puppenwagen schieben, Puppenkinder bekochen und versorgen, Gemüse und Obst mit klein schneiden und eben auch Kaufmannsladen spielen. Doch einen Kaufmannsladen anzuschaffen, kann kostenspielig sein. Und unabhängig davon ist Kaufmannsladen nicht gleich Kaufmannsladen. Um das zu veranschaulichen, möchte ich Euch zwei Möglichkeiten eines Kaufmannsladen vorstellen: Variante 1 ist der normal käufliche Kaufmannsladen aus einem Kaufmannsladenregal und dazu passenden Utensilien wie Obst und Gemüse aus Holz, Kleine Dosen und Flaschen etc. wie man sie im Spielzeugladen erwerben kann. Variante 2 ist der selbstgemachte Kaufmannsladen mit Küchen-/Haushaltsutensilien.

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Wer in einem Spielzeugladen geht, findet dort eine riesige Auswahl an Ausstattungsmöglichkeiten für den Kaufmannsladen: Von Obst und Gemüse über Törtchen aus Stoff mit Perlen, gebratenes Hühnchen, Fisch inklusive Gräte, Bonbons und und und. Es scheint, als gäbe es nichts mehr, was es nicht gibt für den Kaufmannsladen daheim. Wie ein so ausgestatteter Kaufmannsladen aussehen kann, seht Ihr auf dem oberen Bild: Hier kann nach Belieben mit einem Beutel eingekauft werden. Obst und Gemüse kommen in die Tasche. “Schneidbares” Gemüse kann mit dem Holzmesser zerkleinert werden. Doch darüber hinaus gibt es nicht viele Möglichkeiten. Je stärker das Spielmaterial spezialisiert ist, desto weniger lässt es für die Phantasie offen. Da ist eben ein Hühnchen das Hühnchen und der Fisch der Fisch.

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Nun betrachten wir die zweite Variante: Küche und Kaufmannsladen sind gewissermaßen zusammen, also eher ein Kaufmannsladen mit kleinem Bistro. Es finden sich hier ein Fleischwolf, diverse Dosen mit verschiedenen Verschlüssen, eine Pfeffermühle, Körbe mit Kastanien, großen Bohnen und Holzstückchen, ein kleines Schubladenelement, in dem sich verschieden große Schüsseln aus verschiedenen Materialien befinden und Spielzeugmesser.

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Aus dem Fleischwolf habe ich das Messer entfernt. Die Kinder benutzen ihn im Freispiel viel, um Knete (bzw. Pizzateig mit Lebensmittelfarbe) hindurch zu drehen. Auch Sand kann man gut durch ihn laufen lassen.

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Verschiedenste Gläser und Flaschen mit unterschiedlichen Verschlüssen fordern die Feinmotorik heraus: Wie lässt sich welches Aufbewahrungsglas öffnen und wieder schließen? Genutzt wird, was sich in der Küche findet. Darin enthalten sind ganze Walnüsse, halbe Walnussschalen (die man auch zum Basteln benutzen kann), große Bohnen, Linsen, Sesam, Holzscheiben. Während der Sohn die Flaschen noch nicht öffnen kann und sich gerade darin übt, die Schraubverschlüsse zu öffnen, kann die Tochter alle Gefäße selbst öffnen. Es gilt im Spiel: Man kann eben mit dem Spielen, was man selbst öffnen kann. Und so geht die Tochter auch sehr besonnen mit den Dingen um und nach dem Spiel wird gemeinsam zurück geschüttet und umsortiert. Die alte Pfeffermühle haben wir für 3 Euro auf dem Flohmarkt erworben: Zum Mahlen wird ein Rad gedreht, man kann eine kleine Einfüllöffnung bedienen und die Schublade heraus ziehen.

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Aus dem Vollen schöpfen: Mit einer Kelle können Kastanien geschöpft werden. Manchmal sind sie Kartoffeln, manchmal Äpfel, manchmal Erdbeeren. So ist es auch bei den Holzscheiben, die mal als Brote, mal als Belag oder sonstwas herhalten. Kinderphantasie ist nicht begrenzt.

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Mit Serviettentechnik einfach und preiswert aufgehübschtes Schubladenelement. Darin: Schüsseln aus Glas, Metall und Holz. Oben drauf zwei Holzbrettchen zum Schneiden.

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Auf der gegenüber liegenden Seite befindet sich eine alte Küchenwaage, ein kleiner Kupferkessel (auch Flohmarkt), Schöpfkelle und Bratenwender und die Kasse. Hier wird gewogen, gekocht und natürlich bezahlt.

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Und womit wird bezahlt? Früher hatten wir einmal Papierscheine und Plastikmünzen. Die Scheine waren schnell zerknüllt, zerrissen und bemalt. Die Plastikmünzen waren nicht besonders schön und eben aus Plastik, das ich im Alltag versuche zu vermeiden. Daher haben wir sie aussortiert und durch Goldstücke ersetzt. Die lassen sich ganz wunderbar gemeinsam mit den Kindern herstellen: Es werden kleine Steine gesucht, die dann mit Goldfarbe oder Goldspray lackiert werden. Ein wunderbarer Schatz bei Geburtstags-Schatzsuchen und ein tolles Zahlungsmittel im Kaufmannsladen.

Ich kann nicht genau sagen, wie viel die Ausgaben für unsere Art des Kaufmannsladen betragen, aber er ist wirklich preiswert und schnell selbst zu machen mit all den hübschen Dingen, die man sowieso im Alltag findet. Und wie immer ist es ja so: Kinder wollen mit den richtigen Dingen des Lebens spielen. Hier haben sie die Gelegenheit dazu.

Von Windeln und windelfrei – Über unsere private Windelauswahl neben Elimination Communication

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Darüber, wie wir unseren Weg zur Elimination Communication (EC) gefunden haben, habe ich ja bereits ausführlich berichtet. Es war der Sohn, der mit Vehemenz immer wieder zum Ausdruck brachte, dass er das mit den Windeln bzw. mit den vollen Windeln wirklich nicht so toll findet. Nun, mit 15 Monaten, sagt er jedes mal “Kacka”, wenn er dieses Bedürfnis verspürt. Seit ca. 2 Monaten hatten wir nun keine Windel mehr, die ein großes Geschäft beinhaltete und auch davor nur selten Situationen, in denen wir zu langsam waren, ihn zur Toilette zu bringen und rechtzeitig von den Windeln zu befreien. Denn wenn man EC mit dem Kind macht, ist eines besonders wichtig: Die Wahl der Windel, wenn das Kind denn welche trägt.

Im Sommer ist Elimination Communiaction besonders einfach. Es ist warm, das Baby oder Kleinkind kann wunderbar in einem langen Hemd oder einer lockeren Splitpants durch die Gegend laufen und man hält es ab, wenn es dies signalisiert. Natürlich können auch Windeln genutzt werden, besonders für unterwegs, aber es muss tatsächlich nicht sein. Wer aber Windeln im Sommer auch unterwegs nutzt und wer besonders im Winter das Problem des Zwiebellooks kennt, der weiß: Wenn das Kind sein Bedürfnis anmeldet, sollte man es schnell ausziehen können. Langes Ausziehen ist also eher ungünstig. Aber wie passt das mit Stoffwindeln zusammen?

Als ich zum ersten Mal mit meinem Mann über Stoffwindeln sprach, war er völlig abgeneigt. Bei Stoffwindeln dachte er nämlich an Mullwindeln und Bindewindeln. Diese kannte er noch aus der Kindheit und war gar nicht davon überzeugt, sie bei uns zu nutzen. Als ich ihm dann aber erklärte, dass sich seither auf dem Stoffwindelmarkt viel getan hat und es Stoffwindeln gibt, die wie Wegwerfwindeln angelegt werden, kamen wir doch ins Gespräch.

Nachdem wir uns im Hug & Grow etwas in die riesige Auswahl an Stoffwindeln eingearbeitet hatten, haben wir uns zunächst für ein Startpaket mit TotsBots Bamboozles entschieden. 20 dieser Höschenwindeln aus Bambusrayon und Polyester wurden vor dem Tragen einige male gründlich gewaschen und getrocknet, damit sie wirklich saugfähig sind. Es gibt sie in 2 Größen. Wir hatten zunächst von jeder Größe 10, hätten aber auch von Anfang an Größe 2 benutzen können und haben dann die 1er Windeln schnell wieder verkauft (übrigens annähernd zum Einkaufspreis) und 2er nachgekauft. Der Unterschied zwischen Größe 1 und 2 war nicht besonders groß und im Steg sind die sowieso beide identisch. Mittels Druckknöpfen kann die Windel noch verkleinert werden. Im Innenteil der Windel wird eine separate Einlage mit Druckknöpfen befestigt, wodurch die Windel wirklich sehr saugfähig ist. Auch nach einem Jahr Nutzung ist sie noch immer in einem guten Zustand: Das Material ist weich und saugstark, die Klettverschlüsse schließen sehr gut. Sie sitzt toll und verrutscht auch bei viel Bewegung nicht. Für die Nacht ist sie ein sehr guter Begleiter, denn sie nimmt wirklich viel Feuchtigkeit auf ohne für das Kind unangenehm zu werden. In Hinblick auf Elimination Communication kommt nun aber der Haken: Es ist eben nur eine Höschenwindel. Zum Nässeschutz benötigt man eine Überhose wie beispielsweise eine Wollhose. Und damit hat man schon etwas mehr Aufwand, wenn es mal schnell gehen soll. Und: Ab und zu geht schon ein bisschen was in die Windel. Wenn der Sohn dann aber aufs Töpfchen geht, möchte ich ihm danach nicht die etwas nasse Windel wieder anziehen, sondern eine trockene. So ist der Waschaufwand recht hoch, obwohl jede Windel nur wenig nass wird.

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Also machte ich mich auf die Suche nach einer Alternative zur klassischen Höschenwindel, zumindest für den Tag. Dabei stieß ich auf verschiedene Systeme: All-in-one-Windeln, Pocketwindeln, Snap-in-one-Windeln (beide All-in-Two, wie übrigens auch die Höschenwindeln in diese Kategorie fallen) und All-in-Three. Zunächst probierte ich eine All-in-one-Windel aus: Hier ist tatsächlich alles in einer Windel zusammen. Die Einlage ist direkt an der Windel befestigt und um die Windel herum befindet sich eine Nässeschutzschicht. Die Windel ist deswegen ganz schnell einsatzbereit, man muss absolut nicht vorher zusammenklicken oder einlegen und man kann sie dementsprechend schnell ausziehen. Gute Idee also für EC. Ich habe eine Swaddlebee Simplex aus dem Hause Blueberry probiert. Die Einlage ist an der Windel befestigt. Da es jedoch auch eine Innentasche gibt, können zusätzlich zu dieser Einlage noch weitere Einlagen hinzugefügt werden (wie bei einer Pocket-Windel, siehe unten). Auch hier gibt es Druckknöpfe, um die Windel zu verkleinern und sie wird auch über Druckknöpfe geschlossen, wodurch sie wirklich sehr fest hält. Auch der Sitz ist gut. Verwendet man nur die festgenähte Einlage, ist die Saugkraft nicht so stark wie bei der TotsBots Bamboozle, aber in Kombination mit EC passt das gut, da ja auch weniger in die Windel geht und im Idealfall dafür mehr in die Toilette. Nachteil gegenüber den weiter unten aufgeführten Windeln ist natürlich, dass sie komplett in die Wäsche muss. Und wie bei der Höschenwindel: Eine nasse Windel wird nicht noch einmal angezogen.

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Auf den Geschmack gekommen, wollte ich nun auch eine Pocketwindel ausprobieren, Prinzip All-in-two. Auch hier gilt wieder: Überhose ist mit dran. Sie hat allerdings eine Tasche, in die die Einlage geschoben wird. Man kann also auch verschiedene Einlagen oder mehrere Schichten einlegen. Ausprobiert habe ich eine Bumgenius aus dem Hause Cotton Babies. Zur Windel gehören zwei Microfasereinlagen, die in die Tasche geschoben werden können (wie gesagt können aber auch andere Einlagen genutzt werden). Die mitgelieferten Einlagen sind aber gut in ihrer Saugkraft, sitzt gut und hat für EC einen tollen Vorteil, denn sie lässt sich sehr gut und schnell dank der Klettverschlüsse ausziehen und es fällt rutscht die Einlage nicht zur Seite oder fällt nach hinten während des Abhaltens wie es bei einer All-in-one passieren kann. Nach dem Waschen trocknet sie sehr schnell, schneller als die TotsBots Bamboozles. Nachteil: Entweder muss die gesamte Windel gewaschen werden oder die nassen Einlagen müssen aus der Tasche heraus gezogen werden, was für manche vielleicht unangenehm ist. Aber es ist möglich, die Windel mehrmals zu benutzen und nur die Einlage zu wechseln, was dann zu weniger Waschaufwand führt.

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Natürlich musste es dann zum Vergleich auch noch eine Snap-in-one-Windel sein, die ja auch nach dem All-in-two-Prinzip funktioniert. Hier gibt es eine wasserundurchlässige Außenschicht und die Einlagen, die eingeklickt oder gelegt werden. Dabei kam ich auf die GroVia Hybrid. Auch sie ist mit Druckknöpfen in der Größe verstellbar, verfügt aber über Klett zum Schließen. Die Außenschicht ist recht dünn und wird auch recht schnell etwas feucht, wodurch das System des mehrfachen Auswechselns der Einlagen nicht ganz so gut aufgeht. Je nachdem welche Einlagen verwendet werden, können sie beim Ausziehen auch runter fallen oder verrutschen, sind also nur bedingt EC geeignet. Sie lässt sich aber auch sehr gut und leicht öffnen.

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Und schließlich bin ich dann noch bei einer All-in-Three-Windel angelangt. Hier gibt es eine Außenwindel, eine Innenwindel zum Einklicken und die Einlage. Stephanie Oppitz und die Windelmanufakturwindeln lernte ich über meine Kollegin Anne Weidlich kennen. Und was Anne mir vorschwärmte, hielt dem Test stand: Eine Windel mit tollen Stoffen für die Außenwindel und sogar der Möglichkeit, sich selbst den Stoff für die Außenwindel auszusuchen oder einen Wunschstoff für die Windel zuzuschicken. Unter den Stoffwindeln also die Königin der Designmöglichkeiten! Darin befindet sich eine wasserfeste Innenwindel aus PUL, die sich gut anschmiegt und nicht ausläuft und in die verschiedene Einlagen gelegt werden können. Obwohl die Einlagen nicht an der Innenwindel befestigt werden, werden sie so eingelegt, dass sie beim Öffnen im Stehen nicht heraus fallen. Die Einlagen können mehrfach ausgewechselt werden, bevor die gesamte Windel gewaschen werden muss, wodurch sich die Wäschemenge wirklich reduziert. Somit ist auch diese Windel eine tolle Kombination für EC.

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Mein Fazit also lautet: Für EC ist die Kombination mit All-in-Three wie bei der Windelmanufaktur oder einer Pocketwindel sehr praktisch. Sie können schnell an- und ausgezogen werden, das auch gut im Stehen, ohne dass Teile der Windel verloren gehen oder beschmutzt werden beim Abhalten. Für nachts, wo der Sohn nicht abgehalten wird, ist auch weiterhin die Höschenwindel der Favorit. Wer noch einen besseren Überblick über die verschiedenen Windelsysteme benötigt, die ich hier vorgestellt habe, findet ihn hier oder auch detaillierte Informationen zu einzelnen Produkten im kostenlosen Windel-Ebook vom Hug & Grow.

 

Stoffwindeln und EC findest Du interessant und möchtest gerne auch andere Familien hierzu beraten? Dann ist vielleicht unser Workshop “GfG-Babypflege” das Richtige für Dich. Hier lernst Du alles Wissenswerte zu Stoffwindeln, EC und Babypflege.

 

“Ich kann das nicht!” – Über die Angst in der Schwangerschaft und vor der Geburt

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In den letzten Tagen ist viel darüber zu lesen, welche unmöglichen Kommentare sich Frauen anhören lassen müssen, wenn sie schwangerschaftsbedingt zunehmen. Das SZ-Magazin titelt “Unguter Hoffnung” und berichtet, wie sich Schwangere heute allen möglichen Schönheitsidealen unterwerfen müssen. Unter dem Hashtag #alsichschwangerwar berichten Frauen auf Twitter darüber, welche Kommentare sie als Schwangere anhören mussten. Frauen leiden heute in Bezug auf die Schwangerschaft vor allem unter einem: unter Angst.

Wovor Schwangere heute Angst haben

Was früher “gute Hoffnung” war, hat sich heute an vielen Stellen in das Gegenteil verkehrt. Angst macht sich breit unter den Schwangeren: Zunächst vor den ersten drei Monaten und der großen Angst, das Kind zu verlieren in dieser ersten Zeit. Dazu kommt die von vielen Seiten geschürte Angst vor so genannten “Fehlbildungen” oder “Behinderungen”. Es werden verschiedenste Untersuchungen angeboten und an vielen Stellen auch aufgedrängt – beispielsweise wenn eine Schwangere ein bestimmtes Lebensalter erreicht hat -, die Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten von Behinderungen berechnen. Feindiagnostiker wollen mittels Ultraschall mögliche “Probleme” erkennen und abbilden.* Schwangere verfolgen ängstlich bestimmte Ernährungspläne aus Angst vor Listeriose oder Toxoplasmose. Wer schon Kinder hat oder mit welchen arbeitsbedingt in Kontakt steht, hat Angst vor einer Infektion mit dem Cytomegalie-Virus oder einer anderen Krankheit. Und als ob das alles noch nicht reicht, gesellt sich nun auch noch die Angst dazu, zu viel zu zu nehmen.

Die oftmals größte Angst: die Geburt

Doch in dieser Aufzählung fehlt noch eine ganz besonders große Angst, die oft erst im letzten Schwangerschaftsdrittel auftritt: die Angst vor der Geburt selbst. Insbesondere Erstgebärende haben sie, diese Angst vor dem Unbekannten, vor der Grenzerfahrung, vor dem, was sie nicht kennen.

Als Geburtsvorbereiterin erfahre ich diese Angst in den Geburtsvorbereitungskursen, aber ganz besonders in der Einzel- bzw. Paarbegleitung, wenn wirklich Zeit und Raum ist, um sich mit dem eigentlichen Bedarf der Vorbereitung auf die Geburt zu beschäftigen. Anatomie und Ablauf einer Geburt sind einfach erklärbar. Doch viel wichtiger sind die Fragen dahinter. “Wann ist der passende Zeitpunkt, um in die Klinik zu fahren?” steht oft für die ängstliche Frage: “Wenn ich es nun nicht rechtzeitig in die Klinik schaffe, wenn ich nicht medizinische Versorgung um mich habe, was dann? Wie soll nur mein Kind ohne Hilfe auf die Welt kommen?” Oder die andere Frage nach Möglichkeiten der Schmerzbehandlung: Sie zeigt, welche großen Ängste Frauen vor der Geburt haben, vor diesem unbekannten Ereignis, dass doch auf normalem Weg nicht auszuhalten sein kann.

Wie uns Angst gemacht wird

Natürlich ist es ganz normal, dass wir diese Ängste in uns tragen. Wie auch nicht? Von allen Seiten wird uns heute ja gezeigt, dass Geburt schlimm, schmerzhaft und nicht ohne medizinische Versorgung zu handhaben ist. In Serien und Filmen sehen wir auf dem Rücken liegende, schreiende Frauen, die den Anwesenden fast die Hände vor Schmerz brechen. Schon in Kinderbüchern wird vermittelt, dass Geburten in Krankenhäusern stattfinden müssen und die Sendung mit der Maus zeigt eine Kaiserschnittgeburt unter dem Titel “Vom Glück des Lebens”. Geburt ist in unserer heutigen Gesellschaft eben nicht mehr die “Niederkunft”. Heute wird “entbunden” – und dies natürlich unter fachlicher Anleitung.

Wir haben kaum positive Geburtsberichte in unserer Umgebung. Wenig Menschen, die von ganz normalen Geburten berichten, d.h. Geburten ohne Eingriffe, ohne Medikamente. Geburten (und das Stillen) sind aus dem Alltag nach und nach verbannt worden. Zeigten früher Bilder oder Steinreliefs wie Sheela-na-gigs Abbildungen von natürlich gebärenden Frauen, haben wir heute solche Bilder nicht mehr um uns. Geburt findet hinter verschlossenen Türen statt. Sie ist unbekannt und dieses Unbekannte macht Angst.

Dazu kommen, wenn wir denn doch Berichte hören, oft schlimme Meldungen von Schmerzen oder Komplikationen. Als ich selbst in meiner zweiten Schwangerschaft einen Geburtsvorbereitungskurs für Mehrgebärende besuchte, waren dort 10 Frauen versammelt, von denen zwei (eine davon war ich), eine normale Geburt hatten. Die anderen erzählten in der ersten Kursstunde von ihren traumatischen Erfahrungen unter der ersten Geburt. Wie sollte man in einer solchen Situation keine Angst vor Geburten bekommen? Wie sollte man nicht denken, dass einem selbst ja auch eine solche Komplikation passieren könnte, wenn dies doch bei fast jeder Frau auftreten würde?

Die Angst selbst beeinflusst die Geburt

Dass Angst die Geburt negativ beeinflusst, ist schon lange bekannt. Grantly Dick-Read, beschreibt bereits 1933 in seinem bekannten Buch “Die natürliche Geburt“, dass Angst den Wehenschmerz verstärkt. Medizinisch erklärbar ist dies durch die Wirkung von Hormonen: Katecholamine (z.B. Adrenalin) verursachen in großer Menge Schmerz, wodurch wiederum mehr Angst entsteht, wodurch wiederum Schmerz entsteht. Dazu hemmt Angst die Entspannung der Schließmuskeln -was unter der Geburt schlimme Auswirkungen hat, weil sich der Muttermund nicht weiter öffnet, sich wieder verengt oder Mütter gegen die fehlende Weitung arbeiten.

Im Gegensatz zu diesen negativ wirkenden Hormonen können Oxytocin und Betaendorphine positiv wirken: Natürliches Oxytocin bringt die Wehen voran, Betaendorphine wirken schmerzlindernd. Dafür sind aber gute Rahmenbedingungen wie Ruhe, Intimität, sensible Betreuung, Freude und Geborgenheit wichtig.

Es ist ein Teufelskreis: Wir hören von schlimmen Geburtserfahrungen und haben deswegen Angst vor der Geburt. Diese Ängste wirken sich unter der Geburt ggf. auf den Geburtsverlauf aus, es sind Eingriffe notwendig. Nach der Geburt wird wiederum von den Komplikationen berichtet, was bei anderen Gebärenden wieder zu Angst führt…

Bin ich “selber Schuld” an Eingriffen unter der Geburt?

Es hört sich in der Theorie so einfach an: Na dann hab doch keine Angst und dann läuft die Geburt auch gut. Oder, noch schlimmer: Wenn Komplikationen stattfinden, bist Du selber Schuld, denn bestimmt hattest Du Angst und deswegen ist es so gelaufen. So einfach ist das natürlich nicht. Keine Frau geht schließlich absichtlich mit Ängsten in die Geburt. Keine Frau hat Schuld, wenn sie unter der Geburt Ängste verspürt. Keine Frau ist Schuld daran, wenn die Geburt anders verläuft, als sie es sich vorgestellt hat. Viele Ängste sind unbewusst vorhanden. Es können Geschichten sein, die wir irgendwann einmal gehört haben und längst vergessen glaubten. Es ist unser kulturelles Erbe, das zum Tragen kommt. Oft sind es auch Rahmenbedingungen, die nicht stimmen: Häufiger Personalwechsel, fehlende konstante Ansprechpartner, ungenügende Kommunikation oder ganz schlicht: fehlende Aufklärung. Es wird heute zu wenig darauf geachtet, Frauen zu erklären und zu verdeutlichen, wie normal eine Geburt ist und dass der Körper darauf eingestimmt ist, eine Geburt zu meistern. Beispielsweise dadurch, dass sich das Becken natürlich weitet, dass es Hormone gibt, die den Schmerzen entgegen wirken, dass es Positionen gibt, die hilfreich sind in bestimmten Phasen. Es fehlt Aufklärung im Voraus, was viele Situationen erleichtern könnte. Was helfen kann, durchzuhalten. Was einem im Hinterkopf hören lässt: Alles gut, Du packst das. Doch daran ist keine einzelne Frau Schuld. Es ist ein gesellschaftliches Problem, das diese Stimme des “Es wird schon!” verstummen lässt.

Was wir gegen die Angst tun können

Am wichtigsten ist es, einen Menschen an der Seite zu haben, der Sicherheit ausstrahlt, der da ist, der auf einen eingeht. Eine Beleghebamme oder eine eigene Hebamme bei Geburtshaus- oder Hausgeburt ist ein wahrer Schatz. Im Vorfeld kann mit dieser Vertrauten offen über Probleme und Ängste gesprochen werden. Sie als Fachfrau kann alle offenen Fragen beantworten und Ängste abbauen. In einem Geburtsvorbereitungskurs sollte weniger der Schwerpunkt auf Anatomie und Ablauf gelegt sein, sondern vielmehr auf die natürlichen und körpereigenen Unterstützungsfähigkeiten unter der Geburt, so dass Selbstvertrauen in die Gebärfähigkeit auf- und Angst abgebaut wird. Wer darüber hinaus starke Ängste hat, kann sich auch therapeutisch behandeln lassen.

Doch wie dargelegt, ist die Angst nicht nur ein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem geworden. Wir müssen nicht nur daran arbeiten, jeder einzelnen Frau die Angst zu nehmen, sondern müssen etwas an der Kultur der Geburt verändern. Das beginnt schon bei den Kinderbüchern, bei denen Geburten nicht nur in Klinikroutinen gezeigt werden sollten, geht weiter über das Kinderfernsehen, über das Thema “Geburt” und “Gebären”, wie es in der Schule behandelt wird. Es geht darum, wie und wann wir mit unseren Kindern darüber sprechen, wie wir die Geburt erlebt haben oder ob wir sie gar an natürlichen Geburten teilhaben lassen. Es geht darum, wie in Serien und Filmen mit Geburt umgegangen wird und wie Zeitungen und Magazine darüber berichten. Und es geht darum, mehr von positiven Berichten zu erfahren, damit wir Geburt wieder als das betrachten können, was es ist: natürlich.

Die Angst verlieren durch positive Geburtsgeschichten

Ina May Gaskin, Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Frauenrechtlerin und Hebamme, beschreibt in ihrem kürzlich erschienenen Buch “Birth Matters – Die Kraft der Geburt“, wie wichtig es ist, dass wir heute mehr positive Geburtsberichte erfahren, dass wir besser aufgeklärt werden über die Geburt, über die Zusammenhänge von Ängsten und störenden Faktoren unter der Geburt mit dem Gebären und darüber, wie normal Geburten einfach sind. Zu der großen Angst vieler Frauen davor, dass sich das Kind in der Nabelschnur einwickeln könnte beispielsweise schreibt sie (S. 21):

Zum Beispiel wird vielen Frauen beigebracht, zu denken, dass es automatisch gefährlich sei, wenn ein Baby mit der Nabelschnur um den Hals vaginal geboren wird, während tatsächlich fast alle Babys mit Nabelschnur um den Hals (vielleicht ein Fünftel aller Geburten) auf sichere Weise vaginal geboren werden können.

Diese und viele weitere Märchen über die Gefahr der Geburt werden von ihr entkräftet. Angereichert mit zahlreichen Geburtsberichten hilft dieses Buch, Geburt wieder in die richtige Position zu rücken und zu zeigen, dass sie ein völlig normaler Vorgang ist, in den eben nicht eingegriffen werden soll, den Frauen ganz von sich aus steuern sollen und der mehr Wertschätzung in unserer Gesellschaft verdient hat, denn:

Wir Menschen sind Hamstern, Nashörnern, Eichhörnchen oder Erdferkeln in unserem Fortpflanzungsdesign nicht unterlegen. Es ist unser Kopf, der uns manchmal die Dinge schwermacht.

Wir brauchen keine Angst haben vor dem Gebären. Es ist normal. Es sind Komplikationen möglich und es ist wunderbar, dass wir hier die Möglichkeit haben, dass solche in Notlagen gut aufgefangen werden können. Aber Komplikationen sind nicht der Normalfall. Wir müssen nicht schon vorher Ängste vor etwas haben, was eventuell in wenigen Fällen passieren kann und uns dadurch das größte Ereignis im Leben zerstören lassen: Die Schwangerschaft und Geburt eines neuen Menschen, die auch gleichzeitig die Geburt einer Familie ist.

 

* An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass es natürlich sinnvoll sein kann, mögliche Erkrankungen und Besonderheiten vorzeitig zu bemerken, damit das Kind eine entsprechende – manchmal lebensnotwendige – Behandlung schnell erhalten kann. Dennoch ist auch anzumerken, dass in vielen Fällen vollkommen normale Schwangerschaften vorliegen, deren Verlauf durch viele Untersuchungen beeinträchtigt wird, wenn sich die Eltern hierdurch unnötig um die gesunde Entwicklung sorgen.

 

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