Alle Artikel von Gastautor*in

Programmieren lernen mit Kindern

Ob die Kinder Programmieren lernen, kann jede Familie gemeinsam für sich entscheiden. Wir halten es für eine gute Idee, denn es ermöglicht Kindern einen Blick hinter die Kulissen der Welt, die sie umgibt: Wie funktioniert eine Fahrstuhlsteuerung? Warum macht ein Programm manchmal nicht, was man möchte? Und wo kommen die vielen Apps eigentlich her? Dabei soll es gar nicht darum gehen, aus Kindern gleich die nächsten Software-EntwicklerInnen zu machen. Sie sollten nur die Möglichkeit haben, Technik zu verstehen und spielerisch damit umzugehen. Und nicht selten ist es auch für die Eltern eine gute Gelegenheit, eigene Berührungsängste zu überwinden.

Mittlerweile gibt es viele Möglichkeiten für und mit Kindern die Welt des Programmierens zu erforschen. Wir haben eine Liste interessanter Hard- und Software-Projekte zusammengestellt, mit denen wir bereits selbst Erfahrungen sammeln konnten. Manche Projekte sind nicht unbedingt auf das Programmieren an sich fokussiert, sondern zeigen einen generellen Einstieg in die Welt der Elektronik. Da die Grenzen hier fließend sind, könnt Ihr selbst schauen, welche Themen Eure Kinder und Euch selbst interessieren. Die Altersempfehlungen sind natürlich immer nur Richtlinien: Je nach Interesse und Entwicklung des Kindes kann sich das geeignete Alter nach oben oder unten verschieben.

Bücher für Kinder zum Thema Programmieren

Ein früher Einstieg ins Thema geht auch ganz ohne Technik. Zum Beispiel mit dem wunderbaren Buch „Hello Ruby. Programmier Dir Deine Welt“ (Amazon* | Buch 7* | Buchhandel) der finnischen Autorin, Illustratorin und Programmiererin Linda Liukas. Das Buch kann bereits kleineren Kindern vorgelesen werden. Es regt neben der Geschichte zu spielerischen Experimenten an, die das Prinzip der Programmierung näher bringen. In einem sehenswerten TED Talk erklärt Linda die Idee hinter dem Buch, das für Kinder ab fünf Jahren geeignet ist:

Mittlerweile gibt es weitere Teile des Buches, die weiter ins Thema führen: »Wenn Roboter zur Schule gehen«, »Expedition ins Internet« und »Die Reise ins Innere des Computers«.

Programmieren mit der Maus

Der Klassiker unter den Programmier-Umgebungen für Kinder ist Scratch. Die grafische Programmieroberfläche wird seit 2007 für die Bildung von Kindern und Jugendlichen entwickelt und es gibt viele Webseiten, Videos und Bücher mit Erklärungen, zum Beispiel zur Programmierung kleiner Spiele. Für Maus-Fans gibt es seit 2018 eine angepasste Scratch-Version: »Programmieren mit der Maus«, die schon allein durch Maus und Elefant Kindern den Einstieg erleichtert. Auf der Webseite gibt es Tipps für Lehrkräfte und Eltern. Wer sich weiter einarbeiten möchte, findet einen kleinen Workshop bei „Planet Schule“, den man mit Kindern durcharbeiten kann. Empfohlen für Kinder ab 8 Jahren (sie sollten bereits ein wenig lesen können).

Programmieren lernen ohne Computer: Kodi

Die meisten Programmier-Projekte benötigen Tablet, Smartphone oder Computer. Wer spielerisch mit den Kindern ohne Bildschirm Technologie direkt erkunden möchte, kann sich den »mechanischen Coding-Roboter Kodi« (Amazon* | Hersteller) ansehen. Kodi bietet einen Einstieg in die Welt des Programmierens ohne Smartphone oder Computer, denn hier geht es darum, eines von fünf Roboter-Modellen zusammenzubauen, das rein mechanisch Zeichnen, Greifen, Basketball werfen, Fußball spielen oder Gegenstände transportieren kann und über Stecker in ein Rad programmiert werden kann. Ein schönes Set, um allein oder gemeinsam am Tisch zu bauen und zu experimentieren. Empfohlen für Kinder zwischen 8 und 14 Jahren, aber der Zusammenbau der Plastikteile von Kodi ist ziemlich schwierig im Handling und es braucht erwachsene Begleitung.

little Bits

Little Bits (Amazon* | Hersteller) macht das Kennenlernen der Elektronikwelt besonders einfach: Mit kleinen thematisch sortierten Steckmodulen lassen sich spielerisch elektronische Schalten bauen und testen. Statt zu löten können Kinder einfach verschiedene Module aneinanderreihen und gucken, was passiert. Die „Bits“ genannten Module sind farblich nach ihren Funktionen markiert: pinke Input-Bits für Taster, Schalter und Sensoren, grüne Output-Bits für Licht, Motoren und Sound, blaue für Stromversorgung und orange für Verbindungen.

Mit diesen Bits können ganz einfach Schaltungen und Kreisläufe gebaut werden. Die Handhabung ist durch die einfache magnetische Verbindung sehr einfach. littleBits bietet verschieden Sets mit verschiedenen Umfang zu diversenen Themen an. Das littleBits Base Inventor Kit bietet n diese Elektronikwelt und ermöglicht erste Erfahrungen im Zusammenbauen, beispielsweise kann ein sprachgesteuerter Robotergreifarm gebaut werden. Kinder können aber damit aber auch eigene Projekte auf einfache Weise verwirklichen. Ein besonderer Spaß also für alle Kinder mit Freude am Programmieren, Basteln und Erfinden. Wir hatten Spaß mit einem Set zur elektronischen Musik, mit dem sich erstaunliche Synthesizer-Effekte bauen lassen. Empfohlen für Kinder ab 8 Jahren.

Einfache Erklärungen zur Bedienung

Dash

Dash (Amazon* | Hersteller) ist ein knuffiger Roboter, der robust genug ist, um auch von jüngeren Kindern bespielt zu werden. Über die zugehörigen Apps für Smartphone und Tablet kann Dash nicht nur einfach ferngesteuert, sondern richtig programmiert werden: Mit einzelnen Bausteinen, die in der Blockly App zusammengesetzt werden, können einfache Programme bis zu komplexe Handlungen programmiert werden: So kann Dash in der Wohnung rumfahren, Geräusche von sich geben, auf Hindernisse reagieren und mit Lichteffekten spielen.

Erste Schritte zur Programmierung können in der App mit einem kleinen Führerschein erlernt werden, später können eigene Ideen umgesetzt werden. Die App Blockly ist beispielsweise so aufgebaut, dass es einen ansteigenden Schwierigkeitsgrad gibt und die zu programmierenden Aufgaben immer anspruchsvoller und komplexer werden. Sogar eigene Wörter und Sätze können aufgenommen und von Dash mit entsprechendem Befehl wiedergegeben werden. Eine typische Aufgabe, die man mit Dash bewältigen kann ist zum Beispiel ein kleiner Parcour: Man klebt mit farbigen Klebestreifen eine Fahrtstrecke auf den Fußboden ab. Durch eine Kamera im Boden kann Dash so programmiert werden, dass er sich seinen Weg entlang der Strecke sucht.

Neben der Programmierapp Blockly gibt es auch weitere Apps, die genutzt werden können. An einigen Stellen ist die Übersetzung aus dem Englischen nicht ganz geglückt und unser Kind musste nachfragen, was mit einer Aufgabe konkret gemeint sei. Insgesamt jedoch sind Roboter und App von einem Schulkind nach kurzer Zeit allein bedienbar. Sarah von Sarah von mamaskind.de hat hier einen sehr ausführlichen Bericht über die einzelnen Apps und Funktionen geschrieben. Wer in Berlin wohnt und sich für das Programmieren interessiert, kann sich einmal die Workshops im Juniorlab ansehen. Dash hat übrigens aus Datenschutzgründen keine Kamera, auch wenn er ein wenig so aussieht. Geeignet für Kinder ab sechs Jahren.

LEGO Mindstorms

Ein mittlerweile fast schon betagter Klassiker ist das Mindstorms Set von Lego (Amazon* | Hersteller). Rund um einen programmierbaren „Brick“ können mit diversenen Motoren und Sensoren Maschinen entworfen und gesteuert werden. Wir haben vor einiger Zeit mit den Kindern einen Tee-Roboter gebaut, der nach einer frei wählbaren Ziehzeit einen Tee-Beutel aus einer Tasse gezogen hat. Es ist erstaunlich, wie viele Ideen Kinder zu so einem Projekt haben (und wie viel Tee plötzlich freiwillig getrunken wird):

Ein wenig gestört hat uns am Basis-Set von Mindstorms, dass es so sehr auf kämpfende Roboter fokussiert ist. Man muss den Anleitungen aber nicht folgen und es gibt viel Literatur und Ideen zu weiteren Projekten. Mittlerweile hat Lego auch für kleinere Kinder ein Einstiegsset veröffentlicht. Wir haben es noch nicht getestet, aber es sieht vielversprechend aus.

Calliope

Wer sich und seinen Kindern schon etwas mehr zutraut, kann mit Kindern Experimente mit dem „Calliope mini“ (Amazon*| Hersteller) machen. Das deutsche Projekte hat sich zum Ziel gemacht, allen Kindern ab der dritten Klasse den Zugang zu Elektronik zu ermöglichen. Bis dahin ist es wahrscheinlich noch ein Stück, aber der sogenannte »Einplatinencomputer« kann auch außerhalb der Schule gekauft werden. Es handelt sich um einen recht robusten kleinen Computer, der über den Computer oder Tablet/Smartphone programmiert wird. Er verfügt über einige eigenen Sensoren und Ausgabemöglichkeiten, kann aber vor allem durch seine Anschlüsse um eigene elektronische Ideen erweitert werden. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Klavier aus Alltagsgegenständen?

Aufgrund des pädagogischen Hintergrunds gibt es zum Calliope bereits Bücher wie »Der kleine Hacker: Programmieren lernen mit dem Calliope mini« und »Coden mit dem Calliope mini«. Die Bücher eignen sich besonders für Eltern, die Ideen suchen, die sie mit ihren Kindern umsetzen können. Empfohlen für Kinder ab 8 Jahren.

Anregen statt Durchziehen

Wichtig für das spielerische Lernen mit Elektronik und Programmiersprachen ist es, Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen. Es sollte nicht darum, stumpf Programmiersprachen zu vermitteln. Kinder lieben es, auszuprobieren und oft führt ihr Weg sie an ein ganz anderes Ziel, als man ursprünglich vor Augen hatte. Und wenn dann aus der geplanten Ampelschaltung doch eine digitale Pups-Orgel wird, sollte das nicht enttäuschen, sondern man hat genau erreicht, was man wollte: Das Kind hat Erfahrungen im kreativen Umgang mit Technologie gemacht und dadurch oft mehr gelernt, als man vielleicht vermutet.

Caspar Clemens Mierau ist Diplom-Kulturwissenschaftler (Schwerpunkt Medienkultur) und berät Startup-Unternehmen in technischen Fragen. Auf vierpluseins bloggt er über seinen Familienalltag und betreibt mit Patricia Cammarata den erfolgreichen Elternpodcast „Mit Kindern leben“  

Dieser Artikel wurde von keiner der genannten Firmen beauftragt oder bezahlt. Die vorgestellten Produkte sind selbst gekauft (Ruby, Lego Mindstorms, Calliope), PR-Sample (littleBits, Kodi) oder stammen aus früheren Kooperationen (Dash).
* Dieser Artikel enthält Affiliate-Links zu Amazon und Buch7, durch die ich im Falle einer Bestellung eine Provision erhalte ohne dass für Euch Mehrkosten anfallen. Die vorgestellten Bücher, Karten und Messer haben wir selbst gekauft .

Jahresrückblick für Kinder: Mit Naturmaterialien das vergangene Jahr in Erinnerung rufen

Wenn es nach der Weihnachtszeit wieder ruhiger wird und die Zeit zwischen den Jahren (erst dann) wirklich besinnlich wird, nehmen sich viele Erwachsene einen kleinen Jahresrückblick vor. Auch für Kinder ist der Beginn eines neuen Jahres mit einem Neubeginn verbunden. Die Tage werden langsam wieder länger, Silvester steht bevor. Nach den Weihnachtsferien ändert sich für Schulkinder die Jahreszahl in den Heften und manche werden schon nach Vorsätzen fürs neue Jahr gefragt. 

Bei uns wollte ich zum Jahresrückblick ein Fotoalbum mit den wichtigsten Ereignissen des Jahres vorbereiten. Da jedoch die Zeit gerade zum Ende des Jahres leider fehlt, wird es kein pünktliches Fotoalbum geben, um die Höhepunkte des Jahres chronologisch festzuhalten. Ganz auf einen Rückblick verzichten wollte ich dennoch nicht, und für einen geschriebenen ist meine Tochter noch viel zu klein. 

Spontan habe ich mich deshalb für einen einfachen Rückblick anhand der Jahreszeiten entschieden. Ich habe dabei auf Naturmaterialien zurückgegriffen, die sich im Laufe des Jahres angesammelt hatten. Wir haben ein kleines Holztablett, auf dem nach einem Naturausflug die Fundstücke landen. Nicht jedes Mal natürlich, aber ab und an wurden die Taschen vollgestopft mit schönen Steinen, Schneckenhäusern oder Besonderheiten wie kleinen Eicheln mit Hütchen, Früchten und Blumen (Beim Sammeln bitte auf den Schutzstatus von Pflanzen achten). Die Naturfundstücke fanden durch das Holztablett einen neuen Platz in unserem Wohnzimmer, um zuhause weiter bespielt zu werden. Da ich diesen Jahresrückblick nicht geplant hatte, ist vieles davon nach einiger Zeit wieder zurück in die Natur gewandert und unser kleines Holztablett wurde neu bestückt. Im nächsten Jahr möchte einzelne Stücke in eine kleine Kiste oder Box legen, um sie dann am Ende des Jahres noch einmal herauszuholen und die Geschichten zu diesen Schätzen in Erinnerung zu rufen. 

Für den Jahresrückblick habe ich jedoch Schneckenhäuser, getrocknete Pflanzen, besondere Steine, und gepresste Blätter gefunden. Das spiegelt natürlich nicht all die Naturerlebnisse wieder, die wir in diesem Jahr erlebt haben. Aber es lässt das Jahr für ein (Klein-)kind noch einmal Revue passieren. Es erinnert daran, was in der Natur passiert ist und was draußen alles erlebt wurde. 

Für einen Jahresrückblick mit Naturmaterialien braucht ihr: 

  • Festes Papier
  • Stifte
  • Kleber
  • Naturmaterialien wie Schnecken, gepresste Pflanzen, Steine, Sand, Muscheln, Stöcke
  • wenn vorhanden Fotos, Skizzen, gemalte Bilder, etc. aus dem vergangenen Jahresrückblick

Für unseren Jahresrückblick reichte ein DIN A4 Blatt. Wer im Laufe des Jahres ein Natur-Journal gepflegt hat und dort Skizzen von Pflanzen und Tieren oder Erlebnissen festgehalten hat, benötigt vielleicht ein größeres Papier. Ebenso wenn Fotos oder Bilder hinzugefügt werden sollen. Anschließend wird das Papier in vier Spalten geteilt, für jede Jahreszeit eine. Gemeinsam mit dem Kind wird das Material vorbereitet und die Ereignisse in Erinnerung gerufen. Je nach Alter kann anders begonnen werden, ich begann mit der Frage nach dem Wetter. So wurden Wolken, Sonne und Regen gemalt und das Wetter in den unterschiedlichen Jahreszeiten in Erinnerung gerufen. Dann überlegten wir gemeinsam, wann die gepressten Blumen geblüht hatten und was daraus entstand. Da wir in Spanien leben war unser Material etwas schwierig zuzuordnen, denn so klare Jahreszeiten wie in Deutschland gibt es hier nicht. Die Mandelblüten kamen schließlich zum Frühling, die fertige Mandelfrucht legten wir in den Herbst. Die Oliven kamen in den Winter, zusammen mit viel Regen. Meine Tochter malte die Umrisse einer Schnecke und eines Stein, von Mandeln und Oliven nach und wir erzählten uns, wann und wo wir diese Dinge entdeckt hatten. 

Der Weg ist das Ziel

Das Ziel des Jahresrückblicks ist nicht das Ergebnis eines besonders hübschen Kunstwerks. Wertvoll ist vor allem das Gespräch darüber, was alles draußen erlebt wurde. Gab es Ereignisse, die besonders aufregend waren? Welche Tiere wurden gesichtet, welche Pflanzennamen wurden neu gelernt? Gab es einen besonderen Lieblings-Kletterbaum und wenn ja, wie sah dieser im Frühling aus; wie im Herbst?  Welche Früchte, Beeren, Pilze wurden gesammelt? Wurde draußen in der Natur übernachtet – und wenn ja, wie sah die Unterkunft aus? Wurden Hütten gebaut und aus welchem Material waren sie? Vielleicht können Zeichnungen angefertigt werden, mit einem kleinen Bauplan, was dafür benötigt wurde. 

Ausblick auf das nächste Jahr

Ein Jahresrückblick ist ein guter Zeitpunkt, um sich auf die Erlebnisse des vergangenen Jahres zu besinnen. Gleichzeitig sind die Gedanken dabei auch immer schon ein wenig im nächsten Jahr. Welche Pläne, welche Ziele warten dort auf uns? Für Kinder sind solche Gedanken je nach Alter noch zu abstrakt. Aber auch für sie wird mit dem Jahreszeiten-Rückblick auch ein Ausblick auf die wärmeren, kommenden Jahreszeiten gegeben. Mit den Erinnerungen an das Hüttenbauen im letzten Jahr können Pläne für einen passenden Standort im nächsten Jahr geschmiedet werden. Oder, je nach Wetterlage, auch erst mal nur für Schneemann und Schneefrau im Januar. 

Eure

Veronika hat Biologie, Naturschutz und Landschaftsplanung studiert und ist Mutter einer Tochter. In ihrer Kolumne „Naturorientiertes Aufwachsen“ berichtet sie von Wegen, auf denen Kindern die Liebe und der Respekt zur Natur als Samenkorn mitgegeben werden können.  Mehr über Veronikas Arbeit und ihre aktuellen Texte zu grünen Themen findet ihr auf ihrer Homepage, Instagram oder Twitter.

Was ist das Klima? Ein Waldspaziergang mit Zeugen erklärt Kindern das Klima

Klima. Alle reden davon, die Erwachsenen machen sich Sorgen, Schüler gehen auf Demonstrationen. Doch was ist das eigentlich: Das Klima? 

Vielleicht eine Frage, die auch eure Kinder schon gestellt haben. Und es war vielleicht gar nicht so einfach, sie kindgerecht zu erklären? Jedenfalls geht es mir oft so. Zwar werden von meiner Tochter noch keine direkten Fragen zum Klima gestellt, aber unsere (nachhaltigen) Handlungen werden alle kritisch hinterfragt. Was das jetzt bringe, wenn sie den Müll aufhebt, den sie runtergeworfen hat. Warum ich kein Würstchen möchte und was eine pupsende Kuh damit zu tun hat. Warum wir laufen, wo doch Auto viel bequemer wäre. Warum ich zur Oma mit dem Zug fahren möchte und nicht mehr fliegen möchte.  Die Zusammenhänge sind denke ich noch unklar für meine Dreijährige. Dennoch versuche ich, jede Antwort so ehrlich wie möglich, und so einfach wie nötig zu beantworten. 

Am eindrücklichsten sind Erklärungen „zum Anfassen“. Um zu erklären, was das Klima ist, begeben wir uns darum auf den Weg nach draußen in die Natur. Dafür eignet sich beispielsweise der (Stadt-)Wald, beziehungsweise jeder Spazierweg, der an einem Baumstumpf oder gefällten Baumstämmen entlang führt. Mit euren Kindern könnt ihr ein Spiel spielen, und euch vorstellen, ihr wäret Wissenschaftler auf der Suche nach dem Klima. Es ist schwierig, das Klima wirklich greifbar zu machen. Anders als das Wetter, dass sich jetzt im beginnenden Herbst bei einem Regenfall mit Pfützenspielen wunderbar erleben lässt, versteckt sich das Klima. Während nach dem Regen die Sonne wieder scheint und der Wechsel des Wetters direkt sichtbar ist, kann man das Klima nicht sofort sehen. 

Klima ist, wenn Mama und Papa jeden Herbst die Pfützen aufgemalt und aufgeschrieben hätten und fast ihr ganzes Leben lang die Temperatur gemessen hätten. Denn das Wetter, was über einen Zeitraum von 30 Jahren an einem Ort herrscht, wird als Klima bezeichnet. Als Klima-Experiment braucht es also Daten über einen längeren Zeitraum hinweg. Doch wie ist das auf einem Waldspaziergang möglich? 

Im Wald warten Klimazeugen auf die Befragung durch junge Wissenschaftler

Stellt euch vor, wir sind Wissenschaftler auf der Suche nach dem Klima. Wir machen einen Spaziergang in den Tropen. Dort treffen wir auf einen Baumstumpf. Was würde er uns sagen? Ich verrate es euch: Vermutlich gar nichts. In den Tropen ist es das ganze Jahr warm und feucht. Ein Tropenbaum wächst sein Leben lang mit immer der gleichen Beständigkeit. Ich nehme jedoch an, dass die meisten Leserinnen und Leser hier bei einem Waldspaziergang auf Fichten, Buchen, Kiefern oder ähnliche Baumarten treffen würden. Und deren gefällte Baumstämme oder Baumstümpfe lassen uns einen direkten Blick auf das Klima werfen. Die Jahresringe verraten uns, wie alt ein Baum ist. Sie verraten uns noch mehr, denn als Wissenschaftler wollen wir mehr über das Klima wissen, in welchem dieser Baum gelebt hat. 

Breite und helle Jahresringe verraten uns, das der Baum in warmen, feuchten Wetter an Wachstum zugelegt hat. Schmale und dunkle Jahresringe dagegen zeigen trockenes und kühles Wetter an. So lässt sich an dem Baumstamm das Wetter ablesen: In dicken, hellen Jahresringen handelte es sich um milde Frühlinge mit ausreichend Regen, an den dünnen, schwarzen Ringen lassen sich trockene Sommer und ein kühler Herbst ablesen. Durch den Wechsel beider entstehen die Jahresringe. Lassen sich über die Baumscheibe hinweg Unterschiede in den Jahresringen ablesen, können die kleinen Wissenschaftler schlussfolgern, dass sich das Klima verändert hat. Der Baum erzählt uns davon. Er tritt als Klimazeuge auf und wir können ihn dazu befragen. Was erzählt er euch über das Klima in eurem Wald? 

Veronika hat Biologie, Naturschutz und Landschaftsplanung studiert und ist Mutter einer Tochter. In ihrer Kolumne „Naturorientiertes Aufwachsen“ berichtet sie von Wegen, auf denen Kindern die Liebe und der Respekt zur Natur als Samenkorn mitgegeben werden können.  Mehr über Veronikas Arbeit und ihre aktuellen Texte zu grünen Themen findet ihr auf ihrer Homepage, Instagram oder Twitter.

Entwicklungsgespräche führen im Kindergarten

Wenn euer Kind einen regulären Kindergarten besucht, habt ihr wahrscheinlich schon häufiger Entwicklungsgespräche geführt oder sie stehen bald an. Häufig sind diese Gespräche einfach noch mal eine Bestätigung: meinem Kind geht es hier gut, es entwickelt sich „normal“. 

Manchmal gibt es jedoch Gespräche, die sich einfach nicht gut anfühlen. Das kann ganz verschiedene Ursachen haben, z.B. das Gefühl der einseitigen Betrachtung oder Stigmatisierung des eigenen Kindes. Wie könnt ihr damit umgehen?

Spürt in euch hinein: Ihr seid die Experten für euer Kind und kennt es am besten. Das heißt nun nicht, dass ihr die Einschätzungen von Erzieher*innen einfach in den Wind schlagen sollt (denn diese haben wiederum einen pädagogischen Background und äußern im besten Falle Befürchtungen etc. nicht leichtfertig, sondern nach sorgfältiger Überprüfung ihrerseits). Dennoch solltet Ihr für euch überprüfen, ob ihr den Dingen, die genannt wurden, so zustimmen könnt und euer Kind wiedererkennt.

Gesprächsbereitschaft: Steht nicht allem ablehnend gegenüber, aber macht deutlich: mein Kind ist wunderbar, so wie es ist. Es sind höchstens und lediglich die Handlungen, die hier im Fokus stehen sollten. 

Sucht gemeinsam nach Lösungen: Was erschwert dem Kind die Situation? Geht keiner Schuldfrage nach, sondern schafft ein gegenseitiges Hilfesystem fürs Kind, dass sich der Frage widmet: Was braucht dieses Kind, um sich hier im Kindergarten wohl zu fühlen und gut anzukommen? Und wie können wir gemeinsam ihm dabei helfen?

Geduld: Wenn es um reine charakterliche Dinge geht oder Entwicklungsunterschiede, die ihre Zeit brauchen: habt Geduld. Und  bittet die Erzieher*innen, diese ebenfalls zu haben.

Akzeptanz für die Einzigartigkeit von Kindern: Kein Kind muss in ein Raster passen. Dein Kind spielt zufrieden mit sich und mag keine Großgruppensituationen, scheut diese sogar? Vielleicht bist du ja selbst ebenfalls ein Mensch, der wenige, ausgewählte Freunde hat und damit vollkommen zufrieden ist. Nicht jedes Kind muss ein „Gruppenleader“ sein, sofern es sich mit seiner Situation wohl fühlt.

Chance: Seht Konflikte auch immer als Gelegenheiten, um gemeinsam zu wachsen. 

Entwicklungsgespräche als Anregung

Meistens erfüllen Entwicklungsgespräche einen ganz zentralen Zweck: Sie stellen den Kontakt und die Verbindung zwischen Pädagog*innen und Eltern sicher. Deswegen: habt Mut, freut euch auf die Möglichkeit, euch auszutauschen und in Verbindung mit den Menschen zu treten, die euer Kind Tag für Tag begleiten. Und scheut euch dennoch nicht, ihre Ansichten zu hinterfragen. Bei den Farbtupfern vermeiden wir daher das Wort „Entwicklungsgespräch“ und sprechen lieber von „Begleitungsgesprächen“, denn Worte schaffen Realität.

Janine Ringel ist Sozialpädagogin (BA) und Mutter von zwei Kindern (2014 und 2017 geboren). 2017 hat sie zusammen mit ihrem Mann den kleinen, bindungsorientierten, auf Achtsamkeit und GFK basierenden Kindergarten „Farbtupfer“ in Lübeck für Kinder von 2-6 Jahren gegründet und arbeitet darüber hinaus in der Elternberatung. Sie ist ausgebildet in gewaltfreier Kommunikation nach M.B.Rosenberg. Mehr von Janine findet Ihr auf auf  farbtupfer.org oder hier   auf Instagram.

4 Tipps, wie Du bei Kinderfotos den Hintergrund verschwimmen lässt

Leni Moretti ist Familienfotografin aus Berlin und zeigt in ihrer neuen Kolumne hier, wie ihr mit eurer eigenen Kamera im Familienalltag schöne Baby- und Kinderfotos machen könnt – für bleibende Erinnerungen. Zuletzt hat sie über „Drei einfache Regeln für schöne Kinderfotos“ geschrieben.

Du würdest gerne ein schönes Kinderportrait mit verschwommenen Hintergrund machen? Du hast eine tolle Kamera zu Hause liegen, weißt aber noch nicht so recht, wie Du sie gut einsetzen  kannst? Das ist gar nicht so schwer! Es gibt nur einige Dinge zu beachten, die ich Dir hier kurz in vier Schritten erkläre. 

Um draußen im Freien so ein schönes, zeitloses Kinderportrait zu machen, wie von dem Kind oben, brauchst du eine Spiegelreflex- oder Systemkamera, mit der Du manuell Blende, Zeit und ISO einstellen kannst. Wichtig ist, dass Du Dein Kind draußen fotografierst, denn für so ein Kinderporträt mit verschwommenem Hintergrund brauchen wir ausreichend Tageslicht. 

1. Kleine Blendenzahl 

Auch wenn es am Anfang schwer fällt – verabschiede Dich vom Vollautomatik-Modus! Du wirst schnell sehen, dass Du so vielmehr Möglichkeiten hast, schöne Kinderportraits zu machen. Um einen butterweichen, verschwommenen Hintergrund zu bekommen, benutzt Du am besten die Zeit-Automatik. Das bedeutet, dass Du selber manuell die Blende wählen kannst und die Kamera dafür sorgt, dass automatisch die richtige Belichtungszeit eingestellt wird. So bekommst Du ein richtig belichtetes Bild während Du gleichzeitig selber entscheiden kannst, wie viel Tiefenschärfe Du im Hintergrund haben möchtest. 

Um Dein Kind vom Hintergrund abzuheben gehst Du so vor: Bei der Wahl des Kamera-Modus – im Menü oder an einem kleinen Rädchen an der Kamera – stellst Du die Kamera auf den Modus “A” bzw.“AV”. Das ist die sogenannte Zeit-Automatik. Anschließend stellst Du die gewünschte Blende dort ein, wo das Kürzel f/ steht. Wichtig ist hierbei, dass Du eine kleine Zahl wählst. Also eine 3.5 oder 2.8 oder noch besser eine 2.0 oder 1.8. Je kleiner diese Zahl, desto verschwommener der Hintergrund. 

Wie weit Du die Blende öffnen kannst, also wie klein die Blendenzahl werden kann, liegt an Deinem Objektiv. Bei sehr guten Objektiven liegt die kleinste Blendenzahl bei 1.8. Hier spricht man von besonders “lichtstarken” Objektiven. Zoomobjektive sind meist nicht so lichtstark wie Festbrennweiten und fangen oft erst bei einer Blende von f/3.5. Aber auch mit diesen Objektiven kann man den Hintergrund sehr schön verschwimmen lassen. 

2. Weite im Hintergrund 

Grundsätzlich hebt sich der Hintergrund besser ab, umso mehr freie Fläche hinter Deinem Kind ist. Wenn Du Dein Kind wenige Zentimeter vor einer Wand oder Büschen fotografierst, wird der Hintergrund kaum verschwimmen – aber auf einer Grünfläche im Park oder auf dem Feld, so wie auf dem nächsten Foto, schon. Je mehr “Raum” hinter deinem Kind, desto besser. 

3. Raus aus der Sonne! 

Da wir mit der Zeit-Automatik (A-Modus) fotografieren, solltest Du für Dein Kinderporträt die direkte Sonne oder Gegenlicht meiden. Das kann Deine Kamera nämlich aus dem Konzept bringen. Einfacher ist es am Anfang, wenn Du Dein Kind im Schatten fotografierst. Natürlich nicht im abendlichen Dämmerlicht, sondern bei ausreichend Tageslicht. So kann eigentlich gar nichts schief gehen. 

Sobald Du Dich besser mit den Einstellungen Deiner Kamera auskennst, kannst Du Dich auch an schwierigere oder wechselnde Lichtsituationen heranwagen. Aber fange erst einmal im Schatten an oder wenn es bewölkt ist. 

4. Auf die Augen fokussieren 

Bei einer großen, weit geöffneten Blende (also kleinen Blendenzahl), ist der Schärfebereich ganz klein. Das heißt, dass Du mit einer Blende von f/1.8 sogar nur die Nasenspitze in den Fokus  stellen kannst, der Rest des Gesichtes ist in diesem Fall schon unscharf. Das kannst Du mal ausprobieren, um ein besseres Gefühl für die Tiefenschärfe zu bekommen. Für ein Kinderporträt, bei dem Dein Kind direkt in die Kamera schaut, solltest Du aber immer auf die Augen fokussieren. Es wäre doch sehr schade, wenn die Schärfe hier auf dem Ohr oder der Nase liegt. 

Auch noch wichtig zu wissen: Dein Kind sollte sich nicht zu sehr bewegen. Je kleiner die Blendenzahl, desto schwieriger wird es nämlich, ein scharfes Foto zu machen. Wenn es nicht gleich so klappen sollte, wie Du Dir das vorstellst, nicht entmutigen lassen! Die Tiefenschärfe (also wie unscharf der Hintergrund ist), hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel, wie nah Du Dein Kind fotografierst, also mit welchem Abstand Du vor Deinem Kind stehst. Ist nur das Gesicht auf dem Bild, wird der Hintergrund deutlicher verschwimmen, als wenn die Kleinen von Kopf bis Fuß auf dem Foto sind. Auch Kamera und Objektiv spielen dabei eine wichtige Rolle. 

Ich hoffe Du kommst mit diesen 4 Tipps einem schönen Kinderportrait ein gutes Stück näher! Hier findest Du 15 Foto-Spickzettel, die es Dir noch leichter machen, schöne Momente mit Deinen Kindern festzuhalten.


Leni Moretti ist Baby- und Familienfotografin aus Berlin. Seit 2013 begleitet sie mit der Kamera Familien in ihrem eigenen Zuhause. Dabei dokumentiert sie in einer vertrauten Atmosphäre die innige Verbindung zwischen Eltern und ihren Kindern mit Fotos und Filmaufnahmen. Auf ihrem Foto-Blog und auf Instagram gibt sie ihr Foto-Wissen weiter und zeigt Eltern, wie sie im Familienalltag selber schöne Baby- und Kinderfotos machen können. Für Foto-Anfänger, die ihre Kamera besser verstehen möchten, hat Leni einen umfangreichen Online-Fotokurs für Eltern entwickelt.




Unser Schlüssel zur Geborgenheit beim Auswandern

Von unseren ersten Jahren als Familie in Indien habe ich hier schon öfter erzählt. Seit ein paar Wochen sind wir dabei, uns wieder in Deutschland einzuleben. Nach so langer Zeit in einer so anderen Kultur ist uns auch Deutschland ein Stück fremd geworden. Für unsere Tochter ist Deutschland wirklich neu. Sie empfindet Indien als ihr Zuhause, mit ihren Freunden, der vertrauten Umgebung, dem Essen und allem anderen, was eine Kultur ausmacht. Für mich hingegen war Indien wirklich vollkommen fremd. Ich stand vor der Herausforderung: Wie kann man inmitten von all dem Neuen und Anderen Geborgenheit finden mit einem Baby oder Kleinkind? Geborgenheit, schreibt Susanne immer wieder, sieht für jede Familie anders aus. In diesem Artikel möchte ich ein paar unserer Schlüssel für Geborgenheit teilen.

Körperkontakt

Berührung und Kontakt helfen uns, uns als Familie zu spüren, auch wenn die äußeren Umstände sich verändern. In Zeiten von Übergang und Veränderung hilft uns Tragen, Umarmen, Kuscheln. Gerade auch, wenn wir auf Reisen waren, haben wir unsere Tochter oft getragen und waren wir so sicher, das Wichtigste nahe bei uns zu haben. So war unsere Tochter auch jederzeit geschützt. Auch wenn ich gerade überfordert, getriggert oder gestresst war von all dem Fremden, half es mir, in einer Umarmung zu sein, so dass sich mein Nervensystem wieder beruhigen und entspannen konnte. Und jetzt in diesen Wochen wird wieder viel getragen, denn wir Eltern sind im Moment das Einzige, was von der vorherigen vertrauten Welt für unsere Tochter noch geblieben ist. 

Verlangsamung

Ich habe in der Zeit in Indien unglaublich viel „verpasst“. Ich habe nicht einmal das Taj Mahal gesehen. Weil ich andere Prioritäten gesetzt habe. Es war mir sehr wichtig, einen stressarmen Familienalltag zu gestalten und Zeit zu haben. Dazu gehört für mich die Möglichkeit verlangsamen zu können, für einzelne Momente, aber auch für Stunden oder Tage oder Wochen. Die Verlangsamung ermöglicht mir, im Kontakt mit mir zu bleiben, mit meiner Tochter, mit meinem Mann. Oder diesen Kontakt wieder herzustellen. Manche Erfahrungen in Indien lösten eine solche Dichte an Empfindungen in mir aus, die ich sonst gar nicht hätte aufnehmen können. Die Verlangsamung ermöglicht mir, Gefühle und Empfindungen zu durchleben und dann auch wieder gehen zu lassen. So konnten wir diese ersten Jahre als Familie in ziemlich großer Langsamkeit gestalten. Das finde ich auch jetzt sehr wertvoll, wo in Deutschland wieder ein anderer Beat vorherrscht. Langsamkeit bedeutete, mehr vor Ort zu sein, weniger zu unternehmen. Dafür aber Zeit zu haben für Beziehung. 

Das Hüten der eigenen Kultur

Neben all dem Abenteuer eines Lebens in Indien war es wichtig, auch die Rituale und Gewohnheiten der eigenen Kultur für uns zu bewahren und Räume zu schaffen, wo sie weiter gelebt werden können. Neben dem Zuhause gehörten für uns dazu vertrautes Essen wie Brot oder auch das Feiern von Festen wie Weihnachten oder Ostern. Wunderschön ist, dass man dieses Würdigen des Eigenen mit den Menschen vor Ort teilen kann: Wir haben oft unsere Nachbarsfamilie eingeladen und konnten sehen, wie bereichernd es für die Kinder ist, zu erleben, dass es bei uns ganz anders zugeht. Dass man bei uns mit Besteck isst und alle gemeinsame am Tisch sitzen zum Beispiel, oder dass man an Ostern Eier anmalt und sucht. Ich brachte den Nachbarn selbstgebackenes Brot und Apfelkuchen und dafür bekamen wir Chapati und Parata. Das Bewahren und Teilen des Eigenen baut Brücken und verbindet. Diese Verbundenheit in aller Verschiedenheit ist etwas sehr Kostbares. Jede und jeder darf anders sein. Trotzdem sind wir zusammen und verbunden. 

All dies hilft uns jetzt übrigens auch beim Einleben in Deutschland. Nur dass es nun darum geht, auch etwas von dem Leben in Indien in unserem Herzen und Alltag zu bewahren. Gerade auch für unsere Tochter, für die Indien das erste Zuhause war.  

Anka Falk hat einen Magister in Rhetorik und Pädagogik und ist Körperpsychotherapeutin, Coach und Dozentin. Von 2007-2017 arbeitete sie in Lehre und Forschung an einem experimentellen Design Institut in der Schweiz. Sie ist im Alter von 37 Jahren mit ihrem Mann nach Indien gegangen. Ihr Kind hat sie in Deutschland geboren, ist dann aber zurück gegangen nach Indien und berichtet von ihrem Alltag dort. Zudem bloggt sie auf ljuno.de und gibt einen Einblick in ihr Alltagsleben in Indien hier auf Instagram 

Entspannungsideen für Erstklässler*innen

Für ein Kind, das in die Schule kommt, beginnt ein neuer Lebensabschnitt: War es im Kindergarten die/der „Große“, so ist es nun, nach den Ferien, die/der „Kleine“. Es hat einen neuen Tagesablauf, einen neuen (Schul-)Weg zu beschreiten, neue (Bezugs-)Personen, die es kennen lernen muss, neue Kinder, Klassenkameraden, um sich. Dort sind Kinder über mehrere Stunden einer hohen Lautstärke und vielen Sinneseindrücken ausgesetzt. Die Räumlichkeiten und das Gebäude sind ebenso neu wie die Regeln, die Kommunikation, überhaupt das ganze System Schule. Vielleicht kommen Kinder auch bewusst zum ersten Mal mit Vergleich und Bewertung in Kontakt. Eine ganz schöne Leistung, die die neuen Schulkinder da bewältigen, oder?

Rückzugsort Zuhause

Wenn wir uns vor Augen führen, was ein Schulkind bis mittags schon alles leistet, ist es nicht verwunderlich, dass Kinder zuhause erst einmal „in ein Loch fallen“ oder „aufdrehen“. Was viele Kinder jetzt brauchen, sind sicherere, vertrauter Personen und Orte. Die allerwenigsten Kinder rufen jetzt: „Bitte bring mich zum Klavierunterricht!“. Meist wünschen sich Kinder nun einfach „sein“ zu dürfen – und auch ein Stück in Ruhe gelassen zu werden bzw. haben das Bedürfnis nach gemeinsamer Spiel- oder auch Kuschelzeit mit den Eltern. Die Akkus wollen aufgeladen werden. Sie haben bereits schon viele Stunden kooperiert. Wichtig ist, dass nun die Kinder zu Wort kommen. „Was wünscht DU dir jetzt? Wollen wir gemeinsam ein Buch lesen/ malen/ etwas spielen?“ zeigt den Kindern, dass sie uns wichtig sind. 

Raus in die Natur – am besten Barfuß

In der Natur erden sich – nicht nur – Kinder. Das Grün der Pflanzen wirkt entspannend auf die Augen und auf den gesamten Organismus (Stichwort „Waldbaden“). Also raus in Wald und auf die Wiese, in den Stadtpark, in den Garten. Es tut Kindern gut, die Schuhe auszuziehen zu dürfen, barfuß zu laufen, Kontakt zum Boden aufnehmen. Die Füße bilden das Fundament für den ganzen Körper. Spielerisch können die Kinder barfuß ihre Füße trainieren: Auf den Fersen, auf den Ballen, auf den Außen- und dann Innenkanten versuchen zu gehen, Steine oder Eicheln mit den Zehen aufheben,… Anschließend in die „Berghaltung“ kommen: Gerade stehen, Augen schließen und bewusst zu den Füßen spüren. Wie fühlen sich die jetzt an?

Auch gärtnern, in der Erde wühlen, tut gut und baut Stress ab. Barfußpfade fördern die Wahrnehmung. In der Natur entwickeln sich meist von ganz alleine Spielideen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Hier kann ein Stock ein Zauberstab, eine Person, ein Schwert oder ähnliches sein. Die Kinder kommen wieder in den „Selbstwirksamkeitsmodus“. Hier legen sie Spielregeln fest.

In der Schule verbringen Kinder zudem in der Regel die meiste Zeit im sitzenden Zustand. Hier gilt es „auszugleichen“ den Kindern viel Bewegungsfreiheit zu bieten, denn Bewegung baut Stress ab. 

Ton aus

Oft lassen wir uns bewusst oder unbewusst „berieseln“: Das Radio läuft beim Kochen, Duschen oder beim Frühstück, die Kinder lassen beim Spielen den CD Player laufen, im Auto laufen die Nachrichten, im Zug per Kopfhörer Musik oder ein Hörspiel und abends läuft der Fernseher, während wir noch am PC arbeiten. Es kann gut tun, einmal bewusst darauf zu verzichten. Der Stille zu lauschen, die Geräusche wahr zu nehmen, die z. B. innerhalb des Autos oder der Wohnung ganz natürlich entstehen. Und welche außerhalb. „Was kannst du jetzt in dem Moment alles hören?“ Ist eine ganz simple Achtsamkeitsübung für Kinder, die überall gespielt werden kann. Oder man öffnet das Fenster und das Kind lauscht bewusst für 1-2 Minuten den Geräuschen. Hinterher kann man sich über das Erlebte austauschen. 

Ruhehaltung Shavasana

Bitte dein Kind sich in Rückenlage auf den Boden zu legen. Es kann sich auf eine Decke oder eine Yoga-/ Gymnastikmatte legen, damit es nicht so hart ist.  Die Beine sind gestreckt und entspannt, die Füße fallen locker auseinander. Die Arme liegen ausgestreckt neben dem Körper, die Handflächen zeigen nach oben.  Das Kind kann nun die Augen schließen, wenn es mag. Mag es nicht auf dem Rücken liegen, so kann es sich alternativ auf den Bauch drehen.

An kalten Tagen kann eine warme Wärmflasche (oder auch mehrere) bzw. Körnerkissen auf den Bauch (oder Rücken) gelegt werden. Eine Wohltat nach einem aufregendem Schultag. Wichtig ist zu fragen, ob es für das Kind angenehm ist und nicht zu heiß oder schwer. Andersrum geht es genau so gut: An heißen Tagen kann mit Kühlis gearbeitet werden, z. B. eins auf die Stirn, je eins auf jedes Handgelenk.  Liegt das Kind auf dem Rücken, so kann auch ein Augenkissen (ggf. sogar mit entspannendem Lavendelduft) auf die Augen gelegt werden. Dies kann die Entspannung vertiefen. Wer mag, kann sich auch Kopfhörer aufsetzen, um die Außengeräusche auszublenden.

Massagen

Viele Kinder lieben Massagen. Ihr könnt gemeinsam ein Körbchen mit unterschiedlichen Materialien füllen: verschieden große und harte Igelbälle, unbenutzte Malerpinsel – und Rollen, Schwämme, Bürsten, Tuschpinsel, usw. Nach Lust und Laune können die Massageutensilien für Massagen verwendet werden. Schön ist es auch, wenn eine Massagegeschichte dazu erzählt wird. Zu den Klassikern gehört die „Pizzamassage“ oder eine „Wettermassage“. Das Kind darf natürlich auch die Eltern oder Geschwister massieren und sich eigene Massagegeschichten ausdenken. Selbstverständlich kann sich das Kind auch selbst massieren: Dazu kann es sich zum Beispiel mit einem Fuß auf einen Igelball stellen und darauf kreisen. Der Druck bestimmt die Intensität der Massage. Das Kind kann sich auch auf den Boden legen und einen Tennisball unter den Rücken schieben und sich durch Bewegung eine wohltuende Rückenmassage schenken. Eine Kopfhautmassage mit den Fingerspitzen wirkt belebend und entspannend. Müde Beine können auch mit einem Igelball sanft bearbeitet werden. 

Zeug stresst Familien

Der Eintritt in die Schule bietet auch allgemein die Chance bestimmte Bereiche als Familie einmal anzugucken. Denn häufig entsteht Stress aus einem Mangel an Zeit und einem zuviel an Zeug, wie Klamotten oder Spielsachen. Hier könnte „Weniger ist mehr“ helfen, den Alltag zu entschleunigen. Folgende Fragen dienen als Reflexionsinspiration: 

  • Passt unser Tagesablauf zu unseren Bedürfnissen?
  • Was wollen wir als Familie wirklich? Was ist uns wichtig? Was nicht mehr?
  • Muten wir unserem Kind zu viel zu in Bezug auf „Freizeitprogramm“?
  • Stresst sich das Kind evtl. sogar selbst mit seinen Freizeitbeschäftigungen?
  • Wer oder was raubt ungewollt Zeit – wie können wir das abschalten?  
  • Welche Personen sind uns wichtig und wollen wir weiterhin in unserem Leben haben?
  • Und welche Personen tun uns nicht gut?
  • Können wir Haushaltsaufgaben neu und anders aufteilen oder an Dritte delegieren?
  • Fühlen wir uns in unseren 4 Wänden wohl?
  • Mit welchen Räumen oder Ecken in der Wohnung sind wir unzufrieden? Wie können wir das ändern?
  • Gibt es Streit über bestimmte Sachen? Welche Sachen werden nicht mehr benötigt und können weitergegeben oder verkauft werden?

Ich wünsche allen Familien einen entspannten Schulalltag!

Stephanie Weich ist Erzieherin und Krippenpädagogin aus Vechelde. Sie hat u.a. Weiterbildungen zur Entspannungstherapeutin, Stressmanagementtrainerin und Kursleiterin für Progressive Muskelentspannung & Autogenes Training besucht. Weitere Angebote finden sich auf ihrem Blog und auf Instagram.Zu dem ist sie Autorin des Buches Spielerische Meditationen mit Klang, Bewegung und allen Sinnen.


Drei einfache Regeln für schöne Kinderfotos

Leni Moretti ist Familienfotografin aus Berlin und zeigt in ihrer neuen Kolumne hier, wie ihr mit eurer eigenen Kamera im Familienalltag schöne Baby- und Kinderfotos machen könnt – für bleibende Erinnerungen.

Zum Fotografieren ist das Smartphone im Familienalltag zwar praktisch, weil es unkompliziert ist und man es schnell zur Hand hat. Doch wenn man auch bei schlechten Lichtverhältnissen brauchbare Fotos von seinen durch-die-Gegend-flitzenden Kinder machen möchte, klappt das viel besser mit einer Spiegelreflex- oder Systemkamera. Bis man verstanden hat, wie mit den ganzen Rädchen und Tasten an der Kamera tolle Kinderbilder entstehen, kann es allerdings etwas dauern. Bis dahin lohnt es sich, ein paar einfache Regeln zu beherzigen, mit denen Deine Kinderbilder sofort deutlich besser aussehen, egal ob Du mit dem Handy oder der Kamera fotografierst. 

1. Achte auf den Hintergrund! 

Achte auf einen ruhigen Hintergrund, wenn Du Dein Kind fotografierst. Wenn sich im Hintergrund hinter Deinem Kind viele störende Elemente und Farben befinden, wird der Blick von Deinem Fotomotiv weggelenkt. Was man als Foto-Anfänger auch leicht übersieht: Bäume, die aus dem Kopf wachsen. 

Wenn Du Deine Kinder in der Natur fotografierst, versuche mal darauf zu achten, dass Du so ein “Baumgeweih” vermeidest. Hier reicht es oft schon, einen kleinen Schritt zur Seite zu gehen und schwupps, hat man einen viel schöneren Hintergrund. So habe ich das bei dem linken Foto gemacht und bin einfach einen Schritt nach rechts gegangen. So sieht der Hintergrund gleich viel ruhiger und aufgeräumter aus, oder? 

2. Ganz oder gar nicht! 

Wenn Du ein Ganzkörperfotos von Jemandem machst, egal von wem, auf keinen Fall die Füße abschneiden. Die müssen mit auf’s Foto! Ich weiß nicht, wie oft ich im Urlaub schon Passanten gebeten habe, ein Foto von uns zu machen, nur um das festzustellen, dass die Füße nicht mit drauf sind. Jetzt sage ich immer mit einem Augenzwinkern, „Bitte auch die Füße mit auf’s Foto nehmen!“

Wenn man sein Kind nur von der Hüfte aufwärts fotografiert oder nur das Gesicht, müssen die Füße natürlich nicht mit drauf. Aber bei Ganzkörperfotos schon. Ganz oder gar nicht! Oft ist man beim Fotografieren so auf das Gesicht in der Mitte des Fotos konzentriert, dass man alles Andere drumherum vergißt. Lasse vor dem Auslösen also am besten nochmal schnell den Blick durch das Bild wandern! 

3. Weg von der Mitte! 

Als Fotografie-Einsteiger fotografiert man sein Fotomotiv meistens mittig und das kann nach einer Weile etwas langweilig sein. Mit der Drittel-Regel kannst Du direkt beim Fotografieren oder später beim Zuschneiden der Bilder am PC mehr Spannung in Deine Kinderfotos bringen. 

So machst Du Deine Kinderfotos mit der Drittel-Regel interessanter und harmonischer:

  • Teile das Bild (gedanklich) in 9 Teile so wie auf diesem Foto
  • Stelle sicher, dass sich bei Kinderporträts das Gesicht auf einem der Schnittpunkte der horizontalen und vertikalen Linien befindet. Das klingt erstmal kompliziert und mathematisch, ist es aber nicht.
  • Bei einigen Kameras kann man sich die horizontalen und vertikalen Hilfslinien der Drittel-Regel direkt beim Fotografieren im Display und Sucher anzeigen lassen. Schau mal, ob Du diese Einstellung bei Deiner Kamera findest. 

Muss man sich immer an diese drei Regeln halten? Auf keinen Fall. Manchmal achte ich drauf, manchmal nicht. Es ist gut, manche Regeln in der Fotografie zu kennen. Ob man sich daran hält, entscheidet das Bauchgefühl. 

Leni Moretti ist Baby- und Familienfotografin aus Berlin. Seit 2013 begleitet sie mit der Kamera Familien in ihrem eigenen Zuhause. Dabei dokumentiert sie in einer vertrauten Atmosphäre die innige Verbindung zwischen Eltern und ihren Kindern mit Fotos und Filmaufnahmen. Auf ihrem Foto-Blog und auf Instagram gibt sie ihr Foto-Wissen weiter und zeigt Eltern, wie sie im Familienalltag selber schöne Baby- und Kinderfotos machen können. Für Foto-Anfänger, die ihre Kamera besser verstehen möchten, hat Leni einen umfangreichen Online-Fotokurs für Eltern entwickelt.



Welches Tragetuch ist am Anfang geeignet? – Tipps einer Trageberaterin

Ganz egal, ob du dein Baby lieber in einem Tuch oder einer Tragehilfe tragen möchtest, das erste Mal ist und bleibt dabei immer etwas ganz Besonderes. Die Auswahl an Tragemöglichkeiten ist riesig. Hast du dich für ein Tragetuch entschieden, bekommst du hier ein paar Hintergrundinformationen, damit du entspannt deine ersten Trageerfahrungen sammeln kannst.

Dein Neugeborenes im Tuch tragen

Das Tragetuch bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, dein neugeborenes Baby sicher und bequem zu tragen. Es gibt unterschiedliche Bindeweisen, die je nach Körperstatur und gesundheitlicher Besonderheiten (z.B. Rückenschmerzen, Neigung zum Milchstau etc.) ausgewählt und erlernt werden können.

Neben dem „klassischen“ fest gewebten Tragetuch, stellt das elastische Tragetuch, welches deutlich flexibler und dehnbarer ist, eine weitere Möglichkeit dar, dein Baby im Tuch zu tragen. Für welche Art du dich entscheidest, hängt dabei von deinen persönlichen Vorlieben ab, denn beide Tucharten eignen sich gleichermaßen zum Tragen direkt nach der Geburt, unterscheiden sich jedoch in der Handhabung beim Binden und Straffen und in ihrem Tragegefühl. Die Empfehlung, dass Neugeborene ausschließlich im elastischen Tuch getragen werden sollten, ist demnach nicht korrekt. Grundsätzlich gilt, dass alle Tücher, ganz gleich ob gewebt oder elastisch, schön fest gebunden werden sollten, damit das Gewicht des Babys optimal auf dem Körper des Trägers verteilt und das Baby rundherum gut gestützt wird. Überprüfen lässt sich dies, indem du dich mit dem fertig gebundenen Tuch leicht nach vorne beugst. Dabei legst du unterstützend eine Hand an das Köpfchen deines Babys. Nun sollte sich der Körper deines Babys idealerweise nicht von deinem Körper wegbewegen. Dein Baby sollte sozusagen nicht ins Tuch fallen. Ist dies der Fall, straffe das Tuch bitte noch einmal nach. 

Das gewebte Tragetuch

Das gewebte Tragetuch besteht aus einem festen Stoff, wobei sowohl die Art als auch die Menge des verwebten Materials Einfluss auf die Haptik des Tuchs nehmen. Für den Beginn empfehle ich ein Tuch zu wählen, das sich durch ein geringes Flächengewicht auszeichnet. Das Flächengewicht gibt Aufschluss darüber, wieviel der Stoff des Tuchs wiegt und wird in g/m2 angegeben. Dieser Wert beschreibt also die Dichte eines Tuchs. Je höher das Flächengewicht, desto dicker ist das Tuch. Gerade am Anfang erleichtert es das Straffen ungemein, wenn du nicht einen riesigen Strang aus Stoff festhalten musst und noch dazu kostet es tatsächlich etwas Kraft ein sehr dickes Tuch akkurat zu straffen.

Außerdem sind gestreifte Tücher sehr zu empfehlen, da du anhand der Streifen den Tuchverlauf um deinen Körper besser nachvollziehen kannst und dies wiederum das Binden deutlich erleichtert. Tragetücher aus Baumwolle sind für den Tragestart völlig ausreichend und erschwinglich. Tücher aus extravaganteren Materialien wie Wolle, Bambus oder Seide sind für den Tragestart nicht wichtig, sondern werden vielmehr zu Objekten der Begierde, wenn du in Tragetüchern eine Leidenschaft für dich entdecken solltest.

Neben dem Flächengewicht und dem Stoff unterscheiden sich gewebte Tragetücher auch in ihrer Länge, die in der Regel in Zahlen angegeben wird. Die Entscheidung welche Länge die richtige ist, orientiert sich einerseits an Größe und Körperstatur der tragenden Person und andererseits an der Bindeweise, die genutzt werden soll. So „verbraucht“ das Känguru beispielweise viel weniger Tuchlänge als die Wickelkreuztrage. Es bietet sich daher an, erstmal zu testen, welche Bindeweise dir liegt und zusagt und dann das Tragetuch zu kaufen. An dieser Stelle möchte ich dich gerne nochmal dazu ermutigen, dir eine Trageberatung zu gönnen, denn der oft gehörte Ratschlag „Hol dir einfach das längste Tuch, damit kannst du alles binden!“, mag zwar stimmen, ist aber in der Praxis eher ernüchternd, da ein zu langes Tuch sowohl beim Binden keine Freude macht, als auch der ewig lange „Schwanz“, der übrig bleibt, im Alltag durchaus hinderlich sein kann.

Der große Vorteil des gewebten Tragetuchs ist, dass es von Beginn bis Ende der Tragezeit genutzt werden kann, da es je nach Bindetechnik zu einer optimalen Gewichtsverteilung führt und sich der Größe deines Babys bei jedem Binden anpasst. Damit es optimal für dich und dein Baby sitzt, musst du jedoch tatsächlich etwas üben. Auch wenn das Tragetuch zu binden keine Wissenschaft ist, müssen die neuen Handgriffe natürlich erstmal zur Routine werden, was aber durchaus ein paar Übungsanläufe in Anspruch nehmen kann. Insbesondere weil das gewebte Tragetuch es erfordert, dass der Stoff Stück für Stück, also „strähnchenweise“, festgezogen werden sollte, um ein optimales und festes Ergebnis zu erzielen. Aber hierbei gilt: Übung macht den Meister! 

Das elastische Tragetuch

Das elastische Tragetuch ist aus einer Art Jerseystoff gefertigt und deutlich dehnbarer als das gewebte Tragetuch. Gerade am Anfang empfinden viele Eltern das elastische Tragetuch als bequemer, da es ein bisschen wie ein enges Shirt sitzt und in seiner Handhabung tatsächlich etwas einfacher ist. Im Gegensatz zum gewebten Tuch, kann das elastische Tuch in dickeren Bahnen festgezogen und darf deshalb beim Binden etwas „grobmotorischer“ behandelt werden. Dies macht das Binden am Anfang für viele etwas einfacher, da weniger Handgriffe notwendig sind. Beim elastischen Tragetuch gibt es je nach Hersteller ein paar Unterschiede in der Verarbeitung des Stoffes, so zum Beispiel auch in der Dicke. Eine Angabe über das Flächengewicht gibt es beim elastischen Tragetuch für gewöhnlich jedoch nicht. Ich persönlich empfehle zusätzlich darauf zu achten, dass die Kanten richtig gesäumt und nicht nur gekettelt sind, da sich so die haltgebende Kopfkante deutlich besser straffen lässt und das Tuch an dieser Stelle mehr Stabilität bietet, da es weniger ausleiert. 

Die Bindeweisen beim elastischen Tuch sind etwas weniger variabel, als beim gewebten Tuch. Zudem begrenzt das Gewicht des Traglings in gewisser Hinsicht das Tragen im elastischen Tuch. Ab einem Gewicht von etwa 9 kg wird das Tragen deutlich weniger komfortabel und das stabile Binden ziemlich kompliziert, wobei an dieser Stelle das persönliche Empfinden natürlich eine große Rolle spielt. Grundsätzlich sollte das elastische Tuch immer mehrlagig gebunden werden, damit das Baby ausreichend gestützt ist. 

Nun also startest du in deine ersten Trageerfahrungen. Ich wünsche dir und deinem Baby viele wundervolle Tragemomente.

Kira Heck ist staatlich anerkannte Kindheitspädagogin B.A., geprüfte Trageberaterin und zertifizierte Stillbegleiterin. Sie arbeitet als Trage- und Stillberaterin sowie als Elternbegleiterin in Berlin und Brandenburg und ist selbst Mutter. Auf Geborgen Wachsen schreibt sie über das Tragen von Babys und Kleinkindern, gibt hilfreiche Tipps und stellt neben Tragehilfen und Bindeweisen auch Basics zum Thema vor. Auf Instagram ist sie unter Herzhöhe zu finden. Mehr Informationen gibt es auch auf Kiras Webseite 



Angst vor der Natur – welche Ängste Eltern haben und was es zu beachten gilt

Die drei Kinder balancieren zwei Meter über dem Boden auf einem Weg am Hang entlang und singen das Wanzen-Tanz-Lied. Der Grat des Wegs ist nicht besonders breit und wir Eltern sehen sie vor unserem geistigen Auge schon abstürzen. „Camping ist soo toll!“, schreien die Kinder. Sie haben mächtig Spaß. Sollten wir ihnen das Balancieren verbieten? Sollten wir hingehen und uns daneben stellen? Müssten wir das nicht eigentlich sogar? 

So schmal der Weg auf der Mauer ist, so schmal ist auch der Grat zwischen dem Loslassen-können und Festhalten-müssen. Sobald wir mit Kindern draußen in der Natur sind, werden wir vor diese Frage gestellt. Lassen wir sie klettern, balancieren, Grenzen austesten, mit der Gefahr, dass sie sich verletzen könnten? Oder sind wir vorsichtig, sind in Armlänge und verhindern so vielleicht die ein oder andere Schramme, lassen aber gleichzeitig nicht zu, dass das Kind seine eigenen Fähigkeiten kennenlernt? 

Die Natur macht vielen Eltern Angst. Auf Instagram hatte ich gefragt, was die Gründe für Angst in der Natur sind. Es kamen sehr viele Antworten, von Wildschweinen im Wald bis zur Blumenerde bei Krabbelkindern. Über die häufigsten vier möchte ich hier mit Hilfestellungen und Informationen aufklären: 

Zecken

Eure mit Abstand größte Angst vor der Natur war dieses kleine Tierchen, dass (ich gebe es zu) auch zu meinen absoluten Nicht-Lieblingstieren zählt. Mancher sagt, es sei der einzige natürlich Feind des Menschen.
Dass so viele davor Angst haben, muss aber nicht sein. Es stimmt schon, Zecken sind echt mies. Gegen FSME kann man sich impfen, aber gegen Borrelliose leider nicht. Trotzdem ist Panikmache unbegründet. Seid euch bewusst: Eltern übertragen Ängste auf ihre Kinder. Ich hatte schon Kinder in meinen Umweltbildungsgruppen, die sich geweigert haben, eine Wiese zu betreten. Ihre Eltern hatten sie davor gewarnt, das im Gras „Zeckenbäume“ wachsen würden, und die sich auf sie stürzen würden, sobald sie die Wiese betreten würden. Zeckenbäume existieren nicht und nicht jede Zecke überträgt Borreliose. Etwa 1 bis 6 von 100 Gestochenen infizieren sich mit der unterschiedlich verlaufenden Krankheit. Nur jeder dritte bis vierte Infizierte entwickelt Beschwerden (Quelle: Robert Koch Institut).

Zecken sind so lange ungefährlich, so lange man die Kinder (und sich selbst) nach einem Ausflug in die Natur gründlich absucht. Da es in meiner Heimatregion um Regensburg dieses Jahr von Zecken nur so wimmelt, werden die Kinder einmal Mittags vorm Essen und einmal Abends vorm Zubettgehen komplett abgesucht. Meistens mit Erfolg, was heißt, dass fast immer Zecken gefunden und sofort entfernt werden. Das Infektionsrisiko für Borreliose ist geringer, wenn die Zecke frühzeitig entfernt wird, und steigt nach längerem Saugen der Zecke von mehr als zwölf Stunden an. Wer also ein bis zweimal täglich gründlich absucht, braucht keine Angst vor Zecken haben, eine gesunde Abneigung reicht. Mit Zeckenkarte, die auch gut ins Portemonnaie passt, lassen sich Zecken gut entfernen.

Wie man sich vor Zecken schützen kann, ohne auf Naturerlebnisse zu verzichten:

  • Geschlossene Schuhe, langärmelige Hemden und lange Hosen tragen. Sieht blöd aus, aber hilft sehr: Strümpfe über die Hosenbeine ziehen. 
  • Möglichst helle Kleidung tragen, damit winzige Zecken leichter zu erkennen sind und entfernt werden können. 
  • Wilde Tiere wie Igel übertragen häufig Zecken. Nicht anfassen (aber wer fasst schon einen Igel an?) 
  • Nach dem draußen sein gilt immer: Körper gründlich nach Zecken absuchen. Vor allem warme weiche Hautstellen sind beliebt: Kniekehlen, Leisten, unter den Achseln, hinter den Ohren sowie am Kopf- und Haaransatz. 
  • Falls ihr eine Zecke entdeckt, entfernt sie vorsichtig und desinfiziert die Wunde danach. Das reduziert das Infektionsrisiko für FSME und Borreliose nochmals. 

 Eichenprozessionsspinner

Raupen, die in Scharen auftreten, stark giftig sind und deren Brennhaare bei Berührung allergische Reaktion auslösen können. Eine furchtbare Vorstellung, wenn Kinder auf die Idee kommen, mit ihnen zu spielen. Aber tun Kinder das? Spielen sie mit Tieren, wenn sie nicht wissen, was es ist? 

Babys schon. Sie sind darauf angewiesen, dass eine Bezugsperson bei ihnen ist und sie dran hindert, giftige Pflanzen, Tiere oder Beeren in den Mund zu stecken. Ein bisschen Erde, mal an einem Stock lutschen – das ist für Babys das Entdecken der Natur. Sie brauchen uns als Kontrollorgan, um zu lernen, was unbedenklich ist und was sie nicht anrühren dürfen. Das ist heutzutage schwierig, denn oft wissen es die Eltern selbst nicht. Welche Pflanzen sind unbedenklich, welche sind giftig? Lieber alles verbieten, was draußen so wächst. Das ist keine Lösung. 

Auch Babys haben einen Entdeckerdrang und möchten ihre Umwelt kennenlernen. Sie tun dies in diesem Alter fast ausschließlich über den Mund. Wenn hier Ängste vorherrschen, die diesen Drang gerne ganz unterbinden möchten, lohnt sich der Vergleich mit unseren Innenräumen. Hygiene ist wichtig und es ist gut, dass sie in unserem Land selbstverständlich ist. Räume und Umgebungen, die so keimfrei wie möglich gehalten werden, sind jedoch kontraproduktiv. Hier überleben nur die stärksten Keime, die, die tatsächlich gefährlich werden könnten. Das ein oder andere Staubkorn hingegen ist ungefährlich und stärkt das Immunsystem. Vom Putzen gestresste Eltern können sich also zurücklehnen. 

Wurden Babys gut angeleitet, entwickeln sie im Kleinkinderalter eine natürlichen Instinkt, nichts anzufassen, was sie nicht kennen. Und auch in diesem Alter sind die Eltern normalerweise in Blickdistanz. Es ist gut, das Kind vor dem Rausgehen daran zu erinnern, dass es bei unbekannten Sachen, die Eltern fragen soll, bevor es etwas anfasst. Sollte es bekannte Gefahren geben, wie beispielsweise die Raupen der Prozessionsspinner und deren Nester sollten Kinder vorher darüber aufgeklärt werden. Klare Warnungen kommen auch bei Zweijährigen schon an. 

In Hinblick auf giftige Tiere ist die Altersgruppe der Vorschul- und Schulkinder wohl am schwierigsten zu „kontrollieren“. Hier gilt, wie beim Aspekt des Kletterns und Tobens die Regel, dass Kinder je früher sie Respekt vor der Natur erlernen, sich desto sicherer später in der Natur bewegen können. Respekt – und keine Angst brauchen die Kinder! Wir müssen ihnen keine Horrorgeschichten erzählen, wir können ganz sachlich erklären, welche Gefahren es gibt. In Sachbüchern kann gemeinsam recherchiert werden, welche Gefahren es in der Wohngegend gibt und wie man sich in der Natur verhalten soll. Haben Kinder das nicht gelernt, und sind absolut angstlos gegenüber dem Leben draußen, würde ich mir wohl auch Sorgen um giftige Raupen machen. Es ist also gut, die Kinder schon frühzeitig (im Babyalter) anzuleiten. 

Was bei den Prozessionsspinnern zu beachten ist:

  • Die Brennhaare sind je nach Entwicklungsstadium der Raupen gefährlich bis sehr gefährlich. Eine Altraupe enthält unvorstellbare 700.000 Brennhaare, die fast unsichtbar sind und sich in Haut und Schleimhaut mit ihren Widerhaken festsetzen. Hier ist der Gefährdungszeitraum Mai und Juni.
  • Ganzjährig bleiben aber die Nester der Raupen gefährlich, mit denen am Baum oder am Boden verbleibenden Verpuppungsgespinsten. Bitte schaut euch mit euren Kindern gemeinsam Bilder davon an, vielleicht geht ihr danach gezielt auf die Suche nach einem Nest, um zu wissen, an welchen Ästen und unter welchen Bäumen die Kinder nicht spielen sollten! 
  • Die Brennhaare reizen die Haut, können Quaddeln, Knötchen und Hautentzündung auslösen, die bis zu zwei Wochen anhalten. Langärmlige Kleidung schützt auch, wie auch vor Zecken und Sonnenbrand. 
  • Da sich die an sich harmlosen Falter seit den 90er Jahren wie wild vermehren, ein Gesundheitsrisiko für Tier und Mensch darstellen und zudem den Eichenbestand bedrohen, gilt heute: Wer Nester des Eichenprozessionsspinner entdeckt, sollte sie sie umgehend dem zuständigen Gesundheits- oder Gartenamt oder im Wald den Forstämtern melden. 

Unsicherheit, was man darf und was verboten ist

Dieser Aspekt der Angst bezog sich auf das eigene Verhalten in der Natur. Ich kann es verstehen und es ärgert es mich ein wenig. Nicht wegen der Person, die die Unsicherheit verspürt. Sondern weil es verdeutlicht, wie wenig wir Menschen in der Natur erwünscht sind. Mit Natur sind hier Wälder, naturbelassene Wiesen und Flussläufe gemeint. Diese Natur ist in Deutschland meist unter Schutz gestellt, entweder als Naturschutzgebiet oder als Landschaftsschutzgebiet. (Es gibt auch noch weitere Schutzklassen, was hier aber den Rahmen sprengen würde). 

In einem Naturschutzgebiet sind die Regeln streng. Hier heißt es: 

  • auf den Wegen bleiben
  • keine Pflanzen ausreißen
  • keine Tiere stören, aufscheuchen oder töten
  • Hunde an die Leine nehmen. 

Wir sollen also leise auf den Wegen wandern und uns möglichst unsichtbar machen. Versteht mich nicht falsch, ich habe Naturschutz studiert, ich weiß, dass es wichtig ist, die Natur zu schützen. Naturschutzgebiete bewahren wertvolle Naturreservate vor Eingriffen, die oftmals wirtschaftliche Interessen haben. Und es hilft den Orchideen im lichten Bereich des Eichen-Hainbuchenwald auch, dass hier keine Schulklassen durchtrampeln, sondern die eben auf den Wegen bleiben. Ich weiß hier keine Lösung. Aber wenn wir Kinder und Familien aus der Natur ausschließen, wie sollen sie eine Verbindung zu einem Ort spüren, den sie nicht kennenlernen dürfen? 

Verletzungen durch Klettern und Toben

Klettern und Toben ist wie Radfahren. Bevor das Kind nicht sicher ohne Stützräder fahren kann, sollte man nicht loslassen. So ist es auch mit körperlichen Aktivitäten in der Natur. Die Kinder müssen Erfahrungen sammeln, während die Eltern dabei sind. Sind sie trittsicher und wissen um ihre Fähigkeiten und Grenzen, sollte man es ihnen ermöglichen, den Abstand zwischen Kind und Aufsichtsperson größer werden zu lassen. 

Meine Tochter klettert leidenschaftlich gerne. Ich lasse sie und bleibe als Sicherheitsnetz nah genug dabei, ohne sie zu behindern oder einzuschränken. Sie ist sich selbst ihre eigene Grenze. Da, wo sie hochkommt, darf sie auch hochklettern. Sind die Äste an einem Baum zu hoch zum erreichen, ist sie schlichtweg „zu klein“, um ihn zu erklettern. Noch lernt sie ihre Fähigkeiten einzuschätzen und klettert manchmal zu weit nach oben. Dann bin ich da und helfe ihr wieder runter. Ich leite sie an, zeige, wo ihre Füße Halt finden können und was sie beim herunterklettern beachten muss. 

Ein Hoch- und Herunterheben ist kein Klettern und stört das Entdecken der eigenen Fähigkeiten und das Kennenlernen der eigenen Grenzen. 

Hier ist die Krux in vielen Fällen. Die Kinder sind schon größer, ihre Arme sind lang genug, um an die höheren Äste zu kommen und die Kraft in den Beinen reicht doppelt, um die Spitze zu erreichen. Doch hatte es die Möglichkeit, Klettern zu lernen? Durfte es sich austesten, auch als es noch nicht klettern konnte, weil die Arme kurz waren und die Beine schwach? Kraft gleicht das nicht aus! Wichtig ist, zu wissen, ob es seine Fähigkeiten richtig gelernt hat einzuschätzen. Weiß es um seine Grenzen? Ängstliche Aufsichtspersonen, die stets vorsorglich daneben stehen und aufpassen, verhindern vielleicht einen Sturz. Sie verhindern aber auch, dass das Kind es irgendwann einmal wirklich allein kann. Eine hundertprozentige Sicherheit beim Klettern gibt es nie. Deshalb ist es wichtig, dass das Kind lernt, sich selbst gut einzuschätzen. Und dazu braucht es vielleicht die ein oder andere Schramme. 

Tipps zum Umgang mit Kletterkindern:

  • Bei Kleinkindern gilt: Es ist die Aufgabe der Eltern, Risiken richtig einzuschätzen. In Reichweite bleiben, um dem Kind zu helfen, Herausforderungen zu meistern. Das Kind anleiten, wie es wieder herunterkommt – so wie beim Krabbelkind im Haus (Sofa am besten rückwärts, Treppe auch, Laufanfänger lehren, sich am Geländer festhalten, etc.). 
  • In höherem Alter gilt: Das Kind sehen, seine Fähigkeiten kennen. Wie viel Erfahrung hat es mit Klettern? Ist es trittsicher, spielt es oft draußen? Kann es einschätzen, welche Äste tragen, welche nicht? Dies im Hinterkopf behalten und dabei bleiben, wenn das Kind nicht sicher ist. Gemeinsam üben, damit das Kind seine Fähigkeiten kennenlernen kann, nicht versucht ist, fehlende Fähigkeiten mit Kraft auszugleichen und in Kommunikation bleiben.
  • Wenn das Kind sich in einer gefährlichen Situation befindet: Ruhe bewahren. Wer panisch „Pass auf, gleich fällst du runter!“, schreit, wird sein Kind mit höherer Wahrscheinlichkeit gleich am Boden sitzen sehen, als wer ruhige, konkrete Anweisungen gibt: „Setz deinen rechten Fuß auf den dicken Ast unter dir.“, oder: „Bleib sitzen, ich komme hoch.“, wenn das möglich ist. 

Was bei allen Ängsten in der Natur hilft, ist, einen Erste-Hilfe Kurs zu absolvieren. Die gibt es speziell für Babys und Kinder. Auch eine kleine Notfallausrüstung für den Ausflug ins Grüne hilft, um sich innerlich auf Schrammen und kleinere Verletzungen zu rüsten. Schon ein Pflaster, etwas Desinfektionsspray und ein Stofftaschentuch sind eine gute Basis-Ausrüstung. Diese Vorbereitungen können helfen, nicht in Panik zu verfallen. 

Die Natur ist nicht ohne Gefahren. Die Natur ist ein wilder Ort. Nicht mehr an vielen Stellen in Deutschland, zugegebenermaßen, aber wild genug, dass man sich in ihr verletzen kann. Unsere Schützlinge müssen lernen, sich in ihr zurechtzufinden. Und auch jede*r Erwachsene*r, die selbst in ihrer/seiner Kindheit keinen Zugang zur Natur hatte, muss sich die Zeit nehmen, die Gefahren kennenzulernen und richtig einzuschätzen. Wir müssen unseren Schützlingen in der Natur, wie in allen Bereichen des Lebens, Wurzeln geben (Wissen, Vertrauen, Zuspruch, Freude an seinen Fortschritten), um ihnen Flügel zu verleihen (Selbstvertrauen, motorische und empathische Fähigkeiten, sprachliche und kreative Entwicklung, einen gesunden Körper und Geist). Denn all das ist Natur – ein Erfahrungsraum, der alles für die Entwicklung bereithält, wenn man sich ihm anvertraut. 

Veronika hat Biologie, Naturschutz und Landschaftsplanung studiert und ist Mutter einer Tochter. In ihrer Kolumne „Naturorientiertes Aufwachsen“ berichtet sie von Wegen, auf denen Kindern die Liebe und der Respekt zur Natur als Samenkorn mitgegeben werden können.  Mehr über Veronikas Arbeit und ihre aktuellen Texte zu grünen Themen findet ihr auf ihrer Homepage, Instagram oder Twitter.