Das Wochenbett mit Geschwisterkindern

Das erste Wochenbett ist eine besondere Zeit des Kennenlernens und wird oft von den Wöchnerinnen – besonders noch in der Schwangerschaft – unterschätzt, um dann zu merken, wie gut eine Zeit der Ruhe und des Ankommens im neuen Familienleben tut. Was aber, wenn nun schon ein Kind da ist, das auch umsorgt werden will, das die Bedürfnisse noch nicht hinten anstellen kann? Wie kann ein Wochenbett mit Geschwisterkindern gestaltet sein?

Das Wochenbett ist wichtig!

Auch beim zweiten, dritten,… Kind ist das Wochenbett eine wichtige Zeit der Erholung nach der Geburt und ebenso eine Zeit des Kennenlernens. Gerade mit mehreren Kindern ist gut, sich Ruhe zu gönnen, weil viele Gebärende viel zu schnell in den Alltag übergehen und dabei die eigenen Kräfte überschreiten ohne es zunächst zu bemerken. Aber der Körper freut sich darüber, nach der Geburt ein wenig Ruhe zu bekommen und auch die Umstellung von einem Kind auf zwei Kinder ist oft gar nicht so einfach. Auch das Baby will nach der Geburt erst einmal im neuen Leben ankommen.

Gerade jetzt braucht es Unterstützung

Sehr schnell kann man in die Falle tappen: Hab ich ja alles schon einmal gemacht, das wird schon klappen. Aber gerade jetzt braucht es Hilfe und Unterstützung durch andere. Wie auch beim ersten Wochenbett ist es wunderbar, wenn Menschen sich einbringen und Essen und Einkäufe bringen, vorkochen, Wäsche waschen, mal kurz staubsaugen oder fegen. – Alles im Sinne der Unterstützung der Familie und nach ihren Bedürfnissen.

Neu im Wochenbett mit Geschwistern ist aber Zeit für das große Geschwisterkind. Denn wenn die Gebärende noch erschöpft ist von der Geburt oder Umstellung, möchte das größere Geschwisterkind ja dennoch umsorgt werden. Hier braucht es neben dem anderen Elternteil auch Freunde und Familie, die Aktivitäten mit dem Kind einplanen. Nicht im Sinne von: „Hauptsache das Kind ist weg“, sondern vielleicht auch Aktivitäten, die dem Kind zeigen, dass es ganz besonders gesehen wird: Ausflüge zu Lieblingsorten, Besuch des Lieblingsspielplatzes, vielleicht sogar ein Kinobesuch zu einem Wunschfilm. So bekommt das Kind gleichzeitig vermittelt: Deine Wünsche sind weiterhin auch wichtig, du wirst gesehen.

Sehr wichtig aber ist, dass die Person, die sich bisher hauptsächlich um das größere Kind gekümmert hat, auch ganz exklusive Zeit mit diesem hat und das Kind erfährt, dass es weiterhin wichtig, sicher und geliebt ist. Gerade für Kinder, die bislang hauptsächlich von dem nun im Wochenbett liegenden Elternteil betreut wurden, kann der Wechsel zur anderen Bezugsperson schwer sein – auch wenn sie eigentlich eine gute Beziehung zueinander haben. Viele Kinder bilden in Kleinfamilien eine Bindungshierarchie aus und fordern dann den immer umsorgenden Elternteil auch dann ein, wenn der andere Elternteil anwesend und verfügbar ist. Das erschwert eine plötzliche Umstellung für alle.

Geht das Kind sonst in den Kindergarten, spricht nichts dagegen, das auch weiterhin so zu machen, wie Hebamme Anja Gaca hier beschreibt: Gleichbleibende Abläufe, Freunde und schöne Erlebnisse tun auch in dieser Zeit gut.

Wenn niemand da ist

Und wenn gerade niemand da ist und das größere Geschwisterkind beschäftigt werden will, es aber gerade nicht geht? Praktisch sind vorbereitete Wochenbett- oder Stillkörbchen für die größeren Geschwister. Hinein kommt, was dem Kind Freude macht und was es über einen längeren Zeitraum beschäftigt: Aufkleberhefte, Perlen zum Auffädeln, Knete, Hörspiel und Co. Und auch Fernseher, Pad oder Videos können im Wochenbett ihren Raum haben, wenn es darum geht, kurzfristig Entspannung zu finden. Gerade jetzt ist es wichtig, Stress zu reduzieren, denn Stress lässt uns weniger feinfühlig Bedürfnisse wahrnehmen und führt zu negativem Erziehungsverhalten. Daher: Lieber mit dem Kind eine Kinderserie sehen, als das Kind anzuschimpfen, weil man sich ausruhen möchte. Und nach dem Wochenbett gibt es wieder mehr Zeit für die anderen Beschäftigungen draußen – so bleibt langfristig alles in Balance.

Unterstützung am Abend

Besonders die Abende können anfangs leicht zum Problem werden, wenn das Baby Zuwendung braucht und das ältere Geschwisterkind beim Einschlafen begleitet werden will. Es ist eine Zeit der Veränderung und dem großen Geschwisterkind tut es gut, wenn es auch einige Konstanten hat. Daher: Sofern möglich, sollte das große Geschwisterkind wie gewohnt begleitet werden und das Baby kommt zum anderen Elternteil für diese Zeit. Oft sind es die Mütter, die zuvor die nun „großen“ Kinder ins Bett gebracht haben und daher auch jetzt gewünscht sind. Keine Sorge: das Baby ist auch beim anderen Elternteil gut versorgt und kann gerade am Anfang auch eine Gewöhnung aufbauen daran, eben vom anderen Elter abends begleitet zu werden. Hilfreich ist dabei oft eine Tragehilfe, in der das Baby getragen wird. Bei gutem Wetter ist so auch ein schöner Abendspaziergang mit Baby möglich, während das andere Kind in den Schlaf findet. Gibt es nur einen Elternteil oder ist nur einer abends anwesend, können vielleicht auch Freunde oder weitere Familie am Abend unterstützen.

Einbeziehen im Alltag

Außerhalb von besonderen Aktivitäten und Kindergarten geht zu Hause natürlich auch der Alltag los. Das neue Baby zeigt auch, wie groß das andere Geschwisterkind nun schon ist im Vergleich. Viele Eltern berichten, dass es ihnen schwer fällt, beiden Kindern gleichermaßen gerecht zu werden. Die gute Nachricht ist: Das muss auch niemand, denn die Kinder können unterschiedlich behandelt werden, weil sie ja auch unterschiedlich alt sind. Ein neues Geschwisterkind zu bekommen, kann dem größeren Kind auch die Chance für mehr Freiräume geben und mehr Selbständigkeit. Es kann – je nach Alter – eingebunden werden in die Routinen rund ums Baby, kann beim Anziehen und Pflegen helfen. Und es hat die Möglichkeit, auch selber eigene Sachen zu machen, die es vielleicht zuvor nicht durfte.

Wirklich wichtig in dieser Zeit ist, den Stress heraus zu nehmen. Wie das gemacht wird, kann in verschiedenen Familien ganz unterschiedlich aussehen. Wichtig ist, sich nicht für als „unpädagogisch“ verschriene Wege wie das Fernsehen zu schämen, wenn sie wirklich für diese ersten Wochen einfach eine Hilfe sind, um im neuen Leben anzukommen.
Eure

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Magazine über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

5 Kommentare

  1. Mandoline

    Danke für diesen Beitrag.
    Beim Ersten Kind war ich tatsächlich recht stur und wollte nur meine Ruhe haben, was oft dazu führte, dass ich bis mein Mann heim kam, nur Rohkost gegessen hatte. Da wir bis eine Woche vor Geburt eine Wohnung renoviert und bezogen hatten, war auch das Vorkochen ausgefallen.
    Nun kommt im November Nummer 2 und ich möchte es anders angehen. Mein Bedürfnis nach Ruhe und Familienhöhle wird genauso groß sein, aber mein Mann wird länger Urlaub nehmen, Freunde und Familie werden Nummer 1 mit auffangen und ich werde vorkochen bzw. den Vorrat anders anlegen. Die Idee mit dem Körbchen für das große Kind ist toll. Mal sehen, was ich für einen dann 2 jährigen finde. Eine Krümel Puppe mit Zubehör ist schon in Planung.

  2. Mandoline

    Danke für diesen Beitrag.
    Beim Ersten Kind war ich tatsächlich recht stur und wollte nur meine Ruhe haben, was oft dazu führte, dass ich bis mein Mann heim kam, nur Rohkost gegessen hatte. Da wir bis eine Woche vor Geburt eine Wohnung renoviert und bezogen hatten, war auch das Vorkochen ausgefallen.
    Nun kommt im November Nummer 2 und ich möchte es anders angehen. Mein Bedürfnis nach Ruhe und Familienhöhle wird genauso groß sein, aber mein Mann wird länger Urlaub nehmen, Freunde und Familie werden Nummer 1 mit auffangen und ich werde vorkochen bzw. den Vorrat anders anlegen. Die Idee mit dem Körbchen für das große Kind ist toll. Mal sehen, was ich für einen dann 2 jährigen finde. Eine Krümel Puppe mit Zubehör ist schon in Planung.

  3. Sehr positiv, dass elektorische Medien im Wochenbett von dir nicht verteufelt werden, Susanne. Aber wie kann man der Mutter vermitteln, dass es wirklich in Ordnung und wichtig ist, sich jetzt auszuruhen. Ich denke viele Frauen nehmen sich diese Zeit nicht und haben dann innere Zwänge, wieder schnell in den normalen Alltag zurück zu finden. Wie können die Väter da das richtige Mind-Set fürs Wochenbett fördern?

    Beste Grüße
    Vaterfreuden

    • Ja, das ist natürlich auch eine gesellschaftliche Aufgabe, dass generell das Mutterbild geändert werden muss, dass Mütter nicht alles machen können müssen und der andere Elternteil eben auch völlig kompetent ist, um das Baby zu versorgen. Da ist weitere Aufklärungsarbeit wichtig. Der andere Elternteil muss bis dahin einfach selbstsicher und bewusst damit umgehen. Durch das Sehen, dass es klappt, steigt ja auch das Vertrauen.

    • Sabeth

      Hallo Vaterfreuden,
      kich knn nur ganz subjektiv sprechen, sind wir doch gerade mit Kind Nummer zwei im Wohenbett: Zum einen fördert es das Ausruhen der Wöchnerin ganz enorm, wenn die Ankündigung der Partners oder der Partnerin „Lass ruhig, ich mach das schon“ dann auch wirklich umgesetzt wird 😉 Wenn der Korb mit feuchter Wäsche dann am nächsten Morgen doch noch im Bad steht oder keine sauberen Teller mehr da sind, obwohl es vor vor zwei Tagen hieß „natürlich räum ich die Spülmaschine ein“, dann ist man eher geneigt, letzten Endes doch aufzustehen und es selbst zu tun…
      Zum anderen hilft mir enorm die Erinnerung: Das Wochenbett ist nicht nur für mich da, sondern genauso für das Kind. Es ist nicht nur mein Luxus, lange im Bett oder auf der Couch zu kuscheln, sondern dieser neu angekommene Mensch braucht die Langsamkeit, die innige Nähe und die Ruhe, um sich gut an die Welt zu gewöhnen. Auf diese Art fällt es viel leichter, diesen Ausnahmezustand noch etwas länger zu behalten und nicht allzu schnell wieder in den Alltag zurückzukehren, in dem das Baby ja doch oft eher „mitgeschleppt“ wird.

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