Die ersten Nächte mit Baby und Geschwisterkind

In der Schwangerschaft bereiten sich Eltern oft schon auf viele Themen vor – und bei jedem weiteren Kind wissen sie mehr, was wichtig und was weniger wichtig ist. Dennoch sind die ersten Tage mit einem neuen Kind immer wieder neu und anders und gerade dann, wenn schon größere Geschwister da sind, müssen sich nicht nur Eltern und Kind finden, sondern auch das große Geschwisterkind einen neuen Platz einnehmen. Gerade die Routinen des Alltags ändern sich, wenn auf einmal wieder ein Baby im Haus ist. Diese Routinen und Rituale betreffen sowohl Morgenroutinen, Pflege, das Einnehmen von Mahlzeiten, als auch eben das Einschlafen und die nächtliche Ruhezeit. Gerade wenn das größere Geschwisterkind noch im Kleinkindalter ist, ist dies Nachtruhe oft ein schwieriges Thema und es kommt nicht selten zu Streit oder Problemen im neuen Alltag.

Das große, kleine Geschwisterkind

Betrachten wir also zunächst das große, kleine Geschwisterkind: Auch im Kleinkindalter ist der Schlaf noch nicht wie bei einer erwachsenen Person und gerade jetzt, wo das Kind selbständiger wird, sich weiter fortbewegt und andere Zusammenhänge denkt, wird das Einschlafen manchmal zum Problem: die Fantasie lässt wilde Tiere unter dem Bett wohnen oder Monster. Auch Albträume können Kindern Angst vor dem Einschlafen machen. Wann Kinder allein einschlafen, ist ganz unterschiedlich. Dass sie aber im Kleinkindalter noch nicht allein einschlafen wollen, ist recht weit verbreitet. Und selbst wenn das Einschlafen allein funktioniert, kommen viele Kinder nachts doch noch zu den Eltern: im Alter zwischen 2-7 Jahren mindestens einmal pro Woche (siehe pdf).

Es ist also ohnehin recht normal, dass das große, kleine Geschwisterkind noch in den Schlaf begleitet werden will. Nun, in der neuen Situation mit Baby, stellt sich der Alltag neu um – eine Herausforderung für viele Kinder. Sie fordern aus ihrem Bindungsbedürfnis heraus jetzt Sicherheit, Schutz und Nähe der Bezugspersonen ein. Dies umso mehr in Situationen, die ohnehin schwierig sind, die ohnehin noch nicht leicht bewerkstelligt werden können. Gerade jetzt wollen sie noch mehr sichergehen, dass wirklich alles gut ist.

Wechsel der Einschlafbegleitung – oft schwierig

In vielen Familien erleben Kinder in den ersten Jahren immer gleiche oder sehr ähnliche Zubettgehroutinen: Oft bringt ein Elternteil das Kind ins Bett, liest noch etwas vor, bleibt dabei, bis das Kind schläft. Oft sind es die Mütter, die diese Aufgabe übernehmen. Ist ein neues Baby auf einmal da, wird in diesem Fall oft gewechselt: Auf einmal bringt der andere Elternteil das größere Geschwisterkind ins Bett. Was Erwachsenen als ganz logische Idee erscheint, ist es für Kinder nicht zwangsweise auch. Sie bilden oft eine Bindungshierarchie aus: Die Person, die das Kind am häufigsten und/oder bedürfnisorientiertesten begleitet, steht in dieser Hierarchie ganz oben und wird in erster Linie zur Bedürfniserfüllung eingefordert – auch wenn die andere Bezugsperson anwesend und verfügbar ist. Wechseln nun „einfach“ die Bezugspersonen, auch wenn der andere Elternteil auch geduldig vorliest, da bleibt, die Hand hält etc., ist das für das Kind nicht dasselbe wie zuvor. Es möchte am alten, Sicherheit gebenden Ritual festhalten.

Das große Geschwisterkind ins Bett bringen

Hilfreicher als ein Wechsel beim großen Geschwisterkind ist es daher oft, wenn das größere Kind wie bislang begleitet wird und das Baby während der Einschlafbegleitung einen Wechsel erlebt: Es ist noch nicht so stark festgelegt wie das größere Kind und kann mit dem anderen Elternteil nun ein eigenes Ritual entwickeln. Vielleicht, indem es in dieser Zeit in der Trage bei einem Spaziergang getragen wird. Oder in einem anderen Raum mit dem anderen Elternteil kuschelt. Je nach Situation und Temperament/Bedürfnissen der Kinder können natürlich auch beide Kinder gleichzeitig in den Schlaf begleitet werden. Schläft das Baby regelmäßig früher ein, spricht natürlich auch nichts dagegen, es ruhig neben sich liegen zu lassen und dem größeren Kind eine Geschichte vorzulesen, sofern dies für das Geschwisterkind in Ordnung ist.

Platz für nächtliche Besuche

Schläft das größere Geschwisterkind schon in einem eigenen Bett, vielleicht sogar eigenen Zimmer, sollte bedacht werden, dass es nachts dazu kommen kann und einen sicheren Schlafplatz für sich, aber auch das neue Baby einnimmt. Das bedeutet, dass die Geschwister in der Babyzeit nicht nebeneinander im Familienbett schlafen sollten, sondern voneinander getrennt, da sich Kinder im Schlaf auf das Baby legen könnten oder durch Kuscheltiere oder Decken die Atmung des Babys behindern könnten. Ein sicherer Schlafplatz im Familienbett, der nur dem älteren Geschwisterkind gehört, wenn es nachts oder morgens dazukommen möchte, ist ein Signal des Willkommens und der Sicherheit.

Unruhe in der Nacht

Ist das größere Kind dann mit im Familienbett oder schläft angrenzend in eigenem Bett, sorgen sich viele Eltern, ob die Geräusche des Babys nicht den Nachtschlaf des größeren Kindes stören könnten. Auch hier ist es unterschiedlich und einige Kinder schlafen gut auch bei unterschiedlichsten Geräuschen, während andere schneller aufwachen. Bevor das gemeinsame Schlafen aber ausgeschlossen wird aus dem Gedanken heraus, das größere Kind könnte davon gestört werden, lohnt sich ein Versuch, ob es wirklich so ist oder der Vorteil der Nähe überwiegt.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

12 Kommentare

  1. Schöner Artikel! Es ist tatsächlich auch möglich beide Kinder gleichzeitig ins Bett zu bringen. Da ich abends meistens allein bin, hab ich Baby (im Beistellbett) und den 4-Jährigen im eigenen Bett neben meinem. Auch Mittags klappt das so gut, man darf sich manchmal nur nicht verunsichern lassen… um mich herum haben so ziemlich ALLE gesagt dass das nicht funktionieren wird.

  2. Ein schöner Post, aber obwohl ich nicht alleinerziehend bin, ist mein Partner an 5 Abenden in der Woche arbeiten und ich bringe die Kinder alleine ins Bett. Mein Sohn (3,5 J) schläft teilweise sehr unruhig, bisher noch nicht durch und hat regelmäßig einen Nachtschreck, sodass ein gemeinsames in den Schlaf begleiten mit Kind 2 (13 Monate) im gleichen Zimmer nicht möglich ist, wie wir festgestellt haben. Hast du zufällig Ideen dazu? Selbst nach mehreren Monaten habe ich leider noch immer keine „perfekte“ Lösung gefunden :/

  3. Hallo Susanne. Danke für diesen Beitrag, der wie immer zur richtigen Zeit kommt.
    In unserer einschlafen Begleitung wechseln mein Mann und ich uns schon seit vielen Monaten jeden Abend ab. Das haben wir ganz unbewusst gemacht, könnt ihr uns aber jetzt für das zweite Baby von Vorteil sein, sehe ich das richtig? Liebe Grüsse, Stephanie

  4. Ich kann irgendwie die Kommentare nicht sehen (nur dass es hier 3 gibt). Habe 2 verschiedene Browser versucht daran liegt es nicht. … Danke!

    • Hallo Susanne, jetzt kann ich sie wieder sehen. Nur ist mein erster Kommentar nicht angekommen. Ich dachte du hättest darauf geantwortet und ich kann es nicht lesen ??.Also meine eigentliche Frage war: ab wann dürfen Babys mit dem Geschwister schlafen? 1 Jahr? 2 Jahre? Daaanke! Kay

  5. Ein wunderbarer Artikel. Wir haben ein Familienbett und in 4 Monaten sind wir zu viert. Das Baby wollen wir im Beistellbett dabei haben. Das was mir tatsächlich am ehesten Sorgen bereitet ist, dass unsere Große (18m) selbst noch 2-3 x pro Nacht aufwacht und teilweise auch noch etwas zu trinken verlangt und wenn das Baby dann auch noch aufwacht, dass dies dann Probleme macht. Die Einschlafbegleitungvhatbunswre Große Gottseidank ganz von allein eher zum Papa hin gewechselt.
    Gibt es noch weitere Dinge die wir beachten können?

    • Hallo Lotta. Vllt hilft dir etwas unsere Erfahrung hier. Unser Mittlerer (2 1/2 J) wird abends vom Papa in den Schlaf begleitet im Kinder/Spielzimmer wo die beiden auch die erste Nachthälfte gemeinsam verbringen bis er wach wird und stillen möchte. Dann bringt ihn der Papa zu mir und unserem Baby (7 Monate) und manchmal auch zum großen Sohn (7 J) wenn er schon alleine rüber gewandert gekommen ist aus seinem Zimmer. Dann stillt unser Mittlerer die 2. Nachthälfte zw 1-3 Mal.
      Dieser Ablauf hatte sich bei uns hier in etwa 2 Monate nach der Geburt unseres Babys eingespielt.
      Alles Liebe für euch!

  6. Stefanie W.

    Hallo, wir haben seit elf Wochen nun unser zweites Kind, was uns alle sehr freut. Die große Schwester, nun 3 1/2 Jahre, hat schon immer bei uns geschlafen und möchte nicht ausziehen, allerdings war sie schon immer ein sehr schlechter Schläfer…. Bis heute ist sie regelmäßig nachts wach, manchmal drei Stunden. Wir haben extra ein großes Familienbett gebaut, da uns die Vorstellung gefallen hat, alle gemeinsam zu schlafen und kuscheln.
    Nun schlafe ich jedoch mit dem zweiten Baby in seinem Zimmer, was die große Schwester natürlich sehr doof findet und mich nachts vermisst. Papa ist zwar da, aber eben nicht die Mama.
    Wir haben es ein paar Mal ausprobiert, dass wir zusammen schlafen, jedoch wacht entweder sie an ihrem Bruder auf. Oder ich komm nicht zum Schlafen, da sie ständig den Kontakt zu mir sucht oder nachts nicht schlafen kann….
    Es ist leider eine sehr unbefriedigende Situation, die ihr sehr zu schaffen macht.
    Für mich ist es so in Ordnung, da ich Schlaf brauche und sonst wirklich sehr gerädert bin, doch mein schlechtes Gewissen meiner Großen gegenüber ist wirklich schrecklich….

    • Liebe Stefanie, es ist gut, dass Du auf Dein Bedürfnis achtest. Wenn ein neues Familienmitglied dazu kommt, muss sich alles neu finden. Deine Tochter macht die Erfahrung, dass Du zwar nachts nicht da bist, aber dennoch eine schützende Bezugsperson an ihrer Seite ist.

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