Man liest es in Elternzeitschriften und hört in Krabbelgruppen davon: Attachment Parenting ist in aller Munde. Doch was genau bedeutet eigentlich dieses Konzept, das da aus Amerika scheinbar zu uns herüber gekommen ist? Ist es wirklich ein strenges Konzept mit Regeln, an die man sich irgendwie halten muss?
„Was wir taten, taten wir, weil es uns natürlich erschien. Erst später fanden wir heraus, dass es einen Namen dafür gab, der das, was wir taten, im Nachhinein bestätigte.“
– W. & M. Sears 2012, S. 17
Dieses Zitat beschreibt eigentlich schon, um was es bei Attachment Parenting geht: um natürliches und vom ureigenen Instinkt gelenktes Eltern-Kind-Verhalten.
Eigentlich ist es ganz einfach, diesen Ansatz zu verstehen. Es geht darum, dass wir mit unseren Sinnen und unserem Gefühl die Signale des Babys wahrnehmen und sensibel darauf reagieren. Auf diese Weise fällt es uns leicht, das Baby zu verstehen, seinen Bedürfnissen nach zu kommen und sie im Alltag umsetzen zu können. Heutzutage wird uns dies jedoch schwer gemacht, weil wir von allen Seiten Hinweise und Tipps zur Erziehung bekommen – oft auch ungefragt. Da heißt es von Seiten der Großeltern vielleicht, dass Kinder schreien gelassen werden sollen, um sie nicht zu verwöhnen oder die Lungen zu stärken. Oder man hört, man solle nicht nach Bedarf, sondern nach einem festen Zeitrhythmus stillen. Oft wird auch angemahnt, man dürfe Kinder auf keinen Fall im Elternbett schlafen lassen. Doch sind wir einmal ehrlich zu uns selbst: Wer hat nicht schon einmal an all diesen Ratschlägen gezweifelt, weil er tief in sich die Stimme hörte, dass sich das irgendwie nicht gut anhört? Ein kleiner Impuls, der uns sagt, dass wir unser Baby ganz nah bei uns haben möchten Tag und Nacht und dass wir uns um dieses Kind kümmern, wann immer es auch ein Bedürfnis anmeldet. Diese Stimme hat den Namen Attachment Parenting bekommen.
Gerade weil es uns heute oftmals so schwer fällt, auf diese Stimme zu hören, beschreiben William und Martha Sears, die den Begriff des Attachment Parenting vor 20 Jahren prägten, in ihrem „Das Attachment Parenting Buch: Babys pflegen und verstehen„, wie Attachment Parenting funktioniert. Sie haben die Baby-B’s definiert: Einfache Werkzeuge, die es Eltern ermöglichen, einen natürlichen und sensiblen Weg mit ihren Kindern zu gehen. Birth Bonding (Bonding nach der Geburt), Breastfeeding (Stillen), Babywearing (Babytragen), Bed sharing (gemeinsames Schlafen), Belief in baby’s cries (Glaube an das Weinen des Babys), Balance and boundaries (Gleichgewicht und Grenzen), Beware of baby trainers (Vorsicht vor Babytrainern) – diese sieben „Werkzeuge“ können Eltern darin unterstützen, den Weg des Attachment Parenting zu gehen. Betont wird dabei immer, dass keines dieser Werkzeuge genutzt werden muss. Jedes Elternteil kann und muss den Weg für sich und sein Baby finden, der genau zu ihnen passt.
Attachment Parenting ist wegen dieser Flexibilität ein guter Ansatz für Eltern: Man kann, muss aber nichts. William und Martha Sears, Doktor und Krankenschwester, Eltern von insgesamt 8 Kindern, tragen ihre beruflichen und persönlichen Erfahrungen zusammen. Alle Vorteile der Baby-B’s werden ausgeführt und zum Teil durch Studien unterstützt. „Das Attachment Parenting Buch“ beschreibt auf 316 Seiten leicht verständlich die sieben Werkzeuge des Attachment Parenting und geht darüber hinaus speziell auch auf Väter, arbeitende Eltern und Attachment Parenting in besonderen Situationen ein. Für alle, die einen ersten Einstieg ins Thema suchen, ist das Buch eine gute Starthilfe. Wer bereits mit dem Thema bekannt ist, wird hier allerdings nicht viele neue Informationen zu den einzelnen Baby-B’s erhalten.