Schlagwort: Geschwister

Wann wirst Du eigentlich wieder schwanger?

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Momentan ist Schwangerschaft in meinem Bekanntenkreis ein großes Thema. Viele Freunde bekommen gerade ihre ersten oder zweiten Kinder. Doch nicht nur das ist gerade ein großes Thema. Denn immer wieder werde ich gefragt: „Wann wirst Du denn wieder schwanger?“ Es erscheint fast, als würde die ganze Welt erwarten, ja geradezu sicher sein, dass ich nicht nur zwei Kinder in diesem Leben haben werde. Ist es denn so, dass man, hat man erst einmal zwei Kinder, in den Augen anderer gleich eine aufblühende Großfamilie ist?

Heute habe ich mal wieder Sachen in die Kiste gelegt, die dem Sohn zu klein geworden sind. Dabei habe ich mich mal wieder gefragt, warum ich diese Dinge überhaupt aufhebe und ob ich sie aufhebe für ein weiteres eigenes Kind. Dabei sind mir die Sätze eingefallen, die ich in den letzten Wochen gehört habe:

 

Freundin 1: „Wann wirst Du wieder schwanger?“

Ich: „Keine Ahnung, ich habe nichtmal meine Tage bisher. Ich stille noch so viel.“

Freundin 1: „Und danach wirst Du bald wieder schwanger? Du bist ja auch schon bald Mitte 30…“

Ich: „Ich weiß es nicht…“

 

Freundin 2: „Habt Ihr schon überlegt, wann ihr Kind 3 bekommen wollt?“

Ich: „Wir wissen noch nicht, ob es Kind 3 überhaupt geben wird.“

Freundin 2: „Aber ihr solltet schon bald darüber nachdenken, denn Du kannst ja nicht wieder arbeiten gehen und dann kurz darauf schon wieder aussetzen. Das macht sich nicht so gut als Selbständige. Oder wie hast Du Dir das vorgestellt?“

Ich: „Ich weiß es nicht…“

 

Freund: „Und wann bekommt Ihr das nächste Kind?“

Ich: „Äh, keine Ahnung, ob wir überhaupt noch eins bekommen!“

Freund: „Aber Du als Kleinkindpädagogin… Gehört es nicht gewissermaßen zu Deinem Job, noch mehr Kinder zu bekommen?“

Ich: „Ich glaube nicht.“

Freund: „Aber so aus beruflichen Gründen musst Du doch schon immer am Ball bleiben.“

Ich: „Ich weiß aber nicht, ob auf diese Art…“

 

Arzthelferin: „Ach, Frau Mierau! Sind sie schwanger?“

Ich: „Nein!?“

Arzthelferin: „Na ich dachte ja nur so. Die zwei wollen ja sicher nicht allein bleiben. Und bei der Situation mit den Hebammen, da muss man sich ja schon ran halten, wenn man das Kind nicht allein kriegen will.“

Ich: „Äh, ja. Also ich hab mir da jetzt speziell wegen der Hebammen eigentlich noch nicht so Gedanken darüber gemacht…“

Arzthelferin: „Ja, das muss man aber auch mitbedenken heute.“

Ich: „Also ich weiß nicht…“

 

Tochter: „Mama, bekommen wir bald wieder ein Baby?“

Ich: „Warum? Sehe ich so aus?“

Tochter: „Na… Ja. Wenn wir ein Baby bekommen, dann aber eine Schwester, ja?“

Ich: „Ich weiß es nicht!“

 

Studienfreundin in der Straßenbahn: „Ach, das wievielte Kind ist das jetzt?“

Ich: „Das ist mein zweites Kind.“

Studienfreundin in der Straßenbahn: „Von wievielen?“

Ich: „Na von zweien!“

Studienfreundin in der Straßenbahn: „Ach, erst? Das ist doch aber sicher nicht das letzte, oder?“

Ich: „Ich weiß es nicht!!!“

 

Ich weiß wirklich nicht, wohin mich mein Weg führt. Der Sohn ist auch sehr überraschend in mein Leben gestolpert. Dass er so stürmisch und eigenwillig erschienen ist, hat mich am Anfang überrascht, doch ich würde ihn nun nie missen wollen. Vielleicht geht es mir so auch bei einem dritten Kind? Manche Dinge kann ich mir nicht vorstellen bis sie eingetreten sind. Ich könnte mir nicht vorstellen, ob ich nun lieber einen Sohn oder eine Tochter haben wollen würde. Wie würde das Leben wohl mit drei Kindern aussehen statt mit zweien?

Die Frage danach, ob wir weitere Kinder bekommen werden, wird die Zeit wohl klären. Ich möchte sie nicht abhängig machen von meinem Alter, von meiner Arbeit oder Erwerbspausen zwischen dem Kinderkriegen. Auch nicht davon, ob sich meine Kinder weitere Geschwister wünschen. Ja, all diese Dinge sind wichtige Aspekte und müssen irgendwann mit bedacht werden. Aber sie sind nicht der Ausschlag für oder gegen ein Kind. Jedenfalls für mich sind sie das nicht. Was tatsächlich der Grund für oder ein weiteres Kind ist? Ich weiß es nicht. Vielleicht das Lachen in unseren vier Wänden, das morgendliche Hopsen von Kindern auf uns, das gemeinsame Essen, bei dem jeder aufgeregt von seinem Tag erzählt, das Strahlen von Kinderaugen, das warme Kuscheln in kalten Nächten. Aber ich bin mir sicher, dass ich an irgendeinem Abend mit meinem Mann zusammen sitzen werde, ich mich an ihn lehne und wir die Antwort darauf finden. Zusammen. Und aus einem „Ich weiß nicht“ wird ein … Ja, ein was wohl?

 

Meine große Tochter – Über ein Jahr große Schwester sein

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Nun ist es bald ein Jahr her, dass mein zweites Kind zur Welt kam. Wieder ist es Herbst. Die Kastanien fallen, die Blätter werden bunt. Ich blicke aus dem Fenster und sehe, wie sich die Bäume lichten. In ein paar Wochen wird mein Blick auf den nackten Asphalt gehen und nicht mehr auf das dichte Grün der Baumwipfel. Obwohl der Rahmen immer wieder gleich ist, hat sich der Inhalt, das bunte Innenleben, verändert seit dem letzten Herbst. Ich habe zwei Kinder, nicht mehr „nur“ eines. Wir sind Eltern von zwei Kindern. Und meine Kinder sind Geschwisterkinder.

Es war ein langes Jahr, gemessen an Ereignissen. Die Geburt eines neuen Familienmitgliedes ist immer etwas Besonderes. Strukturen verändern sich, man muss sich neu finden.Beim ersten Kind ist es die Geburt einer Familie, beim zweiten Kind aber nicht weniger. Auch beim zweiten Kind müssen alle Familienmitglieder neu ihren Platz finden. Es sind nicht mehr beide Hände für ein Kind reserviert. Es muss geteilt werden: Mutter, Vater, Großeltern, Raum, Spielzeug.

Mit 3,5 Jahren ist meine Tochter große Schwester geworden. Als sie ihren Bruder zum ersten Mal sah, nackt nach der Geburt in unserem Bett liegend, zog sie sich aus und drückte sich mit aller Herzlichkeit an ihn. Es war der Beginn einer großen Liebe. Die Wochen danach waren sicher nicht einfach. Sie war nicht mehr das alleinige Kind. Aufmerksamkeit musste geteilt werden. Wir als Eltern mussten lernen zu teilen, sie musste lernen zu warten. Es gab Dinge, die das Zusammenwachsen erleichterten: Geschenke, die der kleine Bruder zur Geburt für die Schwester  mitbrachte, eine Haushaltshilfe für die ersten Wochen, Vater und Großmutter, die Spielzeit mit der Tochter verbrachten und Ausflüge unternahmen. Und trotz dieser Dinge gab es auch den Blick in ihren Augen, der uns sehr wohl sagte, dass sie auch die früheren Zeiten vermisste.

Das Bild einer Familie mit zwei Kindern wird in vielen Farben gemalt, nicht nur in rosa und rot. Es gab Momente, in denen sie im Spiel scherzhaft (?) sagte: „Und dann stecke ich den Bruder in einen Briefumschlag und schicke ihn wieder zurück.“ oder fragte, was denn wäre, wenn der Bruder in den Fluss fallen und ertrinken würde. Gedanken, die schwer sind und trotzdem erlaubt sein müssen. Auch das Negative braucht seinen Raum.

Oft genug gab es Momente, in denen beide Kinder weinten. Wen zuerst trösten oder beide gleichzeitig? Oder sie waren beide krank und ein Kind wurde zum Erbrechen über die Wanne gehalten während das andere mit Durchfall auf der Toilette gestützt wurde – wie viele Hände kann man haben? Oft genug musste die Tochter warten, wenn erst einmal der schreiende Sohn versorgt werden musste.

Und auch wenn es so viele Dinge gibt, die ich hier aufzählen könnte, die anstrengend, kräftezehrend, blöd oder ungewollt waren, gibt es so viele mehr, die ganz wunderbar waren. Besonders die kleinen, heimlichen Momente: Wenn sich Tochter und Sohn unbeobachtet fühlen und man durch den Türspalt sieht, wie die große Schwester den kleinen Bruder sanft streichelt. Wenn man erlebt, wie sie auf dem Spielplatz zu einem viel größeren Jungen sagt „He, pass auf meinen kleinen Bruder auf!“. Wenn man gerade dazu kommt, wenn sie versucht, ihn in ein Tragetuch zu binden oder mit der eigenen Brust zu stillen. Momente des Glücks, wenn zwei Kinder an einem Tisch sitzen, sich anschauen, hampeln und lachen – und man als Erwachsener nie, nie verstehen wird, warum.

Was meine Tochter in diesem Jahr gelernt hat, ist durch nichts anderes im Leben zu ersetzen. Keine Kindergartenerfahrungen können ihr zeigen, wie es ist, die Eltern zu teilen. Rücksicht nehmen Tag und Nacht, aber auch für seine eigenen Bedürfnisse einstehen, sie äußern. Für sich eintreten und dann auch wieder für einen anderen Menschen. Empathie entwickeln und zeigen. Die Große sein und sehen, was man alles schon kann im Vergleich zu einem kleinen Baby. Vorbild sein in so vielen Dingen und einem kleinen Menschen Dinge beibringen. Kuscheln mit einem Geschwisterkind, wenn man traurig ist. Sich gegen die Eltern „verbünden“ und gemeinsam Unsinn machen. Die positiven Eigenschaften des Geschwisterseins sind nicht an zwei Händen abzuzählen.

Mein Sohn ist in diesem einen Jahr groß geworden, doch noch viel mehr ist es meine Tochter.