Kategorie: Nachhaltigkeit

Effizienzdenken zuhause lassen: Naturverbundenheit braucht elterliche Begeisterung

Ein Studienkollege verbrachte seine Freizeit mit Spuren- und Fährtenlesen und brachte sich selbst bei, Feuer zu machen. Ich beobachtete ihn und fand sein Tun – um ehrlich zu sein – ein wenig verspielt und albern. Fast alle in unserem Umfeld waren Studierende aus dem Bereich Naturschutz und Landschaftsplanung und machten sich dementsprechend Gedanken zum Zustand der flurbereinigten Landschaft und zu den irreparablen Schäden, die die Natur durch menschliches Tun schon fortgetragen hat.

Wir waren in der Feldarbeit aktiv, zählten Schmetterlinge und fanden über den gesamten Sommer hinweg nur 11 Arten. Wir blickten uns an unserem Studienort in Sachsen-Anhalt um, und sahen ringsum nichts als riesige Ackerschläge. Wir hatten Ideen, was es braucht, um die Natur zu “retten”. Aber ein Büschel Stroh nehmen und tagelang nach einem Feuerstein suchen, um selbst Feuer zu machen? Im Freien Biwakieren und mit leuchtenden Augen zurückkommen und von Wildschweinspuren berichten? Wie sollte das der Natur helfen?

Wachsendes Natur-Defizit durch Unsicherheit der Eltern

Als ich anfing, meine Stimme zu nutzen, um die Aufmerksamkeit auf den Zustand der Natur zu lenken, stolperte ich über immer mehr Fragen. Ich las von Kindern, die kein Interesse daran haben, draußen zu spielen. Ich hörte Eltern zu, die stolz von Spielzeug erzählten, das die Kinder so lange beschäftigt hält, dass sie nicht mehr in den Park gehen wollen.

Eltern in unserem Umfeld kamen auf mich zu, weil sie Angst hatten, ihr Kind in der Wiese krabbeln zu lassen. “Welche Gefahren lauern in der Natur?”, fragten sie mich. “Was, wenn es sich etwas in den Mund steckt?” Mit der Zeit und immer mehr Artikeln, die ich zu diesem Thema schrieb, kristallisierten sich zwei Fragen heraus. 

Wie bringt man Eltern dazu, mit ihren Kindern rauszugehen?

und

Wie weckt man das Interesse der Kinder, die Natur spannend zu finden?

Antworten auf diese Fragen zu geben, ist meiner Meinung nach der Schlüssel, um dem Natur-Defizit-Syndrom der heutigen Kindergeneration entgegenzuwirken. Der Begriff “nature deficit disorder” kommt aus den USA und beschreibt die zunehmende Entfremdung von Kindern und Jugendlichen, aber auch der gesamten Gesellschaft, von natürlichen Prozessen und gleichzeitig das Schwinden von Artenkenntnis und Wissen.

Naturverbundenheit: kein weiterer Punkt auf der To-Do Liste

Der Trend geht zur “terra incognita”, zur unbekannten Natur. Ähnlich dem australischen Kontinent im 16. Jahrhundert für Seefahrer wird die Natur zum unbekannten Land. Im Hinblick auf den Zerstörungsgrad, den wir der Erde mit dem Beginn der industriellen Landwirtschaft eingebracht haben und auch im Hinblick auf das Fehlen der Naturerfahrungen für unser Wohlbefinden, brauchen wir eine Rückkehr zur Natur. Doch die wird es nicht geben, wenn Naturverbundenheit ein weiterer Punkt auf der „Was Eltern auf gar keinen Fall verpassen dürfen“-Liste wird. Der Druck, der auf uns Eltern lastet, ist groß genug. Kindern zusätzlich noch eine möglichst diverse und ausgeprägte Naturerfahrung zu organisieren, sollte nicht Teil davon sein. 

Für Naturverbundenheit braucht es kein pädagogisch wertvolles Programm. Es ist natürlich toll, wenn es ein solches Programm gibt und wer eins vor der Haustür hat, soll es gerne wahrnehmen. Aber einmal im Jahr am Samenbomben-Basteln teilnehmen, wird keinen spürbaren Unterschied für die Kinder zu ihrem Platz im Ökosystem machen. Statt Termine sind es Nicht-Termine, die dabei helfen: Zeit. Naturverbundenheit zu spüren braucht Zeit. Zeit für Beobachtungen in der Natur. Zeit für Fährtenlesen und Vogelstimmen-Zählungen. Zeit für Bestimmungs-Apps und Müllsammeln im Stadtwald. Zeit für Geocaching, für Verstecken spielen und Lager bauen und Stöcke schnitzen. Zeit für Sammeln und Lagerfeuer, für Spiele bei jedem Wetter, für Baumfreundschaften und Fackelwanderungen. 

Ich weiß, Zeit ist ein seltenes Gut für Eltern. Zwischen Beruf, Haushalt, Abholzeiten, Kinderbetreuung und Partnerschaft jetzt auch noch Zeit für Draußensein einzuräumen, mag wie viel verlangt erscheinen. Diese Zeit draußen kommt jedoch in gleichem Maße den Eltern zugute. Studien haben ergeben, dass allein der Anblick der Natur dazu führt, Pulsschlag und Stresshormone* zu senken. Der Zugang zu Grünflächen führt zu allgemein verbesserter Gesundheit** und während die Bewohner eines waldreichen Gebietes eine niedrigere Sterberate*** vorweisen und seltener an Krebs erkranken, nehmen Krankheiten in Gebieten, wo die Natur zurückgeht****, zu. 

Auch ohne dass wir diese Studien gelesen haben, wissen wir, dass uns Natur gut tut. Doch wenn es um Naturerfahrungen für unsere Kinder geht, geben wir uns mit einem einfachen Spaziergang ohne viel Brimborium zufrieden? Sollten sich die Kinder nicht draußen erst einmal austoben anstatt „Sitzwache“ zu halten und auf Geräusche und Bewegung in der Umgebung zu achten? Je nach Temperament des Kindes und Zeitpunkt schließt sich das auch aus. 

Die natürliche Umgebung selbst ist es, die zum freien, kreativen Spiel einlädt oder zur ruhigen, meditativen Achtsamkeit. Es braucht in einem natürlichen Umfeld kein Angebot, keinen Plan und keine Checklisten, was und wie lange ein Kind etwas tun sollte, um Naturverbundenheit zu spüren. Wir sollten (wieder-) erlernen, unseren eigenen Instinkten zu folgen und die Zeit draußen für das zu nutzen, was uns gut tut – Laufen, Horchen, Hinsehen, Nachdenken oder Stillsitzen. 

Aus der Effizienzspirale aussteigen

Andreas Weber postuliert in seinem Buch „Mehr Matsch! Kinder brauchen Natur“, dass das größte Hindernis auf dem Weg zur lebendigen Naturerfahrung wir Eltern sind. Er schreibt auf Seite 206: „Wir sind [zudem] Perfektionisten und wollen unseren Kleinen jedenfalls eine höchst professionelle Naturerfahrung bieten. Wir verfallen bei dem Gedanken „Natur“ schnell in unseren Reflex des Planes, Organisierens und Angebotrecherchierens, wo es doch so viel mehr um ein Innehalten und Lauschen geht. Um ein Zulassen, nicht ein Dirigieren. Um Offenheit – dieselbe, welche die Sinne unserer Kinder annehmen, wenn man sie nur den Geräuschen, Gerüchen, Farben und Temperaturen der freien Welt lange genug überlässt. Ich empfehle, um einmal probehalber unsere eigenen Sinne neu auszurichten, einen einzigen zentralen Wandel der Grundhaltung: Versuchen Sie nicht mehr das zu tun, was Ihnen nützlich vorkommt. Steigen Sie kurzfristig aus der Effizienzspirale aus.“

Mein Studienkollege machte es vor: Er hatte Spaß an der Natur, er erforschte sie auf vielerlei Arten. Er trat mit ihr in Verbindung. Und ganz natürlich versammelten sich Kinder um ihn und fragten ihn, was er tat, halfen ihm und lernten. Sie verbanden sich mit der Natur und gingen Abends durch das neu erlebte und erlernte Wissen mit leuchtenden Augen ins Bett: “Heute haben wir ein Abenteuer erlebt!”

Es ist nicht zwingend notwendig, zu wissen, wie man Feuer macht. Aber es ist für Kinder zwingend notwendig, eine Verbindung mit der Natur zu spüren. Neben allen entwicklungsbedingten, gesundheitlichen und psychologischen Vorteilen, ist die Verbindung mit der Natur elementar, um unsere und ihre Lebensgrundlage wertzuschätzen und zu erhalten. Die kindlichen Vorlieben müssen angesprochen werden, um Lust zu machen auf die Natur. Und da Kinder durch Vorbilder lernen, müssen auch wir Eltern wieder Lust auf Natur bekommen. Also: Auf was haben wir Eltern Lust? Wissen wir, wie man Feuer macht? Wollen wir es lernen? Dann sollten wir es tun. 

Eure

Veronika hat Biologie, Naturschutz und Landschaftsplanung studiert und ist Mutter einer Tochter. In ihrer Kolumne „Naturorientiertes Aufwachsen“ berichtet sie von Wegen, auf denen Kindern die Liebe und der Respekt zur Natur als Samenkorn mitgegeben werden können.  Mehr über Veronikas Arbeit und ihre aktuellen Texte zu grünen Themen findet ihr auf ihrer Homepage, Instagram oder Twitter.

Weiterführende Literatur:
* Moore EO (1981) A prison environment’s effect on health care service demands. Journal of Environmental Systems, 11: 17–34 
** De Vries S, Verheij RA, Groenewegen PP, Spreeuwenberg P (2003) Natural environments -healthy environments?An explora-tory analysis of the relationship between green space and health. Environment and Planning A 35: 1717–1731
*** Li Q, Kobayashi M, Kawada T (2008). Relationships between percentage of forest coverage and standardized mortality ratios (SMR) of cancers in all prefectures in Japan. The Open Public Health Journal 1, 1–7. 
****Donovan GH, Butry DT, Michael YL, Prestemon JP, Liebhold AM, Gatziolis D, Mao MY (2013) The relationship between trees and human health: evidence from the spread of the emerald ash borer. American Journal of Preventive Medicine 44: 139–145. 

Was ist das Klima? Ein Waldspaziergang mit Zeugen erklärt Kindern das Klima

Klima. Alle reden davon, die Erwachsenen machen sich Sorgen, Schüler gehen auf Demonstrationen. Doch was ist das eigentlich: Das Klima? 

Vielleicht eine Frage, die auch eure Kinder schon gestellt haben. Und es war vielleicht gar nicht so einfach, sie kindgerecht zu erklären? Jedenfalls geht es mir oft so. Zwar werden von meiner Tochter noch keine direkten Fragen zum Klima gestellt, aber unsere (nachhaltigen) Handlungen werden alle kritisch hinterfragt. Was das jetzt bringe, wenn sie den Müll aufhebt, den sie runtergeworfen hat. Warum ich kein Würstchen möchte und was eine pupsende Kuh damit zu tun hat. Warum wir laufen, wo doch Auto viel bequemer wäre. Warum ich zur Oma mit dem Zug fahren möchte und nicht mehr fliegen möchte.  Die Zusammenhänge sind denke ich noch unklar für meine Dreijährige. Dennoch versuche ich, jede Antwort so ehrlich wie möglich, und so einfach wie nötig zu beantworten. 

Am eindrücklichsten sind Erklärungen „zum Anfassen“. Um zu erklären, was das Klima ist, begeben wir uns darum auf den Weg nach draußen in die Natur. Dafür eignet sich beispielsweise der (Stadt-)Wald, beziehungsweise jeder Spazierweg, der an einem Baumstumpf oder gefällten Baumstämmen entlang führt. Mit euren Kindern könnt ihr ein Spiel spielen, und euch vorstellen, ihr wäret Wissenschaftler auf der Suche nach dem Klima. Es ist schwierig, das Klima wirklich greifbar zu machen. Anders als das Wetter, dass sich jetzt im beginnenden Herbst bei einem Regenfall mit Pfützenspielen wunderbar erleben lässt, versteckt sich das Klima. Während nach dem Regen die Sonne wieder scheint und der Wechsel des Wetters direkt sichtbar ist, kann man das Klima nicht sofort sehen. 

Klima ist, wenn Mama und Papa jeden Herbst die Pfützen aufgemalt und aufgeschrieben hätten und fast ihr ganzes Leben lang die Temperatur gemessen hätten. Denn das Wetter, was über einen Zeitraum von 30 Jahren an einem Ort herrscht, wird als Klima bezeichnet. Als Klima-Experiment braucht es also Daten über einen längeren Zeitraum hinweg. Doch wie ist das auf einem Waldspaziergang möglich? 

Im Wald warten Klimazeugen auf die Befragung durch junge Wissenschaftler

Stellt euch vor, wir sind Wissenschaftler auf der Suche nach dem Klima. Wir machen einen Spaziergang in den Tropen. Dort treffen wir auf einen Baumstumpf. Was würde er uns sagen? Ich verrate es euch: Vermutlich gar nichts. In den Tropen ist es das ganze Jahr warm und feucht. Ein Tropenbaum wächst sein Leben lang mit immer der gleichen Beständigkeit. Ich nehme jedoch an, dass die meisten Leserinnen und Leser hier bei einem Waldspaziergang auf Fichten, Buchen, Kiefern oder ähnliche Baumarten treffen würden. Und deren gefällte Baumstämme oder Baumstümpfe lassen uns einen direkten Blick auf das Klima werfen. Die Jahresringe verraten uns, wie alt ein Baum ist. Sie verraten uns noch mehr, denn als Wissenschaftler wollen wir mehr über das Klima wissen, in welchem dieser Baum gelebt hat. 

Breite und helle Jahresringe verraten uns, das der Baum in warmen, feuchten Wetter an Wachstum zugelegt hat. Schmale und dunkle Jahresringe dagegen zeigen trockenes und kühles Wetter an. So lässt sich an dem Baumstamm das Wetter ablesen: In dicken, hellen Jahresringen handelte es sich um milde Frühlinge mit ausreichend Regen, an den dünnen, schwarzen Ringen lassen sich trockene Sommer und ein kühler Herbst ablesen. Durch den Wechsel beider entstehen die Jahresringe. Lassen sich über die Baumscheibe hinweg Unterschiede in den Jahresringen ablesen, können die kleinen Wissenschaftler schlussfolgern, dass sich das Klima verändert hat. Der Baum erzählt uns davon. Er tritt als Klimazeuge auf und wir können ihn dazu befragen. Was erzählt er euch über das Klima in eurem Wald? 

Veronika hat Biologie, Naturschutz und Landschaftsplanung studiert und ist Mutter einer Tochter. In ihrer Kolumne „Naturorientiertes Aufwachsen“ berichtet sie von Wegen, auf denen Kindern die Liebe und der Respekt zur Natur als Samenkorn mitgegeben werden können.  Mehr über Veronikas Arbeit und ihre aktuellen Texte zu grünen Themen findet ihr auf ihrer Homepage, Instagram oder Twitter.

Die Erziehung für morgen

Manchmal ist es nicht so einfach sich über Nachhaltigkeit mit anderen zu unterhalten, denn es gibt viele unterschiedliche Meinungen dazu, was wie getan werden kann und Sinn macht und ob es überhaupt einen Sinn machen würde, wenn wir als einzelne Familien nachhaltig leben: schließlich braucht es politische Lösungen für nachhaltige Regelungen. Und natürlich stimmt es, dass dringend politische Lösungen gefunden werden müssen – bessere und innovativere als die kürzlich verabschiedeten. Dass sich das Klima wandelt, ist nicht bestreitbar. Dass dies bereits jetzt auf einen Großteil der Bevölkerung gravierende Auswirkungen hat, ebenso nicht. Noch sitzen wir hierzulande in einem ziemlich komfortablen Boot, das auf privilegiertem Wasser treibt – im wahrsten Sinne des Wortes. Aber darauf sollten wir uns nicht ausruhen: Weder in Anbetracht der Menschen, die unter unserem Luxus bereits heute leiden, noch in Anbetracht der Menschen hierzulande und unserer Kinder. Denn Nachhaltigkeit und Klimaschutz bedeutet nicht nur, dass wir heute versuchen, das Ausmaß der Schäden in einem Rahmen zu halten, sondern es bedeutet auch, dass wir unsere Kinder schon heute auf das Morgen vorbereiten.

Die Welt ändert sich – Erziehung muss mitgehen

Die Welt ändert sich. Das hat sie schon immer getan, aber heute ist die Art des Wandels größer, gefährlicher. Die Welt ändert sich in einem Ausmaß, das nicht nur rasant ist, sondern auch die Lebensbedingungen so gravierend ändert, dass wir es uns nur schwer vorstellen können: die Temperaturen ändern sich, die Vegetation, die Lebewesen. Wie wir (über)leben können, ändert sich. Erziehung ist seit jeher der Weg, Kinder in das Leben zu begleiten und sie auf das eigenständige Leben vorzubereiten. Wir leben vor, wie sie sich in der Gesellschaft bewegen können, worauf sie Rücksicht nehmen müssen, welche Werte richtig und wichtig sind. Wir bringen ihnen im Dialog Sprache bei, zeigen ihnen das Lesen und Schreiben. Wir bereiten sie auf das vor, was sie später erwartet.

Was unsere Kinder erwartet, ist eine Zeit, in der sie mit Ressourcen noch achtsamer umgehen müssen als wir es aktuell oder in naher Zukunft tun. Sie erwartet eine Zeit, in der Ressourcen begrenzt sind und werden. In der sie global denken müssen statt regional. Sie erwartet eine Zeit, in der sie innovativ und kreativ sein müssen, in der soziale Aspekte des Miteinander von großer Bedeutung sind, Empathie und gegenseitige Unterstützung.

Unsere „Erziehung“ heute sollte sie auf diese Erfordernisse vorbereiten: Indem wir darum bemüht sind, ihnen sichere Bindungsbeziehungen zu ermöglichen, geben wir ihnen bereits viel mit auf den Weg, was sie später an sozialen Komponenten benötigen. Darüber hinaus können und sollten wir ihnen jedoch schon heute vorleben, ressourcenschonend mit der Welt umzugehen. Wir sollten durch ein gutes Beispiel voran gehen und unseren Kindern vorleben, wie wir selbst nachhaltig mit Ressourcen umgehen, können uns je nach Alter des Kindes über die Umwelt austauschen, können ins Gespräch gehen, warum wir bestimmte Dinge nicht (mehr) tun und wie es anders geht. Wir können Augen und Herzen öffnen für die Menschen, denen es weniger gut geht. Wir können gemeinsam abenteuerlich neue Wege gehen: gemeinsam nachhaltige Wege recherchieren, berechnen und überprüfen, wie wir zusammen ohne Flugzeug an das Reiseziel kommen, können gemeinsam Putzmittel oder Kosmetik herstellen. Im Supermarkt können wir zusammen die Schilder von Obst und Gemüse lesen und die Äpfel aus der Region kaufen statt aus Übersee. Und später können wir auf der Landkarte ansehen, woher so manches Obst überhaupt anreist. Wir können zusammen einen Kalender anlegen über saisonales Obst und Gemüse und dabei lernen, welche Nahrungsmittel wann wachsen. Wir können überlegen, wie wir die (noch) reiche Ernte für den Winter haltbar machen und ein paar Sachen zusammen ausprobieren. Wir können – ohne Dogma, aber bestimmt – mit einer nachhaltigen Lebensweise beginnen, die ein natürlicher Teil des Aufwachsens ist und Kinder vorbereitet auf die Zukunft und gleichsam vielleicht heute bereits einen kleinen Teil dazu beiträgt, die Auswirkungen der Vergangenheit zu begrenzen.

Eure

Nachhaltiges Familienleben – So kannst du anfangen

Mittlerweile ist es zu den meisten Leuten durchgedrungen: Wir befinden uns nicht in einer Hitzewelle, sondern in der von Menschen verursachten Klimakrise. Die gute Nachricht: Wir können es zwar nicht ändern, aber jetzt gerade noch die Folgen der vergangenen Jahrzehnte in einem aushaltbaren Maß halten, wenn wir handeln und unseren Alltag verändern. Natürlich brauchen wir auch politische Regelungen, aber neben diesen notwendigen Rahmenbedingungen können wir alle Veränderungen vornehmen, die sich auswirken, die einen Einfluss nehmen und die wieder andere Menschen in unserer Umgebung dazu inspirieren, ebenfalls aktiv zu werden.

Gerade aber bei Familien ist oft zu hören: Wir haben schon so viel zu tun, wie sollen wir nun auch noch nachhaltig leben? Und ist Nachhaltigkeit nicht sowieso nur etwas für die, die es sich leisten können? Auch hier gibt es wieder eine gute Nachricht: Nein, wir können alle auf ganz einfache Weise mit Kleinigkeiten beginnen und uns nach und nach einarbeiten in das Thema und immer mehr machen. Denn nachhaltiges Leben bedeutet auch ressourcensparendes Leben und ist abseits von teuren, weißen, leeren Minimalismus-Wohnungen möglich. Wir alle können einen Beitrag leisten in Sachen nachhaltiges Familienleben. Vielleicht sind einige dieser Anregungen auch bei Euch umsetzbar:

  • Verwende keine Feuchttücher mehr: Feuchttücher verstopfen (wenn sie in die Toilette geworfen werden) nicht nur die Kanalisation, sondern sogar die Kläranlagen. Zudem enthalten einige von ihnen Plastik, sind also nicht biologisch abbaubar. Die kostengünstigere und gesündere Alternative: einen nassen Lappen in einer Dose mitnehmen oder Wasserflasche, Tücher und Wetbag mitnehmen. Diese Alternative ist oftmals auch gesünder für Babys Haut, denn nicht alle Inhaltsstoffe aller Feuchttücher sind gut und gerade Konservierungsstoffe sind nicht gut für Babys Haut.
  • Reduziere die Babypflege: Babys Haut braucht noch nicht eine Vielzahl an verschiedenen Pflegprodukten. Gerade im ersten Jahr reicht es oft, die Haut mit einem guten Öl zu pflegen. Babyshampoo brauchen viele Babys gar nicht, ebenso wenig zahlreiche Lotionen oder gar Babyparfum.
  • Kaufe keine Babygläschen: Natürlich kann es mal praktisch sein, ein Gläschen für unterwegs zu kaufen. Brauchen tust Du die Babynahrung im Glas aber eigentlich nicht, denn die Zutaten für die erste Beikost kannst Du ganz entspannt von eurem Familienessen abzweigen und entweder püriert anbieten oder eben als Stückchen.
  • Kinderkleidung: gebraucht kaufen und ausbessern. Fast Fashion (pdf) betrifft nicht nur uns Erwachsene, auch bei Kinderbekleidung wird schnell neu gekauft und auf modische Details geschaut, die immer wieder ausgetauscht werden: Diese Woche mag das Kind noch Paw Patrol und bekommt ein passendes Shirt, nächste Woche ist es Peppa Pig. Wir tragen Kleidung nicht mehr auf, kaufen unnötig viel, reparieren nicht, sondern werfen weg und kaufen neu. Stopp damit! Wer neutrale Kleidung kauft, ist nicht den Kinderhit-Trends unterworfen und auch neutrale Kleidung ohne Superheldenaufdruck kann schön aussehen. Wenn etwas kaputt geht, kann ausgebessert werden mit Flicken. Wer sogar Stopfen kann, findet im Netz tolle Anleitung für kunstvolles Stopfen mit ansprechenden Motiven. Zudem gibt es mittlerweile auch Anbieter*innen, bei denen Kindkleidung ausgeliehen werden kann.
  • Kaufe keine Quetschies: Ja, sie sind so praktisch, die Beutel mit Obstinhalt. Aber sie produzieren Müll, sind in Relation zum Inhalt teuer, enthalten neben dem Fruchtmark oft noch zugesetztes Traubensaftkonzentrat, was sie süßer macht, aber in Verbindung mit der Säure und dem Nuckeln an den Tüten die Kariesgefahr erhöht. 2016 wurden auch Pestizide in ihnen gefunden.
  • Spielsachen leihen und tauschen: Wie auch Kleidung kann Spielzeug ganz einfach ausgeliehen oder getauscht werden. In Bibliotheken gibt es Kinderbücher, aber auch Hörspiele und anderes. Im Freundeskreis kann Spielzeug getauscht werden und auch zu Hause kann saisonal gewechselt werden, damit die Spielsachen nicht langweilig werden. Es gibt auch Shops, um Spielzeug für bestimmte Zeit zu mieten.

Und wenn du erst einmal angefangen hast, auf die Dinge des Alltags zu achten, finden sich schnell auch weitere Punkte, an denen weiter gemacht werden kann: Vielleicht schaust du im Bad durch, welche Pflegeprodukte ihr generell braucht und du steigst auf feste Shampoos ohne Verpackung um. Oder du machst mit deinen Kindern ein Müllprojekt: Ihr schaut euren Müll eine Woche lang an, trennt und überlegt gemeinsam, an welchen Stellen ihr vielleicht noch mehr Verpackungen einsparen könntet. Ich habe mit Julia Schmidt Jortzig von ELTERN über das Thema gesprochen. Vielleicht findest du darin weitere Anregungen:

Hast Du darüber hinaus noch Tipps? Dann schreibe doch gerne einen Kommentar.
Deine

Artikelbild: Katja Vogt