Was tun bei Reiseübelkeit von Kindern?

Reisen mit Kindern ist toll, kann aber in einigen Fällen dann schwierig werden, wenn einzelne Familienmitglieder Schwierigkeiten haben mit den Fahrten: Ob im Auto, Bus oder der Bahn, Reiseübelkeit kann verschiedene Familienmitglieder betreffen, tritt aber besonders ab dem 2. Lebensjahr bis zur Teenagerzeit auf. Während Erwachsene meist schon ihre Umgangsmöglichkeiten damit gefunden haben und diese Übelkeit auch besser verstehen, ist es bei Kindern oft wesentlich schwieriger.

Woher kommt die Übelkeit?

Eigentlich sind wir auf die Fortbewegung zu Fuß ausgerichtet. Dabei bekommen wir über unsere Sinnesorgane die passenden Nachrichten über unsere Fortbewegung und das Gehirn kann alle Informationen sinnvoll kombinieren. Bewegen wir uns aber mit dem Auto, Bus oder Schiff, werden also gefahren, stimmen die Informationen nicht mehr überein: Unser Auge sieht, dass wir uns bewegen, unser Körper gibt aber keine passenden Signale dazu von sich, denn er bewegt sich nicht. Besondere Bedeutung hat dabei das Gleichgewichtssystem im Innenohr: Kurven, eine holprige Strecke und ein Auf und Ab wirken auf das Gleichgewichtssystem. Werden die Bewegungen nicht mit den Augen verfolgt, führt das zu Irritationen in der Verarbeitung und es kommt zu Übelkeit und Erbrechen. Gerade bei größeren Kindern kann aber auch die Aufregung einen Teil zur Reiseübelkeit beitragen. Hier ist es dann besonders wichtig, über Ängste und Sorgen zu sprechen und die Gefühle des Kindes vor der Reise aufzufangen. Kennt das Kind Reiseübelkeit bereits, kann es auch Angst vor der Übelkeit oder dem Erbrechen entwickeln.

Was tun gegen Reiseübelkeit bei Kindern?

Reiseübelkeit ist meist ein Problem der Wahrnehmung und Verarbeitung. Ein „Reiß Dich zusammen“ ist nicht hilfreich, denn Kindern fehlt die Möglichkeit, mit diesem Gefühl selbständig umzugehen. Als Eltern können wir sie daher nur begleiten und ihnen einige Erleichterungen verschaffen oder Hilfen anbieten gegen die Übelkeit. Sie brauchen uns aber dafür, um damit richtig umzugehen zu lernen.

Der wichtigste Punkt ist, die Ursache der Übelkeit anzugehen, nämlich die Unvereinbarkeit der Sinneseindrücke: Daher ist es gut, das Kind anzuregen, aus dem Fenster zu sehen und Spiele zu initiieren, die dies unterstützen. Besonders wichtig ist es auch, die Ängste und Sorgen aufzufangen und das Kind zu beruhigen: Übelkeit ist ein unangenehmes Gefühl, gerade für kleinere Kinder, die es schwer einordnen können und nicht wissen, wann und wie es beendet werden kann. Angaben zur Reisedauer und dazu, wie lange dieser unangenehme Zustand noch ausgehalten werden muss, können nicht überblickt werden. Für sie ist es deswegen besonders wichtig, regelmäßige Erholungspausen zu machen.

Allgemeine Tipps bei Reiseübelkeit von Kindern

  1. Ruhe & Entspannung am Abend zuvor.
  2. Bus, Bahn, Auto: Aus dem Fenster sehen, damit Gefühl + Sehen übereinstimmen (Achtung: ist das im Kindersitz möglich?)
    Schiff: An Deck gehen und den Horizont ansehen, in der Mitte schwankt es meist weniger
  3. In Fahrtrichtung sitzen unterstützt den Gleichgewichtssinn/Vereinbarkeit der Eindrücke.
  4. Regelmäßig Pausen an der frischen Luft machen mit Bewegung.
  5. Nachts reisen.
  6. Nicht mit leerem Magen reisen, aber auch nicht zu voll: Snacks anbieten.
  7. Größeren Kindern das Kauen von Kaugummi helfen.
  8. Spiele spielen, die ablenken oder mit dem Hinaussehen zu tun haben. Nichts, bei dem sich das Kind auf einen Punkt im Auto fokussiert (wie lesen).
  9. Notfallset dabei haben: Spucktüte, feuchter Lappen, eine Flasche Zitronenwasser zum Nachspülen, Wechselkleidung

Manchen Kindern helfen auch Akupressurarmbänder oder das Riechen an einem mit Orangenöl versehenem Tuch (Orangenöl wirkt beruhigend und entspannend). Meist geht die Reiseübelkeit im Teenageralter zurück. Leidet das Kind sehr unter Reiseübelkeit, sollten Reisen vorab immer gut geplant und besprochen werden und unnötige Fahrten nach Möglichkeit vermieden werden.

Eure

Susanne Mierau ist u.a. Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik), Heilpraktikerin, Familienbegleiterin und Mutter von 3 Kindern. 2012 hat sie „Geborgen Wachsen“ ins Leben gerufen, das seither zu einem der größten deutschsprachigen Elternblogs über bindungsorientierte Elternschaft gewachsen ist. Sie ist Autorin diverser Elternratgeber, spricht auf Konferenzen und Tagungen, arbeitet in der Elternberatung und bildet Fachpersonal in Hinblick auf bindungsorientierte Elternberatung mit verschiedenen Schwerpunkten weiter.  

8 Kommentare

  1. Wir haben hier 3 von 4 Kindern die an Reiseübelkeit leiden bzw. litten, bei 2 en hat es sich ausgewachsen bzw.sie wissen damit umzugehen. Beim Kleinsten Kind ist seit Anfang an so das keine Autofahrt länger wie eine halbe Stunde ohne Spucken geht, deshalb fahren wir ja in der Regel mit dem Zug in den Urlaub(Transsib. u. Interrail) Zug ist kein Problem. Beim Autofahren hilft leider nur Medizin, nämlich Antihistaminika, so schafften wir es jetzt im Sommer das erste Mal eine längere Fahrt ohne Spucktüte seit 2 Jahren. Alle anderen Hausmittel helfen leider nicht.

    LG aus Norwegen
    Ina

    http://www.mitkindimrucksack.de

  2. Als ich jünger war und an Reiseübelkeit leidete, was am besten funktionnierte, war ein Tröpfchen Minzealkohol auf einem Stück Zucker. Ich habe das als ich 12 Jahre alt war entdeckt, in einem Reisebus mit anderen jungen Freunden. Ein Vater hat das zu 5-6 Kinder gegeben, und es hat bei allen funktionniert !!

    LB aus Frankreich
    Delphine

  3. Bei uns half in der kritischen Phase ein Taschentuch mit einem Tropfen Pfefferminzöl, an dem bei Bedarf geschnuppert werden konnte.

  4. Birgit Hailperin

    Ich leide selber schon so lange ich denken kann an Reiseübelkeit meine Kinder z.T. auch. Aus meiner Erfahrung sind die gebotenen Tips alle nicht verkehrt, hinzufügen möchte ich „lautes Singen“, hat mir als Kind und später bei Schwangerschaftsübelkeit sehr geholfen. Aber viel wichtiger ist es mir hier darauf hinzuweisen wie furchtbar das Gefühl ist, im Auto eingesperrt und der Übelkeit ausgeliefert zu sein. Kleine Pausen helfen da nur bedingt, wenn man weiß, dass die Fahrt eben noch xMinuten/Stunden dauert. Zumal manchmal die Übelkeit sofort beim Verlasen des Gefährts verschwindet, manchmal/bei manchen Menschen aber auch Stunden anhält. Und dieses Grauen können sich Menschen, die es nicht selber erlebt haben offenbar nicht vorstellen. Jedenfalls nehme ich das so im Umfeld wahr. Ich appelliere also an alle Eltern, die Leidenden ernst zu nehmen und im Zweifelsfall alternative Pläne zu machen.

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