Klarheit – wie wir mit Kindern reden sollen

„Könntest Du das bitte aufräumen?“ frage ich meine Tochter. „Ja, aber ich mache jetzt etwas anderes.“ antwortet sie mir und hält mir dabei wieder einmal einen Spiegel vor, der mir im Alltag so hilft und mich nachdenken lässt. Ich wollte, dass sie jetzt aufräumt, vor dem Abendessen. Aber anstatt es wirklich so zu sagen wie ich es meine, habe ich es in einer freundlichen, recht unverbindlichen Aussage verpackt. Sie antwortet genau so, wie es ist: Ja, sie könnte tatsächlich jetzt aufräumen, aber sie tut es nicht. Ich könnte mich nun ärgern über diese Antwort, aber eigentlich liegt das Problem an einer ganz anderen Stelle: Warum formuliere ich nicht klar, was ich meine?

Kinder brauchen eindeutige Aussagen und konkrete Ansprachen – von Anfang an. Wir sollten immer eine wertschätzende Haltung gegenüber ihren Aussagen einnehmen, sie aussprechen lassen und ihnen wirklich zuhören. So, wie auch wir gehört werden möchten, haben auch Kinder es verdient, gehört zu werden in ihren Bedürfnissen und Äußerungen. Das wirkliche Zuhören ist vielleicht eine der wichtigsten Aufgaben, die wir als Eltern lernen müssen, um unsere Kinder zu verstehen. Nicht erst, wenn sie sprechen, sondern von Anfang an: Verstehen lernen, warum ein Baby weint, dem Brabbeln und Lallen Aufmerksamkeit schenken und merken, was damit gemeint ist.

Doch als Eltern müssen wir nicht nur lernen zuzuhören, sondern auch richtig mit unseren Kindern zu sprechen. Manchmal fällt das anfangs recht schwer. Mit Kindern sprechen bedeutet auch, dass wir beispielsweise bei Babys unsere Handlungen vorher ankündigen. Wir sagen ihnen: Ich nehme Dich jetzt hoch und lege Dich auf den Wickeltisch bevor wir es tatsächlich aus seiner Aktivität nehmen. Wir sprechen über die Dinge, die wir mit ihm tun, begleiten unsere Handlungen sprachlich. Dies gerade in Situationen wie dem Wickeln, aber auch im sonstigen Alltag. Größeren Kindern kündigen wir vorher an, dass das Spiel nun bald vorbei ist, wir sie wickeln wollen oder es in der nächsten Zeit Mittagessen gibt. So können sie sich darauf vorbereiten. Wir reißen kleine Kinderhände (außer in Notfällen wie einer heißen Herdplatte) nicht wortlos von Dingen weg.

Und mit Kindern sprechen bedeutet neben dem Ankündigen und Begleiten von Handlungen auch, dass wir klar mit ihnen sprechen. Sie verstehen lange Zeit noch keine Ironie: Ein „Na das hast Du ja toll gemacht!“ liegt nicht im Verständnisraum eines Kleinkindes. Ab etwa 4 Jahren beginnen Kinder damit, mit Ironie umzugehen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir klar und deutlich mit ihnen sprechen und kommunizieren, was wir wirklich meinen. Wenn wir etwas wirklich wollen, dann müssen wir das auch so aussprechen. Aus einem „Könntest Du das bitte aufräumen.“ wird in diesem Fall ein „Bitte räum das jetzt vor dem Essen auf.“ Auch auf diese Weise können wir mit unseren Kindern auf eine liebevolle Art kommunizieren, aber eindeutiger und direkter als mit vielen „könntest“ oder „würdest“.

Auch wenn wir etwas wirklich nicht wollen, sollten wir dies immer klar sagen: Das Kind, das an den Haaren zieht oder einen Erwachsenen schlägt, braucht ein eindeutiges Signal. Es hilft dem Kind nicht darin, uns zu verstehen, wenn wir ihm lächelnd sagen „Das mag die Mama nicht so sehr.“ Wenn wir unserem Kind sagen möchten, dass unsere Grenzen überschritten sind, müssen wir auch dies deutlich machen. Wir brauchen dazu keine physische oder psychische Gewalt, sondern können mit einer klaren Körpersprache und klaren Worten das ausdrücken, was wir wirklich meinen. Wir müssen nicht lächeln, wenn uns nicht nach einem Lächeln ist. Kinder brauchen authentische Eltern. Das bedeutet nicht, das Kind anzuschreien oder es bloßzustellen. Es bedeutet: Wenn Du mich verletzt, lache ich nicht, sondern sage, dass ich verletzt bin. Ich sage, dass ich etwas nicht mag und dass es beendet werden soll.

Eine direkte Aufforderung oder Aussage ist kein Befehl, ist keine nicht-liebevolle Kommunikation. Sie kann vielmehr den Alltag um vieles erleichtern und uns dabei helfen, uns mit unseren Kindern besser zu verständigen.

Wie macht ihr das im Alltag? Kennt Ihr auch solche Situationen?
Eure
Susanne_clear Kopie

4 Kommentare

  1. Habs grad mal spontan ausprobiert und es hat super geklappt (Bitte ziehe jetzt Schlüpfer und Hose an!). Hoffentlich war das nicht nur Anfängerglück. 🙂

  2. kiddo.the.kid

    Ja, das deckt sich mit meinen bescheidenen Erfahrungen. Das sehr eigensinnige und lebhafte Kiddo macht am liebsten mit, wenn wir ganz direkt, schnörkellos und freundlich sagen, was wir von ihm wollen. Das funktioniert erstaunlich oft, und es rührt mich jedes Mal, wenn ich sehe, wie gern sie mir oft entgegenkommt.

    Manchmal geht aber auch gar nix. Klar. Kiddo ist knapp zwei Jahre alt und hat einen ganz eigenen Kopf. Meine „Methode“ derzeit: Ich wiederhole die Aufforderung in kurzen zeitlichen Abständen, möglichst gleichbleibend freundlich-hartnäckig („Zieh Dir bitte jetzt diese Hose an.“) Irgendwann entscheidet sie sich dann meistens doch zum Kooperieren.

    Aber ich muss natürlich auch gestehen: Bei wenig Zeit und viel Stress bringt mich diese Warterei zum Überkochen. Zeitdruck ist ein Kooperationskiller bei uns, bei allen Beteiligten.

  3. Kirschkerneknacker

    Oh ein interessantes Thema, werde ich gleich mal aufgreifen 😉 . Natürlich kenne ich das. Es ist eine Grauzone der Kommunikation. Geplante Kommunikation sieht anders aus. Mit den Kindern zusammen zu leben bedeutet eben auch, zu jeder Zeit Ansprechpartner zu sein. Ob müde oder wach – und deswegen verschieben sich auch die eigenen Arten und Ausdrucksweisen. Natürlich murmelt man manchmal einfach ein „oh man, kannst du das bitte mal aufräumen?“ und meint „Mach das weg, ich will nicht drüber stolpern.“ Aber es gehört mehr zum Kontext des Gesagten als die Wörter. Es ist eine Kombination aus Körpersprache, Intonation, also Sprechmelodie und Dynamik, die aus dem Gesagten, das Gemeinte werden lässt.

    Du bringst mich auf eine schöne Idee, darüber zu bloggen. Ich mache mich gleich ans Werk.

    Einen erste Artikel darüber, wie man Kinder in der Kommunikation unterstützen kann, habe ich schon geschrieben. Aber es ist ein schönes weites Feld, dem man immer wieder Beachtung schenken kann. Danke für deine Inspiration.

    http://kirschkerneknacker.de/sprechunterstuezung-leisten/

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