Gerade herrscht viel Unsicherheit. Mittlerweile wurden in fast allen Bundesländern die Betreuungseinrichtungen wie Kita, Kindergärten und Schulen für die nächsten Wochen geschlossen. Der Corona-Virus stellt unser Leben ganz schön auf den Kopf. Das kann für Eltern wie für Kinder, die nun ihre alltägliche Struktur neu suchen und etablieren müssen, eine Herausforderung sein.
In meiner Familie ändert sich im Alltag nicht viel, denn wir haben uns vor einigen Wochen dazu entschieden, unser Kind aus dem Kindergarten abzumelden. Mein Mann und ich arbeiten beide freiberuflich und teilen unsere Arbeitszeiten auf. Unsere Tage sind jeden Tag anders aufgeteilt und dennoch haben sie eine feste Struktur.
Mittlerweile befinden sich einige Regionen wegen des Corona-Virus im Hausarrest. Wer aber noch die Möglichkeit hat, rauszugehen und dabei einen Abstand zu anderen zu halten, für den kann eine Sache sehr wertvoll sein in dieser Struktur ohne Schule und Fremdbetreuung: Zeit draußen zu verbringen. Denn so gern ich mit meinem Kind Zeit verbringe, nach der fünfzehnten Wiederholung des Rollenspiels brauche ich eine Pause. Frische Luft ist der beste Gegner von Genervtheit, ein Garant gegen Langeweile und – als netter Nebeneffekt – ein toller Gesundheitsbooster.
Wenn ihr für die nächsten Wochen eine Routine und Struktur in eurem Alltag sucht, ist es vielleicht auch für euch eine gute Idee, feste Zeitfenster zum draußen spielen mit einplanen. Wenn das für dich und deine Familie am Anfang ungewohnt ist, habt Geduld. Vielleicht möchten die Kinder am Anfang auch nicht nach draußen, weil die Spielsachen drinnen auf den ersten Blick spannender erscheinen. Ich gebe euch hier einige Ideen zum draußen spielen mit auf den Weg. Diese könnt ihr mit euren Kindern entdecken und weiterentwickeln. So kommt bei den ersten Tagen in der Natur keine Langeweile auf, die ersten Schritte in die Natur werden gemacht und oft entwickelt sich dann nach einigen Tagen der „Draußen-Routine“ eigene Spiel- und Entdeckungsideen und die Kreativität setzt ein.
Naturdetektive
Ihr braucht: Eine Liste mit den gesuchten Naturobjekten, eine Papiertüte oder ein Korb zum Sammeln, ein Bleistift
Alter: 4-14 Jahre
Und so geht‘s:
Die Naturdetektive erhalten eine Liste mit den vermissten Naturobjekten. Auf dieser Liste stehen bis zu 25 natürlichen Dingen, die die Kinder suchen und sammeln sollen. Die Objekte sollten so ausgewählt sein, dass die Kinder genau hinschauen müssen und zum kreativen Denken angeregt werden.
Es gibt eine wichtige Regel: Es dürfen nur Dinge gesammelt werden, die man sicher und ohne Schaden zurückbringen kann. Wenn kleinere Kinder dabei sind, die noch nicht lesen können, können Gruppen gebildet werden oder man unterstützt als Erwachsener beim Suchen.
Beispiel für eine Suchliste für Naturdetektive:
- eine Feder
- Samen, die im Wind getragen wurden
- ein Ahorn/Buchen/Eichenblatt (je nachdem, wo ihr euch befindet – es soll ja nicht unmöglich sein)
- etwas, was stachelt
- Drei verschiedene Arten von Samen
- etwas rundes
- Teil eines Ei
- etwas scharfes
- etwas kuscheliges
- ein Teil eines Fells
- fünf Teile menschlichen Mülls
- etwas schnurgerades
- etwas wunderschönes
- ein angekautes Blatt (aber nicht von den Kindern!)
- etwas, das Musik macht
- etwas weißes
- etwas, dass dich an dich selbst erinnert
- etwas weiches
- ein großes Lächeln
- eine Sonnenfalle (also etwas, was Sonnenenergie speichert und davon warm wird, wie Wasser, Steine, Pflanzen, …)
- etwas, was keinen Nutzen in der Natur hat
Nachtwächter und Nachtschwärmer
Ihr braucht: Eine Taschenlampe
Alter: 5-13 Jahre
Und so geht‘s:
Dieses Spiel wird in der Dunkelheit auf einer ungeteerten Kiesstraße oder einer Einfahrt gespielt. Der Nachtwächter sitzt in der Mitte der Straße und hat eine Taschenlampe in der Hand. Die anderen Spieler*innen, die Nachtschwärmer, stellen sich 10 Meter entfernt (oder so weit, dass sich alle im Dunkeln wohl fühlen) auf. Der Nachtwächter schließt die Augen und die anderen Nachtschwärmer schwärmen aus und versuchen, ein vorher beschlossenes Ziel hinter dem Nachtwächter zu erreichen. Wenn der Nachtwächter ein Geräusch hört, schwenkt er die Lichtkugel in diese Richtung – wer angeleuchtet wird, friert ein und darf sich nicht mehr bewegen. (Es ist nicht fair, die Taschenlampe „auf gut Glück“ zu bewegen…) Wenn eine bestimmte Anzahl (die ihr festlegt) an Nachtschwärmern eingefroren wurden, müssen alle nochmal an den Start und von neuem beginnen. Der erste, der das Ziel hinter dem Nachtwächter erreicht, ist der neue Nachtwächter.
Tierkörper raten
Was du dafür braucht: Nichts
Alter: ab fünf Jahre
Diese Spiel ist super für Familien. Es fördert den Zusammenhalt, denn hier kommt man nur zu einem Ergebnis, wenn man gemeinsam an seinem Tier arbeitet.
Ein Team besteht aus drei bis vier Spieler*innen. Ein/e Spieler*in sollte übrig bleiben, um zu raten.
Das Team hat die Aufgabe, sich auf fünf Tiere, die es spannend findet, zu einigen und diese aufzuschreiben. (Wenn du rätst, sollten sich die Kinder so beraten, dass du das Ergebnis nicht erfährst.)
Erst nachdem sie sich geeinigt haben wird ihnen gesagt, dass sie den Körper dieses Tieres nachahmen sollen. Sie haben nun pro Tier fünf Minuten Zeit, um sich zu organisieren. („Oh nein, eine Ameise hat sechs Beine, wir brauchen auch sechs Beine! Ich kann die Greifer vorne sein, weil ich bin auch der Kopf und eh vorne…“)
Wenn das Team so weit ist, wird das Tier vorgestellt. Die „Vorführung“ sollte komplett abgeschlossen sein, bevor geraten wird.
Diese Spiele sind eine Möglichkeit, die Natur neu zu entdecken und eine kleine Pause vom Alltag zu bekommen. Wer nach weiteren Ideen sucht, kann auf eine Entdeckungsreise in die Welt der Knospen gehen, über die ich letzten Frühling geschrieben habe. Weitere Naturspiele, die auch vor eurer Haustür warten und sich für Stadt- und Landkinder eignen, findet ihr hier. Wer sich in der Stadt auf die Suche nach Naturwunder machen möchte, findet in dem Artikel über das „Wunderland Natur“ weitere Anregungen.
Bleibt gesund, bleibt positiv und bleibt liebevoll zu euch selbst und euren Mitmenschen,
Eure
PS: Wir befinden uns seit Samstag im Hausarrest, und werden uns mit den oben genannten Spielen im Haus die Zeit vertreiben. Statt mit den gesammelten und aufbewahrten Naturmaterialien zu basteln, bekommen sie eine erste Verwendung bei der Detektiv-suche. Und auch Nachtwächter lässt sich drinnen spielen, wenn die Möbel auf Seite gerutscht werden. Lasst uns kreativ werden.
Veronika hat Biologie, Naturschutz und Landschaftsplanung studiert und ist Mutter einer Tochter. In ihrer Kolumne „Naturorientiertes Aufwachsen“ berichtet sie von Wegen, auf denen Kindern die Liebe und der Respekt zur Natur als Samenkorn mitgegeben werden können. Mehr über Veronikas Arbeit und ihre aktuellen Texte zu grünen Themen findet ihr auf ihrer Homepage, Instagram oder Twitter.