Auf einmal weg! Wenn Kinder unterwegs verloren gehen

Es gibt diese Momente im Elternleben, in denen das Herz kurz stehen bleibt. In denen alles fallen gelassen wird, um beim Kind zu sein. Wenn man einlautes Krachen im Nachbarzimmer hört und einen Schmerzensschrei des Kindes. Oder wenn es auf einmal still ist unterwegs und Du merkst: Mein Kind ist weg. Ich habe beide Situationen schon erlebt, beide Male gefühlt, wie in kürzester Zeit verschiedene Dinge im Kopf ablaufen. Gerade dann, wenn ein Kind unterwegs auf einmal weg ist, schießen tausend Gedanken durch den Kopf: Wo ist es? Wo war es zuletzt? Was hat es an? Was tue ich zuerst? Ruhe bewahren!

Kinder gehen nicht verloren, wenn Eltern aufmerksam sind!?

Doch, auch wenn Eltern aufmerksam sind, können Kinder verloren gehen. Denn wie weit und sicher sich Kinder von Eltern entfernen, ist auch eine Frage des Temperaments. Ein Kind kann sich wesentlich sicherer und unbedarft an einem fremden Ort bewegen, als wir es uns wünschen würden. Es entfernt sich, weil es mal kurz hier oder da nachsehen möchte, weil es etwas spannendes gehört hat, weil es vielleicht eine Freundin gesehen hat und hinterher rennt. Vielleicht ist es auch schon größer und läuft nicht (mehr) gern an der Hand. Kinder schätzen Situationen anders ein als wir Erwachsene. Es ist normal, Kinder im Vorschul- und Schulalter nicht ständig im Blick zu haben und ist möglich, dass sie den eigenen Augen entschwinden.

Kinder vorbereiten auf Notsituationen

Gut ist es immer, Kinder auf Notsituationen vorzubereiten und ihnen prinzipielle Möglichkeiten des Verhaltens nahe zu bringen und bei einem Ausflug auch noch einmal aktuelle Möglichkeiten zu benennen.

Kinder vorbereiten

  • Bleib stehen, sobald du merkst, dass ich nicht mehr bei dir bin. So verhinderst du, zu weit von mir weg zu laufen.
  • Wenn du stehen bleibst, hör genau hin: Wenn ich dich nicht mehr sehe, rufe ich nach dir!
    Eine andere Möglichkeit (je nach Alter): Dem Kind eine Trillerpfeife mitgeben, um auf sich aufmerksam machen zu können.
  • Wenn dich jemand anspricht: Bitte darum, dass wir angerufen werden! Telefonnummer auswendig lernen oder aufschreiben: Unsere Kinder haben sehr früh unsere Telefonnummern auswendig gelernt. In einer Angstsituation können sie aber vergessen werden, daher können Notfallarmbänder hilfreich sein. Alternativ: Bitte darum, dass die Polizei angerufen wird und warte weiterhin dort. Gehe auch zum Telefonieren mit niemandem mit.
  • Gehe nicht mit anderen Menschen mit, die dir sagen, ich hätte sie zu dir geschickt, außer sie kennen das Geheimwort! Um Kinder davor zu schützen, mit anderen mitzugehen, kann man mit ihnen ein Geheimwort vereinbaren: Nur Menschen, die dieses Wort kennen und im Notfall gleich sagen, wurden auch wirklich geschickt.
  • Andere Menschen fragen, ob sie helfen können: Frage da, wo viele Menschen sind und man dich gut sehen kann.
  • Im eigenen Kiez bei gemeinsamen Spaziergängen über Orte oder Personen sprechen, an die sich Kinder in Notfällen wenden können.
  • Größere Kinder: Vorab einen Treffpunkt vereinbaren, an dem man sich trifft.
  • Hab keine Angst: Wir suchen nach dir, wenn wir dich nicht mehr sehen bis wir dich finden!

Eltern vorbereiten auf Notsituationen

Nicht nur Kinder sollten auf solche Situationen vorbereitet sein, sondern auch Eltern. Wichtig ist, einen klaren Kopf zu behalten und alle Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen, um das Kind zu finden.

Vorbereitungen für Eltern

  • Stehen bleiben, rufen, hinhören: Oft ist das Kind in der Nähe und kann so schon erreicht werden.
  • Mit mehreren Personen: Zum Suchen aufteilen. Allein kurz überlegen: Wohin würde das Kind gehen wollen?
  • In Gefahrensituationen (am Wasser, Straßenverkehr, Treppen, Ubahn etc.) Menschen schnell um Hilfe bitten und ggf. gleich Polizei alarmieren
  • Ggf. Kind ausrufen lassen
  • Ist das Kind nach 10 Minuten nicht gefunden, die Polizei informieren.
  • Vor Ausflügen ein Foto vom Kind machen, damit dieses im Notfall genutzt werden kann und man ein Bild davon hat, welche Kleidung das Kind tatsächlich an diesem Tag trägt.
  • Nach der Polizei Freunde und Verwandte anrufen und um Mithilfe bitten. Eine Person zu Hause lassen, falls das Kind nach Hause gebracht wird oder den Weg dorthin findet.
  • Vorsorglich: Bei besonderen Ausflügen die Kinder auffällig kleiden, damit sie von den Eltern gesehen werden oder andere Menschen sich an sie erinnern.

Wenn jemand ein verlorenes Kind findet

Wer ein verlorenes Kind findet, sollte direkt beim Kind stehen bleiben und es dazu anhalten, an dieser Stelle auf die Eltern zu warten. Erklärt das Kind, dass ein Treffpunkt vereinbart wurde, kann es an diesen Punkt begleitet werden. Ruhig und auf Augenhöhe mit dem Kind sprechen, nicht übergriffig auf den Arm nehmen oder wegtragen. Beruhigen und Eltern (sofern Nummer vorhanden) oder Polizei informieren. Gemeinsam warten, bis die Eltern es abholen.

Habt Ihr noch andere Tipps?
Eure

16 Kommentare

  1. Gute Tipps, danke! Ich sage meinen Kindern, dass sie, wenn sie keinen Polizisten sehen, eine Mama mit Kindern um Hilfe bitten sollen.

  2. Linnea

    Ich habe tatsächlich mal in Absprache mit einem verloren gegangenen Kind einen sehr großen Mann angesprochen, ob er helfen kann. Das Kind hatte auf einem Hallenflohmarkt seine Mutter verloren und konnte dann von den Schultern des Mannes aus seine Mama rufen und schauen, ob es sie sieht. Hat geklappt ;).
    Wir haben eine Zeit lang auch diese Notfallarmbänder genutzt, das hat alle Seiten beruhigt, weil der Sohn sehr gern mal “verschwindet”.
    Ansonsten weiß unser Großer, dass er unter der 112 die Mitarbeiter meines Mannes erreicht, das ist aber ein besonderer Vorteil, den man ja nicht einfach so weiterempfehlen kann. LG Linnea

  3. Barbara

    Oh ja, schlimmste Momente und leider schon ein paar Mal passiert!
    Wir haben mit unserem Sohn auch ausgemacht, er soll sich an jemanden wenden, der dort (wo immer wir sind) arbeitet. Also den Bademeister, die Ticket-Verkäuferin am Karussel, etc. Er ist einmal bei einem großen Halloween Fest verloren gegangen und ist dann auch tatsächlich zu einem Stand-Verkäufer hingegangen. Ich war echt baff, dass er das mit drei schon hinbekommen hat und entsprechend stolz – und natürlich erleichtert. Telefonnummer auswendig lernen erscheint mir dagegen viel zu schwierig, aber ich habe schon mehrmals über ein Sicherheits-Armband nachgedacht.
    Was ich auch wichtig finde: dass wir Erwachsenen uns zusammen reißen und die Kinder nicht schimpfen, wenn sie wieder auftauchen. Man neigt in diesen Schock-Angst-Situationen dazu und es ist weder fair noch produktiv. Stattdessen: Ruhig erklären und durchaus den Ernst der Lage klar machen, aber eben ohne Vorwürfe.
    Liebe Grüße!

  4. Viele gute Hinweise, dankeschön! Bei uns sind vor kurzen diese zwei Bücher der Protagonistin Lu eingezogen: “Ich geh doch nicht mit jedem mit” und “Ich geh doch nicht verloren.”
    Unsere Kinder lieben diese Bücher! Lu macht den Kindern vor, was zu tun ist. Dann kann man gleich darüber sprechen und ausmachen, mit wem die Kinder zum Bsp mitgehen dürfen.
    Viele Grüße
    Stacia

  5. Wir haben schon oft das Szenario “Bis/Tram fährt los, bevor das Kind ausgestiegen ist” durchgesprochen, weil es mal fast passiert wäre. Ich glaube, dass das Besprechen und Hineinversetzen in die Situation sehr wichtig ist.

    • Gute Idee!
      Was besprecht ihr da genau, wie euer Kind sich da verhalten soll? An der nächsten Station aussteigen? Bitte gerne Hinweise-danke!

      Meine Tochter hat übrigens öfter Angst, dass sie aussteigt und ich nicht mehr aus dem Bus komme, weil das einmal fast fpassiert wäre (viele Leute im Bus, und schweresGepäck dabei gehabt).

  6. Mich hat einmal im Museum ein etwa neunjähriges Mädchen angesprochen, leider auf dänisch. Wir konnten uns zwar nicht verstehen, aber sie hatte zwei Telefonnummern auf dem Arm. Die eine war leider die der Mutter, die in Dänemark war, und die Nummer des Vaters, der mit im Museum war, war nicht erreichbar. Also habe ich die Mutter gebeten, ihm auszurichten, wo wir auf ihn warten. Mit zusätzlicher Hilfe eines Museumswärters konnte der völlig aufgelöste Vater seine echt tapfere Tochter wieder in Empfang nehmen… Gerade angesichts der Sprachbarriere war die Idee mit der Nummer super. Und ich glaube, das Mädchen hat mich angesprochen, weil ich evtl. halbwegs dänisch aussehe und mit zwei Kindern unterwegs war. Es tat mir nur so leid, dass ich sie nicht in ihrer Sprache beruhigen konnte…

  7. Miriam

    Meine Tochter ist tatsächlich Montag im Playmobil FunPark „abhanden gekommen“. Sie wollte rutschen, ich sollte unten auf sie warten. Aber nachdem mehrere Kinder schon zum 2. mal unten angekommen sind würde ich leicht panisch….
    Sie hatte am anderen Ende der Rutsche irgendwas interessantes gesehen, ist hingegangen und hat dann nicht zurück gefunden. Glücklicherweise hatte sie ein Notfallarmband an. Als die Panik gerade so richtig los ging rief mich auch schon eine Frau an, die mit ihr am Hot Dog stand gewartet hat. Ich geh nie wieder ohne so ein Armband mir ihr ins Gewusel.

  8. Meine Kinder haben bei Ausflügen (in unbekannter Umgebung, größere Menschenmengen,…) eine Kette um, auf denen auf der Rückseite ihr eigener Name und die Telefonnummern der Eltern eingraviert sind. Eigentlich sind es Hunde/Katzenmarken, aber die Motive sind ganz süß und erfüllen ihren Zweck. Und sie dürfen nur in solchen Situationen nur eine andere Mama ansprechen und sie bitten uns anzurufen. Ersatzweise die Polizei, wenn keine keine andere Mama zu sehen ist.
    Wir fragen die Kinder auch immer wieder vor solchen Ausflügen ab, ob sie noch wissen, was zu tun ist, wenn sie verloren gehen. Da ich mich nicht nur auf die Telefonnummern (was wenn mein Akku leer ist, das Netz überlastet,…?) verlasse, wissen die Kinder mittlerweile auch sicher, wie unsere Anschrift lautet, so dass man sie im Notfall auch darüber identifizieren kann.
    Danke für deine anderen Tipps!

  9. Hallo,

    Gute Tipps, vielen Dank.

    In unserem Kindergarten gab es einen Selbstbehauptungskurs und die Referentin riet von einem Geheimwort eher ab. Sie meinte es gibt ganz wenige Kinder die es sich im Fall der Fälle nicht doch entlocken lassen. Bei der Probe aufs Exempel bei den Kindern mit denen ein solches Wort vereinbart wurde zeigte sich das auch. Alle neun verrieten nach geschicktem Nachfragen das Wort :-(.

    Außerdem gab sie den Hinweis keine Dinge offensichtlich mit dem Namen des Kindes zu beschriften. Auch kein Notfall Armband. Unter Umständen weckt das falsches Vertrauen, wenn jemand den Namen “kennt”, ihn aber eigentlich nur abgelesen hat.

    LG, Ina

  10. Danke für diesen Artikel, oh je, da läuft mir kurz ein kalter Schauer über den Rücken….
    Wir handhaben das so, dass wir unseren Kindern bei Ausflügen immer die Telefonnummer auf den Arm schreiben (wasserfest) und immer wieder sagen, dass sie NIE und mit NIEMANDEM (außer der Polizei) mitgehen sollen, sondern auf uns warten müssen.
    Von einem Geheimwort bin ich auch kein Fan, viel mehr wissen meine Kinder, mit wem sie IMMER mitgehen dürfen (Oma, Opa, Tante) und mit wem nur an einem bestimmten Tag (z.B. Mutter der Kitafreundin holt beide Kinder ab).
    Die Kinder wissen ihre Namen, das reicht zur Identifizierung aus, denke ich; das Auswendiglernen von Telefonnummer und Adresse würde die Kinder wohl (noch) überfordern und stressen, wenn sie sie doch vergessen.

    Gott sei Dank sind die meisten Menschen freundlich, friedlich und hilfsbereit – wenn das Kind also “nur” nicht mehr im Blickfeld ist, bleibt wahrscheinlich nichts außer der kurze Schock.

  11. Danke für die vielen guten Tipps!
    Ganz wichtig finde ich den Hinweis, das eigene Kind vor einem Ausflug zu fotografieren – mein Sohn ging letztens im Park um die Ecke verloren, weil er woanders spielen wollte, es mir aber nicht gesagt hat. Ich habe ihn mehrere Minuten lang gesucht – und wusste nicht mehr, was er anhat. Ich war so in Panik, dass ich ihn einer helfenden Mutter nicht beschreiben konnte; das war ein wirklich schlimmes Gefühl.

  12. Hallo und danke für die Tipps.
    Allerdings habe ich zu dem Codewort eine Anmerkung. Ich war kürzlich bei einem Präventionsabend der Polizei, bei dem es darum ging wie man Kindesmissbrauch/Entführung “schwerer” machen kann.
    Der Kripo Beamte warnte vor der Einführung eines Codewortes. Er sagte, ein Kind, welches selbst gerade in einer Stresssituation ist, lässt sich leicht austricksen. Als Beispiel: Dein Kind ist weg, hat sich verirrt oder was auch immer. Ein “Täter” sieht das, spricht das Kind an. Es kommt auf das Geheimwort zu sprechen. Der Täter zieht ein Stück Zettel raus auf dem was geschrieben steht und sagt: Hier, deine Eltern haben mir das Codewort aufgeschrieben… Ein Kind in so einer Situation hinterfragt selten weiter… und fühlt sich eher in vertrauensvollen Händen…

    Außerdem keine sichtbaren Namen und Adressen an Kleidung/Rucksäcken anbringen. Der “Täter” kann das Kind beim Namen nennen und eine falsche Vertrautheit erklären.

    Der Tipp der Polizei war: In ein Ladengeschäft gehen und oder laut um Hilfe rufen, Polizei verlangen. Niemals mitgehen.

    Viele Grüße

  13. Wenn man das Kind sucht, nicht nur den Namen laut rufen sondern auch eine Beschreibung:” Ich suche Jan. Er hat eine rote Hose und einen blauen Pullover an!” Andere Leute werden dann aufmerksam und können leichter bei der Suche helfen. Auch ein Fremder, der mit dem Kind weggeht fällt so viel schneller auf.

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