Buchvorstellung: „Miteinander durch die Babyzeit“ – Ankommen im Familienleben

„Jetzt seid Ihr Eltern!“ wird gerne gesagt, sobald ein Baby geboren wurde. Aber ich erinnere mich noch gut daran, wie ich in den ersten Wochen nach der Geburt unsers ersten Sohnes 2005 das Gefühl hatte, irgendjemand müsse doch jetzt wirklich endlich mal klingeln und mir sagen, wie das alles funktioniert mit diesem kleinen Menschen. Irgendwann war endlich das Gefühl da „Okay, das ist mein Kind. Ich bin die Mama!“, aber so richtig sattelfest und sicher habe ich mich weiterhin nicht gefühlt. Nur die Verbindung war endlich richtig da. Ich hatte die Aufgabe angenommen – aber wie man „eltert“ musste ich noch lernen!  

So geht es den meisten Eltern mit ihrem Baby. Das Kind muss sich entwickeln – aber wir Großen auch. Und das in einer Zeit, die unglaublich fordernd sein kann (Kein Schlaf! Dinge laufen anders als erwartet! Langeweile! Was ist eigentlich mit der Partnerschaft? Und wie geht es uns finanziell?). Selbst für mich war das schwierig, obwohl ich als Pädagogin viel theoretisches Wissen hatte und auch insgesamt ein ganz gutes Bauchgefühl. Aber das fällt alles immer mal wieder hinten runter, wenn du mit einem eigenen Kind emotional so stark verbunden bist. So klopften auch bei mir Glaubenssätze, innere und äußere Kritiker:innen sowie Überforderung und Druck an. Zum Glück hatte ich gute Begleitung. Und die wünsche ich dir auch.

Ein Beispiel zu den inneren Glaubenssätzen aus meinem Buch „Miteinander durch die Babyzeit„:

Schreien kannst du durchaus als etwas Positives sehen – versuche es mal.
Denn dein Baby kommuniziert mit dir, es sucht dich, es will mit dir in Verbindung gehen. Und es lässt raus, was sich an Stress angesammelt hat. Dein Baby ist nämlich gar kein so „hilfloses kleines Würmchen“, wie es den Anschein hat. Allerdings braucht es dich als Gegenpart, um richtig stark sein zu können.

Bindungs- und beziehungsorientierte Begleitung für dich

Dein Baby ist noch ganz neu in dieser Welt und doch ist ihm nicht alles fremd, denn es bringt bereits einige Fähigkeiten mit ins Leben und hat auch im Bauch schon viel mitbekommen. Nicht alles, was dein Säugling zeigt, ist tatsächlich angeboren, sondern hat sich vielleicht erst in der Schwangerschaft entwickelt. Diese neun Monate haben bereits eine große Bedeutung. Mit diesen Startbedingungen geht es in den ersten sechs bis acht Wochen für dein Neugeborenes vor allem um Anpassung: Töne, Temperatur und Bildeindrücke sind anders als im Bauch, das Fruchtwasser, in dem es sich so leicht gefühlt hat, ist weg und so vieles mehr.

Unsere Babys sind, anders als viele Tiere, keine „Nestflüchter*innen“, die rasch ohne Eltern auskommen, aber auch keine „Nesthocker*innen“, die viel allein sein können, wenn die Eltern Nahrung organisieren. Sie sind auf eine enge Verbindung angewiesen und wahre Traglinge: „Nimm mich überall mit hin!“ Erst einmal ins Wochenbett, aber dann wirklich an jeden anderen Ort. Am liebsten auch aufs Klo!

Sie fordern Sicherheit, Nähe und Beziehung ein, notfalls mit Lautstärke. Denn nur so gestärkt können sie sich optimal an alles anpassen, was die Welt von ihnen erwartet. Du darfst diese Welt anfangs für dein Baby gestalten.

Komplexe Gedanken kann dein Baby natürlich noch nicht fassen, aber dennoch spielt sich schon sehr viel in seinem Kopf ab. Es nimmt seine Umwelt wahr und lernt von Anfang an – das begann schon im Bauch der Mutter. Die Eindrücke sammelt es wie auch wir Großen über seine Sinne, die aber anfangs noch beschränktere Möglichkeiten haben als unsere und sich über einen längeren Zeitraum erst entfalten müssen. Anfangs nimmt dein Baby alle Eindrücke noch vorwiegend getrennt auf, doch auf seinem Entwicklungsweg werden die Wahrnehmungen rasch zusammengeführt: Dann schaut es beispielsweise danach, was es gefühlt oder gehört hat, weil alle Sinnesorgane und das Gehirn sich verknüpfen. Das kannst du unterstützen, indem du alle Sinne spielerisch ansprichst und zu viele Eindrücke auf einmal vermeidest.

Auch Gefühle spielen ins Denken hinein – je jünger ein Mensch ist, desto stärker. Ihnen widmen wir uns im nächsten Abschnitt.

Was kann dein Baby schon? – Das erfährst du beispielsweise im Buch:

Babys kann man nicht befragen. Aber durch das Beobachten ihrer Reaktionen auf Temperatur, Schmerzen, Druck, Berührungen und weitere Reize, sowohl im Bauch der Mutter als auch im ersten Lebensjahr, ist viel über ihre angeborenen und seit der Frühschwangerschaft erworbenen Fähigkeiten bekannt. Wie gut sie wahrnehmen und diese Wahrnehmungen verarbeiten, ist schon von Geburt an individuell verschieden: Einige Babys sind besonders aufmerksam und feinfühlig, andere eher zerstreut bis unempfindsam. Letztere brauchen etwas mehr Zeit und über die Jahre vermutlich mehr Unterstützung beim Wahrnehmen, bei der Reizverarbeitung und in Bezug auf ihre Reaktionen.

Fühlen

Dein Baby fühlt mit jedem Millimeter seiner Haut und besonders stark mit den Lippen. Durch Daumennuckeln und Fruchtwassertrinken hat es diese im Bauch schon gut genutzt. Weitere sensible Bereiche sind die Handinnenflächen, die Fußsohlen und auch die Genitalien, weil die Haut dort über viele Rezeptoren, also Reizaufnehmer, verfügt. Sei also besonders behutsam, wenn du dein Kind dort berührst. Es wird die Gefühle mögen, aber eventuell auch rasch überreizt sein und benötigt dann die Chance, sich abwenden zu dürfen. Solange es das noch nicht aus eigener Muskelkraft kann, musst du vorsichtig darauf achten, ob ihm etwas zu viel wird. Meist kannst du es seinem Blick und seiner Kopfhaltung entnehmen, die signalisieren: „Ich habe genug!“Dein Baby fühlt mit seinem ganzen Körper, beispielsweise wenn du es trägst, und kennt schnell die typischen Tragehaltungen von euch Eltern. Nimmt jemand anderes es auf ungewohnte Weise hoch, kann es dadurch – oft auch in Kombination mit zum Beispiel einem fremden Geruch – erschrecken. Dieser Person, die dann oft traurig ist, kannst du sagen: „Es lehnt lehnt nicht dich ab, sondern ist einfach vorsichtig Neuem gegenüber. Denn das bedeutet Unsicherheit.“ (…)

Sicher Eltern werden

Die Erfahrung aus den Kursjahren und mein Wissen habe ich in mein neues Buch „Miteinander durch die Babyzeit“ gesteckt. Du lernst Entwicklungsmeilensteine kennen, ohne dich unter Druck zu fühlen, weil dein Baby vielleicht später dran ist als andere – mein Buch verzichtet auf zu enge Zeitvorgaben und arbeitet mit Illustrationen, die dich entdecken lassen, wo im Buch du gerade lesen solltest. Du bekommst ganz alltagspraktische Tipps, wie du eure Tage sinnvoll gestalten kannst, ohne dein Kind zu überfordern, ohne dich fürchterlich zu langweilen, ohne dauernde Gedanken an den liegengebliebenen Haushalt zu haben und auch ohne hunderte Euro in Spielzeug investieren zu müssen.

Du bist wichtig

Außerdem erinnere ich dich daran, auch an dich selbst zu denken, denn Beziehungsorientierung heißt nicht nur „Baby, Baby, Baby“. Als deutsche Eltern intensiver damit begannen, sich mit Beziehungsorientierung zu befassen, gingen ihre Blicke erst einmal auf die Kleinen. Das war wichtig: Wir dürfen unsere Kinder heute gut verwöhnen, wir wissen viel über sie. Aber all zu leicht stecken wir all‘ unsere Kraft in diesen Weg und übersehen uns selbst.

Du brauchst Wissen, Verständnis und Mitgefühl – ganz sicher keinen Druck, lebensfremde Prinzipien und Schuldgefühle. Es ist in Ordnung, wenn du auch negative Gefühle bezüglich deiner Elternschaft hast. Das Mitgefühl ist an dieser Stelle angebracht, denn Mama oder Papa zu sein ist oft auch einfach hart. Daran will keiner so gerne denken, denn ein Leben mit Baby soll doch bitte rosarotwattebauschig sein. Viele klammern die Schattenseiten daher aus, wenn sie von ihrem Leben als Neueltern berichten. Doch es ist sehr viel sinnvoller, sich auch diese bewusst zu machen. Sie müssen nicht auftauchen, können aber. Elternteil eines Babys zu sein, ist anstrengend, ist herausfordernd, kann wehtun. Und darf auch mal nerven. Wahrscheinlich wirst du immer mal wieder an dir zweifeln. Doch wenn du im Hinterkopf hast, dass das normal ist, kannst du viel selbstbewusster durch dieses Jahr gehen. Elternsein ist nie ein gerader, asphaltierter Weg. Die Umwege und Stolpersteine, der leere Tank und die Panik vor dem aufziehenden Gewitter gehören dazu! Das ist Elternsein. Miteinander lernen, aneinander wachsen. Fern von Bilderbuchperfektion.

Wenn dein Baby leidet, ist es zum Beispiel zwar wichtig, nach den Ursachen zu fragen. Aber es ist nicht notwendig, dass du diese immer erkennst und seine Bedürfnisse zu hundert Prozent erfüllst. Klar, du möchtest gerne die Gründe dafür verstehen, warum dein Kind gerade so und nicht anders ist. Doch für dein Baby ist das nicht immer entscheidend. Ob es unter Zahnungsschmerzen leidet, überreizt ist vom Verwandtschaftsbesuch oder sich im Halbschlaf vor einem Klingeln erschreckt hat – Dein Baby braucht ganz oft die gleiche Lösung: Nähe, Ruhe und vor allem dich!

Ich möchte, dass das erste Babyjahr trotz aller Herausforderungen eine Entdeckungsreise für euch wird: Dein Baby entdeckt sich, dich und die Welt; du entdeckst dein Kind, mit allem was es mitbringt, und dich selbst als Mama oder Papa. Im Spiel und im Alltag kommt ihr euch näher, findet Rituale, könnt gemeinsam wachsen. So kannst du dein Baby in seiner Entwicklung passend begleiten, ihm Urvertrauen schenken, eure Bindung sichern und wirst auch für die Momente gestärkt, in denen es keine richtige Lösung zu geben scheint. Denn auf die Haltung kommt es an.

Ein Jahr wie kein zweites

Machst du dich mit mir auf den Weg durch die Babyzeit? In den Kapiteln „Abreise“, „Aussicht genießen“, „Expedition wagen“ und „Ankunft“ erfährst du jede Menge über Denken und Wahrnehmung, Gefühle und Miteinander, Bewegen und Entdecken sowie Alltagspraktisches, Wissen rund um Selbstfürsorge und den Anstoß dazu, Erinnerungen festzuhalten. Denn die Zeit geht schnell vorbei. Auch die Fragen, wie du im echten Leben sinnvollen Austausch mit anderen Eltern findest, wie dein Baby Spaß an Lebensmitteln bekommt, ob es irgendwann Gleichaltrige benötigt und wie das mit der Außer-Haus-Betreuung gehen kann, habe ich bedacht.

Das Vorwort zum Buch stammt von Dr. Natalie Grams-Nobmann, Ärztin, selbst dreifache Mutter und Autorin von „Was wirklich wirkt – Kompass durch die Welt der sanften Medizin“. Sie schreibt darin unter anderem: „Verunsicherung und Stress können dazu beitragen, dass man nach Antworten und leichten Lösungen sucht, wo es letztlich keine gibt.“ Und genau hier nehme ich dich an die Hand: Ich helfe dir, Sicherheit zu finden, ohne auf falsche Versprechungen hereinzufallen. Mit ganz vielen Tipps aus jahrelanger Arbeit mit Familien.

Deine
Inke Hummel

Zur Autorin:
Inke Hummel ist Autorin, Pädagogin und Inhaberin der Familienbegleitung „sAchtsam Hummel“. Als pädagogischer Coach unterstützt sie Familien im ersten Babyjahr, in der Kindergarten- und Grundschulzeit und in der Pubertät. Besonders häufig begleitet sie Eltern mit gefühlsstarken oder schüchternen Kindern und verhilft ihnen zu einer gelingenden Eltern-Kind-Bindung. Im Netzwerk „Bindungs(t)räume“ setzt sie sich dafür ein, dass Eltern und Pädagogen die Bedürfnisse von Kindern besser verstehen. Sie ist Mutter von drei Kindern.

Foto: Inke Hummel

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