Tag: 15. Juni 2022

Kita- und Schulstart: Übergänge für Kinder gestalten

Der Eintritt in den Kindergarten oder in die Schule sind große Meilensteine für Kinder. Auf einmal verändert sich ein großer Anteil ihres bisherigen Alltags, es müssen neue Tagesabläufe und Regeln verinnerlicht werden. Auch neue Bezugspersonen erweitern die Erfahrungswelt des Kindes. Diese Übergangssituationen und Neuanfänge sind nicht selten auch Herausforderungen für Kinder. Es muss losgelassen werden, Veränderungen müssen eingegangen werden. Nicht selten ist das auch mit der Angst vor dem Neuen verbunden: der Kindergartenstart, der Abschied morgens, der Übergang zur Schule, das Einschlafen. Ein Ritual für den Übergang und die Aufnahme in eine neue Gruppe können das Kind darin unterstützen, dem Neubeginn positiv entgegenzusehen und das Kind als Teil einer (neuen) Gemeinschaft feiern.

Den Neubeginn feiern

Wir alle kennen bereits Rituale, um den Übergang zu feiern: das Kindergartenfest, die Einschulungsfeier samt gefüllter Schultüte. Das alles sind bereits Rituale, um den Übergang zu feiern. Darüber hinaus können wir auch noch gemeinsam als Familie mit dem Kind den Übergang zelebrieren, um die beiden Welten „Familie“ und „Schule“ miteinander zu verbinden und etwaige Angst zu nehmen vor der Veränderung und das Gefühl, in eine Gemeinschaft zu gehören, zu stärken. Ein paar Ideen hierzu sind:

  • alle nahestehenden Personen schenken ein Foto von ihnen bei der Einschulung (das Kind erfährt, dass alle nahestehenden Personen diesen Weg schon gegangen sind)
  • schenken eines Lieblings-Kinderbuches, das die erwachsene Person besonders mag, vielleicht sogar selbst als Kind gelesen hat samt Widmung (Vorfreude auf das Lesenlernen, Unterstützung eines entspannenden Vorlese-Rituals zu Hause)
  • eine Kiste/Glas mit kleinen Notizen anlegen, von denen jeden Tag eine in die Brotdose gelegt werden kann (kleine Zeichnungen von den nahestehenden Personen + Namen)/alternativ: Kindertattoos, die als Stärkung auf den Handrücken geklebt werden können/alternativ: eine kleine Liste mit schönen Symbolen machen, von denen sich das Kind jeden Schultag eines auf den Handrücken malen lassen kann von einer Bezugsperson
  • gemeinsam eine Kerze gestalten zur Einschulung mit bunten Wachsplatten, auf die jede nahe Person einen Wunsch aus Wachs aufschreibt oder verbildlicht
  • ein Fotobuch anlegen mit einer kleinen Geschichte zum Kindergarten-/Schulstart mit den Bezugspersonen

Übergangsrituale für den neuen Alltag

Auch nach der Einschulung oder Eingewöhnung in den Kindergarten haben manche Kinder noch Schwierigkeiten mit den Übergängen. Übergangsrituale können dann der Angst (sofern vorhanden) und Unsicherheit Raum geben. Das Kind erfährt: Es ist in Ordnung, dass ich Angst habe, denn auch dieses Gefühl darf sein und hat in unserer Familie Platz. Wenn es mir nicht gut geht, werde ich verlässlich getröstet, bis es mir wieder besser geht. 

Gleichzeitig werden durch die Rituale oft auch hilfreiche Handlungsstrategien eingeübt und das Kind erfährt, wie es sich selbst helfen kann oder wie und wann es auf Hilfe durch andere zurückgreifen muss, beispielsweise indem wir dem Kind Ideen geben, was es immer machen kann, wenn es sich einsam fühlt, wohin es sich jeden Morgen als erstes wenden kann, dass es das aufgemalte Bild auf dem Handrücken anfassen kann, wenn es uns vermisst.

Manchmal können wir durch Übergangsrituale auch die verschiedenen „Welten“ miteinander verbinden: Von Zuhause wird das Lieblingskuscheltier mitgenommen, damit das Kind in der Schule etwas Vertrautes hat. Damit geben wir nicht nur dem Kind eine Stütze für den Übergang mit, sondern erleichtern uns selbst auch die Begleitung und das Loslassen.

Sicherheit gibt es dem Kind auch, wenn wir schon vor dem Start der neuen Situation einige der Neuerungen vorwegnehmen: Beispielsweise kann der neue Weg vorab abgelaufen werden und besonders schöne Punkte können gemeinsam betrachtet werden, so dass das Kind sich auf dem neuen Weg auf diese Aspekte fokussieren und sie zugleich als Anhaltspunkte des richtigen Weges erinnern kann. Auch Piktogramme, die die neuen Tagesabläufe veranschaulichen, können hilfreich sein und zusammen mit dem Kind gestaltet werden (kleine Bilder, was morgens nach dem Aufstehen alles gemacht wird).

Rituale müssen keine starren, altbackenen Traditionen sein. Ein Ritual zum Feiern eines Übergangs oder ein Ritual für den Alltag kann das sein, was ihr dazu macht. Wichtig ist, dass es zu euch passt, euch Freude bereitet und hilft.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de