Das Grundgefühl, geliebt und respektiert zu werden

Wir alle wissen: Unsere Kinder bringen jeden Tag sehr viele verschiedene Gefühle zum Ausdruck. Sie können sich unglaublich stark freuen, sie können so richtig wütend sein, sie können tief traurig sein oder zappelig aufgeregt – und noch vieles mehr. Die ganze Bandbreite an Gefühlen dürfen sie nicht nur spüren, sondern sie lernen auch anhand all dieser Gefühle. Sie lernen, wie sich unterschiedliche Situationen und Empfindungen anfühlen, wie man darauf reagieren kann, welche Lösungen in welchen Situationen passend sind und dass es Gefühle gibt, bei denen es gut tut, sie mit anderen zu teilen. Durch andere können Kinder lernen, wie sie mit ihren Gefühlen umgehen können. Und trotz all dieser Unterschiedlichkeit an verschiedensten Gefühlen jeden Tag brauchen Kinder ein Gefühl, das sie durch den Tag trägt, durch die Wochen, die Jahre: das Grundgefühl, geliebt und respektiert zu werden.

Die Grundmelodie des Kindes

Dieses Gefühl ist die Grundmelodie, die wir unseren Kindern mitgeben. Sie trägt sie durch den Tag: Wann immer sie aufgeregt sind, können sie dorthin zurückkehren. Wenn sie traurig sind, kommen sie nach dem Trösten dorthin zurück. Wenn sie wütend sind, kehren sie nach der Begleitung durch die Wut in diesen Grundzustand zurück. Und dieser Grundzustand selbst kann ebenfalls angespannter oder lockerer sein – je nachdem, welche Grundmelodie sie verinnerlicht haben.

Es gibt einige Faktoren, die darauf einwirken wie beispielsweise das individuelle Temperament des Kindes, das wir schon ins Leben mitbringen und das sich durch die Interaktion mit der Umwelt in den ersten Jahren zu Persönlichkeitsmerkmalen ausbildet. Die Interaktion mit der Umwelt ist aber besonders wichtig für die Ausbildung des Gefühls, wie wir uns selber sehen und auch, wie unsere Grundmelodie gestaltet ist. Als Eltern nehmen wir darauf viel Einfluss durch unsere Begleitung von Kindern und ihren Gefühlen und den Lernerfahrungen, die sie damit machen. Aber auch generell durch unsere Art der Zuwendung: Wenn wir ihnen – unabhängig von ihrer jeweiligen Art, von ihrem jeweiligen Gefühl und unabhängig von den einzelnen Situationen das Gefühl vermitteln, dass sie bei uns sicher und geborgen sind, dass wir ihnen zuhören, sie respektieren und ihre Bedürfnisse sehen, geben wir ihnen ein sicheres Grundgefühl mit, das auch für eine Art Grundentspannung sorgt – im Rahmen ihres jeweiligen Temperaments.

Nähe und Freiheit, Sicherheit und Schutz

Fühlen sich Kinder in ihrem Bedürfnis nach Nähe und Freiheit sicher, sind diese beiden Aspekte passend ausbalanciert, sind sie im Bindungsaspekt ausreichend sicher. Wenn wir ihnen hingegen zu wenig Nähe und/oder zu wenig Freiheit geben, legt dies die Grundlage für eine Unsicherheit, die sich auch auf das allgemeine Wohlbefinden und Verhalten legt.

Kinder brauchen Nähe und Freiheit, Sicherheit und Schutz und das Gefühl, mit allen Fragen, Sorgen, Ängsten und Gedanken zu uns kommen zu können, ohne für die Empfindung verlacht, verspottet oder nicht ernst genommen zu werden. Sie brauchen das Gefühl, sichere Ansprechpartner*innen zu haben für alle Belange. Und dieses sichere Gefühl bildet die Basis für die Grundstimmung.

Gilt auch für Eltern

Und wenn wir ehrlich sind: Auch für uns Erwachsene ist es von Bedeutung, eine entspannte Grundstimmung zu haben, die wir dadurch erlangen, dass wir uns sicher und geschützt fühlen, Pausen einbauen, andere Erwachsene haben, mit denen wir uns austauschen können und die uns zuhören. Sind wir in einer solchen Grundstimmung, fällt es auch uns viel leichter, mit den Unwägbarkeiten des Alltag und den Bedürfnissen der Kinder umzugehen.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

3 Kommentare

  1. Hallo
    Darf ich fragen, woher die schöne „Gefühlsscheibe“auf dem Bild ist?
    Die ist ganz schön.
    Dankeschön, Mirjam

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