„Ich hab Bauchweh“ – Wenn Kinder eine Pause brauchen

Manchmal sind die Tage anstrengend. Manchmal gibt es Streit mit Freund*innen, manchmal gibt es Umbrüche im Alltag. Auch für Kinder ist nicht jeder Tag einfach. Und auch bei ihnen kann Stress und Anspannung auf den Bauch schlagen. Wichtig ist natürlich, zunächst abzuklären, ob nicht wirklich eine Erkrankung hinter dem Bauchweh oder den Kopfschmerzen steht*. Neben solchen Erkrankungen projizieren Kinder aber auch unangenehme Gefühle auf Kopf oder Bauch: „Mein Kopf tut weh!“, „Ich hab Bauchweh.“ – Diese Sätze kennen wohl viele Eltern. Aber wie können wir damit umgehen, wenn das Kind scheinbar Schmerzen ohne „echte“ Ursache hat?

Schmerzen sind Schmerzen

Schmerzen sind Schmerzen. Wir können nicht nachfühlen, ob das Kind Schmerzen hat oder nicht, auch wenn es keine medizinische Ursache gibt. Es ist möglich, dass sich ein Unwohlsein tatsächlich durch Schmerzen äußert. Deswegen gilt immer: Wenn Kinder Schmerzen haben, sollten wir diese Ernst nehmen. Hat ein Kind Schmerzen oder spricht es über Schmerzen, sollten wir daher nicht sagen: „Das ist nicht schlimm“, „Das kann gar nicht sein“, „Das bildest du dir nur ein“, sondern vielmehr Verständnis entgegen bringen: „Das tut dir weh!“ „Zeig mir, wo es weh tut“ oder auch „Was glaubst du, woher die Schmerzen kommen“ – solche Reaktionen bieten eine Möglichkeit zum Gespräch. Das Kind fühlt sich angenommen und verstanden und kann sich weiter öffnen.

Die Frage nach einer möglichen Ursache kann gerade auch bei größeren Kindern eine Tür sein, um dem Grund auf die Spur zu kommen: Vielleicht ist ein anderes Kind krank mit solchen Schmerzen, vielleicht hat es in Kita oder Schule etwas über eine Krankheit gehört, das es verängstigt hat. Vielleicht sagt es auch direkt, dass ein anderes Kind es geärgert hat und es seither Schmerzen hat. Oder dass es weh tut, weil gerade eine bestimmte Situation so anstrengend ist. Geben wir den den Kindern die Möglichkeit, den Schmerz zu benennen und sind wir bereit, uns darauf einzulassen, helfen wir den Kindern bereits durch das Gefühl, nicht allein zu sein.

Schmerzen „behandeln“

Vielleicht können wir durch solche Gespräche bereits die Ursache finden und an einem konkreten Problem gemeinsam arbeiten. Manchmal ist die Ursache aber auch nicht so einfach oder überhaupt nicht zu finden. Hier hilft es, wenn wir dem Kind Unterstützung geben beim Umgang mit dem Schmerz.

Oft haben Kinder „Bauchschmerzen“ oder „Kopfschmerzen“, wenn sie eine Ruhepause brauchen und ein wenig aus dem Alltag ausbrechen müssen, um mal wieder Zuwendung und Aufmerksamkeit von den Bezugspersonen zu bekommen. Das kann im Alltag einfach vorkommen, dass es zwischenzeitlich mal ein stärkeres Bedürfnis danach gibt, vielleicht weil der Alltag gerade sehr anstrengend oder mit vielen Veränderungen verbunden war. Wichtig ist, dies zu erkennen und (ohne Anklage) darauf zu achten, dem Kind zu vermitteln, dass es auch andere Wege geben kann, um Ruheinseln in den Alltag einzubetten, ohne dass dafür Beschwerden herangezogen werden müssen. Gerade in anstrengenden Übergangszeiten oder wenn es gruppendynamische Probleme gibt, bieten sich regelmäßige Rituale an, um die Akkus wieder aufzufüllen.

In der konkreten Situation aber geht es zunächst darum, für diese aktuelle Situation eine gute Begleitung zu finden und dem Kind liebevolle Zuwendung zukommen zu lassen. Wie sie aussehen kann, ist ganz verschieden – je nach Vorlieben des Kindes.

Ideen zur „Behandlung“ sind beispielsweise:

  • An erster Stelle steht immer das Mitgefühl
  • Körperkontakt: die warme Hand des anderen auf dem schmerzenden Bauch oder Kopf tut gut. Über Körperkontakt können wir Fürsorge vermitteln, Oxytozin, das bei positivem Körperkontakt ausgeschüttet wird, beruhigt und entspannt. Auch eine entspannende Bauchmassage (im Uhrzeigersinn) kann helfen. Oder mit etwas Creme ein lachendes Gesicht, eine Sonne oder ein Herz auf den Bauch des Kindes zu malen.
  • Ruhig zusammen atmen: Das Kind kann bei Bauchschmerzen die eigenen Hände auf den Bauch legen und bis in den Bauch atmen: Der Bauch hebt sich. Dann langsam ausatmen lassen und beobachten, wie sich der Bauch wieder senkt.
  • Bei Kopfschmerzen kann der Kopf in die Hände genommen und angenehm umfasst und dabei ebenfalls ruhig geatmet werden.
  • Mag das Kind Berührung (gerade) weniger, kann auch ein warmer Tee beruhigend und entspannend wirken.
  • Manchmal tut es auch gut, den Schmerz zu verbildlichen: Ein Bild dazu malen, eine Figur kneten. So wird der Schmerz in Gedanken aus dem Körper ausgelagert.
  • Hat das Kind über einen längeren Zeitraum Schmerzen, sollten auch die Gewohnheiten in den Blick genommen werden: Gibt es konkrete Auslöser, schläft es zu wenig, treten Schmerzen nach ganz bestimmten Situationen auf?

So, wie für Erwachsene, gibt es auch für Kinder eine Vielzahl an anstrengenden Situationen. Nur weil die Kinder sind, kommen sie nicht zwangsweise leichter mit dem Alltag zurecht oder sind unbeschwerter. Haben wir einen Blick für ihre Bedürfnisse und gönnen wir ihnen die Ruhe- und Entspannungspausen, die wir uns ja auch oft wünschen.

Eure

*Bei plötzlich auftretenden Schmerzen oder länger andauernden Schmerzen ist eine Ärztin/ein Arzt aufzusuchen. Gerade bei Bauch- und Kopfschmerzen gibt es eine Vielzahl möglicher Ursachen, die abgeklärt werden sollten. Dieser Artikel bezieht sich ausschließlich darauf, wenn von medizinischer Seite Erkrankungen/Nahrungsmittelunverträglichkeiten/Sehprobleme etc. ausgeschlossen werden können und Bauch- oder Kopfschmerzen durch Anspannung/Stress/Nähebedürfnis entstehen.

5 Kommentare

  1. Ich wollte dir Mal danke sagen. Durch deine Anregungen und Gedanken hab ich viel.mehr Verständnis für mein Kind und es hilft mir gelassener zu bleiben. Gerade haben wir auch 3 Pausetage und meine Tochter genießt jede Sekunde mit mir. Und ich genieße es auch da sie sonst nie soviel kuschelt.
    Ganz besonders hat mir aber das Thema Selbstfürsorge geholfen, gerade jetzt wo ich wieder schwanger bin. Einfach Mal für 30 min auf dem Sofa liegen während das Kind pipi Langstrumpf schaut. Also vielen Dank dafür.
    Das Geschwister-Werden würde mich natürlich brennend interessieren.
    Liebe Grüße

  2. Danke für deine Worte. Mein Sohn hat oft Bauchweh. Beim letzten Mal, abends, hat ihm kuscheln und gegenseitiges Geschichten erzählen geholfen. Es war so schön zu sehen als er sich auf einmal nicht mehr vor Schmerzen gekrümmt hat, sondern vor Lachen. Ich war sehr erleichtert und er ist mit gutem Gefühl neben mir eingeschlafen.

  3. Ich erlebe es leider gerade mit meiner Tochter. Sie ist Schulanfängerin und hat sich vorher wahnsinnig auf die Schule gefreut. Leider hatte sie direkt in der ersten Woche schon keine Lust mehr hinzugehen und hat seitdem immer noch extreme Anpassungsschwieringkeite – das hätte ich wirklich nicht gedacht. Sie liegt abends oft neben mir in ihrem Bett und sagt mir, sie wolle nie wieder in die Schule gehen. So viele konkrete Gründe, warum nicht, kann sie mir auch nicht nennen. Manchmal ist es die „strenge Lehrerin“, manchmal der Junge aus der Parallelklasse, der sie ärgert, oder der Sportunterricht, der total langweilig ist, Kinder, die nicht mit ihr spielen wollen oder weil sie nicht häufig genug dran gekommen ist. Am Freitag rief mich die Schule während des Unterrichts an, ich müsse meine Tochter aufgrund von Ohren- und Bauchschmerzen abholen. Zuhause angekommen, ging es ihr schon wesentlich besser. Sie fragte mich, welcher Tag morgen sei und wie lang eigentlich so ein Wochenende ist. Sie war beruhigt, dass der nächste Tag ein Samstag war. Das ganze WE war sie quietschfidel und heute beim Zubettbringen fingen Ohren- und Bauchschmerzen wieder an. Ich bin ehrlich gesagt extrem ratlos, wie ich mit dieser Situation umgehen soll, Deine Tipps im Artikel habe ich beherzigt und meine Tochter selbstverständlich erst genommen. Sie ist eigentlich sehr aufgeweckt, aktiv und auch sehr taff, aber wenn es um Emotionen und Gefühle geht, sehr verschlossen. Sie erzählt generell sehr wenig von ihrem Alltag, daher kann ich das überhaupt nicht einschätzen. Ich glaube, sie ist mit der Veränderung und den neuen Regeln, den Mitschülern und der strengen Lehrerin überfordert, das merke ich schon, aber ich weiß nicht, wie ich ihr in dieser konkreten Situation begegnen soll. Sie weiß, dass wer krank ist, nicht zur Schule muss und deshalb fehlt mir Ihr gegenüber natürlich die konkrete Argumentation, sie nimmt mir damit den Wind aus den Segeln.
    Ich möchte ihr helfen und weiß nicht, wie.
    Mit Tee kochen oder Bauch streicheln ist es hier leider nicht getan. Ich wünschte, es wäre so einfach…

    • Für empfindsame Kinder ist der Wechsel von Kindergarten zur schule wirklich schwierig, weil ja erst einmal Schutz und Vertrauenspersonen fehlen. Wenn andere Kinder ärgern, fehelen erst einmal konkrete Ansprechpartner*innen, bei denen sich die Kinder sicher sind, dass ihnen geholfen wird. Dieses Vertrauen muss erst aufgebaut werden. Vielleicht könnt ihr darüber sprechen, wer erst einmal Ansprechpartner*in in der Schule ist bei welchen Problemen. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, ihr etwas Stärkendes mitzugeben? Ein kleiner Hosentaschenzwerg, Spiele für die Pause, die sie machen kann, wenn andere nicht mit ihr spielen.
      Ich finde toll, dass Du es erst einmal annimmst und begleitest. Und die Umstallung braucht bei einigen Kindern wirklich Zeit.

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