Von allen Dingen meines Lebens war ich wohl am wenigstens auf das Mutterwerden vorbereitet. Darauf, was es bedeutet, welche Aufgaben dazu gehören, welche Gefühle es hervorruft. Ich hatte keine konkreten Erwartungen an das Muttersein und dennoch war ich überrascht von dem, was kam. Denn obwohl konkrete Vorstellungen von der Mutterschaft fehlten, ging ich davon aus, dass ich den Weg eben nur vorgehen müsste und die Kinder würden folgen. Ich, die anführende Mutter. Was kam, war erst ein Mensch, dann der zweite und schließlich der dritte, die ihr eigenes Temperament und ihre Bedürfnisse in diese Familie einbrachten. Was kam, war die Erkenntnis, dass es gut ist, voran zu gehen und einen Plan und Gedanken zu haben. Aber dass das Leben mit Kindern eben kein ausschließliches Vorangehen ermöglicht, sondern eher, einen Rahmen vorzugeben, der gemeinsam gefüllt wird. Was kam, war die Erkenntnis, dass auch das Elternsein eine soziale Beziehung ist.
Den Rahmen vorgeben
Der Rahmen einer jeden Familie sieht anders aus: wie wir leben, wieviel Geld wir besitzen, wo wir wohnen, was wir essen, welche Werte wir mitbringen und wie wir selbst aufgewachsen sind – all das gehört zu dem Rahmen, den wir unseren Kindern bereiten. Im Laufe des Lebens ändert er sich beständig, wenn wir umziehen, neue Partnerschaften eingehen, an anderen Orten arbeiten, wenn wir unsere Werte in Frage stellen und neu ausrichten.
Auch wenn der Rahmen immer wieder mal wechselt oder erschüttert wird, zieht sich eine gleichbleibende Melodie durch das Leben.
Der Rahmen der Kindheit ist nur bedingt beständig. Er muss es auch nicht sein, denn das Leben bedeutet immer wieder Veränderung. Beständig sind wir als Menschen, mit unseren Reaktionen, unserer Zuwendung, unserer Liebe. Auch darin sind wir manchmal unterschiedlich, manchmal stressbedingt weniger zugewandt oder abgelenkt. Aber die Grundmelodie ist dieselbe. Sie ist es, die das Kind prägt und ein Leben lang begleitet. Auch wenn der Rahmen immer wieder mal wechselt oder erschüttert wird, zieht sich eine gleichbleibende Melodie durch das Leben. Diese ist das Beständige an uns. Das, was wir mitgeben, womit wir voran gehen. Das ist das Beispiel, das wir leben, darin sind wir Vorbild.
Das Kind sehen, wie es ist
In diesem Rahmen bewegt sich das Kind, das so zu uns kommt, wie es eben ist: Manche sind lauter, manche sind leiser. Manche aufbrausender, andere empfindsamer. Groß und klein, musikalisch oder sportlich oder wieder ganz anders. Jedes Kind wird nicht nur geprägt durch die Umgebung, sondern bringt in dieses Leben schon etwas ein: die eigene Persönlichkeit. Diese gilt es, zu erkennen. Sie nicht anzupassen, sie nicht hinein zu pressen in unsere Vorstellung, sondern dem Kind den Raum geben, zeigen zu können, wer es wirklich ist. Was es mag, was es nicht mag. Worin es uns ähnelt und worin es ganz anders ist. Das Kind lernt unsere Melodie des Lebens kennen und bringt seine eigene Melodie mit.
Der gemeinsame Weg – Beziehung
Das Ziel ist nicht, die Melodie des Kindes unserer Melodie anzupassen. Ziel ist es auch nicht, unsere Melodie dem Kind anzupassen. Ziel ist es, miteinander in Harmonie zu kommen, sich gegenseitig anzuerkennen und wertzuschätzen. Das ist es, was Beziehung ausmacht: Nicht der einzelne bestimmt, sondern beide gehen aufeinander zu, loten aus, erkennen an und richten sich so aus. Beziehung ist ein Tanz, Elternschaft ist ein Tanz: mal geht es voran, mal rückwärts, mal im Kreis. Wir bewegen uns gemeinsam zu unserer Melodie.
Es ist gut und wichtig, dass wir Erwachsenen eine Idee vom Leben haben und von dem, was gut und richtig ist und in welche Richtung wir uns in etwa bewegen. Es ist gut und wichtig, dass wir Ziele haben und definieren. Aber wir müssen auch die Ruhepausen einplanen, die Schlenker – die Bedürfnisse des anderen. So, wie in jeder anderen Beziehung auch. Das ist es, was dieses Elternleben ausmacht. Darauf können wir uns nur bedingt vorbereiten, denn es ist immer wieder anders, wenn wir uns darauf einlassen. Das Ziel ist nicht das Vorbereiten, sondern das Erlernen des Einlassens und das Vertrauen.
Eure
Wunderbarer Text! Vielen Dank dafür!
Es ist so wichtig, dass wir unsere Kinder wirklich hören und sehen. Richtig hinschauen und zuhören, den kleinen Menschen sein lassen wer er eben ist und dabei all die spannenden verschiedenen Facetten kennen- und liebenlernen. Ich denke, dass das Zusammenleben dadurch farbenreicher und lebenswerter wird. Und ich sehe selber, dass es deutlich entspannter ist, wenn jeder er selbst sein darf.
Wunderbarer Text! Vielen Dank dafür!
Es ist so wichtig, dass wir unsere Kinder wirklich hören und sehen. Richtig hinschauen und zuhören, den kleinen Menschen sein lassen wer er eben ist und dabei all die spannenden verschiedenen Facetten kennen- und liebenlernen. Ich denke, dass das Zusammenleben dadurch farbenreicher und lebenswerter wird. Und ich sehe selber, dass es deutlich entspannter ist, wenn jeder er selbst sein darf.
Ich mag Deine Ansichten sehr, und sie geben vielen Eltern Sicherheit und Halt. Aber sie können auch einen enormen Anspruch bedeuten:
Elternsein kann nicht immer nur Harmonie bedeuten. Viele Eltern meinen, sie müssen sich immer perfekt mit dem Kind verstehen und mißverstehen, dass Kinder anders ticken als z.B. der Partner. Die Eltern-Kind-Beziehung ist eben keine Beziehung „wie jede andere“ (so schreibst Du), sondern naturgemäß eine asymmetrische, alleine aufgrund der Lebenserfahrung und der Reife. Deshalb wird es immer Konflikte geben, aus denen aber ein gemeinsamer Weg werden kann.
Aus falschem Harmoniewunsch gehen Eltern oftmals aber Konflikten aus dem Weg, damit die schöne „Schwingung“ nicht gestört wird, dabei schwingen sie dann nur nach der Melodie des Kindes. Bis diese das Nasetanzen beginnen, ob mal einen Spießerbegriff zu bemühen.
Da hast Du vollkommen Recht und ich wollte eigentlich heraus arbeiten, dass es nicht immer Harmonie gibt, weil sich die Umstände ja immer wieder ändern und es – wie im Text ja auch steht – Zeiten gibt, indessen wir „stressbedingt weniger zugewandt oder abgelenkt“ sind. Dennoch denke ich, dass es sehr wichtig ist, die Bedürfnisse von Eltern und Kinder in den Gleichklang zu bekommen und das war hier gemeint: ZU sehen: ICH habe Bedürfnisse, Du hast Bedürfnisse und wie kriegen wir das zusammen, ohne dass auf Dauer eine Schieflache in die ein oder andere Richtung entsteht.
Und ja, wir haben als Eltern und Erwachsene eine asymmetrische Beziehung, aber es ist eben eine Beziehung und nicht ein starres Vorgeben von Richtlinien.
Vielen Dank für diesen tollen Text. Deine Texte beruhigen mich immer, lenken den Blick auf das Wesentliche, sind dazu sehr informativ und dabei einfach immer so schön ausgedrückt…und das genieße ich nun schon seit Jahren, seit dem Beginn:-)
echt so lange liest du hier schon? <3
Mein Sohn ist jetzt 8… den genauen Zeitpunkt weiß ich leider nicht mehr. Gefühlt begleiten deine Texte uns ewig- begleiten und immer wieder auch leiten:-)