Liebe Großeltern…

Liebe Großeltern,

eine aufregende neue Zeit hat begonnen, denn ein neuer Mensch ist in unsere Familie gekommen. Ein Mensch, den wir alle kennenlernen wollen und der von uns kennengelernt werden möchte. Ein Mensch, der viel verändert und verändert hat, der uns zu Eltern und Euch zu Großeltern werden ließ.

Als Eltern werden wir nun unseren Weg finden gemeinsam mit unserem Kind. Vielleicht ist dieser Weg ganz anders als Euer Weg damals mit uns. Vielleicht ist er auch ganz ähnlich oder wir treffen uns an einigen Punkten und sind an anderen weit voneinander entfernt. Vielleicht sieht unser Weg heute ganz anders aus als Euer Weg damals, denn die Umgebung hat sich verändert und auch das Ziel, zu dem wir aufbrechen. Vielleicht werden unsere Kinder heute für eine Gesellschaft benötigt, die ganz anders ist als damals. Und es ist – auch wenn es ist fremd ist und unser Weg Euch komisch vor kommt – genau richtig so. So, wie Euer Weg damals richtig war für Euch mit uns als Kindern. Ein richtig oder falsch ist schwer zu beurteilen. Wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Deswegen wollen wir kein richtig oder falsch leben – wir gestalten unser Leben so, wie es eben heute und jetzt für uns passt. Wir haben das große Glück, das so vieles einfacher geworden ist heute. Essen, Trinken, Tragen, Wickeln, Kuscheln – all das können wir nach Bedarf. Keine Zeitfenster, keine strengen Regeln. 

Wir wünschen uns, dass Ihr mit uns zusammen diesen neuen Lebensabschnitt genießt, dass er für uns alle eine besondere und schöne Zeit wird und wir uns gegenseitig dabei helfen, den Weg zu gehen, der für uns genau richtig ist.

Verwöhnt werden wir Eltern so gern wie ihr Großeltern auch. Die gute Nachricht ist: Lasst Euch verwöhnen und verwöhnt nach Herzenslust! Was es damals vielleicht nicht gab, was nicht machbar war oder als schädlich beschrieben wurde, ist heute so einfach und erlaubt: Kuschelt, liebt und tragt Eure Enkelkinder so viel ihr wollt. Sie werden es Euch danken. So, wie wir Euch danken, dass Ihr da seid und uns durch Eure Liebe zu Euren Enkelkindern unterstützt. Mit Eurer Liebe und Unterstützung schadet Ihr nicht. Versucht daran zu denken, wie ihr damals Eltern wurdet und vor neuen Fragen und Herausforderungen standet. Auch wenn unsere Antworten heute vielleicht andere sind als Eure damals, sind wir dennoch in der selben Situation. Und das, was wir genau so brauchen heute wie ihr damals ist Unterstützung: durch Taten, aber vor allem auch durch Worte, Verständnis und Akzeptanz.

Eure Kinder, die nun Eltern sind

Wenn wir Kinder bekommen, werden aus Paaren Eltern. In der Schwangerschaft sind wir begleitet von Hebammen, Ärzt*innen, wir lesen Bücher, Blogs und Zeitschriften und besuchen Kurse zur Geburtsvorbereitung. Wir sind informiert darüber, was Kinder heute brauchen und wie sie sich entwickeln.

Wenn wir Kinder bekommen, werden aus unseren Eltern Großeltern. Auch sie freuen sich mit, sind gespannt und aufgeregt. All diese Entwicklungen, das Kinderhaben ist für sie aber nicht mehr neu. Sie hatten schon Kinder. Sie kennen sich aus – jedenfalls darüber, wie sie es machten oder wie „man“ es früher machte. Sie lesen weniger neu, besuchen weniger Kurse. Aber auch wenn auch diesmal ein Baby in die Familie kommt, ist diesmal ihre Rolle eine andere: Sie sind nun Großeltern und nicht selber Eltern. Sie begleiten, aber treffen nicht die Entscheidungen. Sie sind da, aber nicht wie die Eltern. Sie nehmen eine ganz neue Position ein gegenüber dem Baby und auch ihren Kindern. So, wie wir uns als Eltern entwickeln und eine eigene Art der Elternschaft entfalten, entwickeln auch sie sich als Großeltern. Auch sie brauchen Zeit und müssen sich manches Mal erst mit ihrer neuen Position und all den Neuerungen auseinander setzen. Neuerungen, von denen sie vielleicht gerade erst erfahren wenn das Baby schon da ist und nicht bereits in der Schwangerschaft. Manches Mal ist der Umbruch für sie noch größer als für die werdenden Eltern, weil er kurzfristiger ist: Das Baby schläft jetzt mit im Bett? Ist das nicht gefährlich? Rund um die Uhr stillen? Bekommt das dem Baby überhaupt? Das Baby in einem Tuch tragen? Schadet das nicht dem Rücken?

Wir wollen alle das Beste für unsere Kinder. So, wie wir es uns heute für unsere Kinder wünschen, wünschten es sich unsere Eltern für ihre Kinder – für uns. Nur dass das, was damals als das Beste und Richtige betrachtet wurde, eben ganz anders aussah als das, was für uns heute richtig und gut ist.
Susanne Mierau „Geborgen wachsen“ S. 135

Manches Mal denken wir frisch gewordenen Eltern, dass diese überholten Gedanken nervig sind und unsere eigenen Eltern uns bevormunden möchten. Doch oft machen sich die frisch gewordenen Großeltern wirklich Sorgen, denn auch sie wollen sicherlich das Beste für ihr Enkelkind. – Und das Beste ist doch das, was sie schon für ihre Kinder taten. Oder ist es das nicht? Und wenn das Beste etwas anderes ist, haben sie es dann falsch gemacht? Nicht nur wir Eltern setzen uns mit vielen Fragen auseinander, auch unsere eigenen Eltern spüren mit dem Großelternwerden eine Zeit des Umbruchs und müssen sich neu finden in einer neuen Rolle und neuen Zeit. Was uns hilft, um gemeinsam einen Weg zu finden, ist das, was uns auch den Anfang mit unseren Kindern erleichtert: Wir können beobachten, überlegen und nachfühlen. Wir sollten nachsichtig sein, Fragen stellen und dann unsere eigenen Bedürfnisse formulieren.

Es gibt viele Großeltern, die von sich aus schon bindungsorientiert mit den Enkelkindern umgehen und schon mit ihren eigenen Kindern lebten. Es gibt auch einige, die sich nun als Großeltern ganz anders verhalten als früher als Eltern und all diese Neuerungen des Verwöhnen dürfens genießen. Und es gibt welche, die vielleicht noch ein wenig Hilfe benötigen auf diesem neuen, modernen Weg und für die wir ein wenig Überzeugungsarbeit leisten müssen, dass es so und heute und jetzt genau richtig ist für unsere Kinder. Vielleicht gibt es auch einige unnachgiebige Großeltern, die von ihrem Weg nicht abkommen wollen, aber es sind nicht die meisten, denn schließlich steht für uns alle das Wohlergehen der jüngsten Generation im Vordergrund – wir müssen uns „nur“ über den Weg dorthin einigen.

Wie war es bei Euch und den Großeltern Eurer Kinder?
Eure

 

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