Über Erziehungspartnerschaften mit Lebenspartner_innen und Erzieher_innen

Manchmal fragen mich andere Eltern, wie wir das denn mit den Kindern so machen und ob mein Mann denn diese ganzen Sachen wie Familienbett und Tragen und so auch mitmachen würde. In diesen Momenten stelle ich mir einen kurzen Moment vor, wie es denn gehen sollte, wenn es nicht so wäre und muss tatsächlich zugeben, dass ich es mir nicht vorstellen kann. Wie sollte man als Familie leben, wenn man ganz unterschiedliche Auffassungen hat? Schaut man genauer hin, geht es sogar nicht nur um den Lebenspartner oder die -partnerin, sondern um alle Menschen, die wesentlich mit den Kindern zusammen sind. Auch andere Familienmitglieder, die mit den Kindern viel Zeit verbringen und Erzieherinnen sollten grundlegende Haltungen akzeptieren. Erziehungspartnerschaft bedeutet, sich zu verständigen und auf einer Seite zu stehen.

Bei Mama so, bei Papa so – aber die Grundlage stimmt

Eltern sind nicht Abbilder voneinander. Sie haben unterschiedliche Familiengeschichten, vielleicht unterschiedliche Schwerpunkte in ihren Werten, beurteilen Situationen unterschiedlich. „Bei Mama darf ich da aber rauf klettern!“ oder „Wenn Papa mich ins Bett bringt bekomme ich aber noch eine zweite Geschichte vorgelesen!“ – diese Situationen kennen wir alle und sie sind normal und richtig. Kinder lernen früh, dass es bei verschiedenen Personen unterschiedlich zu geht: bei Oma gibt es immer Nachtisch, bei Tante Hilla darf man auf dem Sofa hopsen. Kinder lernen, sich an unterschiedliche Gegebenheiten anzupassen, reagieren auf verschiedene Menschen und lernen dadurch, sich in Gemeinschaft und Gesellschaft zu bewegen.

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Aber auch wenn es einzelne Unterschiede gibt, ist es für Systeme wie Familien wichtig, dass ein Konsens herrscht in Bezug auf die zugrunde liegenden Annahmen und Einstellungen gegenüber Kindern. Gerade am Anfang der Elternschaft ist das nicht immer so, denn oft müssen erst einmal die Familienwerte ausgehandelt werden. Eltern lernen mit ihren Kindern, anhand des Elternseins. Auch wer vorher ohne Kinder der festen Überzeugung war, dass Kinder in eigene Kinderzimmer gehören, lernt in den ersten Wochen vielleicht, dass es doch einfacher ist, das Kind im Familienbett schlafen zu lassen. Die grundlegenden Themen der Haltung gegenüber dem Kind und das Bild vom Kind werden gemeinsam kennen gelernt und es wird eine Basis gebildet. Das kann beispielsweise heißen: Ja, die Kinder schlafen mit im Bett oder ja, die Kinder werden lang gestillt oder getragen und es ist in Ordnung. Eltern sind ein Team und auch wenn sie mal hier und da voneinander abweichen, tragen sie doch die selben Trikots.

Akzeptanz in der Familie

Gerade bei den Themen, die in der Großelterngeneration nicht so sehr verbreitet waren wie das lange Stillen oder auch eine lockere Einstellung zum Thema „Verwöhnen“, wird es mit den weiteren Familienangehörigen manchmal schwierig. Gut gemeinte Tipps, Ratschläge oder sogar schroffe Kommentare können das Leben von frisch gebackenen Eltern sehr erschweren und rütteln an den manchmal noch jungen und auf weichen Beinen stehenden Überzeugungen. Aber wer seinen Weg als Eltern mit seinem eigenen Kind gehen möchte, muss diese zum Teil hartnäckigen Barrieren überwinden. Oft macht gar nicht die andere Denkweise an sich der Großelterngeneration Unbehagen sondern die stille Frage: Wenn sie jetzt alles anders machen, heißt das, dass ich es damals falsch gemacht habe? Manchmal hilft hier einfache Wertschätzung der früheren Generation weiter und die Versicherung, dass sie es so gut gemacht haben, wie man es damals tat. Denkweisen müssen nicht übernommen, aber können einfach akzeptiert werden.

Erziehungspartnerschaft im Kindergarten

Irgendwann kommt vielleicht der Zeitpunkt, an dem sich Eltern für eine außerfamiliäre Betreuung entscheiden. Sie haben wahrscheinlich ein Lebensjahr als Eltern hinter sich, haben sich gegenseitig kennen gelernt, haben ihre Werte und Ziele als Eltern festgelegt. Sie stehen auf nicht mehr ganz so wackeligen Beinen und haben vielleicht auch ihre Sichtweise an der ein oder anderen Stelle durchsetzen müssen. Eltern haben nun eine Vorstellung davon, was in Bezug auf ihre Kinder geht und was nicht. Sie wissen, welche Grundsätze sie verfolgen und wie andere Menschen mit ihrem Kind umgehen sollen. Deswegen ist es nun auch wichtig, genau hinzusehen, für welche Kinderbetreuung man sich entscheidet. Denn an einem wesentlichen Teil des Tages werden nun andere Personen mit dem Kind vertraut sein, mit ihm umgehen. Eltern wünschen sich, dass ihre bisherigen Einstellungen auch im Kindergarten weiter getragen werden und man gemeinsam in eine Richtung mit dem Kind geht. Im Kindergartenpädagogik Online-Handbuch steht zur Erziehungspartnerschaft daher auch:

Der Begriff „Partnerschaft“ impliziert außerdem, dass Familie und Kindertageseinrichtung gleichberechtigt sind, ein „Bündnis“ geschlossen haben, ähnliche Ziele verfolgen und zusammenarbeiten.

Erziehungspartnerschaft realisiert sich in einem dynamischen Kommunikationsprozess, in der wechselseitigen Öffnung von Familie und Kindertagesstätte. Dies setzt gegenseitiges Vertrauen und Respekt voraus – Haltungen, die sich auch auf das Kind positiv auswirken […]

Familie und Kindertageseinrichtung versuchen, ihre Erziehungsziele, -methoden und -bemühungen aufeinander abzustimmen, den Erziehungsprozess gemeinsam zu gestalten, sich wechselseitig zu ergänzen und zu unterstützen. Sie kooperieren miteinander, wenn es gilt, Probleme mit dem jeweiligen Kind zu bewältigen oder ihm zu helfen, bestimmte Schwierigkeiten zu meistern. […]

Allerdings dürfen sich die Erzieher/-innen nicht aufgrund ihrer Fachkompetenzen als „Besserwisser“ fühlen, sondern müssen in den Eltern gleichberechtigte Partner sehen – zumal nur diese auf Dauer dem Wohl der Kinder verpflichtet sind und nach allgemein bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen den bei weitem größten Einfluss auf ihre Entwicklung haben.

Wo immer wir es also damit zu tun haben, dass verschiedene Menschen mit unseren Kindern zu tun haben, gilt demnach: Wir sind die Eltern unserer Kinder und Fachpersonen in Bezug auf sie. Wir kennen unsere Kinder und sind mit ihnen verbunden. Und auch dann, wenn wir vielleicht andere Werte und Ziele verfolgen als frühere Generationen oder andere Menschen, ist es immer wichtig, sich respektvoll zu begegnen – in der eigenen Familie ebenso wie im Kindergarten. Wir alle haben das Ziel, Kinder sicher, geborgen und liebevoll wachsen zu lassen. Dafür ist es notwendig, uns allen gegenseitig diese Werte entgegen zu bringen.

Welche Erfahrungen habt Ihr in Bezug auf Erziehungspartnerschaft gemacht?
Eure

Susanne_clear Kopie

4 Kommentare

  1. Wunderbar! Danke für deine Worte…

    “Du verwöhnst dein Baby schon jetzt. Du musst es auch mal schreien lassen. Das formt die Lunge und bildet die Stimme.”, “Dein Baby hat dich schon jetzt voll im Griff.”,”Wenn du es immer rumträgst, wirst du es verziehen…”. Ja, mit diesen Aussagen werde auch ich konfrontiert. Keine 10 Tage nach der Geburt unseres Mini-Menschen-Mädchens und auch jetzt noch. All’ diese ungefragten Ratschläge und Tipps habe ich mir zum Glück nicht zu doll zu Herzen genommen, niemals an der Richtigkeit meines Gefühls und meiner Vorgehensweise gezweifelt. Frieda wurde und wird mit fast 6 Monaten auch immer noch nach Herzenslust verwöhnt. Auch wenn manchmal Zweifel kommen (wenn Großeltern dann Kommentare geben, gerät das eigene Bild ja manchmal doch ins Wanken, weil man unsicher wird…), steht mein Partner steht voll hinter mir und meiner Intuition. Egal ob Familienbett, Stillen oder Tragen… Zum Glück.

    Leider mache ich mit der Frieda in der Trage in unserer Gesellschaft auch oft unschöne Erfahrungen. Von älteren Menschen werde ich blöd angesprochen oder gar beschimpft. “Sowas wie Sie sollte keine Kinder kriegen. Was quetschen Sie denn das arme Würmchen so ein…” war die Krönung aller Begegnungen. Leider bin ich nicht schlagfertig genug, um diesen Leuten etwas entgegenzusetzen. Vielleicht aber auch gut so. Eigentlich tun mir alle Menschen leid, die von ihren Eltern nie getragen wurden und auch selbst ihre Kinder nicht getragen haben. Dabei ist es doch so einfach, so schön, so warm, so liebevoll, so vertrauensvoll, so nah und wundervoll.

    Liebste Grüße aus Köln, Julia
    http://www.frieda-friedlich.de

  2. Sarah Nicolaus

    Du hast wieder sehr passende Worte dazu gefunden. Und es ist leider wahr, gerade mit der Großelterngenertion gibt es immer wieder Konflikte und Diskussionen. Ich habe mir leider in den ersten Wochen bei meiner großen Tochter viel zu sehr rein reden lassen und war total verunsichert. Leider haben die Ratschläge nähmlich überhaupt nicht funktioniert. Und ich dachte am Anfrang immer, wenn ich das so mache wie es mir von der älteren Generation geraten wird, dann funktioniert das bestimmt, denn die haben ja schon Erfahrung. Leider passte die Art und Weise nicht zu uns und vor allem nicht zu unserem Kind. Auch die Umstände der Geburt und der ersten Tage danach waren einfach unnormal anders. Ich bin so glücklich, dass wir jetzt unseren Weg gefunden haben und zu Zweit eine klare Grundlage haben, wie wir unsere Kinder großziehen wollen. Vor allem haben wir gelernt, klar zu komunizieren, dass ganz bestimmte Dinge einfach nicht zu passen und diese von anderen einzuhalten sind.
    Liebe Grüße,
    Sarah
    http://schwesternliebeundwir.de

  3. Sehr schon geschrieben. Wir haben uns auch nicht verunsichern lassen und unseren Weg gefunden. Vor der Geburt unseres Sohnes hätten wir auch nicht gewusst, dass wir es lieben zu tragen und jetzt schon zwei Jahre das Familienbett genießen. Leider kann mein Vater unseren Weg nicht nachvollziehen. Hoffe er lernt es noch zu akzeptieren. Jetzt wo Nummer Zwei auch bald da ist….

  4. Aicha El Sodany Holstein

    Also wir haben hier zwei Erziehungsstile. Ich probiere geborgenheit und Liebe zu geben und Papa will bestimmen. Er möchte bestimmen und die 30 Monate alte Tochter soll machen. Sie hat sich daher einen ziemlichen Dickkopf angewöhnt und sagt dann laut Nein. Dann lässt Papa sie auch selbst entscheiden und regt sich bei mir auf das wir immer machen was sie möchte….Naja, ich lächle still in mich hinein und bin stolz auf mein Selbstbewusstes Mädchen. LG

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