Hausgeburten sind in Deutschland selten. Laut Qualitätsbericht 2010 der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (Quag) lag die Anzahl der geplanten außerklinischen Geburten 2010 bei 10 699, davon fanden lediglich 3709 Geburten zu Hause statt. Gründe gegen die Hausgeburt scheinen besonders auf einem Argument zu lasten: Eltern entscheiden sich lieber für die Geburt im Krankenhaus, um „auf der sicheren Seite“ zu sein, falls doch eine Komplikation auftritt. Immer wieder warnen Krankenhäuser und Ärzte vor Geburten außerhalb des Kreißsaals. Doch welche Gründe gibt es eigentlich, die für die Geburt zu Hause sprechen? Und wie hoch ist das Risiko tatsächlich, dass eine Hausgeburt wegen eines Notfalls abgebrochen werden muss? Was gilt es zu beachten, wenn eine Hausgeburt angestrebt wird?
Statistische Gründe für eine Hausgeburt
Es gibt viele Gründe, die für eine Geburt zu Hause sprechen. Voraussetzung ist dabei immer, dass Hebamme und/oder Frauenärztin keine medizinischen Einwände gegen die Hausgeburt haben. Als Fachkräfte können sie ausschließen, ob es irgendwelche Erkrankungen bei Mutter oder Kind gibt, die eine gegen eine Geburt außerhalb des Krankenhauses sprechen würden. Hebammen sind berechtigt und dafür ausgebildet, eine Geburt eigenverantwortlich zu leiten – die Anwesenheit eines Arztes ist also bei einer normalen Geburt nicht notwendig. Diese Entscheidung ist keine leichtfertige: Sowohl Frauenärztinnen als auch Hebammen wägen wohl überlegt ab, in welchen Fällen außerklinische Geburten möglich sind. In den meisten Fällen spricht jedoch nichts gegen eine Geburt außerhalb der Klinik. Ob eine Hausgeburt nun mit einem höheren Risiko für Mutter und Kind verbunden ist, darüber streiten Ärzte und Hebammenverbände: Verschiedene Untersuchungen zeigten, dass schwerwiegende Komplikationen beim Kind bei einer Geburt im Krankenhaus und außerhalb etwa gleich oft auftreten. Laut einer Studie von 2010 mussten nur 15,6% der Geburten, die außerhalb eines Krankenhauses begonnen wurden, verlegt werden. Was zudem für die außerklinische Geburt spricht, sind Ergebnisse zur Verwendung von Schmerzmitteln und von von sonstigen Eingriffen: Schmerzmittel, Dammschnitte und -risse treten demnach außerhalb der Klinik weitaus weniger auf.
Persönliche Gründe für eine Hausgeburt
Für viele Eltern, die sich für eine Haus- oder Geburtshausgeburt entscheiden, sind es jedoch weniger die medizinischen Fakten, sondern vielmehr persönliche Gründe, die für die Geburt zu Hause sprechen. Hier können sich die werdenden Eltern in einem ihnen ganz vertrauten Umfeld bewegen. Meistens werden Hausgeburten von nur einer Hebamme begleitet, Geburtshausgeburten oft von zwei Hebammen. Diese begleitenden Hebammen sind den Eltern bekannt: Schon während der Schwangerschaft können die Vorsorgeuntersuchungen bei der begleitenden Hebamme wahrgenommen werden. Gebärende und Hebamme haben so die Möglichkeit, sich schon vor der Geburt gut kennen zu lernen. Oft haben Hebammen für die Vorsorgeuntersuchungen wesentlich mehr Zeit, als es in einer Frauenarztpraxis möglich ist. So werden nicht nur die Herztöne abgehört, die Größe des Babys ertastet oder der Stand der Gebärmutter festgehalten, sondern es können auch ganz individuelle Gespräche über Ängste und Sorgen der Schwangeren stattfinden. Die Hebamme bekommt dadurch einen viel engeren Kontakt zur Schwangeren und weiß, was ihr wichtig ist, welche Gedanken und Bedürfnisse sie hat. Auch für Gespräche mit dem Partner ist in dieser Betreuung platz. So besteht eine viel intimere und bessere Bekanntschaft zwischen Eltern und Hebamme, als es bei Geburten im Krankenhaus oft möglich ist.
Diese Intimität zahlt sich unter der Geburt aus: Es fällt leichter, los zu lassen und sich der Geburt hinzugeben, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und man sich angenommen und wohl fühlt. Michel Odent, französischer Gynäkologe, spricht von einem Reflex der Geburt, für den es bestimmte Rahmenbedingungen gibt, die erfüllt sein sollen: Ruhe, sanfte Beleuchtung und Vertrautheit sind beispielsweise wesentliche Aspekte einer entspannten Geburt. Diese können in einer häuslichen Atmosphäre wesentlich einfach hergestellt werden als in einem Krankenhaus mit Schichtwechseln, heller Beleuchtung oder bislang unbekannten Geburtshelfern. Eltern haben hier die Möglichkeit, sich ganz nach ihren eigenen Bedürfnissen zu richten und zu entscheiden, ob und was sie essen, wann sie noch einmal ein Bad oder eine Dusche nehmen wollen oder in welchem Raum sie sich aufhalten wollen. Einige Gebärende wünschen sich zudem nicht (nur) die Anwesenheit des Partners und der Hebamme, sondern ziehen noch Freundinnen oder eine Doula zur Geburt hinzu. Dies insbesondere dann, wenn schon größere Kinder in der Familie vorhanden sind und bei der Geburt im Haus/der Wohnung anwesend sind.
Bei Hausgeburten zeigt sich zudem eine größere Variabilität in den Geburtspositionen: Während im Krankenhaus noch immer viel im Liegen geboren wird, haben Frauen zu Hause den Raum, mehr mit verschiedenen Positionen zu experimentieren. Da in diesem Rahmen häufig auch weniger Untersuchungen während der Geburt und insgesamt weniger Eingriffe erfolgen, werden Frauen auch nur selten zwischendurch aufgefordert, eine liegende Position einzunehmen. Dies kann sich vorteilhaft auf die Geburt auswirken, da beispielsweise in der Hocke oder im Stehen die Schwerkraft mit genutzt werden kann, um dem Kind den richtigen Weg aufzuzeigen und es zu unterstützen. Wer sich nach dem Luxus Wassergeburt sehnt, kann sich diesen ebenfalls zu Hause erfüllen: Mobile Geburtspools werden von Hebammen zur Hausgeburt mitgebracht oder können von Eltern selbst erworben werden.
Auch für die Zeit nach der Geburt gibt es einige Gründe, die für einen Aufenthalt zu Hause sprechen. Zwar sind Familienzimmer inzwischen in vielen Kliniken vorhanden, meist aber nicht in ausreichender Anzahl für alle Gebärenden. Doch gerade im Wochenbett ist Ruhe und Intimität wichtig, damit die Familie sich kennen lernen kann und sich Rhythmen gut einspielen. Mehrbettzimmer mit fremden Frauen behindern die Entspannung oftmals. Durch den verlässlichen täglichen Besuch der Hausgeburtshebamme in den ersten Tagen nach der Geburt haben Eltern die Möglichkeit, sich gleich zu Hause an alle neuen Abläufe zu gewöhnen. So müssen sie sich nach dem Krankenhausaufenthalt nicht noch einmal neu umgewöhnen. Damit es dennoch zu Hause entspannt nach der Geburt abläuft, besucht die Hebamme täglich die Wöchnerin und es besteht für Frauen, die außerhalb einer Klinik gebären, auch die Möglichkeit, über die Krankenkasse eine Haushaltshilfe für die ersten Tage zu erhalten.
Wie finde ich eine Hausgeburtshebamme?
Wer sich für eine Hausgeburt interessiert, sollte möglichst früh Kontakt zu möglichen Hebammen aufnehmen. Dies zum Einen, um sich bei einem ersten Treffen frühzeitig kennen zu lernen und abwägen zu können, ob man zueinander passt, und zum Anderen, um überhaupt rechtzeitig eine Hebamme zu finden: Aufgrund der gestiegenen Berufshaftpflichtprämien für freiberufliche Hebammen haben viele außerklinisch arbeitende Hebammen in der letzten Zeit Ihre Tätigkeit aufgeben müssen. Wer also nach einer Hausgeburtshebamme sucht, sollte spätestens im 3. bis 5. Schwangerschaftsmonat auf die Suche gehen. Kontakte erhält man über den Hebammenverband, über entsprechende Verzeichnisse wie der Hebammenliste oder auf entsprechenden Internetseiten wie KidsGo.de.
Was erwartet mich dann bei einer Hausgeburt?
Nach Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche ist die Hebamme rufbereit, d.h. ab dann steht sie jederzeit tags und nachts zur Verfügung, um die Geburt zu begleiten. Sollte die Geburt vorher beginnen, muss ein Krankenhaus aufgesucht werden. Ab der 38. Schwangerschaftswoche jedoch steht der Geburt zu Hause nichts mehr im Wege. Ist die Hebamme eingetroffen, steht sie die ganze Geburt über zur Verfügung und kümmert sich um einen guten Ablauf. Sie massiert, schlägt verschiedene Positionen vor, gibt Tipps, unterstützt ggf. naturheilkundlich die Geburt und schützt während der Geburt den Damm durch Kompressen oder Massage. Auch außerhalb des Krankenhauses ist es ihr erlaubt, bestimmte Eingriffe vorzunehmen, wenn sie notwendig sein sollten: Hebammen dürfen z.B. auch außerhalb der Klinik die Fruchtblase eröffnen, einen Katheter zur Entleerung der Harnblase legen, Infusionen und bestimmte Medikamente verabreichen. Nach der Geburt sind sie befähigt, Dammverletzungen zu versorgen und auch in Notfallsituationen Erste Hilfe zu leisten. Treten unter oder nach der Geburt Probleme auf, organisiert sie eine Verlegung in ein Krankenhaus.
Was brauche ich zu Hause für die Geburt?
Jede Hebamme stellt den Eltern, die sie begleitet, eine Liste zusammen mit Dingen, die sie für die Geburt bereithalten sollten. Diese Liste unterscheidet sich in der Regel von Hebamme zu Hebamme geringfügig. Einige Dinge, die aufgeführt sein könnten, sind die folgenden: Eine feste Plastikfolie/Malerfolie für das Bett bzw. den gewählten Geburtsort. Sie wird zwischen zwei Laken gelegt. Laken und Bettwäsche sollten kochfest sein. Auch werden große Handtücher benötigt, am Besten farbige, wie auch einfache Mullwindeln/Spucktücher. Eine warme Wärmflasche ist lindernd bei Schmerzen im Rücken. Auch ein Igelball kann zur Massage des Rückens und Kreuzbeins genutzt werden. Wochenbettvorlagen, die auch nach der Geburt benötigt werden, können auch unter der Geburt gebraucht werden. In der Küche sollte Kaffee nicht fehlen, um daraus ggf. eine Kompresse zum Dammschutz zu machen. Traubenzucker kann der Gebärenden unter der Geburt Kraft geben, ebenso wie ein Tee mit frischer Ingwer, der auch die Wehen verstärken kann. Eine eingefrorene Honigmelone wird bei stärkeren Blutungen nach der Geburt eingesetzt: Sie wird dann auf den Bauch aufgelegt, kühlt und gibt gleichzeitig Kompression. Sollte eine Verlegung doch notwendig werden, empfiehlt es sich, zusätzlich noch eine Kliniktasche mit allen notwendigen Dingen bereit zu halten. Je nachdem, was nach der Geburt mit der Plazenta geschehen soll, benötigt man ein Aufbewahrungsbehältnis, um sie im Kühlschrank oder Gefrierfach zu lagern.
Wenn eine Hausgeburt nicht in Frage kommt…
Manchmal sprechen nicht medizinische, sondern ganz persönliche Gründe gegen die Geburt zu Hause. Denn wer sich entscheidet, zu Hause sein Kind zu gebären, muss sich ganz sicher sein. Man braucht Vertrauen in sich, seinen Körper, in die Hebamme und den Partner. Nur wer sich sicher ist, hat auch die Fähigkeit, sich zu Hause ganz der Geburt hin zu geben und zu entspannen – ohne diese Grundlage ist eine Geburt zu Hause wenig aussichtsreich, da der Körper auf die Anspannung reagiert. Die Wahl des Geburtsortes muss daher vom Paar wohl überlegt sein. Wer nicht in den eigenen vier Wänden gebären möchte, kann jedoch darauf achten, dass die Rahmenbedingungen auch im Krankenhaus oder im Geburtshaus so sind, dass möglichst viel Selbstbestimmung, Entspannung und Ruhe vorhanden sind. Beleghebammen ermöglichen in Kliniken die Geburt unter Begleitung einer bekannten Hebamme, die im Idealfall ebenfalls während der Schwangerschaft schon Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt hat und ebenso vertraut sein kann wie eine Hausgeburtshebamme. Auch gibt es in immer mehr Städten Doulas, die Frauen und Paare zur Geburt begleiten und einen sicheren und entspannten Rahmen schaffen. Letztlich muss jede Frau und jedes Paar die für sie ganz eigene und richtige Umgebung für die Ankunft des Kindes auswählen, in der sie sich wohl und geborgen fühlen – wo immer das auch sein mag.
[…] Wohnung. Für mein zweites Kind, das im Herbst 2012 zur Welt kommen sollte, wünschte ich eine Hausgeburt. Der letzte Tag vor der […]
„Hebammen mit speziellen Weiterbildungen bieten zudem Akupunktur, Homöopathie oder Fußreflexzonenmassage an.“
Wenn die Hebammen auch noch sagen würden, dass insbesondere Homöopathie eine Pseudowissenschaft ohne Wirksamkeit ist (ich weiß, du als Heilpraktikerin wirst jetzt entrüstet verneinen und irgendwelche Beispiele nennen), dann wäre das ganze auch noch besser.
Hebammen verkaufen diesen ganzen esoterischen Unfug leider weil sie andernfalls nicht über die Runden kommen. Hier wäre die Politik gefragt.