„Und dann, Papa, habe ich mit meinem Freund gespielt und wir haben… Papa, hörst Du? Wir haben gespielt und dann… Hörst Du zu?“ viele Eltern kennen solche und ähnliche Gespräche. Oder auch den Umstand, dass mehrere Personen gemeinsam am Tisch sitzen und sich locker unterhalten, während das Kind immer wieder in das Gespräch hineinplatzt mit einer Frage oder Aussage. Oft nimmt das einen negativen Einfluss auf die Atmosphäre und Eltern entgegnen schließlich nicht selten ruppig: „Du sollst uns nicht immer unterbrechen!“ Gerade kleinen Kindern fällt es oft schwer, ihre Gedanken und Empfindungen aufzuschieben. Sie haben den Impuls, das, was sie aktuell bewegt, mitzuteilen und mit diesem für sie wichtigen Inhalt gehört zu werden. Gerade dann, wenn wir von ihnen eigentlich wünschen, dass sie diesen Inhalt nicht gerade jetzt kommunizieren, sondern später, benötigen sie ein klares Zeichen der Aufmerksamkeit von uns, dass wir ihr Signal überhaupt wahrgenommen haben.
Das Kommunikationsproblem
Wenn Erwachsene keine Zeit haben, sich dem Thema des Kindes zu widmen, erfolgt oft keine passende Kommunikation: Das Kind erzählt etwas, möchte Aufmerksamkeit haben, aber die erwachsene Bezugsperson kann oder will gerade nicht zuhören. Anstatt dem Kind zu sagen, wann genau dessen Bedürfnis nach einem Gespräch erfüllt werden kann, wird oft ein „hm“ oder „ja“ oder „aha“ genutzt, damit das Kind die Botschaft loswerden kann, während nicht wirklich zugehört wird. Bemerkt das Kind dies, erzählt es nochmals das gleiche oder fragt nach, was die Bereitschaft der erwachsenen Person für dieses Gespräch oft noch weiter vermindert.
Kurze Zuwendung
Anstatt das Kind mit einem Füllwort abzuspeisen, das ohnehin nicht den gewünschten Effekt zeigt, ist es sinnvoller, sich kurz aktiv zuzuwenden. Kinder wollen gesehen werden, sie wollen das Gefühl haben, dass wir ihnen Aufmerksamkeit zukommen lassen, wenn sie sie benötigen. Was wir also tun können in solchen Situationen ist, eine wirkliche zugewandte Bestätigung zu geben: Sowohl in jenen Situationen, in denen Kinder uns etwas zwischendurch erzählen und wir abgelenkt erscheinen, als auch in jenen Situationen, in denen wir uns gerade jetzt nicht auf das Kind konzentrieren können. Wir können Blickkontakt aufnehmen, das Kind vielleicht sogar leicht berühren, wenn es nah bei uns ist und ihm sagen, dass wir es gehört haben. „Ich habe dich gehört!“ verbunden mit einer körperlichen Zuwendung und einem wirklichen Moment der Aufmerksamkeit zeigt dem Kind, dass wir anwesend sind, dass wir die Geschichte wahrgenommen haben oder auch, mit der Erweiterung „Ich habe dich gehört, aber jetzt gerade mache/spreche ich noch… Gleich höre ich dir zu, wenn ich fertig bin.“ dass wir das Bedürfnis wahrgenommen haben, es aber noch etwas aufschieben müssen.
Wichtig ist bei einem aufgeschobenen Gespräch, dieses dann auch wirklich sicher und von uns ausgehend wieder aufzunehmen: „Jetzt bin ich fertig, jetzt kann ich dir ganz zuhören. Was wolltest du mir erzählen?“ Hierdurch lernt das Kind, dass es sich auf unsere Aussage und Zuwendung sicher verlassen kann.
Nicht selbst interpretieren, sondern das Kind aussprechen lassen
Manchmal sind wir in Eile auch geneigt, die Geschichte des Kindes selbst fortzuführen oder zu interpretieren. Bestätigendes Zuhören meint auch, dass wir nicht unsere Erwachsenenperspektive in den Vordergrund schieben, sondern dass wir zunächst die Wahrnehmung des Kindes anerkennen: Kinder brauchen nicht nur das Gefühl, dass wir uns ihnen ernsthaft körperlich zuwenden und zuhören, sondern auch emotional Zuwendung und Bestätigung zeigen, indem wir ihre Gedanken und Gefühle anerkennen – so wie sie sie wahrnehmen. Nicht immer teilen wir diese Gedanken und Gefühle des Kindes, aber wir können zunächst zeigen, dass wir hören, wie das Kind fühlt und denkt und diesen Inhalt verstanden haben. Wenn ein Kind erklärt, dass es traurig ist, können wir „Ich habe dich gehört!“ zeigen, indem wir die Trauer nicht absprechen durch ein „Aber das ist doch nicht schlimm!“ oder „Ach, das geht schnell vorbei, stell dich nicht so an.“, sondern zunächst annehmen „Du bist ganz schön traurig deswegen, lass uns schauen, wie wir damit umgehen können.“ oder anerkennen, wenn ein Kind uns sagt „Ich kann die Aufgaben einfach nicht lösen, ich bin zu blöd!“, dass das Kind gerade jetzt dieses Gefühl hat. Mit einem „Stimmt doch gar nicht!“ oder „Stell dich nicht immer unter den Scheffel!“ können wir dem Kind in dieser Situation nicht helfen, mit einem „Du fühlst dich gerade blöd, weil du die Lösung der Aufgabe nicht herausbekommst? Lass uns schauen, was dir an der Aufgabe schwer fällt.“ schon eher.
Mit Bestätigung und Annahme des Kommunikationsbedürfnisses können wir unserem Kind zeigen, dass wir es ernst nehmen, seine Signale wahrnehmen, es bei uns mit seinen Bedürfnissen (auch wenn wir sie nicht sofort befriedigen können) sicher ist. Oft können wir dies bereits mit einem sprachlich (oder durch Zuwendung emotional) ausgedrücktem „Ich habe dich gehört“ vermitteln.
Eure
Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.
Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de
Foto: Ronja Jung für geborgenwachsen.de