Ungeduld

„Beeil Dich doch!“, „Komm jetzt bitte mit!“, „Gib das mal her!“, „Mach das vorsichtig!“ – Wir alle kennen die Sätze der Ungeduld, wir alle sind als Eltern auch einmal ungeduldig. Wie so oft, sagt die Ungeduld aber eigentlich nicht aus, was unsere Kinder falsch machen oder besser oder anders machen sollten. Oft sagt die Ungeduld etwas über uns selbst aus und über unseren Blick auf das Kind oder unseren Alltag.

Aufspringen und los?

„Komm jetzt bitte mit!“ sage ich ungeduldig zu meinem Kind und habe dabei meinen eigenen Zeitplan und meine Bedürfnisse im Kopf. Zu schnell wird manchmal übersehen, dass aber nicht nur unsere erwachsenen Wünsche und Pläne wichtig sind. Denn vor uns steht ein kleiner Mensch, der auch dringende Pläne und Wünsche hat – nur ganz andere als wir. Er versteht nicht, warum unsere wichtig sind und vielleicht nicht einmal, dass wir überhaupt etwas anderes wollen. Vielleicht blockieren unsere Wünsche und Gedanken gerade jetzt auch das mögliche Handeln. Wenn wir mit unseren Kindern ungeduldig werden, sollten wir stets einen Moment abwarten und (zumindest gedanklich) zurück treten: Was macht mein Kind denn gerade? Kann es sein, dass es selbst gerade vertieft ist in eine Tätigkeit? So wie wir, wenn wir etwas tun und nicht sofort aufspringen wollen, weil jemand von uns etwas will? Wenn ich etwas tue und ein anderer Mensch mich um etwas anderes bittet, sage ich oft: „Lass mich noch dies zu Ende tun, und dann komme ich.“ Genau dies sollten wir auch unserem Kind ermöglichen: Mach das noch zu Ende, dann geht etwas Neues los.

Den eigenen Weg finden lassen

„Nein, doch nicht so!“ sage ich und erwische mich, dass ich natürlich davon ausgegangen bin, dass mein Gegenüber meine Gedanken liest. Bei Erwachsenen wie auch Kindern kann uns das passieren. Über die vielen Jahre unseres Lebens haben sich die Dinge eingeschliffen und wir machen Sachen auf die eine bestimmte Weise – und erwarten es von anderen genau so, ohne vielleicht darüber gesprochen zu haben. Wenn wir ungeduldig sind, weil unser Kind einen anderen Weg geht, sollten wir uns daran erinnern: Viele Wege führen zum Ziel. Nicht nur unserer muss richtig sein. Kinder brauchen auch die Möglichkeit, eigene Wege zu gehen, sich auszuprobieren und vielleicht eigene, kreative Lösungen zu finden. Oder eine Sache nicht zu schaffen und auch daraus zu lernen. Wir müssen diesen Versuchen Raum geben, damit sie selbst wirksam sein können, damit sie lernen können. Dass sie es ganz anders machen können als wir und dennoch ans Ziel kommen, ist die große Chance unserer Zukunft. Natürlich ist das für uns nicht immer leicht, denn wir müssen ihnen – wann immer es geht – die Zeit dafür geben. Das bedeutet auch, das „selber machen“ in den eigenen Zeitplan und Alltag einzubauen.

Wünsche genau formulieren – oder überhaupt

Manchmal liegt unsere Ungeduld nicht daran, dass unser Kind es selber machen möchte oder anders macht, sondern dass wir unseren Wunsch nicht richtig formuliert  oder überhaupt ausgesprochen haben. Aber unsere Kinder können nicht wissen, was wir wollen. Wir werden zerknirscht, wenn das Kind nicht einsieht, dass wir nun wirklich weiter gehen müssen, nachdem wir doch nun schon 5 Minuten am (für uns langweiligen) Kinderzeitschriftenregal standen. Erwachsene sagen Sätze wie „Also nun müssen wir wirklich los!“ und haben vorher vergessen, anzukündigen oder auszusprechen, dass man nur kurz stehen bleiben kann oder will. Wir erwarten, dass Kinder bestimmte Abfolgen einhalten, weil sie vielleicht jeden Tag so sind und sprechen nicht darüber, weil es für uns Erwachsene so logisch und doch immer gleich ist. Aber für unsere Kinder ist es das nicht. Wenn wir von unseren Kindern etwas wünschen, dann sollten wir unseren Wunsch richtig aussprechen. – Und ihnen auch die Chance geben, ihre eigenen Bedürfnisse darzulegen.

Ungeduld gehört zu unserem Leben dazu. Es ist in Ordnung, auch ungeduldig zu sein. Wenn es aber zu viel wird und wir merken, dass wir durch unsere Ungeduld auch in eine Schieflage in der Kommunikation mit unserem Kind kommen, müssen wir etwas ändern. Und dieses Ändern betrifft oft zunächst unsere eigene Einstellung und unsere Gedanken, bevor wir daran ansetzen sollten, von dem Kind etwas einzufordern.

Eure

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