Messer, Gabel, Schere, Licht… sind für kleine Kinder nicht?

Unser Alltag bringt jeden Tag viele Herausforderungen mit sich für unsere Kinder, an denen sie sich auf natürliche Weise erproben können, die sie wachsen lassen. Herausforderungen, die in unseren Augen vielleicht keine sind oder die wir nicht zu welchen werden lassen, weil wir frühzeitig eingreifen. Eigentlich wissen wir schon aus dem Spiel der Babys, dass es die Alltagsdinge sind, die für unsere Kinder interessant sind. Die Dinge, mit denen wir umgehen. Sie sehen, was wir tun und wollen es nachahmen – aber wir lassen sie nicht aus Sorge. Wann ist das Kind bereit für den Umgang mit Messer, Gabel, Schere, Licht, Feuer? Dann, wenn es das möchten und wir ihnen einen guten Umgang damit zeigen können.

Kinder wollen irgendwann mit Besteck umgehen

Wenn Kinder mit dem Essen beginnen, wollen sie die Nahrung mit allen Sinnen kennenlernen. Sie wollen sie berühren, in ihren kleinen Händen quetschen und fühlen, welche Eigenschaften dieses Lebensmittel hat. Sie wollen Konsistenz erfahren und lernen, wie sie dieses rutschige Stück Mango in den Mund bekommen. Wenn sie ihre Erfahrungen gemacht haben, richten sie ihren Blick irgendwann weniger auf die Eigenschaften des Essens und mehr auf den Rahmen drum herum und beachten, wie andere am Tisch essen. Sie fordern die Werkzeuge ein, die auch andere haben. Kinderbesteck muss nicht bunt sein, nicht in ein fahrendes Auto umgewandelt werden können. Es muss einfach nur handgerecht sein, so dass das Kind damit umgehen kann wie wir. Und auch die Kinder, die anfangs mit den Händen essen statt mit Löffeln gefüttert zu werden, werden dieses Werkzeug von sich aus einfordern und dann nach und nach besser damit umgehen.

Messer für Kinder: vom Schnitzen und kleinen Küchenhelfern

Meine Tochter war 3,5 Jahre alt, als sie im Wald mit dem Schnitzen begann. Sie hatte es gesehen und wollte es auch machen. Dabei standen keine Ergebnisse im Vordergrund, sondern die reine Freude am Tun, das Ausprobieren. Sie lernte dem Umgang mit dem Messer und die groben Versuche verfeinerten sich über die Zeit. Sie machte nach und erfuhr von uns, wie sie Stöcke halten musste, um sich nicht zu schneiden. Es gab auch kleinere Unfälle, aber wirklich kleine, denn sie hatte sich die Technik abgesehen.

Doch nicht nur im Wald ist der Umgang mit Messern für unsere Kinder möglich, auch zu Hause dürfen sie damit umgehen, wenn sie in der Küche helfen. Auch hier haben wir an ihre Bedürfnisse angepasste Kindermesser, die dennoch ein richtiges Mithelfen ermöglichen. Auch bei Dasnuf lässt sich nachlesen, wie ihre Kinder im Alltag und in der Küche mithelfen können. Außerhalb der Küche haben sie einen frei zugänglichen Bastelbereich, in dem neben verschiedenen Farben und Klebstiften auch Scheren zur Verfügung stehen. Es gibt Scheren aus Plastik, Metallscheren mit abgerundeten Spitzen, Scheren, die verschiedene Muster schneiden und normale, spitze Bastelscheren. Die Kinder suchen sich selbständig die Schere aus, mit der sie umgehen wollen und schneiden aus unserer Sammlung an (Alt-)papier und Pappe herum. Die Kataloge, die unaufgefordert in unserem Briefkasten landen, werden den Kindern zum Ausschneiden überlassen, woran sie sich jedes Mal sehr erfreuen und ganz nebenher ihren Umgang mit den Scheren verfeinern.

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Ehrfurchtsvoll mit Feuer umgehen

Und dann gibt es da noch das Feuer. Ehrfurchtsvoll bestaunen die Kinder die Flammen beim Lagerfeuer, wenn wir Stockbrot machen oder in ihrem kleinen Spielzeugofen im Garten kleine Holzstücke verbrennen. Ehrfurcht ist ein guter Begleiter, Angst nicht. Deswegen dürfen sie sich auch damit ausprobieren: Zunächst, indem sie die Kerze auf dem Tisch ausblasen dürfen, dann indem sie sie mit einem Streichholz entzünden können (erst wird ihnen das Streichholz gereicht, dann dürfen sie es selber entzünden). Sie können kleine Kerzenboote auf dem Wasser fahren lassen und sehen, wie schnell sie im Wasser erlöschen. Und dann trauen sie sich von allein an den Herd und die Pfanne, die über dem Feuer ist. Natürlich gibt es die Regel, dass niemals ohne Erwachsenen etwas angezündet wird und daran halten sie sich auch.

Unsere Kinder lernen dann einen guten Umgang mit den Dingen, wenn wir ihnen einen Umgang ermöglichen. Dazu müssen wir sie ernst nehmen und ihre Wünsche und Bedürfnisse annehmen. Manchmal hält uns unsere Sorge davon ab, unseren Kindern Dinge zu erlauben, für die sie selbst bereit sind. Aber wenn wir ihnen gute Vorbilder sind, ihnen vertrauen und sie auf dieser Basis begleiten, können wir ihnen sehr viele Kompetenzen auf einfache Weise ermöglichen aus ihrem eigenen Wunsch heraus, dem sie engagiert nachgehen. Lassen wir sie doch einfach lernen, was sie gerade lernen möchten.

Eure

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9 Kommentare

  1. Danke für den Text liebe Susanne!

    Genau so, wie du es beschrieben hast, handhabe ich es mit meinen eigenen Kindern.

    Sehr schade finde ich auch, dass auf Laternenumzügen kaum noch echte Kerzen in den Laternen zu finden sind – angeblich, weil es zu gefährlich ist. Als Kind habe ich es geliebt, ganz lange meine Laterne durch die Straßen zu tragen und meine große Tochter macht dies seit sie 1,5 Jahre alt war genauso und kann es kaum erwarten, dass es wieder so weit ist. Leider gibt es immer wieder Menschen auf den Umzügen, die uns darauf hinweisen müssen, das Kerzen gefährlich sind und sogar das Licht ausgepustet haben zum Schutz der Gemeinschaft!?! Ich bin jedes mal sprachlos über diese seltsame Einstellung, aber leider ziemlich allein damit. Dein Text zeigt mir, dass ich nicht allein bin.

    • Solches Verhalten anderer haben wir noch nicht erlebt. Das ist schon sehr dreist und übergriffig. Wir haben auch altmodische Laternen, in denen eine Flamme leuchtet. Sie leuchten viel heller als diese funzeligen LEDs, die doch irgendwie komplett die Stimmung versauen. Eine Laterne ohne Feuer ist wie eine Erdbeertorte ohne Erdbeeren. Außerdem gibt es kaum eine bessere Gelegenheit, den achtsamen Umgang mit dem Fehler zu erlernen, weil Unachtsamkeit dazu führt, dass die Kerze aus- oder die Laterne in Flammen aufgeht. 😉

      • Als ich ein Mal im Netz so etwas ähnliches erwähnt habe wie „so lernt man den Umgang “ wurde mir an den Kopf geworfen „ich hoffe, sie haben keine Kinder und werden nue welche haben“. Damals hatte ich noch keine Kinder, war mir aber schon sicher, dass es nicht gut sein kann, alles potentiell gefährliche wegzusperren und auch nicht alles, was Frust bedeuten kann. Ein Argument war nämlich auch „aber wenn die Laterne brennt, dann weint das Kind!“
        Schön, dass in unserem Waldkindergarten gant selbstverständlich in alle Laternen echte Kerzen kamen und meine Tochter dort mit knapp drei Jahren auch schon schnitzen durfte.

  2. Julias Buchblog

    Wenn mir meine 2,5 Jahre alte Tochter beim Gemüserüsten hilft, fragt sie jedes Mal: „Darf ich mit dem scharfen Messer, Mama?“ Natürlich unter meiner Anleitung und nur Dinge, die sich gut schneiden lassen, aber inzwischen macht sie es echt souverän. Irgendwann muss sie lernen, mit gefährlichen Dingen umzugehen, und von der Feinmotorik ist sie weit genug. Klar, irgendwann schneidet sie sich in den Finger, aber welchem Anfänger passiert das nicht, egal in welchem Alter? Und statt alle potenziell gefährlichen Dinge wegzusperren, bringe ich meinen Kindern lieber rechtzeitig den verantwortungsvollen Umgang damit bei. Denn spätestens wenn sie via Stuhl auf den Schreibtisch klettern können, können sie an eine Schere kommen. Und falls irgendwann im Alltagstrubel mal ein Messer in Reichweite auf der Arbeitsfläche liegen bleibt, möchte ich, dass sie damit umzugehen wissen, statt neugierig mit dem verbotenen Gegenstand zu spielen.

    LG, Julia

    • Du hast es sehr gut auf den Punkt gebracht: mir ist die Verantwortung zu groß, immer dafür sorgen zu müssen, dass sicher alles Gefährliche außer Reichweite ist. Irgenwann übersieht man was. Und dann soll auch nix passieren. So lebe ich deutlich entspannter als andersrum!

  3. Andre Sokolew

    Heute. Meine gerade eben zweijährigen Zwillingsenkel sind zu Besuch angekommen. Wir sitzen entspannt in der Küche um den großen Tisch herum, ich will Gurkensalat machen, und bringe die Gurke heran. „Gurke“ sagt eines der Enkelkinder sachkundig. Ich benutze das Schälmesser, und der Zwilling gibt „Schale“ von sich. Ich hacke mit einem sehr scharfen Messer die Gurke in feine Scheiben und höre „Messer“. Nun lege ich das Messer ab und mische die feinen Scheiben u.a. mit Essig und Öl ab. Das eine Kind erkennt und sagt „Soße“, das andere greift nach dem Messer.

    Nun kam ein Schuss Blaue, so oft sind die Eltern unserer Enkel nicht bei uns, ich rezitierte ganz entspannt: „Messer, Gabel, Schere, Licht: Sind für kleine“ – Pause –
    und erhielt die Fortsetzung aus zwei Münden synchron „Kinder nicht“

    Das ist insofern bemerkenswert, dass meine ZwillingsEnkel noch gar keine ZweiWort-Sätze bilden können. Den Reim aber kennen sie, und sie kennen sogar (so ungefähr) die Bedeutung. Jedenfalls zuckte die Hand, die nach dem Messer greifen wollte, sofort zurück.

  4. Liebe Susanne,

    du hattest den Titel mal in einem Instagram Post umgedeutet- in Reimform. Weißt du das zufällig noch? Wäre eine spitzen Antwort, wenn das wieder Mal von Dritten an unsere Kinder herangetragen wird! Danke !!

    • Nein, was war irgendjemand anders, aber ich weiß es auch nicht mehr 🙁 Ich glaube es ging …ohne Übung lernen sie es nicht. Oder so.

      • Annika Graf

        Ich war’s glaub ich ?

        Messer, Gabel, Schere, Licht –
        Wer’s nicht übt, der lernt es nicht.

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