Elternberatung als Beruf(ung)

Ich erhalte oft Anfragen dazu, wie ich denn zu meiner Arbeit gekommen bin, wo genau ich meine Ausbildungen gemacht habe und wie ich das jetzt gerade alles organisiere und manchmal auch, wie man denn damit dann wirklich Geld verdient und wie lange das dauert. Elternberatung ist für mich eine Berufung, eine Arbeit, die ich sehr liebe. Dieses Blog hier hat sich aus meiner Arbeit und meinen Kursen entwickelt. Anfangs habe ich hier nur die Dinge berichtet, die sowieso immer Thema in meiner Arbeit waren und erst später habe ich mehr aus dem Alltag dazu genommen. 

Mein ganz persönlicher Weg

Mein ganz persönlicher Weg hört sich manchmal an wie aus einem Film, aber er hat sich wirklich so zugetragen: Während des Studiums der Pädagogik mit Schwerpunkt Kleinkindpädagogik – ein Diplomstudiengang, den es nun leider nicht mehr gibt – hatte ich mich bereits mit der Elternberatung angefreundet und spezielle Kurse dazu besucht. Außerhalb der Uni habe ich mich als ehrenamtliche Stillberaterin bei der AFS weiterbilden lassen, habe ein BabymassagekursleiterInnnenexamen bei der DGBM abgelegt und nach einem Praktikum in der Beratungsstelle Familienzelt dort als Kursleiterin angefangen zu arbeiten neben dem Studium. Da ich gleichzeitig auch an der Uni arbeitete in einigen Forschungsprojekten, habe ich zum Abschluss meines Studiums dort einen Arbeitsplatz als Wissenschaftliche Mitarbeiterin bekommen für Forschung und Lehre. Zusätzlich bekam ich nach einiger Zeit eine halbe Stelle als Projektmanagerin eines großen Forschungsprojektes. Die Kursarbeit musste ich zunächst aufgeben, da es keine freien Zeiten mehr gab, aber in der Lehre konnte ich mich der Elternberatung widmen. Als ich dann mit meinem ersten Kind schwanger wurde, änderte sich mein Weg. Ich ging eines Tages hochschwanger – und hier kommt der romantische Filmteil – an einem Geigenbauladen vorbei. Darin saß ein Mann und baute eine Geige und war darin ganz versunken und lächelte bei der Arbeit. Ich fragte mich, wann ich zuletzt bei der Arbeit gelächelt hatte… Als ich nach Hause kam, berichtete ich meinem Mann davon und er sagte, dass er sich wünschen würde, dass ich nur noch bei meiner Arbeit lächeln würde. Das Erbe meiner Großmutter investierte ich in die Weiterbildung zur GfG-Geburtsvorbereiterin und -Familienbegleiterin und machte danach noch eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Ich kehrte nach der Elternzeit nicht in meinen Job an der Uni zurück, sondern eröffnete eine eigene Praxis und brachte mein erstes Buch zusammen mit einer Kollegin heraus, das sich dem FABEL-Konzept widmete. Zusätzlich bildete ich nach einem eigenen Konzept Familienbegleiterinnen bei der GfG in achtsamer Babymassage aus. Als ich mit meinem zweiten Kind schwanger wurde, überredete mich mein Mann zu diesem Blog und ich begann mit dem Schreiben. Auch in dieser Zeit bildete ich mich weiter und machte noch eine Weiterbildung zur Traumatherapeutin (HP). Im letzten Jahr habe ich mein Stoffwindelwissen bei den Stoffwindelexperten erweitert.

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Nun ist das Schreiben Hauptteil meiner Arbeit geworden: Ich bin Autorin und schreibe an meinem dritten Buch für Eltern. Ich verdiene mit diesem Blog Geld, mit meinen Workshops und Vorträgen auf Kongressen. Und ich lächle bei meiner Arbeit: Ich lächle, wenn ich meine Workshops vorbereite, wenn ich zu Hause am Laptop sitze und schreibe und dann, wenn ich Eltern persönlich beraten darf zu den Themen, über die ich sonst auch schreibe. Die ehrenamtlichen Spielkreise, die ich bis zur nun dritten Schwangerschaft geleitet habe, sind für mich eine Bereicherung des Alltags gewesen, denn ich habe sie einfach gerne gemacht und freue mich schon darauf, zu dieser Arbeit wieder zurück zu kommen mit dem dritten Kind. Es ist eine wunderschöne Arbeit und ich kann mir keine vorstellen, die für mich persönlich schöner wäre.

Elternberatung – eine verantwortungsvolle Tätigkeit

Auch wenn es eine wunderbare Arbeit ist, ist sie manchmal nicht einfach. Es war ein langer Weg zu dem Punkt, an dem ich jetzt stehe. Und ja: selbständig zu sein ist wirklich oft nicht einfach. Als BeraterIn muss man gut auf sich achten, auf die persönlichen Kräfte, auf das, was man geben kann und sollte.

In einer Beratung geht es nicht nur um rein erlerntes Fachwissen, es geht auch um die Anwendung davon. Es geht darum, Informationen miteinander verbinden zu können und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Und ganz besonders geht es darum, sich selbst heraus zu nehmen: Ich gehe meinen Weg, den ich sehr liebe mit meiner Familie. Aber mein Weg ist nicht der, der für jede andere Familie auch richtig ist. Es wäre leicht, mich als Mutter hin zu stellen und zu sagen: Also aus meiner persönlichen Erfahrung ist dieser Weg der einzig richtige,denn bei uns hat das so funktioniert. Aber das ist keine Beratung. In einer Beratung muss man zurück treten und das System der anderen Familie verstehen. Ohne diesen Willen kann man nicht gemeinsam einen Weg der Lösung finden. Es geht auch nicht darum, vorgefertigte Lösungen zu präsentieren wie „Ihr müsst das Baby einfach nur ins Bett zu Euch holen und es wird gut“ oder „Du musst eben einfach nach Bedarf stillen und dann erledigen sich die Probleme schon“. Es geht vielmehr darum, Familien Anregungen zum Nachdenken zu geben und mit ihnen den für sie richtigen Weg zu finden. Dafür braucht es nicht nur das Fachwissen, sondern auch das Wissen darum, wie man mit Menschen reden kann – gerade in einem so sensiblen Bereich und einer schwierigen Zeit, in dem sie hilflos und angreifbar sind.

Es gibt deswegen mehrere Ebenen, auf denen wir als BeraterInnen fortwährend lernen: Wir müssen uns selbst immer wieder reflektieren (auch durch fachliche Anleitung wie Supervision), wir brauchen fachlichen Input (nach einer erfolgreichen Ausbildung) durch Bücher und Weiterbildungen und wir brauchen Methodenwissen, wie wir unsere Inhalte transportieren können und richtig einbringen.

All dieses Wissen brauchen wir, damit wir selbst bei so klein erscheinenden Fragen, die nahezu wöchentlich gefragt werden wie „Warum isst mein Kind schlecht?“ selber richtige Fragen stellen können und dann gemeinsam mit der Familie eine Lösung finden. Ich denke, es hat auch etwas mit Respekt den Familien gegenüber zu tun, sich dies immer wieder vor Augen zu führen und klar zu machen, dass man nur dann Eltern berät, wenn man wirklich bereit ist, immer wieder an sich auf den verschiedenen Ebenen zu arbeiten und wirklich qualifiziert zu sein für diese Arbeit. Wer dies nicht beachtet, handelt respektlos und ist sich dessen nicht bewusst, welche ungeheure Verantwortung mit dieser Tätigkeit einher geht. Wer Eltern berät, hat nachhaltigen Einfluss auf das Leben der Familie und die Entwicklung des Kindes. Dies sollte deswegen nie unüberlegt erfolgen oder weil man sich aus dem Bauch heraus für qualifiziert empfindet.

Beratung von Mutter zu Mutter ist etwas anderes

Was hier klar wird: Elternberatung ist keine Beratung von Mutter zu Mutter. Sie erfolgt mit einem großen Abstand und ist eben gerade keine Sache, in der wir unsere ganz persönlichen Empfindungen und Meinungen weiter geben. Wenn wir uns anderen anvertrauen und Rat suchen bei anderen Familien, um nach deren Wegen zu fragen, ist das etwas ganz anderes als eine professionelle Beratung. Beratungen von Mutter zu Mutter sind unglaublich hilfreich, tröstend und oft auch wohltuend, denn da gibt es jemanden, der genau das erlebt hat wie man selbst gerade und auf dieser Basis Alltagstipps weiter gibt. Oftmals reichen diese hilfreichen Gespräche unter Freundinnen oder auch die Vernetzung mit anderen Müttern im Internet aus, um zu lindern.  Manchmal aber sind die Probleme tiefgreifender oder man weiß selbst nicht, woher sie kommen und sieht sich gefangen in einem Problem ohne Ausweg. Dann braucht es hilfreiche Unterstützung von Menschen, deren Arbeit genau das ist.

Ich freue mich, wenn andere diesen Weg ebenfalls gehen möchten, um Familien zu unterstützen und liebevoll zu begleiten. Für mich ist es der schönste Beruf der Welt, Familien zu begleiten und zu unterstützen. Es ist ein Beruf, der unglaublich das Herz erfüllt. Ein Beruf, der einen ein ganzes Leben lang begleitet und erfüllen kann und dessen Existenz auf der anderen Seite das Leben von vielen Familien verändern kann. Ein Beruf voller Verantwortung und doch voller Lächeln. Aber keiner, den man mal eben so aus einer Laune heraus beginnen sollte.

Eure
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10 Kommentare

  1. Anouk Houetr

    Ich spüre deine sorgfallt und deine Begeisterung für das was du tust!! Das ist so schön wenn man diese Leidenschaft gefunden hat… Ich bin auf dem Weg… Ich habe kinderbetreuerin gelernt, dann wurde ich Mutter, habe mich dann als Trageberaterin weitergebildet, wurde Mutter meines zweiten Kindes und werde mich nun als Stillberaterin weiterbilden- das Ziel wär dann auch mal Familienberaterin… ❤️ Denn schon seit Kindertagen ist die Selbstreflektion mein Hobby und das Mutter sein hat es zur ersten Berufung gemacht – schön wärs nun auch noch andere auf ihrem Weg zu begleiten und das Ganzheitlich? Der Weg ist das Ziel und die Zeit kommt?

  2. Carmen Sell

    Liebe Susanne,
    vielen Dank für diesen guten Beitrag, der in großen Teilen meiner Wahrnehmung bzgl. der Elternberatung entspricht.
    Ich frage mich seit längerer Zeit schon, was eine adäquate Ausbildung ist, die einen dazu qualifiziert eine fachlich und persönlich fundierte professionelle Elternberatung (oder auch Supervision) anzubieten? Angeboten wird ja vieles, vom Crashkurs übers Wochenende bis zum Masterstudium – wobei auch hier die Frage ist, welche Studiengänge das entsprechende Fachwissen überhaupt abdecken (können). Auch wenn bei vielen (Kurz-)Angeboten eher die Mutter zu Mutter Beratung im Vordergrund steht (oder stehen sollte) schießen doch immer häufiger basierend auf einer solchen Ausbildung (meines Erachtens) fachlich minderqualifizierte Elternberatungsangebote aus dem Boden.
    Nach meinem Empfinden kann man da nur darauf hoffen, dass sich der Markt selbst reguliert und Qualität gewinnt. Wie siehst Du das?
    Viele Grüße,
    Carmen

    • Ja, ich denke auch immer, dass sich der Markt selbst reguliert. Allerdings dann natürlich auf Kosten derer, die negative Erfahrungen machen mussten. Das finde ich schon sehr schwer, wenn man manchmal Familien berät, die erzählen, dass sie aber da und da schon waren und da Empfehlungen bekommen haben, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Und in diesem Fall kann man dann ja auch nicht sagen: Oh, das ist ja ganz furchtbar und falsch, sondern muss sie an der richtigen Stelle abholen.
      Deswegen denke ich, dass es so wichtig ist, Eltern vorher schon aufzuklären, dass sie sich an kompetente Fachleute wenden sollen und lieber einmal mehr nach der Qualifikation fragen als zu wenig.

  3. Katharina

    Das mit dem Lächeln bei der Arbeit kenne ich…Und ich bin ja gerade noch am Anfang meiner Elternberatungsarbeit. Es tut mir immer gut, bei dir zu lesen, dass Frau so arbeiten kann.
    Und macht Mut, den Weg weiter zu gehen.

  4. Ein sehr schöner Artikel. Ich besuche deinen Blog fast täglich um darin zu stöbern und mir Anregungen zu holen. Habe einen 15 Monate alten Sohn. Seit seiner Geburt hat sich mein Weg verändert und ich habe ein anderes Ziel, als davor. Du verkörpert genau das was ich gerne werden möchte. Ich möchte Eltern beraten und ihnen helfen. Seit ich deine Seite kennen gelernt habe hat sich mein Weg noch mehr gefestigt. Und mein Wunsch diesen Weg zu machen steigt von Tag zu Tag. Ich hole gerade mein Abitur nach und will danach studieren. Um mir dadurch einen Weg dahin zu ermöglichen. Doch ich weiss nicht genau wie ich es anstellen sollte dies zu erreichen. Kannst du mir Tipps geben? Wie kann ich beginnen und was kann ich studieren? Es sollte was sein was mir hilft und was mich weiterbringt um genau das zu erreichen was du gerade machst.

    LG und mach bitte weiter so.

    Alina

    • Liebe Alina,
      danke für Deine lieben Worte! <3
      Ich habe ja Kleinkindpädagogik studiert als Diplomstudiengang. Das gibt es heute nicht mehr, aber Pädagogik der frühen Kindheit. Allerdings muss man immer genau hinsehen, für welcheArbeit man durch ein Studium qualifiziert ist, denn bei vielen Studiengängen erfährt man zwar die Grundlagen, hat aber keine Ausbildung in Beratung/Gesprächsführung und muss nach dem Studium dann noch teure Weiterbildungen machen. Du siehst ja an den Links oben, bei welchen Einrichtungen ich noch zusätzlich viel Geld gelassen habe…
      Ich würde mich an Deiner Stelle beim Arbeitsamt beraten lassen. Dort erfährst Du auch, welche Weiterbildungen Du vielleicht bezuschusst oder ganz bezahlt bekommen kannst. Es ist nicht unbedingt notwendig studiert zu haben. Als ich noch an der Uni gearbeitet habe, habe ich mir manchmal gewünscht, dass bei den zukünftigen PädagogInnen bei der Zulassung zum Studium auch eher nach einer persönlichen Eignung geschaut wird und weniger nach den Noten auf dem Zeugnis.

  5. Tabea Laue

    Liebe Susanne,

    bisher habe ich nie bei dir kommentiert, weil ich mein Facebook nicht so gerne mit anderen Diensten verbinde und weil diqus bei mir irgendwie nie funktioniert, wenn ich einen liebevollen Kommentar abgesendet habe. Deshalb hoffe ich, dass dieser dich heute erreicht.

    Ich kann so gut verstehen, dass du diese Arbeit so sehr liebst. Dass sie dieses Lächeln auf dein Gesicht zauberst.
    Auch wenn wir an ganz verschiedenen Punkten unserer Arbeit stehen, ist es genau dieses Lächeln, das ich im Gesicht habe, wenn ich spüre, dass ich einer Mama … einer Familie … an genau dem Punkt helfen konnte an der sie gerade stand.

    Und was du über das stetige weiterbilden schreibst – wie wahr. Trotz der vielen Weiterbildungen lerne ich ein jedes Mal wieder so vieles neu dazu. Und ich warte bereits gierig darauf, dass mein Mann seine letzten intensiven Semester im Sommer abgeschlossen hat und ich wieder dran bin um meine Arbeit weiter gut ergänzen zu können.

    ~Tabea
    ~Tabea

  6. Liebe Susanne,
    ja, wichtig ist in der Arbeit die notwendige Fachkenntnis und die Beratungskompetenzen, außerdem die Fähigkeit, sich auf die Metaebene begeben zu können.
    Lieben Gruß
    Lena

  7. Liebe Susanne! Du sprichst mir total aus der Seele… ich folge schon lange deinem Blog. Aber erst jetzt bin ich auf deine Geschichte gestoßen.
    Ich bin gelernte Kinderkrankenschwester und habe bis zur Geburt unseres ersten sohnes auf einer neonatologischen Intensivstation gearbeitet.
    Mittlerweile haben wir 3 Kinder. Denn 1 Jahr nach der Geburt unseres ersten Sohnes würde ich mit zwillingen schwanger. Die beiden sind diesen Monat ein Jahr alt geworden.
    Und im März habe ich vor wieder zurück ins Krankenhaus zu gehen.
    Auch dort spielt die Elternberatung eine sehr große Rolle.
    Aber man muss sich einfach eingestehen, dass die Bedingungen im krankenhaus nicht so einfach sind. Und auch genau das der Grund ist, warum ich nicht immer bei der Arbeit lachen kann. Schon öfters habe ich mich im internet über Fort- und Weiterbildungen erkundigt. Ja und heute bin ich dann in der Verbindung auf deinen Blog gestoßen. Es ist wirklich mutig von dir gewesen diesen schritt zu gehen. Ich weiß nicht, ob ich mich mit 3 Kinder solch einen Schritt Wage.
    Auch durch Besuche an einigen Kursen während der Elternzeit weiß ich: nicht
    Genau diese Arbeit würde mich aber sooo sehr erfüllen….
    Es macht Spaß immer wieder deinen Beiträge zu lesen.
    Ich wünsche dir alles Liebe,
    ganz liebe Grüße Simone

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