Schritt vor Schritt

Gestern war ich mit den Kindern auf dem Land unterwegs. Wir liefen gemeinsam einen sandig-steinigen Weg entlang: ich in meinen Holzschuhen, der Sohn barfuß, die Tochter in Sandalen. Wir alle setzten unsere Füße unterschiedlich auf den gleichen Boden. Die Sonne schien auf uns herab, die Tochter sang ein wenig vor sich her und ich dachte an unsere Schritte. An meine Schritte zwischen ihnen und an meinen Weg als Mutter. 

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Als ich zum ersten Mal Mutter wurde, da setzte ich meine Füße so samtig-vorsichtig auf den Boden wie mein barfuß laufender Sohn. Ein ungewisser Weg lag vor mir, voller Steine und Hürden, wie ich ahnte. Ich war unsicher und wollte dennoch vorsichtig das kostbare Gut transportieren, das in meinen Armen lag. Langsam war dieser erste Weg, andächtig. Manchmal begleiteten mich andere dabei. Zusammen läuft es sich viel einfacher, man hilft sich gegenseitig, hält einmal die Hand, wenn die Nachbarin umgeknickt oder vom Weg abgekommen ist.

Zusammen ist man weniger allein. Man trifft andere Barfußgängerinnen ebenso wie Sportschuh-, Birkenstock- oder Goldriemchenballerinaträgerinnen. Voneinander lernen ist möglich – oder sich aus dem Weg gehen ohne sich auf die Füße treten zu müssen.

An manchen Tagen sind die Steine auf dem Weg besonders groß und man glaubt kaum, es zu schaffen. Am Ende eines solchen Tages fühlen sich die noch so ungeübten Füße ganz besonders erschöpft an. Man glaubt, keinen weiteren dieser Tage – dieser anstrengenden Fußmärsche – absolvieren zu können. Man möchte die Beine hoch legen, Ruhe, Entspannung. Und doch weiß man, dass es am nächsten Tag einfach weiter gehen muss.

Die Füße werden mit der Zeit weniger vorsichtig aufgesetzt. Man hat sich an den Weg gewöhnt. Man hat gelernt, die spitzen Steine zu vermeiden, man umrundet sie einfach, geht ihnen aus den Weg. Vielleicht muss man auch nicht mehr auf Samtpfoten vorsichtig voran schreiten, sondern kann festes Schuhwerk tragen. Man hat gelernt, mit den Hindernissen auch so umzugehen.

Und eines Tages geht man mit Stöckelschuhen über diesen Steinweg: Festen, sicheren Tritts trotz hoher Absätze. So schnell kann einen nichts mehr umwerfen. Man kennt sich eben aus.

Ich wünsche Euch, dass Ihr Schritt für Schritt den Weg geht, der zu Euch passt. Und ganz sicher: Mit jedem Tag wird er etwas sicherer.
Eure

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2 Kommentare

  1. Juläää

    Ganz wundervoll geschrieben – das geht einem richtig nah und man hat das Gefühl du kannst sehr genau in einen hineinschauen!

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