An manchen Tagen, da möchte ich nichts mehr hören. Da wünsche ich mir, dass ich mit einer Fernbedienung einfach einmal die Lautstärke der Kinder zurück drehen könnte – so ziemlich gegen 0. Da möchte ich nicht zum zwanzigsten Mal hören, dass der Sohn aber morgens einen Löffel mehr Müsli bekommen hat als die Tochter und das ungerecht sei. Oder dass die Tochter ihrem Bruder immer wieder seinen Kinderakkuschrauber weg nimmt und er deswegen zehnmal hintereinander zu mir gerannt kommt. An solchen Tagen, da habe ich einfach die Nase voll.
An manchen Tagen, da zweifle ich an meiner Kompetenz. Da schlage ich den Kindern etwas vor und es geht schief. Das gekochte Essen brennt an oder schmeckt einfach nicht. Beim Brot habe ich die Hefe vergessen und es geht nicht auf. Ich bügle einen großen Flicken auf die kaputte Hose der Tochter und vergesse, das Plastikspielzeug darunter wegzulegen. An diesen Tagen, da bin ich auch nicht diplomatisch und meine Erziehungskompetenz ist nicht vorhanden. Statt liebevoll Alternativen anzubieten, ertappe ich mich bei „wenn… dann“-Sätzen. An solchen Tagen, da würde ich gerne ganz allein im Bett bleiben.
An manchen Tagen, da würde ich mich als Mutter nicht lieben. Da höre ich nicht gut zu, da bin ich ungeduldig. Ich habe keine Zeit und keine Laune dafür, dass wir 15 Minuten Zeit brauchen, um in den dritten Stock zu kommen, weil der Sohn unbedingt ganz langsam allein laufen möchte und die Tochter zwischendrin eine Pause braucht, weil angeblich ihr Fuß schmerzt. Da sage ich meinen Kindern, dass ich jetzt wirklich eine Lust mehr habe und einfach mal ein paar Minuten nichts hören möchte. Da denke ich mir, dass es meine Kinder bei jeder anderen Mutter der Welt besser hätten und ich ganz furchtbar bin. An solchen Tagen entschuldige ich mich bei meinen Kindern und kann doch nichts dran ändern.
Es gibt diese Tage. An solchen Tagen, wenn sie kommen, sitze ich am Abend am Bett neben meinen Kindern. Ich streichle über ihre Haare, nehme ihre kleinen Hände in meine. Manchmal huscht ein kleines Lächeln über ihre Mundwinkel im Schlaf. Oder sie greifen nach meiner Hand, ziehen sie näher zu sich heran und kuscheln sich an. Sie sind da, ganz nah. Ich spüre die Wärme ihrer kleinen Körper, ihre kleinen, unbeholfenen Hände. Und ich weiß, dass sie all das nicht tun, um mich zu ärgern. Sie sind, wie sie sind, weil sie einfach Kinder sind. Weil das Leben manchmal laut ist und manchmal leise. Weil sie manchmal an Grenzen stoßen und manchmal ins Weite rennen wollen. Und manchmal haben wir das Pech, dass ihre und meine Bewegungen nicht zusammen passen, dass es für mich leise sein soll und für sie laut. Tage, an denen wir nicht auf einer Wellenlänge sind, nicht harmonieren. Doch über Nacht gleichen sich unsere Muster wieder an. „Es tut mir leid“, flüstere ich in ihr Ohr. „Morgen wird es besser.“ Und das wird es. Jeder Tag ist wieder ein neuer Anfang. Ein neuer Anfang, um es sich schön zu machen.
Meine Tochter ist erst ein gutes halbes Jahr alt, aber ich kenne das Gefühl trotzdem. Ich hab mit einer Freundin einen Deal: Wenn eine von uns sich als Mutter gerade selbst runtermachen will („Oh Mann, ich bin ECHT so eine schlechte Mutter“), dann stoppt die andere sie. Und zählt auf, was alles sehr gut läuft. Weil: Wir sind ja alle nur Menschen. Und die machen Fehler. Fehlerfrei durchs Mutterleben zu kommen, wird mir wohl nicht gelingen, so gern ich das hätte.
Toller Text, danke dafür!
Ich finde, genau das macht einen erst zur guten Mutter. Authentisch sein. Wer kann schon immer 100% geben? Das ist einfach nicht echt. DAS sind die Grenzen, die das Leben mit sich bringt und die Kinder lernen sollten. Empathie. Keine künstlichen Grenzen, nur „weil man das so macht“.
Die Kunst ist doch eben genau das, wie ich damit umgehe. Ich möchte eigentlich nicht so sein. Also entschuldige ich mich dafür. Unsere Kinder verzeihen uns unsere Fehler und Schwächen, die uns auch zustehen. So lange es mir auch wirklich leid tut.
Also Mamas, 80% toll reichen auch aus, die anderen 20% zeigen unseren Kleinen, dass man auch mal nicht perfekt sein darf -und sie somit auch!
Danke für diesen Text. Das tut so gut zu lesen, dass es Dir auch so geht. Danke!
Vielen Dank für die wahren Worte! Es ist schön zu lesen, dass es auch anderen so geht. Und auch wenn ich es in diesen Momenten nicht wahr haben will – genau diese Momente sind so wichtig für die Kinder! Denn sie zeigen, dass niemand – nicht einmal Mama und Papa – perfekt ist und auch nicht immer fair / nett / gelassen / geduldig sein kann. Und wenn man dann so wie du damit umgeht – sich entschuldigt und es dann wieder anders macht – ist das eines der besten Vorbilder, die wir den Kindern geben kann: wie man mit großen – unschönen – Gefühlen umgeht, nachdem sie herausgekommen ist und man sich damit eigentlich gar nicht wohl fühlt. Und es zeigt, dass man einen neuen Anfang wagen kann – immer. Vielen dank <3
danke!!! das hat mir gerade sehr gut getan.
an solchen Tagen schaffe ich es manchmal nicht mal mich bei meinen Kindern zu entschuldigen, was mich dann lange am Einschlafen hindert.
dann setze ich mich oft auch noch einmal an die Bettkante, streichle nochmals übers Gesicht und hoffe, dass sie es nicht als so schlimm empfinden, wie ich mich gerade fühlte.
ich bin sehr froh, gibt es zum Ausgleich immer auch die sehr guten Tage!
Ich muss weinen! Danke, Dein Text hat war Balsam für die so oft müde Seele.
Ich werde mich gleich für ein paar Minuten an jedes Bett meiner drei Kinder setzen und etwas flüstern und mir ihre wunderschönen Gesichter anschauen und ihre kleinen Händchen halten.
Danke!!!
Vielen lieben Dank für deine Worte.❤
Mein Sohn ist 2,5 Jahre alt und es gibt diese Tage im Moment wirklich häufig, in denen es sich genau so anfühlt.
Ich dachte, sowas gibt es bei euch nicht. ?
Lieben Dank für die ehrlichen Worte. Wenige Blogger schreiben so authentisch! Herzlichen Dank ☺️
Vielen Dank für deinen offenen, ehrlichen Beitrag! Du sprichst mir aus der Seele. Meine Kleine ist gerade 2,5 Jahre alt und erst heute Morgen habe ich weinend im Bett gelegen,weil sich in mir so viele Schuldgefühle und Zweifel an meinen erzieherischen Kompetenzen breit gemacht haben. Ich habe mich die letzten Tage so oft bei „wenn-dann“ Sätzen ertappt und fühle mich einfach nicht gut damit. Hab gleichermaßen Angst,dass mir mein Kind entgleitet. Ich bin froh zu lesen,dass ich mit diesen Gefühlen nicht alleine bin . Ich hoffe ich finde einen Weg,dass ich wieder mit mir,meiner Methodik und vorallem mit meiner Kleinen in Einklang bin.