Sind wir einmal ehrlich: Wer von uns hat den Körper eines Supermodels? Und welches Supermodel hat eigentlich einen solchen Körper, wenn es nicht gephotoshopt ist? Schließlich können wohl die wenigstens von uns sagen, dass sie wirklich mal ein Supermodel aus der Nähe gesehen haben. Warum also gehen wir Frauen ständig so hart mit uns zu Gericht? Und das ganz besonders nach der Geburt eines Babys. Da wird sehr kritisch die Rückbildung beäugt, ob denn hier und da die Fettpölsterchen wieder schmelzen und die „alte“ Form zurück bekommen wird. Wir haben Sorgen, dass wir nie wieder so aussehen werden wie früher. Ein Leben wie früher wird es aber sowieso nicht mehr geben. Mit dem Muttersein hat ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Es ist nicht mehr „wie früher“.
Gewichtsabnahme nach der Geburt
Bei der Geburt verliert die Frau ca. 6 kg des Gewichtes durch die Geburt des Kindes und der Plazenta und dem Abgang von Blut und Fruchtwasser. Bereits eine Woche nach der Entbindung hat die Frau dann meist weitere 3-5 kg verloren durch erhöhte Harnausscheidungen, erhöhte Transpiration und die Uterusinvolution. Ab etwa der 8. Woche nach der Geburt beginnt dann langsam der Abbau des Körperfetts – also frühestens nach 2 Monaten! Das bedeutet: Erst einmal entspannt an die Sache heran gehen. Die Gewichtsabnahme ist ein natürlicher Vorgang. Tragen und Stillen des Babys erfordern Kraft. Und gerade auch in stressigen Zeiten wie bei Entwicklungsschüben des Babys oder in Krankheitsfällen sind die Polster noch eine wichtige Rücklage des Körpers. Nach einer natürlichen Stillzeit ist meist das Ausgangsgewicht wieder erreicht, wenn auch während der Stillzeit auf eine gute Ernährung geachtet wird – Schokoriegel und Schokomüsli während der Stillmahlzeiten gehören allerdings nicht dazu. Wie auch im sonstigen Leben gilt natürlich auch in der Stillzeit: Wenn man Süßes und Fettiges isst, nimmt man nicht ab. Schokolade, Chips, Eis, Kekse und Kuchen sind zwar Stimmungsaufheller in stressigen Zeiten, aber wirklich gut tun sie uns nicht. Wer großen Bedarf nach Süßigkeiten hat, sollte seine Ernährung genauer in den Blick nehmen. Vielleicht ersetzt man den Schokoriegel durch ein leckeres Stück Obst oder trinkt eine Obstschorle? Wer glaubt, abnehmen in der Stillzeit sei verboten, der irrt: Abnehmen ja, aber sanft! Und Stillen und Tragen fördern die Rückbildung und Gewichtsabnahme von ganz allein.
Sich wertschätzend betrachten
Viel zu oft schauen wir auf die negativen Dinge in unserem Leben: Die Hose Größer 38 passt noch nicht, in meine alte Lieblingsbluse passt die Brust nicht hinein bzw. fällt heraus. War die Haut unter einem Oberarm schon immer so labbrig? Ja, unser Körper hat in den letzten Monaten viel durchgemacht. Er hat einen kleinen Menschen getragen und genährt und in die Welt geboren. Danach hat er diesen kleinen Menschen weiter genährt und es musste erst einmal alles wieder an seinen richtigen Platz zurück kehren, ganze Organe müssen den Ort wechseln. Es ist ein unglaubliches Wunder, was der Körper da so vollbracht hat und noch vollbringt! Deswegen sollten wir viel weniger auf die negativen Aspekte schauen, sondern mehr auf all Wunderbare und Gute und Schöne. Auf den kleinen Menschen, der da in unseren Armen liegt und den wir selbst „gemacht“ haben. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Es geht nicht alles reibungslos und schnell. Weder im normalen Leben, noch mit Kindern. Frauen lassen sich Tattoos mit den Namen oder Bildern ihrer Babys stechen als Erinnerung an die Geburt und Babyzeit, aber Dehnungsstreifen an Bauch oder Po akzeptieren wir nicht als Erinnerung. Warum eigentlich? Sie sind die lebendigen Zeichen für das Wunder des Lebens, das wir geschenkt haben.
Rückbildung und Gewichtsabnahme sind immer individuell
Ja, es gibt Studien, die angeben, dass Frauen, die 10 Monate nach der Geburt das Ursprungsgewicht noch nicht erreicht haben, es auch später eher nicht erreichen und eine Tendenz zum Übergewicht haben. Doch es gibt auch immer wieder viele Faktoren, die die Gewichtsabnehme beeinflussen: Zu welcher Jahreszeit das Baby geboren wurde und wie die Möglichkeiten waren, draußen Sport zu machen zum Beispiel. Oder wie der Alltag allgemein ist. Welche Ernährungsmöglichkeiten bestehen, ob es viel Stress gab… Auch wird in den Studien meist nicht beachtet, dass wir heute nur allzu oft die natürliche Stilldauer unterwandern. Oft wird spätestens mit 6 Monate abgestillt. Doch das ist weder das, was natürlicherweise für das Kind vorgesehen ist, noch das, wofür der mütterliche Körper ausgebildet und Millionen von Jahre eingestellt ist. In der Diskussion um das „Langzeitstillen“ wird dieser Aspekt der evolutionären Anpassung des mütterlichen Körpers an eine lange Stillzeit oft verdrängt. Wie auch immer: Wir haben in unserem ersten Jahr mit dem Baby genug Themen, genug Stress, genug Neues. Wir sollten uns nicht auch noch zu all den anderen Dingen den Stress machen, aussehen zu wollen, wie ein Supermodel – besonders nicht dann, wenn wir es sowieso nie taten.
Meine persönliche Rückbildung
In meiner ersten Schwangerschaft habe ich 20kg zugenommen. Nach der Geburt purzelten erst einmal ein paar Pfunde, wie es eben oben auch beschrieben ist. Dann war erst einmal eine Pause angesagt. Nach einem Jahr hatte ich etwa 10 kg abgenommen, nach dem zweiten Jahr nach der Geburt dann den Rest. Als ich nämlich nach 1,5 Jahren wieder richtig mit der Arbeit begann, kam auch das Abnehmen in Gang. Gestillt habe ich mein erstes Kind bis zum 2. Geburtstag. Als ich mit meinem zweiten Kind schwanger wurde, passte ich gerade wieder in mein Hochzeitskleid. Ich nahm auch diesmal wieder genau 20kg zu während der Schwangerschaft – obwohl ich mir gewünscht hätte, dass es anders wäre. Nun ist mein Sohn 10 Monate alt. Ich bin nicht beim Ursprungsgewicht angelangt, sondern noch ganze 8 kg davon entfernt. So ist es eben. Ich denke, dass es auch diesmal so sein wird, dass ich im zweiten Lebensjahr den Rest abnehmen werde. Meine Brüste sind noch immer Stillbrüste. Sie haben sich natürlich nach der Geburt und Stillzeit des ersten Kindes verändert, dann haben sie sich fast wieder auf ihre Ursprungsform zurück gebildet und nun sind sie wieder groß und weich. Auch sie werden sich nach dem Abstillen wieder verändern.
So ist es in unserem Leben: Wir werden Älter, wir erleben neue Lebensphasen und der Körper verändert sich auch. Wir tragen an und in ihm die Spuren unseres Lebens. Manchmal sind es schöne Erinnerungen, manchmal traurige. Alles gehört zu unserem Leben dazu und macht uns aus. Deswegen hebt die Köpfe, Ihr Frauen, und seid stolz auf Euch und auf Euren Weg – wie auch immer Euer Weg aussieht und wie Ihr ihn gegangen seid.
Weiterführende Literatur:
- Geist, C./Harder, U./Stiefel, A. (2007): Hebammenkunde. Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. Stuttgart: Hippokrates.
- Mierau, Susanne/Niebergall, Doris (2012): FABELhaft durchs erste Babyjahr. – Münster: Ökotopia.
- Seifert, Kristina (2013): Stille Brüste. Das Fotobuch für die Stillzeit und danach. – Salzburg: Edition Riedenburg.
- Weigert, Vivian (2013): Das große Mama-Handbuch. – München: Kösel.
Vielen Dank für die Inspiration zu diesem Thema an die Bloggerin Kleine Elfe.
Das hast du sooooo schön geschrieben !!!