Viele Eltern haben ein negatives Körperbild verinnerlicht oder zumindest hier und da etwas am eigenen Körper auszusetzen: zu groß, zu klein, zu dick, zu dünn, zu große Füße, zu viele Pickel, zu viele Streifen,… Die Erwartungen – insbesondere an die Körper der Gebärenden – sind heute hoch. Schon in der Kindheit werden die Bilder für das, was wir als „gute“ oder „schöne“ Körper wahrnehmen, geprägt – und weiter im Verlauf unseres Lebens. Wir bekommen Einflüsse über Medien, Spielzeug, Menschen. Und natürlich nehmen Eltern ebenfalls einen Einfluss darauf, wie Kinder ihren Körper sehen, wahrnehmen und was sie als richtig oder falsch betrachten.
Auch wenn es uns vielleicht selbst schwer fällt, mit unserem Körper umzugehen, können wir aber einige Punkte beachten, um unseren Kindern ein anderes Bild von sich mitzugeben und den Umgang mit dem eigenen Körper nicht ebenso schwierig zu erleben:
1. Sprich nicht schlecht über deinen und andere Körper vor dem Kind
Kinder lernen Bewertungen durch uns: Wenn wir beständig andere werten, beginnen sie auch damit sowohl die Körper anderer, als auch den eigenen zu bewerten. Sie lenken ihren Blick auf das, was wir besprechen, stellen sich selbst und andere in Frage. Dabei sind es auch kleine Anmerkungen, die das Bild des Kindes mit prägen können. Sagen wir beispielsweise anstatt „Ich schminke mich jetzt“ „Ich mache mich jetzt hübsch“ kann das Kind auch dadurch die Information verinnerlichen, dass man ohne Schminke nicht hübsch wäre. Und auch ein beständiges Bemängeln eigener Körperlichkeit lenkt den Blick des Kindes auf vermeintliche Makel.
2. Achte darauf, dass das Kind die Vielfalt an Körperformen wahrnehmen kann
Über Medien werden auch schon Kindern bestimmte Ideale und Vorstellungen der Norm übermittelt, die der Realität oft nicht entsprechen. Körper sehen verschieden aus. Im Gegenzug zu der medialen Abbildung von Körpern können wir Kindern auch ganz bewusst im Alltag die Normalität zeigen, beispielsweise indem wir mit Kindern ins Schwimmbad gehen, ins Hamam. Viele neuere Kinderbücher thematisieren auch, wie unterschiedlich Körper aussehen können und selbst bei der Auswahl an Spielzeug können wir Vielfalt in das Kinderzimmer bringen. Wenn größere Kinder Medienangebote nutzen, in denen Schönheitsideale propagiert werden, können wir mit unseren Kindern über diese Inhalte reden und den Konsum begleiten. Wir müssen beispielsweise bestimmte Fernsehformate nicht verbieten, können uns aber als aktive Begleitung anbieten und Gesehenes auch kritisch reflektieren. Bei kleineren Kindern können wir auswählen, welche Inhalte wir ihnen anbieten und was darin repräsentiert wird.
3. Bewerte nicht den Körper deines Kindes
Es scheint so logisch und selbstverständlich, aber dennoch ist es für Eltern im Alltag manchmal schwer. Da schleichen sich doch Worte wie „Dickerchen“ ein oder es wird negativ angemerkt, dass die Haare des Kindes „leider so dünn“ sind oder die Füße „viel zu groß für das Alter“. Dein Kind ist Dein Kind. Es ist individuell und entwickelt sich gerade. Vielleicht ändert sich bald, was heute kritisch angemerkt wird. Aber vielleicht bleibt diese Anmerkung als Selbstbild dann verinnerlicht.
Wenn andere Menschen den Körper des Kindes kommentieren oder bewerten, können wir solche Kommentare auffangen und korrigieren. Mit größeren Kindern können wir über die Anmerkungen anderer sprechen und deren Beweggründe analysieren und durch Punkte wie unter 2. relativieren.
4. Gesundes Essen soll eine Freude sein
Wenn wir selber Schwierigkeiten mit unserem Körperbild haben, neigen wir manchmal dazu, bei unseren Kindern ganz genau hinzusehen und in die gegenteilige Richtung vorzugehen und beispielsweise sehr streng darauf zu achten, was und wieviel das Kind isst. Dabei geht die Freude am Esstisch verloren, es entsteht Druck und ein unangenehmes Klima. Essen soll kein Zwang sein und ebenso sollte nicht alles beständig gemessen und bewacht werden. Vielmehr sollten wir unseren Fokus mit Kindern darauf lenken, auf natürliche Weise die Signale des Körpers wahrzunehmen: Wann sagt mir mein Körper, dass er Hunger hat? Wann sagt er mir, dass er satt ist? Mahlzeiten sollten in einer angenehmen, entspannten und respektvollen Atmosphäre stattfinden können.
Geben wir unseren Kindern die Chance, mit einem guten Bild von sich zu wachsen und dieses in die Erwachsenenzeit hinein zu tragen.
Eure
Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.
Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de
Was mache ich mit -erstmal wertfreien- Kommentaren zum Körper meiner Tochter? Sie ist für ihr Alter sehr, sehr groß und hat große Füße. ? darauf wird sie so unglaublich oft angesprochen und mich (!!) nervt dieses Betonen körperlicher Attribute so sehr. Erwachsene spricht man doch auch nicht auf große (oder kleine) Füße an, oder man sagt ihnen wie riesig, oder winzig sie sind… Meine Tochter scheint es (noch?) nicht zu stören. Sie ist 10 Jahre alt.
Ich finde es immer ganz gut, solche Kommentare zu relativieren oder den Kontext zu verändern. Wenn jemand sagt: „So große Füße!“ zu sagen: Die einzelnen Körperteile wachsen ja nacheinander, alles ist gerade im Wachstum. Oder zu sagen, dass man sieht, wie unterschiedlich sich Kinder eben entwickeln und jedes Kind eben anders ist. Und bei nahestehenden Personen würde ich tatsächlich darüber zu zweit sprechen, dass sie das einfach nicht mehr so betonen sollen.
Danke!! ❤️
Danke für diesen so so wichtigen Beitrag. Mein Leben lang bin ich gefühlt zu dick. Dabei gab es einige Jahre in meiner Jugend in der ich 3-4x Sport machte (weil es Spaß machte) und stark und normalgewichtig war. Nun kämpfe ich wirklich mit meinem Übergewicht, aber das spreche ich vor meiner Tochter nicht an. Ich sage zwar „es wäre prima wenn Mama so schnell mit dir laufen könnte“, aber nicht: „An mir ist alles so schwabbelig“. Meine Mutter erzählte mir leider immer wieder sie wäre nicht schön, zu dick, dabei war sie sehr sportlich und in gepflegt. Das finde ich bis heute schade. In die Falle das Essen zu beobachten gerate ich trotzdem, gerade weil ich meiner Tochter eine gesunde Einstellung zu Essen mitgeben möchte. Ich glaube unser Weg ist da ganz gut, aber ein paar deiner Tipps werde ich noch umsetzen 🙂