„Ich hab Dich lieb“ zeigen statt sagen

Bekundungen von Zuneigung sehen bei Erwachsenen und Kindern unterschiedlich aus. Natürlich wollen auch wir Erwachsene spüren, dass wir geliebt und respektiert werden, aber es reichen im Alltag oft auch kleine Gesten und Worte aus, uns daran zu erinnern, dass wir geschätzt und im Herzen getragen werden. Wir verstehen die Menschen in unserer Umgebung, können sie einschätzen, haben Erfahrungen mit ihrem jeweiligen Ausdruck. Während wir einem Erwachsenen sagen können „Ich liebe Dich“ und ihn das durch den Tag trägt und ein Gefühl von Sicherheit gibt, reichen solche Worte für Kinder nicht aus. Sie müssen spüren, dass sie geliebt werden und brauchen Liebe als plastische Umsetzung von Fürsorge und Bedürfniserfüllung.

Bedürfnisse erkennen

Gerade jetzt, wenn wir zwar viel Zeit zusammen verbringen, aber als Eltern dennoch auch durch andere Tätigkeiten abgelenkt sind, sind wir manchmal geneigt, unser erwachsenes Denken auf die Kinder zu übertragen: „Das Kind klebt so an mir. Warum reicht es denn nicht, dass ich ihm sage, dass ich es lieb habe? Es hat doch alles: Spielsachen, Essen, Trinken,…“ Je jünger das Kind ist, desto mehr ist es jedoch darauf angewiesen, Bindung in seiner reinen Ursprungsform zu spüren – und das bedeutet, das Schutzsystem und Bedürfnisbefriedigungssystem Bindung zu erfahren. In diesem Sinne ist konkrete Zuwendung ein wichtiges Merkmal.

Konkrete Zuwendung meint nicht, ihm in regelmäßigen Abständen ein Spielzeug anzubieten oder eine neue Beschäftigung vorzuschlagen. Zuwendung kann sich nicht messen in Dingen und kann nicht erfüllt werden durch bloßes Bedienen und beständiges Aufgabenerfüllen. Denn das wahre Bedürfnis danach, gesehen zu und wahrgenommen zu werden, erfüllt sich nicht dadurch, dass wir Dinge für das Kind tun. Springen wir also nur jedes Mal auf und bieten das nächste Spielzeug an, holen das nächste Essen, bringen etwas zu trinken, sind wir beständig in Aktion, ohne aber wirklich dem Bedürfnis des Kindes nachzukommen. Sein „Akku“ an Zuwendung und Liebe füllt sich nicht, auch wenn wir ständig etwas tun.

Konkrete Zuwendung meint, hinzusehen und hinzuhören: Was sagst Du gerade? Was willst Du gerade? Was ist gerade wirklich Dein Bedürfnis und steht das xte „Ich habe Hunger!“ vielleicht nicht für die nächste Maisscheibe sondern für das Bedürfnis nach einer gemeinsamen Beschäftigung?

Zuwendung auftanken

Wenn unsere Kinder besonders stark Aufmerksamkeit auf sich ziehen durch ihr Verhalten (entweder durch direktes häufiges Auffordern von Zuwendung wie „Mama/Papa, schau mal…“ oder durch ein Verhalten, das unsere Aufmerksamkeit provoziert), ist das oft ein Anzeichen dafür, dass sie gerade Zuwendung benötigen im Sinne des Bindungsbedürfnisses. Gerade ein Verhalten, das uns Erwachsene aufregt, das uns herausfordert, ist oft eine Einladung des Kindes, einmal genauer hinzusehen: Hallo, ich brauche deine Aufmerksamkeit jetzt! Unsere Kinder können ihr Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Zuwendung oft noch nicht so gut in Worte fassen und zeigen es eher durch ihr Verhalten. Anstatt also „nur“ Dinge ausführen, lohnt es sich, eine Pause einzulegen, sich wirklich dem Kind zuzuwenden und gemeinsame Zeit zu verbringen. Das Kind fragen, wie es ihm oder ihr geht. Sich hinsetzen und wirklich aufmerksam mit dem Kind das zu spielen, was das Kind gerade vorschlägt.

Auf diese Weise können wir das Gefühl des Kindes, sicher versorgt zu sein, geliebt und geachtet zu sein, wieder auffüllen und anschließend wieder unserer Tätigkeit nachkommen. Einfacher ist es, wenn wir nicht erst dann reagieren, wenn das Kind schon ein starkes Verhalten zeigt, wenn seine „Akkus“ ganz leer sind, sondern wenn wir regelmäßige Pause einbauen, in denen wir von uns aus bewusst signalisieren: Ich bin hier, ich sehe Dich und komme Deinen Bedürfnissen nach. Dadurch bekommt das Kind die Sicherheit, wirklich gesehen zu werden und versorgt zu sein.

Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

1 Kommentare

  1. Johanna aus Hamburg

    Danke für diesen Artikel. unser großer macht oft Sachen, die er nicht machen soll, wenn wir noch am Esstisch sitzen, er aber schon fertig ist. morgen werde ich ihn dann mal auf meinem Schoß holen zum Kuscheln, statt immer wieder zu sagen, dass er in Küche und Wohnzimmer nicht mit Sachen schmeißen soll 😉

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