An manchen Tagen ist es mit dem Elternsein nicht einfach. Weil es zu wenig Schlaf gibt. Oder zu viele Anforderungen. Weil die Kinder so laut sind. Weil die inneren Stimmen zu laut sind – oder zu leise. Weil man einfach keinen Weg findet durch den Dschungel der Gefühle und schon gar nicht mehr den eigenen Weg erkennen kann. Manchmal ist es einfach zu viel – und man denkt, man würde im Angesicht des „Zuviel“ versagen.
An diesen Tagen bin ich froh über den Menschen an meiner Seite, der mich an die Hand nimmt und wieder auf meinen Weg führt. Denn ja: Manchmal weiß auch ich nicht mehr, wo ich gerade stehe. Ich bin froh, dass er mich fragt: „Und was würde jetzt Frau Mierau tun?“, damit ich mit meinen Gedanken einen kleinen Schritt aus meiner aktuellen Situation heraus treten kann und wieder etwas klarer sehe. Und damit ich ein wenig gnädiger mit mir selbst bin, als ich es sonst bin, wenn ich mich nicht von Außen betrachte. Denn ja, manchmal verlange ich zu viel von mir.
Zufrieden sein mit sich und dem, was man leistet, ist nicht einfach. Weil wir es nicht gelernt haben, weil wir es oft nicht vorgelebt bekommen haben. Von der Schule an – manchmal schon davor – gab es in unserer Generation oft schon ein „es geht noch besser“. Es gibt bessere Zensuren, bessere Leistungen bei Sport, Kunst, Musik. Gute Schulabschlüsse, um gute Studienplätze bekommen zu können um später gute Jobs zu machen. Emotionale Erwartungen an das liebe Kind, das kooperative Kind, das Kind, das unterstützt und nicht zu viel Arbeit macht. „Das Bild könnte schöner aussehen, möchtest Du nicht hier noch etwas dazu malen?“ „Probier den Turm doch etwas höher zu bauen.“ Sich nicht mit dem zufrieden geben, was da ist, nicht den Moment genießen und das aktuell erreichte. Wie oft haben wir selbst erfahren, dass ein Stillstand und ein Zufriedensein nicht richtig wären? Wie oft hören wir Sätze und Wörter, die uns sagen, dass es noch besser gehen würde? Wie oft werden oder wurden wir mit anderen verglichen, die noch mehr, noch besser, noch effizienter sind? „Schau mal wie toll das andere Kind die Figur geknetet hat!“ Wie oft kommt uns vielleicht selber ohne großes Nachdenken etwas über die Lippen, was diese Haltung bestätigt? Und wie sehr wird auch heute in der Gesellschaft von uns irgendwo verlangt, dass wir immer mehr und besser sein sollten – oder zumindest problemlos alles schaffen, was uns zu schaffen aufgebürdet wird.
Was wir aber brauchen, ist Anerkennung. Es muss kein großes Lob sein – obwohl wir alle auch dazu erzogen wurden, gelobt zu werden und Lob einzufordern und es schwer ist, aus dem Kreis der Abhängigkeit von Lob auszubrechen. Anerkennung kann jedoch jenseits eines Lobs stehen. Sie bedeutet, nicht mit anderen zu vergleichen, sondern das, was jetzt und hier ist, anzunehmen und für gut zu befinden. Anerkennung durch andere, dass wir das leisten, was wir leisten können – ohne gesagt zu bekommen, was wir noch mehr machen müssten. Anerkennung durch uns selber, indem wir uns sagen: Das, was Du machst, ist gut und jetzt genau richtig und das, was Du genau jetzt machen kannst. Wir sollten uns viel mehr Anerkennung zukommen lassen für all das, was wir jeden Tag schaffen ohne darüber nachzudenken, was noch zusätzlich auf der Strecke bleibt.
Wir sollten aufhören, unseren Leitstern immer zu hoch zu hängen und manches Mal fast menschenunmögliches von uns selbst zu erwarten: Job, Familie, Haushalt problemlos ohne Hilfe unter einen Hut bekommen und dabei gute Laune haben. Ein perfektes und immer richtiges Erziehungsverhalten zeigen obwohl wir selber anders aufgewachsen sind: Wir erwarten von uns, immer liebevoll und ausgeglichen und wunderbar zu sein, obwohl wir vielleicht ganz andere Handlungsmuster in der Kindheit erlernt und in unserem Gehirn verinnerlicht haben. Wir arbeiten gegen diese Muster und manchmal ist es einfach ein Gewinn, wenn wir einigermaßen gegen die eigenen Kindheitsmuster ankommen, aber eben nicht perfekt.
Es ist toll, wenn wir uns Mühe geben. Und es ist auch toll, wenn wir uns manchmal bei einigen Dingen keine Mühe geben müssen und einfach die Schultern zucken. Es ist wichtig – gerade als Eltern – sich selbst zu vergeben, wenn es mal nicht gut gelaufen ist und sich nicht damit zu quälen, sondern vorzunehmen, es beim nächsten Mal anders zu machen. Es ist wichtig, einfach gändig mit sich selbst zu sein und stolz auf das, was man leistet und eben gerade leisten kann. Und nicht mehr.
In diesem Sinne: Das, was Du machst, ist toll! Sag Dir das doch heute Abend einfach mal.
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