Alleine geht es nicht! Mütter und Väter brauchen andere

Ich bin nun seit mehr als 6 Jahren Mutter, seit fast 3 Jahren Mutter von zwei Kindern. Während ich in den ersten drei Jahren der Elternschaft noch oft dachte, dass ich vieles allein schaffen könnte, merkte ich spätestens beim zweiten Kind, dass das ein großer Irrtum war. Und nun, in der Schwangerschaft mit Kind 3 weiß ich: Es geht nicht allein. Mehr noch: Ich hätte mir viel ersparen können, wenn ich von Anfang an nicht gedacht hätte, man müsse und könne Mutterschaft allein stemmen.

Es ist ein Problem unserer Gesellschaft, dass wir immer denken, dass wir alles allein schaffen müssen. Wir, die Mütter zu Hause, die ja in Elternzeit nichts anderes zu tun hätten als uns liebevoll um die Kinder zu kümmern. Oder die Mütter, die arbeiten gehen aber schließlich ja Kinderbetreuung haben in der Zeit außer Haus und dann eben nachmittags für die Kinder da sein sollen. Doch wir sind ja nicht nur Mütter, wie haben auch Interessen, Arbeit, Hobbys, eine Wohnung und Wäsche, Freunde, Partner. Sich nur um ein oder mehrere Kinder zu kümmern, nimmt schon viel Zeit in Anspruch. Wer sich den ganzen Tag mit einem Kind beschäftigt, der merkt: Ich komme ja zu nichts anderem mehr! Denn ja: Wenn wir einzeln in unseren Wohnungen oder kleinen Gärtchen sitzen und unsere Kinder auch keine anderen Spielpartner haben, dann wollen sie eben von uns beschäftigt werden, weil ihnen sonst der soziale Austausch fehlt. In der Folge spielen wir mit Lego, Holzfiguren und sitzen in kleinen Puppenküchen und stellen uns die Frage: Wo bleibe eigentlich ich?

Familie sein, das funktioniert auf Dauer nicht gut allein. Nicht, dass wir nicht ohne Partner sein können: Allein bedeutet: es funktioniert nicht ohne Unterstützung – jedenfalls nicht langfristig und gut. Bei meinem ersten Kind dachte ich anfangs noch, dass das ja irgendwie die Aufgabe des Mutterseins sei. Schließlich hatte ich es auch so vorgelebt bekommen: Meine Mutter war Hausfrau, kümmerte sich um mich und den Haushalt. Dass sie viel Hilfe von meiner Großmutter hatte, wurde mir erst mit der Zeit klar, in der meine Tochter klein war. Denn da waren die Problem: Das Kind wurde mal krank, der Haushalt lag brach. Oder später, als sie in den Kindergarten kam und Krankheiten das Arbeiten unmöglich machten. Oder der Alltag mit Terminen es erforderte, dass das Kind bei irgendwelchen Dingen eben nicht dabei war. Als Paar kamen wir schnell an unsere Grenzen der Organisation, an die Grenzen der Möglichkeiten neben dem Elternsein auch Paar zu bleiben und Zeit für uns und Hobbys zu haben. Und auch für mein Kind merkte ich: Es möchte nicht allein zu Hause spielen, es trifft sich gerne mit Freunden.

Als dann der Sohn zu uns kam, war es auf einmal so klar: Es ging einfach nicht mehr nur zu zweit. Wie konnten wir jemals denken, dass Elternschaft nur zur zweit geschafft werden kann? Als er größer wurde zeigte sich auch, wie wunderbar es war, ein weiteres Kind zum Spielen zu Hause zu haben. Natürlich streiten sie sich, aber sie spielen auch zusammen oder nebeneinander. Mehr, als wenn ein Kind allein zu Hause ist. Und am allermeisten Zeit habe ich tatsächlich dann, wenn noch Besuchskinder bei uns sind. Die Kinder sind in ihr Spiel versunken und haben sich.

Ich lernte mit der Zeit zu schätzen, dass ich so wunderbare FreundInnen habe. Solche, die schon immer da waren oder neu hinzu gekommen sind. Ich denke, auch schon beim ersten Kind wären sie da gewesen, um mir Aufgaben abzunehmen. Nur war ich damals noch so sehr mit dem Gedanken beschäftigt, es allein schaffen zu müssen. Heute hat sich das Leben so viel gelockert, weil ich weiß, dass ich es nicht muss. Und weil ich sogar weiß, dass es mir und allen besser geht, wenn ich es nicht tue. Die Kinder lieben es, Zeiten mit unseren FreundInnen zu haben, bei denen wir nicht dabei sind. Sie lieben es, in diese andere Welten abzutauchen.

Ich bin froh, dass ich nicht alles können muss. Ich bin froh, wenn ich Besuch habe – selbst wenn die Wohnung unaufgeräumt und die Ecken mit Wollmäusen voll sind. Denn es entspannt den Tag so sehr. Ich bin glücklich geschafft zu haben, Aufgaben abzugeben ohne mich als schlechte Mutter zu fühlen: Wir lassen den Einkauf einfach abends liefern. Ich freue mich und nehme es an, wenn Freundinnen anbieten mal die Kinder zu nehmen oder Essen zu kochen.

Und wenn das dritte Kind kommt, wird es wahrscheinlich noch mehr Gelassenheit mit sich bringen neben all dem Neuen und der Umgewöhnung. Denn es ist einfach so klar: Nein, wir können das nicht allein stemmen und ja, es werden Dinge liegen bleiben. Und das ist auch okay so. Weil eben nicht alles geht. Und schon gar nicht alleine. Mütter brauchen andere, Familien brauchen andere. Und diese andere können so viele sein: Freunde, Familie, Nachbarn, Kindergarten, Schule.

Wenn ich also eine Sache jungen Müttern mit ihrem ersten Kind mit auf dem Weg geben möchte, dann ist es diese: Denkt auf keinen Fall, dass Ihr all das irgendwie allein schafft oder schaffen müsst. Nehmt jede Hilfe, jede Hand an, die ihr mögt. Lasst locker, lasst einfach zu, was kommt.

Eure

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4 Kommentare

  1. Elisabeth Gabel

    Gestern habe ich mit meinem Baby mitgeweint, weil ich so erschöpft bin. Das tat so gut diesen Beitrag zu lesen. Danke!

    • Miriam Müller

      Da sagst du was. Ich kenne Mütter von der Rückbildung, Krabbelgruppe, Stillcafe und Pekip. Bei einigen war Sympathie da, sodass man sich ab und an trifft. Mir helfen solche Gruppen, Struktur in die Woche zu bekommen.

  2. Wenn ich das lese, bin ich froh, sowohl Hebamme als auch Mutti und Schwester in der ersten Zeit in Anspruch nehmen zu können…genauso wie den Lieferdienst und dass mein Mann durch sein Schichtsystem mehr zu Hause ist, als viele andere. Danke für den aufrichtigen Bericht!
    http://fraeuleintandaradei.blogspot.de/

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