Ich bin gerne draußen im Garten, am See, bei einem Spaziergang im Wald. Ich liebe es, dabei meine Kinder zu beobachten und ihr Spiel anzusehen. In der Natur können sie sich ganz frei bewegen, erfinden Spiele: Stöcke werden zu Schippen, zu Angeln, zu Gabeln. Sie werden zum Schnitzen oder Wandern benutzt. In der Natur können Kinder ihrem ganz persönlichem Impuls folgen, das Leben zu erkunden, selbständig und auf ihre Art. Sie kommen auf Ideen, die sie mit vorgefertigten Spielmaterialien nicht bekommen. Doch neben all diesen wunderschönen Naturerfahrungen gibt es auch eine ganz andere Seite, die meine Kinder kennen lernen und meiner Meinung nach auch kennenlernen müssen: moderne Medien wie Telefon/Handy, Computer, Fernsehen. – Ist das ein Gegensatz? Passt das nicht zu meiner Art des Familienlebens? Oder ist es nur der fortgeführte Grundgedanke?
Eltern als Vorbilder
Ich arbeite jeden Tag am Laptop. Zwar bin ich darum bemüht, in den Zeiten, in denen ich mit den Kindern zusammen bin, so wenig wie möglich am Handy oder Laptop herumzudrücken, doch sind beide im Alltag da und werden gelegentlich benutzt: Einen Anruf entgegen nehmen, einen Tweet senden, eine Email lesen – all diese Dinge passieren auch bei mir im Alltag, weil ich keine festen Arbeitszeiten außerhalb der Familie habe, sondern zu Hause arbeite auch wenn eines meiner Kinder nicht in einen Kindergarten geht. Und so sehen meine Kinder auch, dass ich Computer und Handy benutze. Der Sohn hat längst ein eigenes kleinen Smartphone aus Holz, das er gerne mit sich herum trägt und gelegentlich hinein sagt „Hallo, Susanne Mierau!?“ oder es in die Höhe hält und sagt „Foto!“. Die Tochter hört ihre Lieblingsgeschichten auf dem Ipad und hat schon vor vielen Jahren einen OLPC bekommen. Sie hat mit ihrer Freundin schon über Skype telefoniert und mit ihrem Vater über mein Handy Videotelefonate gemacht. Moderne Medien sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Selbst wenn wir auf dem Land sind und im Wald bin ich froh darüber, im Notfall eine Landkarte auf meinem Handy aufrufen zu können oder die BfR-App Vergilftungsunfälle bei Kindern gespeichert zu haben.
Fortschritt gab es auch schon bei uns
Man könnte sagen, die Zeiten haben sich geändert – aber haben sie das überhaupt? Sind Ipad und Handy heute nicht das, was für mich in meiner Kindheit ein Walkman (oder gar ein tragbarer CD-Player!) und ein GameBoy waren? Gesellschaftliche Entwicklungen schreiten voran. Nicht nur bei uns, sondern überall auf der Welt. Der schon erwähnte OLPC ist dafür nur ein Beispiel, dass längst nicht mehr nur in westlichen Industriegesellschaften Kinder an Computer heran geführt werden. Neue Medien sind überall um uns herum. Wir nutzen sie im Alltag und unsere Kinder müssen ebenfalls lernen, sie zu nutzen. So, wie wir früher lernten, dass S-Bahnen nicht mehr mechanisch mit Schiebemechanismus geöffnet werden sondern fortan indem man auf das kleine blinkende runde Feld drückt. Das Leben um uns herum entwickelt sich weiter.
Schritt für Schritt
Wenn wir unsere Kinder auf das Leben in unserer Gesellschaft vorbereiten wollen, müssen wir ihnen auch die Möglichkeit geben, dieses Leben zu erlernen. Natürlich müssen sie zunächst lernen, sich selbst zu verstehen, ihren Körper einzusetzen, zu greifen, zu laufen, zu sprechen. Sie müssen lernen, mit sich selbst umzugehen, um dann zu verstehen, wie man mit anderen Dingen umgeht. Sie müssen natürliche Kompetenzen erwerben,damit sie diese dann einsetzen, um Spielzeuge oder Dinge zu benutzen. Deswegen macht es erst Sinn, ihnen bestimmte Spielmaterialien oder Medien anzubieten, wenn sie diese Grundfähigkeiten ausgebildet haben.
Wie sieht also Medienpädagogik bei uns aus? Die Tochter hat erst recht spät angefangen, auf dem Fernseher bestimmte Inhalte zu sehen. Sie war etwa 3 Jahre alt, als wir begannen, mit ihr ausgewählte Clips auf Youtube zu sehen wie Elmo, Sendung mit der Maus oder Ernie und Bert. Der Sohn hingegen als zweites Kind wurde viel früher damit vertraut gemacht, weil eben die große Schwester es schon vorleben konnte. Heute sehen wir sonntags gemeinsam eine ausgewählte Serie zusammen.
Damit die Tochter aber auch versteht, wie Filme eigentlich gemacht werden und dass sie auch nur aus vielen verschiedenen Fotos bestehen, hat der Mann kürzlich mit ihr ein kleines Video selbst gedreht mit Stop Motion Studio. Meine Spiegelreflexkamera kann sie schon sehr gut bedienen und auch mit dem Handy macht sie schon eigene Fotos, bittet darum, bestimmte Dinge fotografiert zu bekommen, wenn sie sie unterwegs sieht und für sich aufheben möchte. Fotos von Freunden hängen an der Wand. Denn auch das gehört zur Medienerziehung dazu. Neben dem Speicher auf meinem Laptop und Handy gibt es aber auch ein ganz altmodisches Fotoalbum (oder besser: viele Alben), die die Bilder noch so aufbewahren, wie es in meiner Kindheit passierte.
Wer das am Handy nicht machen möchte, kann mit seinem Kind aber auch ganz einfach ein Daumenkino basteln, um zu zeigen, wie aus vielen einzelnen Bildern ein Film wird.
Was für mich früher der Kassettenrekorder war, ist für die Tochter heute der CD-Player, auf dem sie nach Absprache ihre Lieblingscd’s hören kann. Für mich ist es, als ob ich in meine Kindheit zurück versetzt werden würde, denn sie hört die CDs, die ich als Kind als Kassetten im Regal stehen hatte. Unterwegs gibt es diese Aufnahmen auch auf dem IPad zu hören, das sie schon erstaunlich gut selber bedienen kann, wie ich es schon erlebt habe, als sie heimlich darauf andere Dinge suchte. Daher gilt im Umgang damit: Nicht allein lassen, sondern immer dabei bleiben.
Auf dem OLPC hat sie mit ihrem Vater schon erste ganz einfache Spiele gespielt. Auch diese nie allein, sondern immer in Begleitung. Nun wollen wir die ersten Apps ausprobieren mit ihr und sehen, wie sie damit umgeht und ob es ihr gefällt. Für das Projekt „Kinder und Medien – Meine ersten Apps“ habe ich von Microsoft ein Surface 2 zur Verfügung gestellt bekommen und werde demnächst davon berichten, wie die Tochter die Spiele fand, welche ihr gefallen haben und warum und wie sie mir gefallen haben.
[…] für Schritt an Medien heranführen und Vorbild sein, darum geht es in dem Beitrag von Susanne Mierau von Geborgen Wachsen, den ich ebenfalls sehr gern gelesen […]